Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
XII.
Sylli an Lenore und Clärchen.

Ich habe dreymal hintereinander nach C * *
geschrieben; aber die arme Sylli muß nur
wieder geschwinde hinsitzen, und noch einmal
nach C * * oder Heimfeld schreiben, sonst hält
sies nicht aus. Es ist ihr von neuem so trau-
rig ums Herz; ihr Sehnen nach Euch hin ist
in so starkem Schwunge, daß sie unmöglich sich
zur Ruhe bringen kann. -- Diesen Morgen,
unterdessen Susanna sie anziehen half, kam
eine Einladung ... Antwort: "Meine Em-
pfehlung; ich würde aufwarten gegen Abend." --
Und nun seufzte die arme Sylli, und konnte
sich nicht enthalten zu Susanna zu sagen:
"Wer nur fliegen könnte! Ich wüßte wohl
"wohin ich auf Vesuch flöge." Die hölzerne
Susanna hatte nichts hierauf zu antworten.
Das Mädchen ist mir ein allzu unbehülfliches
Geschöpf. Auf Empfindung bey ihr machte

XII.
Sylli an Lenore und Claͤrchen.

Ich habe dreymal hintereinander nach C * *
geſchrieben; aber die arme Sylli muß nur
wieder geſchwinde hinſitzen, und noch einmal
nach C * * oder Heimfeld ſchreiben, ſonſt haͤlt
ſies nicht aus. Es iſt ihr von neuem ſo trau-
rig ums Herz; ihr Sehnen nach Euch hin iſt
in ſo ſtarkem Schwunge, daß ſie unmoͤglich ſich
zur Ruhe bringen kann. — Dieſen Morgen,
unterdeſſen Suſanna ſie anziehen half, kam
eine Einladung … Antwort: „Meine Em-
pfehlung; ich wuͤrde aufwarten gegen Abend.” —
Und nun ſeufzte die arme Sylli, und konnte
ſich nicht enthalten zu Suſanna zu ſagen:
„Wer nur fliegen koͤnnte! Ich wuͤßte wohl
„wohin ich auf Veſuch floͤge.” Die hoͤlzerne
Suſanna hatte nichts hierauf zu antworten.
Das Maͤdchen iſt mir ein allzu unbehuͤlfliches
Geſchoͤpf. Auf Empfindung bey ihr machte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0148" n="110"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XII.</hi><lb/>
Sylli an Lenore und Cla&#x0364;rchen.</hi> </head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Den 14ten Ma&#x0364;rz.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">I</hi>ch habe dreymal hintereinander nach C * *<lb/>
ge&#x017F;chrieben; aber die arme <hi rendition="#g">Sylli</hi> muß nur<lb/>
wieder ge&#x017F;chwinde hin&#x017F;itzen, und noch einmal<lb/>
nach C * * oder Heimfeld &#x017F;chreiben, &#x017F;on&#x017F;t ha&#x0364;lt<lb/>
&#x017F;ies nicht aus. Es i&#x017F;t ihr von neuem &#x017F;o trau-<lb/>
rig ums Herz; ihr Sehnen nach Euch hin i&#x017F;t<lb/>
in &#x017F;o &#x017F;tarkem Schwunge, daß &#x017F;ie unmo&#x0364;glich &#x017F;ich<lb/>
zur Ruhe bringen kann. &#x2014; Die&#x017F;en Morgen,<lb/>
unterde&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#g">Su&#x017F;anna</hi> &#x017F;ie anziehen half, kam<lb/>
eine Einladung &#x2026; Antwort: &#x201E;Meine Em-<lb/>
pfehlung; ich wu&#x0364;rde aufwarten gegen Abend.&#x201D; &#x2014;<lb/>
Und nun &#x017F;eufzte die arme Sylli, und konnte<lb/>
&#x017F;ich nicht enthalten zu Su&#x017F;anna zu &#x017F;agen:<lb/>
&#x201E;Wer nur fliegen ko&#x0364;nnte! Ich wu&#x0364;ßte wohl<lb/>
&#x201E;wohin ich auf Ve&#x017F;uch flo&#x0364;ge.&#x201D; Die ho&#x0364;lzerne<lb/>
Su&#x017F;anna hatte nichts hierauf zu antworten.<lb/>
Das Ma&#x0364;dchen i&#x017F;t mir ein allzu unbehu&#x0364;lfliches<lb/>
Ge&#x017F;cho&#x0364;pf. Auf Empfindung bey ihr machte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0148] XII. Sylli an Lenore und Claͤrchen. Den 14ten Maͤrz. Ich habe dreymal hintereinander nach C * * geſchrieben; aber die arme Sylli muß nur wieder geſchwinde hinſitzen, und noch einmal nach C * * oder Heimfeld ſchreiben, ſonſt haͤlt ſies nicht aus. Es iſt ihr von neuem ſo trau- rig ums Herz; ihr Sehnen nach Euch hin iſt in ſo ſtarkem Schwunge, daß ſie unmoͤglich ſich zur Ruhe bringen kann. — Dieſen Morgen, unterdeſſen Suſanna ſie anziehen half, kam eine Einladung … Antwort: „Meine Em- pfehlung; ich wuͤrde aufwarten gegen Abend.” — Und nun ſeufzte die arme Sylli, und konnte ſich nicht enthalten zu Suſanna zu ſagen: „Wer nur fliegen koͤnnte! Ich wuͤßte wohl „wohin ich auf Veſuch floͤge.” Die hoͤlzerne Suſanna hatte nichts hierauf zu antworten. Das Maͤdchen iſt mir ein allzu unbehuͤlfliches Geſchoͤpf. Auf Empfindung bey ihr machte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/148
Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/148>, abgerufen am 19.04.2024.