Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

daß es Wahn ist, der euch in allem leitet,
euch zu Sclaven macht, eure Ketten zer-
bricht, und euch wiederum neue schmiedet.
So treibt ihr euch im ewigen Kreiße her-
um, und ihr seyd verdammt, immer den
Schatten für das Wesen zu ergreifen.

Faust. Fasse es, wer da kann! er schlug
wider seine Stirne, und seine
Brust
. Dieses hier, und dieses da, stehen
im Widerspruch mit allem was ich sehe, ver-
nehme und fühle. Finstre Gedanken, wie
plagende Dämonen der Nacht, ziehen in
meinem Gehirne herum, und oft dünkt mich,
die moralische Welt würde von eben einem
solchen Dinge beherrscht, wie dieser Elende
eines ist. Er mordet ohne Form und Recht,
und so wird der Mensch gleich dem Stier
gefällt, ohne zu wissen warum er bluten
muß.

Faust fuhr in dieser Laune fort, und spann
seine dunkle Gedanken und Gefühle, bis ins
Abscheuliche aus. Der Teufel ergötzte sich, da
er ihn seinem Zwecke nahen sahe, stimmte ihn

zu
Fausts Leben. T

daß es Wahn iſt, der euch in allem leitet,
euch zu Sclaven macht, eure Ketten zer-
bricht, und euch wiederum neue ſchmiedet.
So treibt ihr euch im ewigen Kreiße her-
um, und ihr ſeyd verdammt, immer den
Schatten fuͤr das Weſen zu ergreifen.

Fauſt. Faſſe es, wer da kann! er ſchlug
wider ſeine Stirne, und ſeine
Bruſt
. Dieſes hier, und dieſes da, ſtehen
im Widerſpruch mit allem was ich ſehe, ver-
nehme und fuͤhle. Finſtre Gedanken, wie
plagende Daͤmonen der Nacht, ziehen in
meinem Gehirne herum, und oft duͤnkt mich,
die moraliſche Welt wuͤrde von eben einem
ſolchen Dinge beherrſcht, wie dieſer Elende
eines iſt. Er mordet ohne Form und Recht,
und ſo wird der Menſch gleich dem Stier
gefaͤllt, ohne zu wiſſen warum er bluten
muß.

Fauſt fuhr in dieſer Laune fort, und ſpann
ſeine dunkle Gedanken und Gefuͤhle, bis ins
Abſcheuliche aus. Der Teufel ergoͤtzte ſich, da
er ihn ſeinem Zwecke nahen ſahe, ſtimmte ihn

zu
Fauſts Leben. T
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0300" n="289"/>
daß es Wahn i&#x017F;t, der euch in allem leitet,<lb/>
euch zu Sclaven macht, eure Ketten zer-<lb/>
bricht, und euch wiederum neue &#x017F;chmiedet.<lb/>
So treibt ihr euch im ewigen Kreiße her-<lb/>
um, und ihr &#x017F;eyd verdammt, immer den<lb/>
Schatten fu&#x0364;r das We&#x017F;en zu ergreifen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Fau&#x017F;t</hi>. Fa&#x017F;&#x017F;e es, wer da kann! <hi rendition="#g">er &#x017F;chlug<lb/>
wider &#x017F;eine Stirne, und &#x017F;eine<lb/>
Bru&#x017F;t</hi>. Die&#x017F;es hier, und die&#x017F;es da, &#x017F;tehen<lb/>
im Wider&#x017F;pruch mit allem was ich &#x017F;ehe, ver-<lb/>
nehme und fu&#x0364;hle. Fin&#x017F;tre Gedanken, wie<lb/>
plagende Da&#x0364;monen der Nacht, ziehen in<lb/>
meinem Gehirne herum, und oft du&#x0364;nkt mich,<lb/>
die morali&#x017F;che Welt wu&#x0364;rde von eben einem<lb/>
&#x017F;olchen Dinge beherr&#x017F;cht, wie die&#x017F;er Elende<lb/>
eines i&#x017F;t. Er mordet ohne Form und Recht,<lb/>
und &#x017F;o wird der Men&#x017F;ch gleich dem Stier<lb/>
gefa&#x0364;llt, ohne zu wi&#x017F;&#x017F;en warum er bluten<lb/>
muß.</p><lb/>
          <p>Fau&#x017F;t fuhr in die&#x017F;er Laune fort, und &#x017F;pann<lb/>
&#x017F;eine dunkle Gedanken und Gefu&#x0364;hle, bis ins<lb/>
Ab&#x017F;cheuliche aus. Der Teufel ergo&#x0364;tzte &#x017F;ich, da<lb/>
er ihn &#x017F;einem Zwecke nahen &#x017F;ahe, &#x017F;timmte ihn<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Fau&#x017F;ts Leben.</hi> T</fw><fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0300] daß es Wahn iſt, der euch in allem leitet, euch zu Sclaven macht, eure Ketten zer- bricht, und euch wiederum neue ſchmiedet. So treibt ihr euch im ewigen Kreiße her- um, und ihr ſeyd verdammt, immer den Schatten fuͤr das Weſen zu ergreifen. Fauſt. Faſſe es, wer da kann! er ſchlug wider ſeine Stirne, und ſeine Bruſt. Dieſes hier, und dieſes da, ſtehen im Widerſpruch mit allem was ich ſehe, ver- nehme und fuͤhle. Finſtre Gedanken, wie plagende Daͤmonen der Nacht, ziehen in meinem Gehirne herum, und oft duͤnkt mich, die moraliſche Welt wuͤrde von eben einem ſolchen Dinge beherrſcht, wie dieſer Elende eines iſt. Er mordet ohne Form und Recht, und ſo wird der Menſch gleich dem Stier gefaͤllt, ohne zu wiſſen warum er bluten muß. Fauſt fuhr in dieſer Laune fort, und ſpann ſeine dunkle Gedanken und Gefuͤhle, bis ins Abſcheuliche aus. Der Teufel ergoͤtzte ſich, da er ihn ſeinem Zwecke nahen ſahe, ſtimmte ihn zu Fauſts Leben. T

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/300
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/300>, abgerufen am 18.04.2024.