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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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Achtzehntes Kapitel.

San Fernando de Apure. -- Verschlingungen und Gabelteilungen
der Flüsse Apure und Arauca. -- Fahrt auf dem Rio Apure.

Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts waren
die großen Flüsse Apure, Payara, Arauca und Meta in
Europa kaum dem Namen nach bekannt, ja, weniger als in
den vorhergehenden Jahrhunderten, als der tapfere Felipe de
Urre und die Eroberer von Tocuyo durch die Llanos zogen,
um jenseits des Apure die große Stadt des Dorado und das
reiche Land Omaguas, das Timbuktu des neuen Kontinentes,
aufzusuchen. So kühne Züge waren nur in voller Kriegs-
rüstung auszuführen. Auch wurden die Waffen, die nur die
neuen Ansiedler schützen sollten, beständig wider die unglück-
lichen Eingeborenen gekehrt. Als diesen Zeiten der Gewalt-
thätigkeit und der allgemeinen Not friedlichere Zeiten folgten,
machten sich zwei mächtige indianische Volksstämme, die Cabres
und die Kariben vom Orinoko, zu Herren des Landes, welches,
die Konquistadoren jetzt nicht mehr verheerten. Von nun an
war es nur noch armen Mönchen gestattet, südlich von den
Steppen den Fuß zu setzen. Jenseits des Uritucu begann
für die spanischen Ansiedler eine neue Welt, und die Nach-
kommen der unerschrockenen Krieger, die von Peru bis zu den
Küsten von Neugranada und an den Amazonenstrom alles
Land erobert hatten, kannten nicht die Wege, die von Coro
an den Rio Meta führen. Das Küstenland von Venezuela
blieb isoliert, und mit den langsamen Eroberungen der Mis-
sionäre von der Gesellschaft Jesu wollte es nur längs der
Ufer des Orinoko glücken. Diese Väter waren bereits bis
über die Katarakte von Atures und Maypures hinausge-
drungen, als die andalusischen Kapuziner von der Küste und
den Thälern von Aragua aus kaum die Ebenen von Calabozo
erreicht hatten. Aus den verschiedenen Ordensregeln läßt sich

Achtzehntes Kapitel.

San Fernando de Apure. — Verſchlingungen und Gabelteilungen
der Flüſſe Apure und Arauca. — Fahrt auf dem Rio Apure.

Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts waren
die großen Flüſſe Apure, Payara, Arauca und Meta in
Europa kaum dem Namen nach bekannt, ja, weniger als in
den vorhergehenden Jahrhunderten, als der tapfere Felipe de
Urre und die Eroberer von Tocuyo durch die Llanos zogen,
um jenſeits des Apure die große Stadt des Dorado und das
reiche Land Omaguas, das Timbuktu des neuen Kontinentes,
aufzuſuchen. So kühne Züge waren nur in voller Kriegs-
rüſtung auszuführen. Auch wurden die Waffen, die nur die
neuen Anſiedler ſchützen ſollten, beſtändig wider die unglück-
lichen Eingeborenen gekehrt. Als dieſen Zeiten der Gewalt-
thätigkeit und der allgemeinen Not friedlichere Zeiten folgten,
machten ſich zwei mächtige indianiſche Volksſtämme, die Cabres
und die Kariben vom Orinoko, zu Herren des Landes, welches,
die Konquiſtadoren jetzt nicht mehr verheerten. Von nun an
war es nur noch armen Mönchen geſtattet, ſüdlich von den
Steppen den Fuß zu ſetzen. Jenſeits des Uritucu begann
für die ſpaniſchen Anſiedler eine neue Welt, und die Nach-
kommen der unerſchrockenen Krieger, die von Peru bis zu den
Küſten von Neugranada und an den Amazonenſtrom alles
Land erobert hatten, kannten nicht die Wege, die von Coro
an den Rio Meta führen. Das Küſtenland von Venezuela
blieb iſoliert, und mit den langſamen Eroberungen der Miſ-
ſionäre von der Geſellſchaft Jeſu wollte es nur längs der
Ufer des Orinoko glücken. Dieſe Väter waren bereits bis
über die Katarakte von Atures und Maypures hinausge-
drungen, als die andaluſiſchen Kapuziner von der Küſte und
den Thälern von Aragua aus kaum die Ebenen von Calabozo
erreicht hatten. Aus den verſchiedenen Ordensregeln läßt ſich

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[[3]/0011] Achtzehntes Kapitel. San Fernando de Apure. — Verſchlingungen und Gabelteilungen der Flüſſe Apure und Arauca. — Fahrt auf dem Rio Apure. Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts waren die großen Flüſſe Apure, Payara, Arauca und Meta in Europa kaum dem Namen nach bekannt, ja, weniger als in den vorhergehenden Jahrhunderten, als der tapfere Felipe de Urre und die Eroberer von Tocuyo durch die Llanos zogen, um jenſeits des Apure die große Stadt des Dorado und das reiche Land Omaguas, das Timbuktu des neuen Kontinentes, aufzuſuchen. So kühne Züge waren nur in voller Kriegs- rüſtung auszuführen. Auch wurden die Waffen, die nur die neuen Anſiedler ſchützen ſollten, beſtändig wider die unglück- lichen Eingeborenen gekehrt. Als dieſen Zeiten der Gewalt- thätigkeit und der allgemeinen Not friedlichere Zeiten folgten, machten ſich zwei mächtige indianiſche Volksſtämme, die Cabres und die Kariben vom Orinoko, zu Herren des Landes, welches, die Konquiſtadoren jetzt nicht mehr verheerten. Von nun an war es nur noch armen Mönchen geſtattet, ſüdlich von den Steppen den Fuß zu ſetzen. Jenſeits des Uritucu begann für die ſpaniſchen Anſiedler eine neue Welt, und die Nach- kommen der unerſchrockenen Krieger, die von Peru bis zu den Küſten von Neugranada und an den Amazonenſtrom alles Land erobert hatten, kannten nicht die Wege, die von Coro an den Rio Meta führen. Das Küſtenland von Venezuela blieb iſoliert, und mit den langſamen Eroberungen der Miſ- ſionäre von der Geſellſchaft Jeſu wollte es nur längs der Ufer des Orinoko glücken. Dieſe Väter waren bereits bis über die Katarakte von Atures und Maypures hinausge- drungen, als die andaluſiſchen Kapuziner von der Küſte und den Thälern von Aragua aus kaum die Ebenen von Calabozo erreicht hatten. Aus den verſchiedenen Ordensregeln läßt ſich

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/11>, abgerufen am 28.03.2024.