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Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

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Der Gärtner.
Aber wie? wenn ich euch in diesen hölzernen Topf ver-
sezte, da könntet ihr zu eurer Geliebten getragen werden,
sie würde euch vor der großen Sonnenhitze bewahren, sie
würde eurer mit sorgsamen Händen pflegen, und ihr würdet
ihr allein all' eure Düfte senden.
Der Poet.
O Allersüßester! dafür werd' ich euch noch als Blume
dankbar seyn.
Der Gärtner.
Wohlan! so laßt euch kunstgerecht in diesen Topf ver-
setzen.
(Er wird in den Topf versetzt und weggetragen).

Die Scene wechselt.
Todtengräbers Wohnung. Derselbe arbeitet an ein Paar Flügeln. Nach-
bar Schmid
.
Die Frau.
Mit deinem ewigen Flügelmachen
Verdirbst du wahrlich die besten Stunden,
Und am End' ist doch nichts gefunden.
Der Todtengräber.
Deiner Thorheit muß ich lachen.
Der Schmid.
Nachbar! ich bitt' euch, laßt die Sachen!
Daraus wird in Ewigkeit nichts --
Seyd ihr am höchsten, was gilt's, so bricht's,
Der Gaͤrtner.
Aber wie? wenn ich euch in dieſen hoͤlzernen Topf ver-
ſezte, da koͤnntet ihr zu eurer Geliebten getragen werden,
ſie wuͤrde euch vor der großen Sonnenhitze bewahren, ſie
wuͤrde eurer mit ſorgſamen Haͤnden pflegen, und ihr wuͤrdet
ihr allein all' eure Duͤfte ſenden.
Der Poet.
O Allerſuͤßeſter! dafuͤr werd' ich euch noch als Blume
dankbar ſeyn.
Der Gaͤrtner.
Wohlan! ſo laßt euch kunſtgerecht in dieſen Topf ver-
ſetzen.
(Er wird in den Topf verſetzt und weggetragen).

Die Scene wechſelt.
Todtengraͤbers Wohnung. Derſelbe arbeitet an ein Paar Fluͤgeln. Nach-
bar Schmid
.
Die Frau.
Mit deinem ewigen Fluͤgelmachen
Verdirbſt du wahrlich die beſten Stunden,
Und am End' iſt doch nichts gefunden.
Der Todtengraͤber.
Deiner Thorheit muß ich lachen.
Der Schmid.
Nachbar! ich bitt' euch, laßt die Sachen!
Daraus wird in Ewigkeit nichts —
Seyd ihr am hoͤchſten, was gilt's, ſo bricht's,
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[206/0218] Der Gaͤrtner. Aber wie? wenn ich euch in dieſen hoͤlzernen Topf ver- ſezte, da koͤnntet ihr zu eurer Geliebten getragen werden, ſie wuͤrde euch vor der großen Sonnenhitze bewahren, ſie wuͤrde eurer mit ſorgſamen Haͤnden pflegen, und ihr wuͤrdet ihr allein all' eure Duͤfte ſenden. Der Poet. O Allerſuͤßeſter! dafuͤr werd' ich euch noch als Blume dankbar ſeyn. Der Gaͤrtner. Wohlan! ſo laßt euch kunſtgerecht in dieſen Topf ver- ſetzen. (Er wird in den Topf verſetzt und weggetragen). Die Scene wechſelt. Todtengraͤbers Wohnung. Derſelbe arbeitet an ein Paar Fluͤgeln. Nach- bar Schmid. Die Frau. Mit deinem ewigen Fluͤgelmachen Verdirbſt du wahrlich die beſten Stunden, Und am End' iſt doch nichts gefunden. Der Todtengraͤber. Deiner Thorheit muß ich lachen. Der Schmid. Nachbar! ich bitt' euch, laßt die Sachen! Daraus wird in Ewigkeit nichts — Seyd ihr am hoͤchſten, was gilt's, ſo bricht's,

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/218>, abgerufen am 29.03.2024.