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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

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ten, das, was Herder so schön davon
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Mir gefället des Freundes Entschluss, der, dem Ker-
ker der Mauern
Entronnen, sich sein Tusculum erwählt.
Warum thürmten Unsinnige wir die gehauenen
Felsen?
Zu fürchten etwa ihren schnellen Sturz?
Oder uns zu verbaun des Himmels glänzenden An-
blick?
Zu rauben uns einander selbst die Luft?
Anders lebte voreinst in freyer und fröhlicher Un-
schuld,
Von solcher Thorheit fern, die junge Welt
Auf dem Lande. Da blühen unschuldige Freuden.
Sie füllen
Mit immer neuer Wohllust unsre Brust.
Da schaut man den Himmel. Da raubt kein Nachbar
den Tag uns.
Apoll aus frischen klaren Quellen beut
Trank des Genius uns. O kennten die Menschen ihr
Glück nur!
Gewiss in finstre Städte barg es nicht
Unsre Mutter Natur, nicht hinter Schlösser und
Riegel;
Für alle blühts auf offner freyer Flur.
Wers nicht suchte, fands Wer reich ist ohne Pro-
cente,
Geniesst. Sein Schatz ist, was die Erde beut

ten, das, was Herder ſo ſchön davon
ſagt, hier einzuſchalten.

Mir gefället des Freundes Entſchluſs, der, dem Ker-
ker der Mauern
Entronnen, ſich ſein Tusculum erwählt.
Warum thürmten Unſinnige wir die gehauenen
Felſen?
Zu fürchten etwa ihren ſchnellen Sturz?
Oder uns zu verbaun des Himmels glänzenden An-
blick?
Zu rauben uns einander ſelbſt die Luft?
Anders lebte voreinſt in freyer und fröhlicher Un-
ſchuld,
Von ſolcher Thorheit fern, die junge Welt
Auf dem Lande. Da blühen unſchuldige Freuden.
Sie füllen
Mit immer neuer Wohlluſt unſre Bruſt.
Da ſchaut man den Himmel. Da raubt kein Nachbar
den Tag uns.
Apoll aus friſchen klaren Quellen beut
Trank des Genius uns. O kennten die Menſchen ihr
Glück nur!
Gewiſs in finſtre Städte barg es nicht
Unſre Mutter Natur, nicht hinter Schlöſſer und
Riegel;
Für alle blühts auf offner freyer Flur.
Wers nicht ſuchte, fands Wer reich iſt ohne Pro-
cente,
Genieſst. Sein Schatz iſt, was die Erde beut
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[567/0595] ten, das, was Herder ſo ſchön davon ſagt, hier einzuſchalten. Mir gefället des Freundes Entſchluſs, der, dem Ker- ker der Mauern Entronnen, ſich ſein Tusculum erwählt. Warum thürmten Unſinnige wir die gehauenen Felſen? Zu fürchten etwa ihren ſchnellen Sturz? Oder uns zu verbaun des Himmels glänzenden An- blick? Zu rauben uns einander ſelbſt die Luft? Anders lebte voreinſt in freyer und fröhlicher Un- ſchuld, Von ſolcher Thorheit fern, die junge Welt Auf dem Lande. Da blühen unſchuldige Freuden. Sie füllen Mit immer neuer Wohlluſt unſre Bruſt. Da ſchaut man den Himmel. Da raubt kein Nachbar den Tag uns. Apoll aus friſchen klaren Quellen beut Trank des Genius uns. O kennten die Menſchen ihr Glück nur! Gewiſs in finſtre Städte barg es nicht Unſre Mutter Natur, nicht hinter Schlöſſer und Riegel; Für alle blühts auf offner freyer Flur. Wers nicht ſuchte, fands Wer reich iſt ohne Pro- cente, Genieſst. Sein Schatz iſt, was die Erde beut

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Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/595>, abgerufen am 19.04.2024.