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Humboldt, Alexander von: Vermischte Anzeigen [Anzeige von ein paar für den Bergbau wichtigen Maschinen, um das Lichtbrennen und Athmen in irrespirablen Luftarten zu unterhalten]. In: Allgemeine Literatur-Zeitung, Nr. 29 (1797), Sp. 246-248.

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ten oder durch Wasser, Feuer, Luft und Thierkräfte
zu gewältigen gelernt. Wenn Hindernisse der Arbeit sich
entgegen stellen, so bietet unsere Kunst so vielerley Mittel
dar, eine Naturkraft zur Bekämpfung der anderen anzu-
wenden
, dass oft die Wahl dessen schwer fällt, welches
den Vorzug verdient. So erfreulich aber auch der Rück-
blick auf das schon geleistete ist, so sehen wir uns doch
noch manche Kräfte entgegenwirken, welche wir entwe-
der gar nicht, oder doch nur unvollkommen zu besiegen
im Stande sind. Unter diesen letzteren schien mir der
nachtheilige Einfluss, welchen die irrespirabeln und licht-
verlöschenden Gasarten (böse und matte Wetter) auf den
Bergbau, die Feldminirkunst und andere Gewerbe des
bürgerlichen Lebens haben, am wichtigsten zu seyn.
Die grossen Fortschritte der pneumatischen Chemie liessen
mich hoffen, dass durch ihre Benutzung manches aus
dem Gebiete der theoretischen Speculation in die Sphäre
des Practikers wohlthätig überzutragen wäre. Auf wel-
chem Wege und durch welche, oft gefahrvolle Versuche
ich diese Hoffnung erfüllt gesehen, wie ich endlich einen
Apparat zu Stande gebracht habe, mit welchem Menschen
sich Stundenlang, ohne Nachtheil der Gesundheit und
mit brennenden Lichten, in nicht-athembaren und licht-
verlöschenden Luftarten aufhalten können, habe ich vor-
läufig an einem anderen Orte (in Herrn von Crells chem.
Annalen 1796.) entwickelt. Jene Anzeige ist aber zu
unvollständig um ohne Zeichnung und Modell meinen
Licht-Erhalter (sammt den tragbaren Luftmagazinen)
und die Respirationsmaschine so nachmachen zu lassen,
dass sie dem Gang und Flözbergmann zum Fahren und
Arbeiten vor Ort, dem Mineur zum Recognosciren im
Pulverdampf in die Hände gegeben werden könnte. Luft-
und Wasserbehälter sind mannichfaltig abzuändern; aber
die Art wie die sauerstoffhaltige Luft (ich bediene mich
in der Grube nie der Lebensluft, sondern der überall zu
schöpfenden, gemeinen atmosphärischen) durch und um
die Flamme ströhmt, erfordert eine ganz eigene und
künstliche Vor[r]ichtung. (In sehr matten Wettern ver-
löscht jede Lampe nach Argandschen Prinzip, man mag
noch so viel der reinsten oxygenirten Luft durch den
Tocht durchpressen!) Ich habe in den letzten Monaten
Gelegenheit gehabt, merkwürdige Versuche hierüber an-
zustellen. Absoluter Mangel des Sauerstoffs macht die
u[nt]erirdischen Gasarten schlechterdings nicht Licht-ver-
löschend. Diese Eigenschaft beruht auf bisher weniger
beachteten Verhältnissen chemischer Luftgemische und
(wie es scheint) hauptsächlich auf die Neigung des Koh-
lenstoffs und der Kohlenstoffsäure das Oxygen zu umhüllen
oder sich zu übersäuren.
Sobald der Druck meines phy-
siologischen Werks über die gereitzte Muskelfaser und
den Vitalitätsprocess geendigt sein wird, werde ich nicht
säumen, den ganzen Apparat in einer eigenen Schrift
genau zu beschreiben. Da ich fast 3 Jahre lang an die-
ser Sache, welche gewiss mit der Zeit sehr wichtig wer-
den kann, gearbeitet, und meine Lage als practischer
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Bergmann mir die Leichtigkeit verschafft hat, nicht bloss
im Laboratorium, sondern in der Grube selbst zu beob-
achten und zu experimentiren, so habe ich es wohl nicht
an Thätigkeit und Fleisse dabey fehlen lassen. Dennoch
bin ich überzeugt, dass der mehrjährige Gebrauch des
Licht-Erhalters (Rettungs-Lampe) im Grossen noch auf
mannichfaltige Mängel desselben aufmerksam machen
wird. Denn bisher kenne ich an ihm nur den Fehler, dass
er durch mechanische Stösse (welche Luftwellen erregen)
im Fahren, nicht aber beym Arbeiten vor Ort, leichter
verl[ö]scht und daher vorsichtiger, als ein anderes Licht,
geführt seyn will. Nach so vielen überwundenen Schwie-
rigkeiten wird man auch diese (welche ich für Pflicht
halte ausdrucklich selbst herauszuheben) wohl auch noch
besiegen. Um bis zur Erscheinung meiner Schrift nicht
der Verbreitung dieser kleinen Erfindung, welche das
einzige Verdienst der Nützlichkeit hat, zu schaden, so
eile ich anzuzeigen, dass ich im Begriff stehe vollständige
Apparate, nach Berlin, Freiberg, Clausthal, Weimar
und Reichenhall abgehen zu lassen und dass Personen,
welche denselben aus Bayreuth selbst zu erhalten wün-
schen, sich deshalb mit portofreien Briefen an meinen
dortigen Freund den Herrn Münzmeister Gödeking, mit
dem ich viele chemische Arbeiten gemeinschaftlich ange-
stellt, wenden können. Zur Respirationsmaschine, de-
ren einzelne Theile ohnediess gar nicht von meiner Er-
findung sind, kann der Luftsack von Wachstaffent, der
in Leipzig sehr sauber verfertigt wird nicht beygelegt
werden. Dagegen findet sich bey dem Licht-Erhalter
die Larve und das Respirationsrohr, welches man in
Deutschland bald das Beddoesche, bald das Menziesche
nennt, welches aber schon in Hales Statik der Gewächse
(Halle 1748. Tab. 9. fig. 39.) sauber abgebildet ist. Von
der Gründlichkeit deutscher Bergleute darf ich hoffen,
dass sie meinen Wunsch, jenen Apparat zu vervollkom-
men, nicht unerfüllt lassen werden.


F. A. v. Humboldt.
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ten oder durch Waſſer, Feuer, Luft und Thierkräfte
zu gewältigen gelernt. Wenn Hinderniſſe der Arbeit ſich
entgegen ſtellen, ſo bietet unſere Kunſt ſo vielerley Mittel
dar, eine Naturkraft zur Bekämpfung der anderen anzu-
wenden
, daſs oft die Wahl deſſen ſchwer fällt, welches
den Vorzug verdient. So erfreulich aber auch der Rück-
blick auf das ſchon geleiſtete iſt, ſo ſehen wir uns doch
noch manche Kräfte entgegenwirken, welche wir entwe-
der gar nicht, oder doch nur unvollkommen zu beſiegen
im Stande ſind. Unter dieſen letzteren ſchien mir der
nachtheilige Einfluſs, welchen die irreſpirabeln und licht-
verlöſchenden Gasarten (böſe und matte Wetter) auf den
Bergbau, die Feldminirkunſt und andere Gewerbe des
bürgerlichen Lebens haben, am wichtigſten zu ſeyn.
Die groſsen Fortſchritte der pneumatiſchen Chemie lieſſen
mich hoffen, daſs durch ihre Benutzung manches aus
dem Gebiete der theoretiſchen Speculation in die Sphäre
des Practikers wohlthätig überzutragen wäre. Auf wel-
chem Wege und durch welche, oft gefahrvolle Verſuche
ich dieſe Hoffnung erfüllt geſehen, wie ich endlich einen
Apparat zu Stande gebracht habe, mit welchem Menſchen
ſich Stundenlang, ohne Nachtheil der Geſundheit und
mit brennenden Lichten, in nicht-athembaren und licht-
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läufig an einem anderen Orte (in Herrn von Crells chem.
Annalen 1796.) entwickelt. Jene Anzeige iſt aber zu
unvollſtändig um ohne Zeichnung und Modell meinen
Licht-Erhalter (ſammt den tragbaren Luftmagazinen)
und die Reſpirationsmaſchine ſo nachmachen zu laſſen,
daſs ſie dem Gang und Flözbergmann zum Fahren und
Arbeiten vor Ort, dem Mineur zum Recognosciren im
Pulverdampf in die Hände gegeben werden könnte. Luft-
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in der Grube nie der Lebensluft, ſondern der überall zu
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die Flamme ſtröhmt, erfordert eine ganz eigene und
künſtliche Vor[r]ichtung. (In ſehr matten Wettern ver-
löſcht jede Lampe nach Argandſchen Prinzip, man mag
noch ſo viel der reinſten oxygenirten Luft durch den
Tocht durchpreſſen!) Ich habe in den letzten Monaten
Gelegenheit gehabt, merkwürdige Verſuche hierüber an-
zuſtellen. Abſoluter Mangel des Sauerſtoffs macht die
u[nt]erirdiſchen Gasarten ſchlechterdings nicht Licht-ver-
löſchend. Dieſe Eigenſchaft beruht auf bisher weniger
beachteten Verhältniſſen chemiſcher Luftgemiſche und
(wie es ſcheint) hauptſächlich auf die Neigung des Koh-
lenſtoffs und der Kohlenſtoffſäure das Oxygen zu umhüllen
oder ſich zu überſäuren.
Sobald der Druck meines phy-
ſiologiſchen Werks über die gereitzte Muskelfaſer und
den Vitalitätsproceſs geendigt ſein wird, werde ich nicht
ſäumen, den ganzen Apparat in einer eigenen Schrift
genau zu beſchreiben. Da ich faſt 3 Jahre lang an die-
ſer Sache, welche gewiſs mit der Zeit ſehr wichtig wer-
den kann, gearbeitet, und meine Lage als practiſcher
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Bergmann mir die Leichtigkeit verſchafft hat, nicht bloſs
im Laboratorium, ſondern in der Grube ſelbſt zu beob-
achten und zu experimentiren, ſo habe ich es wohl nicht
an Thätigkeit und Fleiſse dabey fehlen laſſen. Dennoch
bin ich überzeugt, daſs der mehrjährige Gebrauch des
Licht-Erhalters (Rettungs-Lampe) im Groſsen noch auf
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wird. Denn bisher kenne ich an ihm nur den Fehler, daſs
er durch mechaniſche Stöſse (welche Luftwellen erregen)
im Fahren, nicht aber beym Arbeiten vor Ort, leichter
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geführt ſeyn will. Nach ſo vielen überwundenen Schwie-
rigkeiten wird man auch dieſe (welche ich für Pflicht
halte ausdrucklich ſelbſt herauszuheben) wohl auch noch
beſiegen. Um bis zur Erſcheinung meiner Schrift nicht
der Verbreitung dieſer kleinen Erfindung, welche das
einzige Verdienſt der Nützlichkeit hat, zu ſchaden, ſo
eile ich anzuzeigen, daſs ich im Begriff ſtehe vollſtändige
Apparate, nach Berlin, Freiberg, Clausthal, Weimar
und Reichenhall abgehen zu laſſen und daſs Perſonen,
welche denſelben aus Bayreuth ſelbſt zu erhalten wün-
ſchen, ſich deshalb mit portofreien Briefen an meinen
dortigen Freund den Herrn Münzmeiſter Gödeking, mit
dem ich viele chemiſche Arbeiten gemeinſchaftlich ange-
ſtellt, wenden können. Zur Reſpirationsmaſchine, de-
ren einzelne Theile ohnedieſs gar nicht von meiner Er-
findung ſind, kann der Luftſack von Wachstaffent, der
in Leipzig ſehr ſauber verfertigt wird nicht beygelegt
werden. Dagegen findet ſich bey dem Licht-Erhalter
die Larve und das Reſpirationsrohr, welches man in
Deutſchland bald daſ Beddoeſche, bald das Menzieſche
nennt, welches aber ſchon in Hales Statik der Gewächſe
(Halle 1748. Tab. 9. fig. 39.) ſauber abgebildet iſt. Von
der Gründlichkeit deutſcher Bergleute darf ich hoffen,
daſs ſie meinen Wunſch, jenen Apparat zu vervollkom-
men, nicht unerfüllt laſſen werden.


F. A. v. Humboldt.
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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Vermischte Anzeigen [Anzeige von ein paar für den Bergbau wichtigen Maschinen, um das Lichtbrennen und Athmen in irrespirablen Luftarten zu unterhalten]. In: Allgemeine Literatur-Zeitung, Nr. 29 (1797), Sp. 246-248, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bergbau_1797/2>, abgerufen am 28.03.2024.