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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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das traurige Alter einer gefallsüchtigen Frau dennoch sicht-
bar bleibt und dazu noch ekelhaft wird, während es sonst
ein Gegenstand der Ehrfurcht wäre.

Die Ehrfurcht kann durch nichts ersetzt werden wie
die Kraft und die Schönheit der Jugend; während aber
diese mit den Jahren altert und schwindet, entfaltet jene
mit dem Alter nur voller ihre Schönheit. Das einfache
Hirtenmädchen, das nur eine Winterschule besuchte, aber
in Ehrfurcht erzogen ist, und am Sonntag in alter Tracht
den Rosenkranz in der Hand in das einfache Kirchlein
geht, ist voll Adel und Hoheit; aber gemein die vornehme
Institutstochter, die, ohne Ehrfurcht aufgewachsen, den
Sonntag nur für die volle Entfaltung ihrer Modepracht
zu gebrauchen pflegt. Der Hirt auf hoher Alp singt voll
Ehrfurcht sein letztes Ave in die Nacht hinein, und wie
seine Alp die Thaldünste überragt in reiner Himmelsluft,
so steht er hoch erhaben über dem vornehmen Stadtsohn,
der, ohne Ehrfurcht erzogen, zur gleichen Stunde eine
unglückliche Person aufsucht.

Darum, Jünglinge, Jungfrauen, fraget euch ernstlich,
wie es mit euerer Ehrfurcht stehe. Wenn in und außer
der Schule manches versäumt worden - ein bischen
Religionsunterricht genügt bei weitem nicht - so holet
das Versäumte selbst nach. Wie? Höret aufmerksam
und fleißig das Wort Gottes in Predigt und Christen-
lehre, meidet leichtfertige Gesellschaften, und suchet ernste
und gottesfürchtige, werfet weg alle faden Geschichts-
bücher und Schriften - leset wieder Bücher ernsten,
religiösen Inhaltes - nehmet die biblische Geschichte zur
Hand und die Legende. Ich weiß - es hat hier viele
edel angelegte Seelen; lasset euch heute begeistern, hin-
reißen: das ist ja euer Adel, euere Hoheit - euer
Glück.

das traurige Alter einer gefallsüchtigen Frau dennoch sicht-
bar bleibt und dazu noch ekelhaft wird, während es sonst
ein Gegenstand der Ehrfurcht wäre.

Die Ehrfurcht kann durch nichts ersetzt werden wie
die Kraft und die Schönheit der Jugend; während aber
diese mit den Jahren altert und schwindet, entfaltet jene
mit dem Alter nur voller ihre Schönheit. Das einfache
Hirtenmädchen, das nur eine Winterschule besuchte, aber
in Ehrfurcht erzogen ist, und am Sonntag in alter Tracht
den Rosenkranz in der Hand in das einfache Kirchlein
geht, ist voll Adel und Hoheit; aber gemein die vornehme
Institutstochter, die, ohne Ehrfurcht aufgewachsen, den
Sonntag nur für die volle Entfaltung ihrer Modepracht
zu gebrauchen pflegt. Der Hirt auf hoher Alp singt voll
Ehrfurcht sein letztes Ave in die Nacht hinein, und wie
seine Alp die Thaldünste überragt in reiner Himmelsluft,
so steht er hoch erhaben über dem vornehmen Stadtsohn,
der, ohne Ehrfurcht erzogen, zur gleichen Stunde eine
unglückliche Person aufsucht.

Darum, Jünglinge, Jungfrauen, fraget euch ernstlich,
wie es mit euerer Ehrfurcht stehe. Wenn in und außer
der Schule manches versäumt worden – ein bischen
Religionsunterricht genügt bei weitem nicht – so holet
das Versäumte selbst nach. Wie? Höret aufmerksam
und fleißig das Wort Gottes in Predigt und Christen-
lehre, meidet leichtfertige Gesellschaften, und suchet ernste
und gottesfürchtige, werfet weg alle faden Geschichts-
bücher und Schriften – leset wieder Bücher ernsten,
religiösen Inhaltes – nehmet die biblische Geschichte zur
Hand und die Legende. Ich weiß – es hat hier viele
edel angelegte Seelen; lasset euch heute begeistern, hin-
reißen: das ist ja euer Adel, euere Hoheit – euer
Glück.

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[244/0256] das traurige Alter einer gefallsüchtigen Frau dennoch sicht- bar bleibt und dazu noch ekelhaft wird, während es sonst ein Gegenstand der Ehrfurcht wäre. Die Ehrfurcht kann durch nichts ersetzt werden wie die Kraft und die Schönheit der Jugend; während aber diese mit den Jahren altert und schwindet, entfaltet jene mit dem Alter nur voller ihre Schönheit. Das einfache Hirtenmädchen, das nur eine Winterschule besuchte, aber in Ehrfurcht erzogen ist, und am Sonntag in alter Tracht den Rosenkranz in der Hand in das einfache Kirchlein geht, ist voll Adel und Hoheit; aber gemein die vornehme Institutstochter, die, ohne Ehrfurcht aufgewachsen, den Sonntag nur für die volle Entfaltung ihrer Modepracht zu gebrauchen pflegt. Der Hirt auf hoher Alp singt voll Ehrfurcht sein letztes Ave in die Nacht hinein, und wie seine Alp die Thaldünste überragt in reiner Himmelsluft, so steht er hoch erhaben über dem vornehmen Stadtsohn, der, ohne Ehrfurcht erzogen, zur gleichen Stunde eine unglückliche Person aufsucht. Darum, Jünglinge, Jungfrauen, fraget euch ernstlich, wie es mit euerer Ehrfurcht stehe. Wenn in und außer der Schule manches versäumt worden – ein bischen Religionsunterricht genügt bei weitem nicht – so holet das Versäumte selbst nach. Wie? Höret aufmerksam und fleißig das Wort Gottes in Predigt und Christen- lehre, meidet leichtfertige Gesellschaften, und suchet ernste und gottesfürchtige, werfet weg alle faden Geschichts- bücher und Schriften – leset wieder Bücher ernsten, religiösen Inhaltes – nehmet die biblische Geschichte zur Hand und die Legende. Ich weiß – es hat hier viele edel angelegte Seelen; lasset euch heute begeistern, hin- reißen: das ist ja euer Adel, euere Hoheit – euer Glück.

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/256>, abgerufen am 24.04.2024.