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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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I. Vorbegriffe. §. 1. Zweck der Erfindungspatente.
werden, dass bereits im Simplicissimus Buch 6 Kap. 13 einer
Erfindung Erwähnung geschieht, das Schiesspulver vor der
Explosion während der Aufbewahrung und während des Trans-
portes durch Beimengung einer andern Substanz zu schützen,
welche (durch Aussieben) sofort wieder von dem Pulver ge-
trennt werden kann1). Die verwendete Substanz ist nicht ge-
nannt. Es ist indess möglich, dass die Erfindung des engli-
schen Ingenieurs Gale, welcher im Jahre 1865 fand, dass
Schiesspulver durch Beimengung von fein gepulvertem Glase
unexplodirbar und beinahe unverbrennlich gemacht werden
kann2), schon im dreissigjährigen Kriege gemacht war. Ferner
ist bekannt, dass der Phosphor nach seiner ersten Entdeckung
durch Brand in Hamburg im Jahre 1669 viele Jahre lang als ein
Geheimfabrikat ausgebeutet wurde und erst durch Kunkel von
Löwenstern von Neuem entdeckt werden musste, um der allgemei-
nen Benutzung zugänglich zu werden. Aehnlich verhielt es sich
mit dem chinesischen Porzellan und dem Neusilber (Pakfong). Die
Gefahr einer solchen Monopolisirung durch Geheimhaltung liegt
aber nicht bloss darin, dass die Erfindung durch den Tod des
Erfinders für die Nachwelt verloren gehen kann, und dass ihre
volle Ausbeutung durch die mangelnde Concurrenz verhindert
wird, sondern vor allem auch darin, dass die Erfindung nicht

1) Simplicissimus Buch 6 Kap. 13 (Seite 81 der Leipziger Aus-
gabe von 1848) "Pulver zuzurichten, dass es nicht brenne, wenngleich
man einen glühenden Stahl hineinsteckt, welches den Festungen gar
nützlich ist, die des gefährlichen Gastes eine grosse Menge beherber-
gen müssen."
(Daselbst S. 84) "Ich antwortete: er sollte mir nur geschwind
einen Schuss Pulver und noch einen Stoff, den ich dazu gebrauchen
müsste, sammt Feuer herbeibringen, so würde er sehen, dass die Kunst
gerecht sei. Als solches geschehen war, liess ich ihn wie sichs gehörte
verfahren und folgends das Pulver anzünden. Aber da vermochte er
nicht mehr als etwa ein paar Körnlein und bloss nach und nach zu
verbrennen. -- Ja! sagte er zuletzt, jetzt ist aber das Pulver verdor-
ben. Ich hingegen antwortete ihm mit dem Werke selbst und machte
das Pulver ohne einige Unkosten, ehe man sechszehn zählen konnte,
dass es hinbrannte, da er es mit dem Feuer kaum berührte. Ach!
sagte er, hätten die Zürcher diese Kunst gewusst, so hätten sie ver-
wichen Jahr keinen so grossen Schaden gelitten, als das Wetter in
ihren Pulverthurm schlug."
2) Vergl. Dinglers Polytechnisches Journal Bd. 177 S. 456.

I. Vorbegriffe. §. 1. Zweck der Erfindungspatente.
werden, dass bereits im Simplicissimus Buch 6 Kap. 13 einer
Erfindung Erwähnung geschieht, das Schiesspulver vor der
Explosion während der Aufbewahrung und während des Trans-
portes durch Beimengung einer andern Substanz zu schützen,
welche (durch Aussieben) sofort wieder von dem Pulver ge-
trennt werden kann1). Die verwendete Substanz ist nicht ge-
nannt. Es ist indess möglich, dass die Erfindung des engli-
schen Ingenieurs Gale, welcher im Jahre 1865 fand, dass
Schiesspulver durch Beimengung von fein gepulvertem Glase
unexplodirbar und beinahe unverbrennlich gemacht werden
kann2), schon im dreissigjährigen Kriege gemacht war. Ferner
ist bekannt, dass der Phosphor nach seiner ersten Entdeckung
durch Brand in Hamburg im Jahre 1669 viele Jahre lang als ein
Geheimfabrikat ausgebeutet wurde und erst durch Kunkel von
Löwenstern von Neuem entdeckt werden musste, um der allgemei-
nen Benutzung zugänglich zu werden. Aehnlich verhielt es sich
mit dem chinesischen Porzellan und dem Neusilber (Pakfong). Die
Gefahr einer solchen Monopolisirung durch Geheimhaltung liegt
aber nicht bloss darin, dass die Erfindung durch den Tod des
Erfinders für die Nachwelt verloren gehen kann, und dass ihre
volle Ausbeutung durch die mangelnde Concurrenz verhindert
wird, sondern vor allem auch darin, dass die Erfindung nicht

1) Simplicissimus Buch 6 Kap. 13 (Seite 81 der Leipziger Aus-
gabe von 1848) »Pulver zuzurichten, dass es nicht brenne, wenngleich
man einen glühenden Stahl hineinsteckt, welches den Festungen gar
nützlich ist, die des gefährlichen Gastes eine grosse Menge beherber-
gen müssen.«
(Daselbst S. 84) »Ich antwortete: er sollte mir nur geschwind
einen Schuss Pulver und noch einen Stoff, den ich dazu gebrauchen
müsste, sammt Feuer herbeibringen, so würde er sehen, dass die Kunst
gerecht sei. Als solches geschehen war, liess ich ihn wie sichs gehörte
verfahren und folgends das Pulver anzünden. Aber da vermochte er
nicht mehr als etwa ein paar Körnlein und bloss nach und nach zu
verbrennen. — Ja! sagte er zuletzt, jetzt ist aber das Pulver verdor-
ben. Ich hingegen antwortete ihm mit dem Werke selbst und machte
das Pulver ohne einige Unkosten, ehe man sechszehn zählen konnte,
dass es hinbrannte, da er es mit dem Feuer kaum berührte. Ach!
sagte er, hätten die Zürcher diese Kunst gewusst, so hätten sie ver-
wichen Jahr keinen so grossen Schaden gelitten, als das Wetter in
ihren Pulverthurm schlug.«
2) Vergl. Dinglers Polytechnisches Journal Bd. 177 S. 456.
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[4/0031] I. Vorbegriffe. §. 1. Zweck der Erfindungspatente. werden, dass bereits im Simplicissimus Buch 6 Kap. 13 einer Erfindung Erwähnung geschieht, das Schiesspulver vor der Explosion während der Aufbewahrung und während des Trans- portes durch Beimengung einer andern Substanz zu schützen, welche (durch Aussieben) sofort wieder von dem Pulver ge- trennt werden kann 1). Die verwendete Substanz ist nicht ge- nannt. Es ist indess möglich, dass die Erfindung des engli- schen Ingenieurs Gale, welcher im Jahre 1865 fand, dass Schiesspulver durch Beimengung von fein gepulvertem Glase unexplodirbar und beinahe unverbrennlich gemacht werden kann 2), schon im dreissigjährigen Kriege gemacht war. Ferner ist bekannt, dass der Phosphor nach seiner ersten Entdeckung durch Brand in Hamburg im Jahre 1669 viele Jahre lang als ein Geheimfabrikat ausgebeutet wurde und erst durch Kunkel von Löwenstern von Neuem entdeckt werden musste, um der allgemei- nen Benutzung zugänglich zu werden. Aehnlich verhielt es sich mit dem chinesischen Porzellan und dem Neusilber (Pakfong). Die Gefahr einer solchen Monopolisirung durch Geheimhaltung liegt aber nicht bloss darin, dass die Erfindung durch den Tod des Erfinders für die Nachwelt verloren gehen kann, und dass ihre volle Ausbeutung durch die mangelnde Concurrenz verhindert wird, sondern vor allem auch darin, dass die Erfindung nicht 1) Simplicissimus Buch 6 Kap. 13 (Seite 81 der Leipziger Aus- gabe von 1848) »Pulver zuzurichten, dass es nicht brenne, wenngleich man einen glühenden Stahl hineinsteckt, welches den Festungen gar nützlich ist, die des gefährlichen Gastes eine grosse Menge beherber- gen müssen.« (Daselbst S. 84) »Ich antwortete: er sollte mir nur geschwind einen Schuss Pulver und noch einen Stoff, den ich dazu gebrauchen müsste, sammt Feuer herbeibringen, so würde er sehen, dass die Kunst gerecht sei. Als solches geschehen war, liess ich ihn wie sichs gehörte verfahren und folgends das Pulver anzünden. Aber da vermochte er nicht mehr als etwa ein paar Körnlein und bloss nach und nach zu verbrennen. — Ja! sagte er zuletzt, jetzt ist aber das Pulver verdor- ben. Ich hingegen antwortete ihm mit dem Werke selbst und machte das Pulver ohne einige Unkosten, ehe man sechszehn zählen konnte, dass es hinbrannte, da er es mit dem Feuer kaum berührte. Ach! sagte er, hätten die Zürcher diese Kunst gewusst, so hätten sie ver- wichen Jahr keinen so grossen Schaden gelitten, als das Wetter in ihren Pulverthurm schlug.« 2) Vergl. Dinglers Polytechnisches Journal Bd. 177 S. 456.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/31>, abgerufen am 28.03.2024.