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Humboldt, Alexander von: Ueber die Gestalt und das Klima des Hochlandes in der iberischen Halbinsel. In: Hertha, Zeitschrift für Erd-, Völker und Staatenkunde, Bd. 4, Heft 1 (1825), S. [5]–23.

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Rußland neulichst verstorbene Hydrauliker Betancourt fand
(wie Antillon berichtet) 511 Toisen. Wir wissen nicht,
welchen Barometerstand Betancourt an dem Meere voraus-
setzte, oder ob er (wie wahrscheinlicher) über Madrid maß,
und eine Höhe der Hauptstadt annahm, welche sich von der
Wahrheit beträchtlich entfernt. Sie werden weiter unten

ter Gegenstand. Auf den Gefrierpunkt reduzirt hielt Shuck-
burg die mittlere Barometerhöhe an den europäischen Küsten
für 761,18 Millimetres. Oriani für die adriatischen Meeres-
küsten (immer auf den Nullpunkt reduzirt) 761,12. Durch
neunjährige Beobachtungen auf der pariser Sternwarte findet
Arago für die Meeresküste der Normandie 760,85. Boussin-
gault und Rivero, deren zwei fortinsche Barometer, auf das
Genaueste, mit dem der pariser Sternwarte verglichen waren,
und welche bei ihrer Ankunft in Südamerika, denselben kleinen
Unterschied zwischen den beiden Instrumenten fanden, welchen
wir hier in Paris bemerkt hatten, erhielten nach 12tägigen
Beobachtungen für die Meeresküste von La Guayra 760,17.
Demnach schiene (wie ich schon sonst vermuthete) der aufstei-
gende Luftstrom doch, unter den Tropen, den mittleren Baro-
meterstand um etwas zu erniedrigen. Aber wir bedürfen (da
selbst in La Guayra zu verschiedenen Jahreszeiten der mittlere
tägliche Barometerstand um ein ganzes Millimeter variirt) an
dem tropischen Meeresstrande das Resultat von Beobachtungen
wenigstens eines ganzen Jahres. Ich habe versucht diese Er-
scheinungen näher zu entwickeln und Relat. h ist. T. III.
p.
513. Trigonometrische, doch noch nicht ganz vollständige,
Operationen der französischen Ingenieurs, welche Dünkirchen,
den Thurm von Cordovan bei Bordeaux, und die Küste des
mittelländischen Meeres durch Distanzen verbunden, haben bei
einigen ausgezeichneten Gelehrten neuerdings die sonderbare
Vermuthung erregt, als sei das rothe Meer ungleicher als der
übrige Ozean, der Spiegel des Mittelmeeres aber beträchtlich
niedriger. Ein sehr geschickter Mathematiker, Herr Cerancez,
ehemaliger Konsul in Bagdad, hatte schon vor 15 Jahren aus
Gründen der Verdampfung eine ähnliche Hypothese. Das fran-
zösische Gouvernement hat neue Messungen angeordnet, durch
welche am Fuß der Pyrenäen das Niveau des Ozeans mit dem
des Mittelmeeres unmittelbar verglichen werden wird.

Rußland neulichſt verſtorbene Hydrauliker Betancourt fand
(wie Antillon berichtet) 511 Toiſen. Wir wiſſen nicht,
welchen Barometerſtand Betancourt an dem Meere voraus-
ſetzte, oder ob er (wie wahrſcheinlicher) über Madrid maß,
und eine Höhe der Hauptſtadt annahm, welche ſich von der
Wahrheit beträchtlich entfernt. Sie werden weiter unten

ter Gegenſtand. Auf den Gefrierpunkt reduzirt hielt Shuck-
burg die mittlere Barometerhöhe an den europäiſchen Küſten
für 761,18 Millimètres. Oriani für die adriatiſchen Meeres-
küſten (immer auf den Nullpunkt reduzirt) 761,12. Durch
neunjährige Beobachtungen auf der pariſer Sternwarte findet
Arago für die Meeresküſte der Normandie 760,85. Bouſſin-
gault und Rivero, deren zwei fortinſche Barometer, auf das
Genaueſte, mit dem der pariſer Sternwarte verglichen waren,
und welche bei ihrer Ankunft in Südamerika, denſelben kleinen
Unterſchied zwiſchen den beiden Inſtrumenten fanden, welchen
wir hier in Paris bemerkt hatten, erhielten nach 12tägigen
Beobachtungen für die Meeresküſte von La Guayra 760,17.
Demnach ſchiene (wie ich ſchon ſonſt vermuthete) der aufſtei-
gende Luftſtrom doch, unter den Tropen, den mittleren Baro-
meterſtand um etwas zu erniedrigen. Aber wir bedürfen (da
ſelbſt in La Guayra zu verſchiedenen Jahreszeiten der mittlere
tägliche Barometerſtand um ein ganzes Millimeter variirt) an
dem tropiſchen Meeresſtrande das Reſultat von Beobachtungen
wenigſtens eines ganzen Jahres. Ich habe verſucht dieſe Er-
ſcheinungen näher zu entwickeln und Relat. h ist. T. III.
p.
513. Trigonometriſche, doch noch nicht ganz vollſtändige,
Operationen der franzöſiſchen Ingenieurs, welche Dünkirchen,
den Thurm von Cordovan bei Bordeaux, und die Küſte des
mittelländiſchen Meeres durch Diſtanzen verbunden, haben bei
einigen ausgezeichneten Gelehrten neuerdings die ſonderbare
Vermuthung erregt, als ſei das rothe Meer ungleicher als der
übrige Ozean, der Spiegel des Mittelmeeres aber beträchtlich
niedriger. Ein ſehr geſchickter Mathematiker, Herr Cerancez,
ehemaliger Konſul in Bagdad, hatte ſchon vor 15 Jahren aus
Gründen der Verdampfung eine ähnliche Hypotheſe. Das fran-
zöſiſche Gouvernement hat neue Meſſungen angeordnet, durch
welche am Fuß der Pyrenäen das Niveau des Ozeans mit dem
des Mittelmeeres unmittelbar verglichen werden wird.
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[14/0014] Rußland neulichſt verſtorbene Hydrauliker Betancourt fand (wie Antillon berichtet) 511 Toiſen. Wir wiſſen nicht, welchen Barometerſtand Betancourt an dem Meere voraus- ſetzte, oder ob er (wie wahrſcheinlicher) über Madrid maß, und eine Höhe der Hauptſtadt annahm, welche ſich von der Wahrheit beträchtlich entfernt. Sie werden weiter unten *) *) ter Gegenſtand. Auf den Gefrierpunkt reduzirt hielt Shuck- burg die mittlere Barometerhöhe an den europäiſchen Küſten für 761,18 Millimètres. Oriani für die adriatiſchen Meeres- küſten (immer auf den Nullpunkt reduzirt) 761,12. Durch neunjährige Beobachtungen auf der pariſer Sternwarte findet Arago für die Meeresküſte der Normandie 760,85. Bouſſin- gault und Rivero, deren zwei fortinſche Barometer, auf das Genaueſte, mit dem der pariſer Sternwarte verglichen waren, und welche bei ihrer Ankunft in Südamerika, denſelben kleinen Unterſchied zwiſchen den beiden Inſtrumenten fanden, welchen wir hier in Paris bemerkt hatten, erhielten nach 12tägigen Beobachtungen für die Meeresküſte von La Guayra 760,17. Demnach ſchiene (wie ich ſchon ſonſt vermuthete) der aufſtei- gende Luftſtrom doch, unter den Tropen, den mittleren Baro- meterſtand um etwas zu erniedrigen. Aber wir bedürfen (da ſelbſt in La Guayra zu verſchiedenen Jahreszeiten der mittlere tägliche Barometerſtand um ein ganzes Millimeter variirt) an dem tropiſchen Meeresſtrande das Reſultat von Beobachtungen wenigſtens eines ganzen Jahres. Ich habe verſucht dieſe Er- ſcheinungen näher zu entwickeln und Relat. h ist. T. III. p. 513. Trigonometriſche, doch noch nicht ganz vollſtändige, Operationen der franzöſiſchen Ingenieurs, welche Dünkirchen, den Thurm von Cordovan bei Bordeaux, und die Küſte des mittelländiſchen Meeres durch Diſtanzen verbunden, haben bei einigen ausgezeichneten Gelehrten neuerdings die ſonderbare Vermuthung erregt, als ſei das rothe Meer ungleicher als der übrige Ozean, der Spiegel des Mittelmeeres aber beträchtlich niedriger. Ein ſehr geſchickter Mathematiker, Herr Cerancez, ehemaliger Konſul in Bagdad, hatte ſchon vor 15 Jahren aus Gründen der Verdampfung eine ähnliche Hypotheſe. Das fran- zöſiſche Gouvernement hat neue Meſſungen angeordnet, durch welche am Fuß der Pyrenäen das Niveau des Ozeans mit dem des Mittelmeeres unmittelbar verglichen werden wird.

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Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Gestalt und das Klima des Hochlandes in der iberischen Halbinsel. In: Hertha, Zeitschrift für Erd-, Völker und Staatenkunde, Bd. 4, Heft 1 (1825), S. [5]–23, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_spanien_1825/14>, abgerufen am 29.03.2024.