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Humboldt, Alexander von: Über einen Nachtvogel Guacharo genannt. In: Isis, Bd. 2, H. 3. (1818), Sp. 411-412.

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De Humboldt, über einen Nachtvogel Guacharo
genannt, von der Ordnung der Sperlingsartigen, der
zu Tausenden eine tiefe Höhle, die Caripe genannt, in
den Missionen der indischen Chaymas zwischen dem Ore-
noch und den Küsten von Cumana bewohnt.

Dieser Vogel, der eine neue Sippe Steatornis Ca-
xipensis
bildet, nähert sich der Alpen-Dohle und dem
europäischen Ziegenmelker (Engoulevent), lebt von
Früchten. Er hat die Größe eines Hahns, Rachen
wie Caprimulg. und Procnias, Tracht wie Geyer, Ha-
kenschnabel von steifen Borstenbüscheln umgeben. Ge-
fieder braun-grau mit schwarzen Puncten gestreift, und
mit weißen herzförmigen Flecken, Geschrey sehr stark und
scharf; er unterscheidet sich wesentlich durch seinen großen,
nackten, mit auseinander stehenden Zähnen versehenen
Schnabel, und schwachen Füßen im Verhältniß mit dem
starken Schnabel. Die Felshöhle, welche er bewohnt,
ist 80 Fuß hoch. Nur erst 40 Fuß vom Eingange hört
die Vegetation darinn auf, und 430 Fuß fällt erst das
Tageslicht gänzlich weg. Dann hört man das Getöse
der in ihrer Lieblingswohnung aufgestörten Nachtvögel,
deren kreischende, durchdringende, von den Wänden wie-
derhallende Stimmen, betäubend sind. Jhre Nester sind
in einer Höhe von 50 bis 60 Fuß. Die Einwohner aus
der Nachbarschaft ziehen jährlich um Johanni in diese
Höhle, und stoßen mit Stangen die Nester aus; die
Jungen fallen dann herunter, werden ausgenommen,
und das Fett, wovon sie eine Menge am Bauchfell ha-
ben, ausgebraten, das ein eßbares Oel giebt, Menteca
del guacharo
heißt, und ein Jahr lang sich gut hält.
Es werden 150 bis 160 Flaschen davon zum Gebrauch
eines benachbarten Klosters gefüllt. Diejenigen von die-
sen Vögeln, welche in den kleinen, der großen Höhle
benachbarten, Grotten nisten, sind dort unerreichbar und
pflanzen die Art fort. Jhr Kropf enthält oft Saamen-
körner, die die Jndianer als specifisches Mittel gegen das
Wechselfieber anwenden. Bis jetzt bekannte Nachtvögel
sind Raubvögel, oder leben wenigst von Kerfen. Die-
ser ist daher sehr merkwürdig, [sollte er nicht zu den
Papageyen?]

Eine gemeine Volkssage legt diesen Ziegenmelkern
die Eigenschaft bey, daß sie, wenn sie bey der Nacht
fliegen, einen leuchtenden Streif nachlassen. Wenn die
Sache wahr ist, so lässet es sich durch die Electrizität
erklären, welche durch die Reibung der Flügel des Vo-
gels in der trocknen Luft erregt werden könnte.

10n. De Humboldt über die Höhlen und ihre Be-
ziehung auf die Gebirgformationen, in denen man sie
findet. Er durchgeht die Formationen nach ihrem Alter,
schildert die Höhlen in den Rücken der Anden in Peru
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und Mexico, in der Uebergangsformat., der secundaren
und vulcanischen.

Jn den Granitböden trift man diese Aushöhlungen
gewöhnlich da, wo mehrere Gänge sich vereinigen; sie bil-
den dort das, was die Bergbewohner Oefen (Kammern)
nennen, die gewöhnlich mit Krystallen ausgelegt sind.
Besonders hält er sich bey den ungeheuren Höhlen der
Trapp-Porphyre (Trachytes) in den Cordilleren auf,
welche Höhlen die Peruer Machays nennen. Nach ih-
rer Form sollte man sie der Gewalt der Gase und ela-
stischer Dämpfe zuschreiben, aus der Zeit, wo die un-
geheuren Kuppeln aufgehoben wurden, welche die An-
denkette krönen. Kalkige Böden, sowohl Ur- als Se-
cundar-Böden enthalten viel öfter Grotten als die Kie-
selböden, wahrscheinlich wegen der Auflösbarkeit des
kohlensauren Kalks in übergesäuertem Wasser. Jura-
kalk, Stinkkalk, Gyps, haben viele Höhlen.

Es lassen sich 3 Arten derselben unterscheiden: 1) die
Spalten, oder leeren nicht mit Stein ausgefüllten Gänge.
2) Die, welche auf beyden Enden durchbrochen, gleich-
sam einen unterirdischen Gang bilden, wo bisweilen
ein Fluß läuft. 3) Die, welche eine Reihe zusammen-
hängender Aushöhlungen von gleicher Horizontallinie
und Richtung bilden. Dieses ist der gewöhnlichste Fall.

Die Bildung derselben hat man auf zweyerley Art
erklärt; bald durch einen mehr oder weniger plötzlichen
Einsturz, bald durch lang fortgesetzte Wirkung wenig
mächtiger Kräfte. Es gibt hier nur Hypothesen

Oft ist in den Höhlen Stickluft oder verdorbenes,
stinkendes Gas enthalten. Jn einigen, sogar in ver-
schlossenen, hat man Kryptogamen (Lichen) gefunden,
in mehreren Knochen und Scelete von Thieren. Die
Caripe-Grotte, deren vorher erwähnt worden, ist die
größte, die es in den Kalkfelsen gibt. Sie liegt 10°
nördlicher Breite, und ist 500 Klaftern über der Mee-
resfläche. Jm Monat September fand sich bey der äu-
ßeren Temperatur von 16 Grad, die der Grotte auf
18,4 bis 18°,9, und die des darin fließenden Was-
sers 16°,8.

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De Humboldt, über einen Nachtvogel Guacharo
genannt, von der Ordnung der Sperlingsartigen, der
zu Tauſenden eine tiefe Höhle, die Caripe genannt, in
den Miſſionen der indiſchen Chaymas zwiſchen dem Ore-
noch und den Küſten von Cumana bewohnt.

Dieſer Vogel, der eine neue Sippe Steatornis Ca-
xipenſis
bildet, nähert ſich der Alpen-Dohle und dem
europäiſchen Ziegenmelker (Engoulevent), lebt von
Früchten. Er hat die Größe eines Hahns, Rachen
wie Caprimulg. und Procnias, Tracht wie Geyer, Ha-
kenſchnabel von ſteifen Borſtenbüſcheln umgeben. Ge-
fieder braun-grau mit ſchwarzen Puncten geſtreift, und
mit weißen herzförmigen Flecken, Geſchrey ſehr ſtark und
ſcharf; er unterſcheidet ſich weſentlich durch ſeinen großen,
nackten, mit auseinander ſtehenden Zähnen verſehenen
Schnabel, und ſchwachen Füßen im Verhältniß mit dem
ſtarken Schnabel. Die Felshöhle, welche er bewohnt,
iſt 80 Fuß hoch. Nur erſt 40 Fuß vom Eingange hört
die Vegetation darinn auf, und 430 Fuß fällt erſt das
Tageslicht gänzlich weg. Dann hört man das Getöſe
der in ihrer Lieblingswohnung aufgeſtörten Nachtvögel,
deren kreiſchende, durchdringende, von den Wänden wie-
derhallende Stimmen, betäubend ſind. Jhre Neſter ſind
in einer Höhe von 50 bis 60 Fuß. Die Einwohner aus
der Nachbarſchaft ziehen jährlich um Johanni in dieſe
Höhle, und ſtoßen mit Stangen die Neſter aus; die
Jungen fallen dann herunter, werden ausgenommen,
und das Fett, wovon ſie eine Menge am Bauchfell ha-
ben, ausgebraten, das ein eßbares Oel giebt, Menteca
del guacharo
heißt, und ein Jahr lang ſich gut hält.
Es werden 150 bis 160 Flaſchen davon zum Gebrauch
eines benachbarten Kloſters gefüllt. Diejenigen von die-
ſen Vögeln, welche in den kleinen, der großen Höhle
benachbarten, Grotten niſten, ſind dort unerreichbar und
pflanzen die Art fort. Jhr Kropf enthält oft Saamen-
körner, die die Jndianer als ſpecifiſches Mittel gegen das
Wechſelfieber anwenden. Bis jetzt bekannte Nachtvögel
ſind Raubvögel, oder leben wenigſt von Kerfen. Die-
ſer iſt daher ſehr merkwürdig, [ſollte er nicht zu den
Papageyen?]

Eine gemeine Volksſage legt dieſen Ziegenmelkern
die Eigenſchaft bey, daß ſie, wenn ſie bey der Nacht
fliegen, einen leuchtenden Streif nachlaſſen. Wenn die
Sache wahr iſt, ſo läſſet es ſich durch die Electrizität
erklären, welche durch die Reibung der Flügel des Vo-
gels in der trocknen Luft erregt werden könnte.

10n. De Humboldt über die Höhlen und ihre Be-
ziehung auf die Gebirgformationen, in denen man ſie
findet. Er durchgeht die Formationen nach ihrem Alter,
ſchildert die Höhlen in den Rücken der Anden in Peru
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und Mexico, in der Uebergangsformat., der ſecundaren
und vulcaniſchen.

Jn den Granitböden trift man dieſe Aushöhlungen
gewöhnlich da, wo mehrere Gänge ſich vereinigen; ſie bil-
den dort das, was die Bergbewohner Oefen (Kammern)
nennen, die gewöhnlich mit Kryſtallen ausgelegt ſind.
Beſonders hält er ſich bey den ungeheuren Höhlen der
Trapp-Porphyre (Trachytes) in den Cordilleren auf,
welche Höhlen die Peruer Machays nennen. Nach ih-
rer Form ſollte man ſie der Gewalt der Gaſe und ela-
ſtiſcher Dämpfe zuſchreiben, aus der Zeit, wo die un-
geheuren Kuppeln aufgehoben wurden, welche die An-
denkette krönen. Kalkige Böden, ſowohl Ur- als Se-
cundar-Böden enthalten viel öfter Grotten als die Kie-
ſelböden, wahrſcheinlich wegen der Auflösbarkeit des
kohlenſauren Kalks in übergeſäuertem Waſſer. Jura-
kalk, Stinkkalk, Gyps, haben viele Höhlen.

Es laſſen ſich 3 Arten derſelben unterſcheiden: 1) die
Spalten, oder leeren nicht mit Stein ausgefüllten Gänge.
2) Die, welche auf beyden Enden durchbrochen, gleich-
ſam einen unterirdiſchen Gang bilden, wo bisweilen
ein Fluß läuft. 3) Die, welche eine Reihe zuſammen-
hängender Aushöhlungen von gleicher Horizontallinie
und Richtung bilden. Dieſes iſt der gewöhnlichſte Fall.

Die Bildung derſelben hat man auf zweyerley Art
erklärt; bald durch einen mehr oder weniger plötzlichen
Einſturz, bald durch lang fortgeſetzte Wirkung wenig
mächtiger Kräfte. Es gibt hier nur Hypotheſen

Oft iſt in den Höhlen Stickluft oder verdorbenes,
ſtinkendes Gas enthalten. Jn einigen, ſogar in ver-
ſchloſſenen, hat man Kryptogamen (Lichen) gefunden,
in mehreren Knochen und Scelete von Thieren. Die
Caripe-Grotte, deren vorher erwähnt worden, iſt die
größte, die es in den Kalkfelſen gibt. Sie liegt 10°
nördlicher Breite, und iſt 500 Klaftern über der Mee-
resfläche. Jm Monat September fand ſich bey der äu-
ßeren Temperatur von 16 Grad, die der Grotte auf
18,4 bis 18°,9, und die des darin fließenden Waſ-
ſers 16°,8.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über einen Nachtvogel Guacharo genannt. In: Isis, Bd. 2, H. 3. (1818), Sp. 411-412, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_steatoris_1818/2>, abgerufen am 28.03.2024.