Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
nen, das wieder anders. Hier habe ich gesündigt; dort
habe ich einen Bock geschossen. Bald hätte ich reden,
bald schweigen sollen. Wenn ich den Mund aufthue,
habe ich Unrecht[.] Was ich rede, ist einfältig. Ei,
wozu hat man den Mund, als zum Reden!
Oberförsterin. Nun, mein Kind -- hahaha -- dazu
brauchst Du ihn auch.
Oberförsterin. Ich? Wer -- ich? Wenn läßt Du
mich denn wol zum Worte kommen? Wo darf ich meine
Meinung sagen? Auf Martini werden es zwei Jahr, daß
ich zuerst von der Heirath gesprochen habe -- da ging das
Unglück los. Nun -- ich habe geschwiegen -- geschwie-
gen, was ich konnte. Nachher hat es der Herr Amt-
mann mir wieder unter den Fuß gegeben; aber, so wie
ich nur den Mund aufthat -- ward ich ja angelassen!
Jezt hat die Frau Amtmannin in der Kirche wieder
angefangen: "Mamsell Kordelchen hätte meinen An-
"ton gar zu gern." Nun -- denke ich, Ehen werden
im Himmel geschlossen -- und wenn es Gottes Wille
ist, daß mein Anton Mamsell Kordelchen heiraten soll;
so werden wir nichts dazu und nichts davon thun kön-
nen. Ich habe es gesagt. -- Du bist Vater, wie ich
Mutter. -- Thu nun, was Du willst -- ich sage kein
Wort mehr!
B 4
nen, das wieder anders. Hier habe ich geſuͤndigt; dort
habe ich einen Bock geſchoſſen. Bald haͤtte ich reden,
bald ſchweigen ſollen. Wenn ich den Mund aufthue,
habe ich Unrecht[.] Was ich rede, iſt einfaͤltig. Ei,
wozu hat man den Mund, als zum Reden!
Oberfoͤrſterin. Nun, mein Kind — hahaha — dazu
brauchſt Du ihn auch.
Oberfoͤrſterin. Ich? Wer — ich? Wenn laͤßt Du
mich denn wol zum Worte kommen? Wo darf ich meine
Meinung ſagen? Auf Martini werden es zwei Jahr, daß
ich zuerſt von der Heirath geſprochen habe — da ging das
Ungluͤck los. Nun — ich habe geſchwiegen — geſchwie-
gen, was ich konnte. Nachher hat es der Herr Amt-
mann mir wieder unter den Fuß gegeben; aber, ſo wie
ich nur den Mund aufthat — ward ich ja angelaſſen!
Jezt hat die Frau Amtmannin in der Kirche wieder
angefangen: „Mamſell Kordelchen haͤtte meinen An-
„ton gar zu gern.“ Nun — denke ich, Ehen werden
im Himmel geſchloſſen — und wenn es Gottes Wille
iſt, daß mein Anton Mamſell Kordelchen heiraten ſoll;
ſo werden wir nichts dazu und nichts davon thun koͤn-
nen. Ich habe es geſagt. — Du biſt Vater, wie ich
Mutter. — Thu nun, was Du willſt — ich ſage kein
Wort mehr!
B 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#OBEI">
            <p><pb facs="#f0029" n="23"/>
nen, das wieder anders. Hier habe ich ge&#x017F;u&#x0364;ndigt; dort<lb/>
habe ich einen Bock ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en. Bald ha&#x0364;tte ich reden,<lb/>
bald &#x017F;chweigen &#x017F;ollen. Wenn ich den Mund aufthue,<lb/>
habe ich Unrecht<supplied>.</supplied> Was ich rede, i&#x017F;t einfa&#x0364;ltig. Ei,<lb/>
wozu hat man den Mund, als zum Reden!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#OBEI">
            <speaker>Oberfo&#x0364;r&#x017F;terin.</speaker>
            <p>Nun, mein Kind &#x2014; hahaha &#x2014; dazu<lb/>
brauch&#x017F;t Du ihn auch.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#OBEI">
            <speaker>Oberfo&#x0364;r&#x017F;terin.</speaker>
            <p>Ich? Wer &#x2014; <hi rendition="#g">ich</hi>? Wenn la&#x0364;ßt Du<lb/>
mich denn wol zum Worte kommen? Wo darf ich meine<lb/>
Meinung &#x017F;agen? Auf Martini werden es zwei Jahr, daß<lb/>
ich zuer&#x017F;t von der Heirath ge&#x017F;prochen habe &#x2014; da ging das<lb/>
Unglu&#x0364;ck los. Nun &#x2014; ich habe ge&#x017F;chwiegen &#x2014; ge&#x017F;chwie-<lb/>
gen, was ich konnte. Nachher hat es der Herr Amt-<lb/>
mann mir wieder unter den Fuß gegeben; aber, &#x017F;o wie<lb/>
ich nur den Mund aufthat &#x2014; ward ich ja angela&#x017F;&#x017F;en!<lb/>
Jezt hat die Frau Amtmannin in der Kirche wieder<lb/>
angefangen: &#x201E;Mam&#x017F;ell Kordelchen ha&#x0364;tte meinen An-<lb/>
&#x201E;ton gar zu gern.&#x201C; Nun &#x2014; denke ich, Ehen werden<lb/>
im Himmel ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x2014; und wenn es Gottes Wille<lb/>
i&#x017F;t, daß mein Anton Mam&#x017F;ell Kordelchen heiraten &#x017F;oll;<lb/>
&#x017F;o werden wir nichts dazu und nichts davon thun ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Ich habe es ge&#x017F;agt. &#x2014; Du bi&#x017F;t Vater, wie ich<lb/>
Mutter. &#x2014; Thu nun, was Du will&#x017F;t &#x2014; ich &#x017F;age kein<lb/>
Wort mehr!</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">B 4</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0029] nen, das wieder anders. Hier habe ich geſuͤndigt; dort habe ich einen Bock geſchoſſen. Bald haͤtte ich reden, bald ſchweigen ſollen. Wenn ich den Mund aufthue, habe ich Unrecht. Was ich rede, iſt einfaͤltig. Ei, wozu hat man den Mund, als zum Reden! Oberfoͤrſterin. Nun, mein Kind — hahaha — dazu brauchſt Du ihn auch. Oberfoͤrſterin. Ich? Wer — ich? Wenn laͤßt Du mich denn wol zum Worte kommen? Wo darf ich meine Meinung ſagen? Auf Martini werden es zwei Jahr, daß ich zuerſt von der Heirath geſprochen habe — da ging das Ungluͤck los. Nun — ich habe geſchwiegen — geſchwie- gen, was ich konnte. Nachher hat es der Herr Amt- mann mir wieder unter den Fuß gegeben; aber, ſo wie ich nur den Mund aufthat — ward ich ja angelaſſen! Jezt hat die Frau Amtmannin in der Kirche wieder angefangen: „Mamſell Kordelchen haͤtte meinen An- „ton gar zu gern.“ Nun — denke ich, Ehen werden im Himmel geſchloſſen — und wenn es Gottes Wille iſt, daß mein Anton Mamſell Kordelchen heiraten ſoll; ſo werden wir nichts dazu und nichts davon thun koͤn- nen. Ich habe es geſagt. — Du biſt Vater, wie ich Mutter. — Thu nun, was Du willſt — ich ſage kein Wort mehr! B 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/29
Zitationshilfe: Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/29>, abgerufen am 19.04.2024.