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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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Herrn Bibliothekar Professor Dr. Hauff anvertraut ist, nicht
bloß, so viel mein Uralter und meine gesunkenen Kräfte es
erlauben, zu revidieren, sondern auch mit Zusätzen und Be-
richtigungen zu bereichern. Es ist mir eine Freude, dieser
Aufforderung zu entsprechen. Die Naturwissenschaft ist, wie
die Natur selbst, in ewigem Werden und Wechsel begriffen.
Seit der Herausgabe des ersten Bandes der Reise sind jetzt
fünfundvierzig Jahre verflossen. Die Berichtigungen müßten
also zahlreich sein: in geognostischer Hinsicht wegen Bezeich-
nung der Gebirgsformationen und der metamorphosierten Ge-
birge, des wohlthätigen Einflusses der Chemie auf die Geo-
gnosie, wie in allem, was anbetrifft die Verteilung der Wärme
auf dem Erdkörper und die Ursache der verschiedenen Krümmung
monatlicher Isothermen (nach Doves meisterhaften Arbeiten).
Die durch die neue Ausgabe veranlaßte Erweiterung des Kreises
wissenschaftlicher Anregung kann ich nur freudig begrüßen;
denn in dem Entwickelungsgange physischer Forschungen wie
in dem der politischen Institutionen ist Stillstand durch un-
vermeidliches Verhängnis an den Anfang eines verderblichen
Rückschrittes geknüpft.

Es würde mir dazu eine innige Freude sein, noch zu er-
leben, wie die Unternehmer es hoffen, daß meine in den
Jahren freudig aufstrebender Jugend ausgeführte Reise, deren
einer Genosse, mein teurer Freund, Aime Bonpland, be-
reits, im hohen Alter, dahingegangen ist, in unserer eigenen
schönen Sprache von demselben deutschen Volke mit einigem
Vergnügen gelesen werde, welches mehr denn zwei Menschen-
alter hindurch mich in meinen wissenschaftlichen Bestrebungen
und meiner Laufbahn durch ein eifriges Wohlwollen beglückt
und selbst meinen spätesten Arbeiten durch seine parteiische
Teilnahme eine Rechtfertigung gewährt hat.

Berlin, 26. März 1859.

Alexander von Humboldt.


Herrn Bibliothekar Profeſſor Dr. Hauff anvertraut iſt, nicht
bloß, ſo viel mein Uralter und meine geſunkenen Kräfte es
erlauben, zu revidieren, ſondern auch mit Zuſätzen und Be-
richtigungen zu bereichern. Es iſt mir eine Freude, dieſer
Aufforderung zu entſprechen. Die Naturwiſſenſchaft iſt, wie
die Natur ſelbſt, in ewigem Werden und Wechſel begriffen.
Seit der Herausgabe des erſten Bandes der Reiſe ſind jetzt
fünfundvierzig Jahre verfloſſen. Die Berichtigungen müßten
alſo zahlreich ſein: in geognoſtiſcher Hinſicht wegen Bezeich-
nung der Gebirgsformationen und der metamorphoſierten Ge-
birge, des wohlthätigen Einfluſſes der Chemie auf die Geo-
gnoſie, wie in allem, was anbetrifft die Verteilung der Wärme
auf dem Erdkörper und die Urſache der verſchiedenen Krümmung
monatlicher Iſothermen (nach Doves meiſterhaften Arbeiten).
Die durch die neue Ausgabe veranlaßte Erweiterung des Kreiſes
wiſſenſchaftlicher Anregung kann ich nur freudig begrüßen;
denn in dem Entwickelungsgange phyſiſcher Forſchungen wie
in dem der politiſchen Inſtitutionen iſt Stillſtand durch un-
vermeidliches Verhängnis an den Anfang eines verderblichen
Rückſchrittes geknüpft.

Es würde mir dazu eine innige Freude ſein, noch zu er-
leben, wie die Unternehmer es hoffen, daß meine in den
Jahren freudig aufſtrebender Jugend ausgeführte Reiſe, deren
einer Genoſſe, mein teurer Freund, Aimé Bonpland, be-
reits, im hohen Alter, dahingegangen iſt, in unſerer eigenen
ſchönen Sprache von demſelben deutſchen Volke mit einigem
Vergnügen geleſen werde, welches mehr denn zwei Menſchen-
alter hindurch mich in meinen wiſſenſchaftlichen Beſtrebungen
und meiner Laufbahn durch ein eifriges Wohlwollen beglückt
und ſelbſt meinen ſpäteſten Arbeiten durch ſeine parteiiſche
Teilnahme eine Rechtfertigung gewährt hat.

Berlin, 26. März 1859.

Alexander von Humboldt.


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[VI/0010] Herrn Bibliothekar Profeſſor Dr. Hauff anvertraut iſt, nicht bloß, ſo viel mein Uralter und meine geſunkenen Kräfte es erlauben, zu revidieren, ſondern auch mit Zuſätzen und Be- richtigungen zu bereichern. Es iſt mir eine Freude, dieſer Aufforderung zu entſprechen. Die Naturwiſſenſchaft iſt, wie die Natur ſelbſt, in ewigem Werden und Wechſel begriffen. Seit der Herausgabe des erſten Bandes der Reiſe ſind jetzt fünfundvierzig Jahre verfloſſen. Die Berichtigungen müßten alſo zahlreich ſein: in geognoſtiſcher Hinſicht wegen Bezeich- nung der Gebirgsformationen und der metamorphoſierten Ge- birge, des wohlthätigen Einfluſſes der Chemie auf die Geo- gnoſie, wie in allem, was anbetrifft die Verteilung der Wärme auf dem Erdkörper und die Urſache der verſchiedenen Krümmung monatlicher Iſothermen (nach Doves meiſterhaften Arbeiten). Die durch die neue Ausgabe veranlaßte Erweiterung des Kreiſes wiſſenſchaftlicher Anregung kann ich nur freudig begrüßen; denn in dem Entwickelungsgange phyſiſcher Forſchungen wie in dem der politiſchen Inſtitutionen iſt Stillſtand durch un- vermeidliches Verhängnis an den Anfang eines verderblichen Rückſchrittes geknüpft. Es würde mir dazu eine innige Freude ſein, noch zu er- leben, wie die Unternehmer es hoffen, daß meine in den Jahren freudig aufſtrebender Jugend ausgeführte Reiſe, deren einer Genoſſe, mein teurer Freund, Aimé Bonpland, be- reits, im hohen Alter, dahingegangen iſt, in unſerer eigenen ſchönen Sprache von demſelben deutſchen Volke mit einigem Vergnügen geleſen werde, welches mehr denn zwei Menſchen- alter hindurch mich in meinen wiſſenſchaftlichen Beſtrebungen und meiner Laufbahn durch ein eifriges Wohlwollen beglückt und ſelbſt meinen ſpäteſten Arbeiten durch ſeine parteiiſche Teilnahme eine Rechtfertigung gewährt hat. Berlin, 26. März 1859. Alexander von Humboldt.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/10>, abgerufen am 29.03.2024.