Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Glückseligkeit Aller.
Ich legte meine Hand auf den Mund, und schwieg
Vor Gott!
Itzt nehm' ich meine Harfe wieder aus dem
Staub auf,

Und lasse vor Gott, vor Gott sie erschallen!
Wenn dem Tage der Garben zu reifen,
Gesät ist meine Saat;
Wenn gepflanzt ist im Himmel meine Seele,
Zu wachsen zur Ceder Gottes;
Wenn ich erkenne,
Wie ich erkennet werde!
Schwing dich über diese Höhe, mein Flug, empor!
Wenn ich liebe, wie ich geliebet werde!
Von Gott geliebet! ...
Anbetung, Anbetung, von Gott!
Ach dann! allein wie vermag ich es hier
Nur fern zu empfinden!
Was ist es in mir, daß ich so endlich bin?
Und dennoch weniger endlich zu seyn!
Dürste mit diesem heissem Durste?
Das ist es in mir: Einst werd' ich weniger
endlich seyn.
Wie
Die Gluͤckſeligkeit Aller.
Ich legte meine Hand auf den Mund, und ſchwieg
Vor Gott!
Itzt nehm’ ich meine Harfe wieder aus dem
Staub auf,

Und laſſe vor Gott, vor Gott ſie erſchallen!
Wenn dem Tage der Garben zu reifen,
Geſaͤt iſt meine Saat;
Wenn gepflanzt iſt im Himmel meine Seele,
Zu wachſen zur Ceder Gottes;
Wenn ich erkenne,
Wie ich erkennet werde!
Schwing dich uͤber dieſe Hoͤhe, mein Flug, empor!
Wenn ich liebe, wie ich geliebet werde!
Von Gott geliebet! …
Anbetung, Anbetung, von Gott!
Ach dann! allein wie vermag ich es hier
Nur fern zu empfinden!
Was iſt es in mir, daß ich ſo endlich bin?
Und dennoch weniger endlich zu ſeyn!
Duͤrſte mit dieſem heiſſem Durſte?
Das iſt es in mir: Einſt werd’ ich weniger
endlich ſeyn.
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0040" n="32"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit Aller.</hi> </head><lb/>
          <lg>
            <lg n="2">
              <l>Ich legte meine Hand auf den Mund, und &#x017F;chwieg</l><lb/>
              <l>Vor Gott!</l><lb/>
              <l>Itzt nehm&#x2019; ich meine Harfe wieder aus dem<lb/><hi rendition="#et">Staub auf,</hi></l><lb/>
              <l>Und la&#x017F;&#x017F;e vor Gott, vor Gott &#x017F;ie er&#x017F;challen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wenn dem Tage der Garben zu reifen,</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;a&#x0364;t i&#x017F;t meine Saat;</l><lb/>
              <l>Wenn gepflanzt i&#x017F;t im Himmel meine Seele,</l><lb/>
              <l>Zu wach&#x017F;en zur Ceder Gottes;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wenn ich erkenne,</l><lb/>
              <l>Wie ich erkennet werde!</l><lb/>
              <l>Schwing dich u&#x0364;ber die&#x017F;e Ho&#x0364;he, mein Flug, empor!</l><lb/>
              <l>Wenn ich liebe, wie ich geliebet werde!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Von Gott geliebet! &#x2026;</l><lb/>
              <l>Anbetung, Anbetung, von Gott!</l><lb/>
              <l>Ach dann! allein wie vermag ich es hier</l><lb/>
              <l>Nur fern zu empfinden!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Was i&#x017F;t es in mir, daß ich &#x017F;o endlich bin?</l><lb/>
              <l>Und dennoch weniger endlich zu &#x017F;eyn!</l><lb/>
              <l>Du&#x0364;r&#x017F;te mit die&#x017F;em hei&#x017F;&#x017F;em Dur&#x017F;te?</l><lb/>
              <l>Das i&#x017F;t es in mir: Ein&#x017F;t werd&#x2019; ich weniger<lb/><hi rendition="#et">endlich &#x017F;eyn.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0040] Die Gluͤckſeligkeit Aller. Ich legte meine Hand auf den Mund, und ſchwieg Vor Gott! Itzt nehm’ ich meine Harfe wieder aus dem Staub auf, Und laſſe vor Gott, vor Gott ſie erſchallen! Wenn dem Tage der Garben zu reifen, Geſaͤt iſt meine Saat; Wenn gepflanzt iſt im Himmel meine Seele, Zu wachſen zur Ceder Gottes; Wenn ich erkenne, Wie ich erkennet werde! Schwing dich uͤber dieſe Hoͤhe, mein Flug, empor! Wenn ich liebe, wie ich geliebet werde! Von Gott geliebet! … Anbetung, Anbetung, von Gott! Ach dann! allein wie vermag ich es hier Nur fern zu empfinden! Was iſt es in mir, daß ich ſo endlich bin? Und dennoch weniger endlich zu ſeyn! Duͤrſte mit dieſem heiſſem Durſte? Das iſt es in mir: Einſt werd’ ich weniger endlich ſeyn. Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/40
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/40>, abgerufen am 19.04.2024.