Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

Bild:
<< vorherige Seite

zu verbieten, was Sie sich selbst verbieten müßten, nämlich in meiner Abwesenheit mein Zimmer zu betreten." "Ich erklärte Ihnen doch, Fräulein," sagte K. und ging auch zu den Photographien, "daß nicht ich es war, der sich an Ihren Photographien vergangen hat; aber da Sie mir nicht glauben, so muß ich also eingestehen, daß die Untersuchungskommission drei Bankbeamte mitgebracht hat, von denen der eine, den ich bei nächster Gelegenheit aus der Bank hinausbefördern werde, die Photographien wahrscheinlich in die Hand genommen hat." "Ja es war eine Untersuchungskommission hier," fügte K. hinzu, da ihn das Fräulein mit einem fragenden Blick ansah. "Ihretwegen?" fragte das Fräulein. "Ja," antwortete K. "Nein," rief das Fräulein und lachte. "Doch," sagte K., "glauben Sie denn, daß ich schuldlos bin?" "Nun, schuldlos," sagte das Fräulein, "ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, immerhin, es muß doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind - ich schließe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daß Sie nicht aus dem Gefängnis

zu verbieten, was Sie sich selbst verbieten müßten, nämlich in meiner Abwesenheit mein Zimmer zu betreten.“ „Ich erklärte Ihnen doch, Fräulein,“ sagte K. und ging auch zu den Photographien, „daß nicht ich es war, der sich an Ihren Photographien vergangen hat; aber da Sie mir nicht glauben, so muß ich also eingestehen, daß die Untersuchungskommission drei Bankbeamte mitgebracht hat, von denen der eine, den ich bei nächster Gelegenheit aus der Bank hinausbefördern werde, die Photographien wahrscheinlich in die Hand genommen hat.“ „Ja es war eine Untersuchungskommission hier,“ fügte K. hinzu, da ihn das Fräulein mit einem fragenden Blick ansah. „Ihretwegen?“ fragte das Fräulein. „Ja,“ antwortete K. „Nein,“ rief das Fräulein und lachte. „Doch,“ sagte K., „glauben Sie denn, daß ich schuldlos bin?“ „Nun, schuldlos,“ sagte das Fräulein, „ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, immerhin, es muß doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind – ich schließe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daß Sie nicht aus dem Gefängnis

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0046" n="44"/>
zu verbieten, was Sie sich selbst verbieten müßten, nämlich in meiner Abwesenheit mein Zimmer zu betreten.&#x201C; &#x201E;Ich erklärte Ihnen doch, Fräulein,&#x201C; sagte K. und ging auch zu den Photographien, &#x201E;daß nicht ich es war, der sich an Ihren Photographien vergangen hat; aber da Sie mir nicht glauben, so muß ich also eingestehen, daß die Untersuchungskommission drei Bankbeamte mitgebracht hat, von denen der eine, den ich bei nächster Gelegenheit aus der Bank hinausbefördern werde, die Photographien wahrscheinlich in die Hand genommen hat.&#x201C; &#x201E;Ja es war eine Untersuchungskommission hier,&#x201C; fügte K. hinzu, da ihn das Fräulein mit einem fragenden Blick ansah. &#x201E;Ihretwegen?&#x201C; fragte das Fräulein. &#x201E;Ja,&#x201C; antwortete K. &#x201E;Nein,&#x201C; rief das Fräulein und lachte. &#x201E;Doch,&#x201C; sagte K., &#x201E;glauben Sie denn, daß ich schuldlos bin?&#x201C; &#x201E;Nun, schuldlos,&#x201C; sagte das Fräulein, &#x201E;ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, immerhin, es muß doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind &#x2013; ich schließe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daß Sie nicht aus dem Gefängnis
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0046] zu verbieten, was Sie sich selbst verbieten müßten, nämlich in meiner Abwesenheit mein Zimmer zu betreten.“ „Ich erklärte Ihnen doch, Fräulein,“ sagte K. und ging auch zu den Photographien, „daß nicht ich es war, der sich an Ihren Photographien vergangen hat; aber da Sie mir nicht glauben, so muß ich also eingestehen, daß die Untersuchungskommission drei Bankbeamte mitgebracht hat, von denen der eine, den ich bei nächster Gelegenheit aus der Bank hinausbefördern werde, die Photographien wahrscheinlich in die Hand genommen hat.“ „Ja es war eine Untersuchungskommission hier,“ fügte K. hinzu, da ihn das Fräulein mit einem fragenden Blick ansah. „Ihretwegen?“ fragte das Fräulein. „Ja,“ antwortete K. „Nein,“ rief das Fräulein und lachte. „Doch,“ sagte K., „glauben Sie denn, daß ich schuldlos bin?“ „Nun, schuldlos,“ sagte das Fräulein, „ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, immerhin, es muß doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind – ich schließe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daß Sie nicht aus dem Gefängnis

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-28T19:24:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-28T19:24:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat (2012-11-28T19:24:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Trennungen am Zeilen- und am Seitenende werden aufgelöst, der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/46
Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/46>, abgerufen am 29.03.2024.