Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
Fragen.
[Abbildung]
Veracht ihn, Leyer, welcher den Genius
In sich verkennet! und zu des Albion
Zu jedem edlern Stolz unfähig,
Fern, es zu werden, noch immer nachahmt!
Soll Hermanns Sohn, und, Leibniz, dein Zeitgenoß,
(Des Denkers Leben lebet noch unter uns!)
Soll der in Ketten denen nachgehn,
Welchen er kühner vorüber flöge?
Und doch die Wange niemals mit glühender
Schamvoller Röthe färben? nie feuriger,
Sieht er des Griechen Flug, ausrufen:
Wurde nur er ein Poet gebohren?
Nicht zürnend weinen, weinen vor Ehrbegier,
Wenn ers nicht ausrief? gehn, und um Mitternacht
Auffahren? nicht, an seiner Kleinmuth,
Sich, durch unsterbliche Werke, rächen?
Zwar, werther Hermanns, hat die bestäubte Schlacht
Uns oft gekrönet! hat sich des Jünglings Blick
Entflammt! hat laut sein Herz geschlagen,
Brennend nach kühnerer That gedurstet?
Des
Fragen.
[Abbildung]
Veracht ihn, Leyer, welcher den Genius
In ſich verkennet! und zu des Albion
Zu jedem edlern Stolz unfaͤhig,
Fern, es zu werden, noch immer nachahmt!
Soll Hermanns Sohn, und, Leibniz, dein Zeitgenoß,
(Des Denkers Leben lebet noch unter uns!)
Soll der in Ketten denen nachgehn,
Welchen er kuͤhner voruͤber floͤge?
Und doch die Wange niemals mit gluͤhender
Schamvoller Roͤthe faͤrben? nie feuriger,
Sieht er des Griechen Flug, ausrufen:
Wurde nur er ein Poet gebohren?
Nicht zuͤrnend weinen, weinen vor Ehrbegier,
Wenn ers nicht ausrief? gehn, und um Mitternacht
Auffahren? nicht, an ſeiner Kleinmuth,
Sich, durch unſterbliche Werke, raͤchen?
Zwar, werther Hermanns, hat die beſtaͤubte Schlacht
Uns oft gekroͤnet! hat ſich des Juͤnglings Blick
Entflammt! hat laut ſein Herz geſchlagen,
Brennend nach kuͤhnerer That gedurſtet?
Des
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0119" n="111"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Fragen.</hi> </head><lb/>
          <figure/>
          <lg>
            <lg n="67">
              <l>Veracht ihn, Leyer, welcher den Genius</l><lb/>
              <l>In &#x017F;ich verkennet! und zu des Albion</l><lb/>
              <l>Zu jedem edlern Stolz unfa&#x0364;hig,</l><lb/>
              <l>Fern, es zu werden, noch immer nachahmt!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="68">
              <l>Soll Hermanns Sohn, und, Leibniz, dein Zeitgenoß,</l><lb/>
              <l>(Des Denkers Leben lebet noch unter uns!)</l><lb/>
              <l>Soll der in Ketten denen nachgehn,</l><lb/>
              <l>Welchen er ku&#x0364;hner voru&#x0364;ber flo&#x0364;ge?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="69">
              <l>Und doch die Wange niemals mit glu&#x0364;hender</l><lb/>
              <l>Schamvoller Ro&#x0364;the fa&#x0364;rben? nie feuriger,</l><lb/>
              <l>Sieht er des Griechen Flug, ausrufen:</l><lb/>
              <l>Wurde nur er ein Poet gebohren?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="70">
              <l>Nicht zu&#x0364;rnend weinen, weinen vor Ehrbegier,</l><lb/>
              <l>Wenn ers nicht ausrief? gehn, und um Mitternacht</l><lb/>
              <l>Auffahren? nicht, an &#x017F;einer Kleinmuth,</l><lb/>
              <l>Sich, durch un&#x017F;terbliche Werke, ra&#x0364;chen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="71">
              <l>Zwar, werther Hermanns, hat die be&#x017F;ta&#x0364;ubte Schlacht</l><lb/>
              <l>Uns oft gekro&#x0364;net! hat &#x017F;ich des Ju&#x0364;nglings Blick</l><lb/>
              <l>Entflammt! hat laut &#x017F;ein Herz ge&#x017F;chlagen,</l><lb/>
              <l>Brennend nach ku&#x0364;hnerer That gedur&#x017F;tet?</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Des</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0119] Fragen. [Abbildung] Veracht ihn, Leyer, welcher den Genius In ſich verkennet! und zu des Albion Zu jedem edlern Stolz unfaͤhig, Fern, es zu werden, noch immer nachahmt! Soll Hermanns Sohn, und, Leibniz, dein Zeitgenoß, (Des Denkers Leben lebet noch unter uns!) Soll der in Ketten denen nachgehn, Welchen er kuͤhner voruͤber floͤge? Und doch die Wange niemals mit gluͤhender Schamvoller Roͤthe faͤrben? nie feuriger, Sieht er des Griechen Flug, ausrufen: Wurde nur er ein Poet gebohren? Nicht zuͤrnend weinen, weinen vor Ehrbegier, Wenn ers nicht ausrief? gehn, und um Mitternacht Auffahren? nicht, an ſeiner Kleinmuth, Sich, durch unſterbliche Werke, raͤchen? Zwar, werther Hermanns, hat die beſtaͤubte Schlacht Uns oft gekroͤnet! hat ſich des Juͤnglings Blick Entflammt! hat laut ſein Herz geſchlagen, Brennend nach kuͤhnerer That gedurſtet? Des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/119
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/119>, abgerufen am 19.04.2024.