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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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nöthig und nützlich eines dem andern.
Und man hat nichts entdecket, von wel-
chen man mit Gewißheit behaupten könn-
te, daß es ohne Nutzen wäre. Sollte
dieses allein nicht hinlänglich seyn, uns
auf die Muthmassung zu bringen, daß
wenn wir von allen eine genaue Einsicht
erreichen könnten, wir auch in allen
Dingen die weiseste Verbindung wahr-
nehmen würden. Es haben die Wesen
mancher Dinge eine solche nothwendige
Verbindung unter einander, daß auch
ein Weiser, weil er das vorhergehende
gerne will, sich auch das folgende, so
damit verknüpft ist, muß gefallen lassen;
und mannigmal muß er das vorherge-
hende wählen, weil das folgende sein
Endzweck ist. Jener General will, daß
seine Armee in einem Lager einen Weg
von vielen Meilen zurück lege, um durch
einen engen Paß zu kommen, der son-
sten möchte verhauen oder durch das
Wetter unter Wasser gesetzt werden.
Er muß daher auch in einen Rast-Tag
nach diesem starcken Marsch willigen.
Oder er will schlagen. Die Armee
aber ist müde, so muß er sie erst ausru-

hen



noͤthig und nuͤtzlich eines dem andern.
Und man hat nichts entdecket, von wel-
chen man mit Gewißheit behaupten koͤnn-
te, daß es ohne Nutzen waͤre. Sollte
dieſes allein nicht hinlaͤnglich ſeyn, uns
auf die Muthmaſſung zu bringen, daß
wenn wir von allen eine genaue Einſicht
erreichen koͤnnten, wir auch in allen
Dingen die weiſeſte Verbindung wahr-
nehmen wuͤrden. Es haben die Weſen
mancher Dinge eine ſolche nothwendige
Verbindung unter einander, daß auch
ein Weiſer, weil er das vorhergehende
gerne will, ſich auch das folgende, ſo
damit verknuͤpft iſt, muß gefallen laſſen;
und mannigmal muß er das vorherge-
hende waͤhlen, weil das folgende ſein
Endzweck iſt. Jener General will, daß
ſeine Armee in einem Lager einen Weg
von vielen Meilen zuruͤck lege, um durch
einen engen Paß zu kommen, der ſon-
ſten moͤchte verhauen oder durch das
Wetter unter Waſſer geſetzt werden.
Er muß daher auch in einen Raſt-Tag
nach dieſem ſtarcken Marſch willigen.
Oder er will ſchlagen. Die Armee
aber iſt muͤde, ſo muß er ſie erſt ausru-

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[330/0348] noͤthig und nuͤtzlich eines dem andern. Und man hat nichts entdecket, von wel- chen man mit Gewißheit behaupten koͤnn- te, daß es ohne Nutzen waͤre. Sollte dieſes allein nicht hinlaͤnglich ſeyn, uns auf die Muthmaſſung zu bringen, daß wenn wir von allen eine genaue Einſicht erreichen koͤnnten, wir auch in allen Dingen die weiſeſte Verbindung wahr- nehmen wuͤrden. Es haben die Weſen mancher Dinge eine ſolche nothwendige Verbindung unter einander, daß auch ein Weiſer, weil er das vorhergehende gerne will, ſich auch das folgende, ſo damit verknuͤpft iſt, muß gefallen laſſen; und mannigmal muß er das vorherge- hende waͤhlen, weil das folgende ſein Endzweck iſt. Jener General will, daß ſeine Armee in einem Lager einen Weg von vielen Meilen zuruͤck lege, um durch einen engen Paß zu kommen, der ſon- ſten moͤchte verhauen oder durch das Wetter unter Waſſer geſetzt werden. Er muß daher auch in einen Raſt-Tag nach dieſem ſtarcken Marſch willigen. Oder er will ſchlagen. Die Armee aber iſt muͤde, ſo muß er ſie erſt ausru- hen

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/348>, abgerufen am 28.03.2024.