Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Arbeitsleistungen.
neu erfundener Productivkräfte der Natur nicht Gegenstand
des Patentschutzes sein kann, ist dies bei den Gewerben der
Stoffverarbeitung und des Güterumtausches ohne Ausnahme
der Fall. Die Verwendung neu entdeckter Stoffe in der Fa-
brikation, wie des Chlors zum Bleichen, des Kryoliths zur So-
dafabrikation, oder der Stassfurther Salze zur Salpeter- und Pott-
aschebereitung wird durch Erfindungspatente geschützt, ebenso
die Verwendung neuer Naturkräfte, wie der Dampf und die
Electricität zur Vermittelung des Güteraustausches.

Bei den Arbeitsleistungen ist die Patentfähigkeit
der neuen Erfindungen durch alle Klassen der gewerblichen
Thätigkeit von der Gesetzgebung anerkannt. Sie ist nur an
die Bedingung geknüpft, dass die neue Erfindung entweder in
einem greifbaren Producte -- einer neuen Waare oder einem
neuen Werkzeuge -- oder in einem Verfahren besteht, welches
nach Regeln mitgetheilt oder erlernt werden kann. Daher
können in den Gewerben der Occupation und der Urproduction,
bei der Fischerei, beim Ackerbau u. dgl. nur neue Arbeits-
werkzeuge patentirt werden, weil neue Producte nur vermit-
telst der Benutzung bisher unbekannter Productivkräfte der
Natur erzielt werden können, welche von der Patentirung
ausgeschlossen ist, während neue Arbeitsmethoden in diesen Ge-
werben nur durch die Anwendung neuer Werkzeuge ausge-
führt werden. Bei den Gewerben der Fabrikation nehmen
aber neben den Werkzeugen die neuen Verfahrungsweisen bei
der Verarbeitung der Rohstoffe und die neuen Waaren eine
bedeutende Stelle unter den Gegenständen der Erfindungspa-
tente ein. In der Klasse der Dienstleistungen werden alle die-
jenigen Erfindungen ausgeschlossen, welche nur auf einer per-
sönlichen Virtuosität des Erfinders beruhen und deshalb nicht
nach Regeln mitgetheilt und erlernt werden können. Der Quel-
lenfinder Richard, der Pferdebändiger Rarey, der Erfinder eines
Schnell-Schreibunterrichts, endlich der Decorateur, die erfin-
dungsreiche Modistin, sie alle können keinen Patentschutz er-
langen, weil ihre neuen Arbeitsleistungen wesentlich auf ihrer
persönlichen Virtuosität beruhen, weil die Regeln und Erfahrun-
gen, nach welchen sie arbeiten, nicht ohne Weiteres von Jedem
angeeignet werden können. Sie bedürfen deshalb keines Patent-
schutzes und sie haben keinen Anspruch darauf, weil sie nicht
durch Mittheilung ihrer Erfindung an die Gesammtheit eine

2

Arbeitsleistungen.
neu erfundener Productivkräfte der Natur nicht Gegenstand
des Patentschutzes sein kann, ist dies bei den Gewerben der
Stoffverarbeitung und des Güterumtausches ohne Ausnahme
der Fall. Die Verwendung neu entdeckter Stoffe in der Fa-
brikation, wie des Chlors zum Bleichen, des Kryoliths zur So-
dafabrikation, oder der Stassfurther Salze zur Salpeter- und Pott-
aschebereitung wird durch Erfindungspatente geschützt, ebenso
die Verwendung neuer Naturkräfte, wie der Dampf und die
Electricität zur Vermittelung des Güteraustausches.

Bei den Arbeitsleistungen ist die Patentfähigkeit
der neuen Erfindungen durch alle Klassen der gewerblichen
Thätigkeit von der Gesetzgebung anerkannt. Sie ist nur an
die Bedingung geknüpft, dass die neue Erfindung entweder in
einem greifbaren Producte — einer neuen Waare oder einem
neuen Werkzeuge — oder in einem Verfahren besteht, welches
nach Regeln mitgetheilt oder erlernt werden kann. Daher
können in den Gewerben der Occupation und der Urproduction,
bei der Fischerei, beim Ackerbau u. dgl. nur neue Arbeits-
werkzeuge patentirt werden, weil neue Producte nur vermit-
telst der Benutzung bisher unbekannter Productivkräfte der
Natur erzielt werden können, welche von der Patentirung
ausgeschlossen ist, während neue Arbeitsmethoden in diesen Ge-
werben nur durch die Anwendung neuer Werkzeuge ausge-
führt werden. Bei den Gewerben der Fabrikation nehmen
aber neben den Werkzeugen die neuen Verfahrungsweisen bei
der Verarbeitung der Rohstoffe und die neuen Waaren eine
bedeutende Stelle unter den Gegenständen der Erfindungspa-
tente ein. In der Klasse der Dienstleistungen werden alle die-
jenigen Erfindungen ausgeschlossen, welche nur auf einer per-
sönlichen Virtuosität des Erfinders beruhen und deshalb nicht
nach Regeln mitgetheilt und erlernt werden können. Der Quel-
lenfinder Richard, der Pferdebändiger Rarey, der Erfinder eines
Schnell-Schreibunterrichts, endlich der Decorateur, die erfin-
dungsreiche Modistin, sie alle können keinen Patentschutz er-
langen, weil ihre neuen Arbeitsleistungen wesentlich auf ihrer
persönlichen Virtuosität beruhen, weil die Regeln und Erfahrun-
gen, nach welchen sie arbeiten, nicht ohne Weiteres von Jedem
angeeignet werden können. Sie bedürfen deshalb keines Patent-
schutzes und sie haben keinen Anspruch darauf, weil sie nicht
durch Mittheilung ihrer Erfindung an die Gesammtheit eine

2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0044" n="17"/><fw place="top" type="header">Arbeitsleistungen.</fw><lb/>
neu erfundener Productivkräfte der Natur nicht Gegenstand<lb/>
des Patentschutzes sein kann, ist dies bei den Gewerben der<lb/>
Stoffverarbeitung und des Güterumtausches ohne Ausnahme<lb/>
der Fall. Die Verwendung neu entdeckter Stoffe in der Fa-<lb/>
brikation, wie des Chlors zum Bleichen, des Kryoliths zur So-<lb/>
dafabrikation, oder der Stassfurther Salze zur Salpeter- und Pott-<lb/>
aschebereitung wird durch Erfindungspatente geschützt, ebenso<lb/>
die Verwendung neuer Naturkräfte, wie der Dampf und die<lb/>
Electricität zur Vermittelung des Güteraustausches.</p><lb/>
            <p>Bei den <hi rendition="#g">Arbeitsleistungen</hi> ist die Patentfähigkeit<lb/>
der neuen Erfindungen durch alle Klassen der gewerblichen<lb/>
Thätigkeit von der Gesetzgebung anerkannt. Sie ist nur an<lb/>
die Bedingung geknüpft, dass die neue Erfindung entweder in<lb/>
einem greifbaren Producte &#x2014; einer neuen Waare oder einem<lb/>
neuen Werkzeuge &#x2014; oder in einem Verfahren besteht, welches<lb/>
nach Regeln mitgetheilt oder erlernt werden kann. Daher<lb/>
können in den Gewerben der Occupation und der Urproduction,<lb/>
bei der Fischerei, beim Ackerbau u. dgl. nur neue Arbeits-<lb/>
werkzeuge patentirt werden, weil neue Producte nur vermit-<lb/>
telst der Benutzung bisher unbekannter Productivkräfte der<lb/>
Natur erzielt werden können, welche von der Patentirung<lb/>
ausgeschlossen ist, während neue Arbeitsmethoden in diesen Ge-<lb/>
werben nur durch die Anwendung neuer Werkzeuge ausge-<lb/>
führt werden. Bei den Gewerben der Fabrikation nehmen<lb/>
aber neben den Werkzeugen die neuen Verfahrungsweisen bei<lb/>
der Verarbeitung der Rohstoffe und die neuen Waaren eine<lb/>
bedeutende Stelle unter den Gegenständen der Erfindungspa-<lb/>
tente ein. In der Klasse der Dienstleistungen werden alle die-<lb/>
jenigen Erfindungen ausgeschlossen, welche nur auf einer per-<lb/>
sönlichen Virtuosität des Erfinders beruhen und deshalb nicht<lb/>
nach Regeln mitgetheilt und erlernt werden können. Der Quel-<lb/>
lenfinder Richard, der Pferdebändiger Rarey, der Erfinder eines<lb/>
Schnell-Schreibunterrichts, endlich der Decorateur, die erfin-<lb/>
dungsreiche Modistin, sie alle können keinen Patentschutz er-<lb/>
langen, weil ihre neuen Arbeitsleistungen wesentlich auf ihrer<lb/>
persönlichen Virtuosität beruhen, weil die Regeln und Erfahrun-<lb/>
gen, nach welchen sie arbeiten, nicht ohne Weiteres von Jedem<lb/>
angeeignet werden können. Sie bedürfen deshalb keines Patent-<lb/>
schutzes und sie haben keinen Anspruch darauf, weil sie nicht<lb/>
durch Mittheilung ihrer Erfindung an die Gesammtheit eine<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">2</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0044] Arbeitsleistungen. neu erfundener Productivkräfte der Natur nicht Gegenstand des Patentschutzes sein kann, ist dies bei den Gewerben der Stoffverarbeitung und des Güterumtausches ohne Ausnahme der Fall. Die Verwendung neu entdeckter Stoffe in der Fa- brikation, wie des Chlors zum Bleichen, des Kryoliths zur So- dafabrikation, oder der Stassfurther Salze zur Salpeter- und Pott- aschebereitung wird durch Erfindungspatente geschützt, ebenso die Verwendung neuer Naturkräfte, wie der Dampf und die Electricität zur Vermittelung des Güteraustausches. Bei den Arbeitsleistungen ist die Patentfähigkeit der neuen Erfindungen durch alle Klassen der gewerblichen Thätigkeit von der Gesetzgebung anerkannt. Sie ist nur an die Bedingung geknüpft, dass die neue Erfindung entweder in einem greifbaren Producte — einer neuen Waare oder einem neuen Werkzeuge — oder in einem Verfahren besteht, welches nach Regeln mitgetheilt oder erlernt werden kann. Daher können in den Gewerben der Occupation und der Urproduction, bei der Fischerei, beim Ackerbau u. dgl. nur neue Arbeits- werkzeuge patentirt werden, weil neue Producte nur vermit- telst der Benutzung bisher unbekannter Productivkräfte der Natur erzielt werden können, welche von der Patentirung ausgeschlossen ist, während neue Arbeitsmethoden in diesen Ge- werben nur durch die Anwendung neuer Werkzeuge ausge- führt werden. Bei den Gewerben der Fabrikation nehmen aber neben den Werkzeugen die neuen Verfahrungsweisen bei der Verarbeitung der Rohstoffe und die neuen Waaren eine bedeutende Stelle unter den Gegenständen der Erfindungspa- tente ein. In der Klasse der Dienstleistungen werden alle die- jenigen Erfindungen ausgeschlossen, welche nur auf einer per- sönlichen Virtuosität des Erfinders beruhen und deshalb nicht nach Regeln mitgetheilt und erlernt werden können. Der Quel- lenfinder Richard, der Pferdebändiger Rarey, der Erfinder eines Schnell-Schreibunterrichts, endlich der Decorateur, die erfin- dungsreiche Modistin, sie alle können keinen Patentschutz er- langen, weil ihre neuen Arbeitsleistungen wesentlich auf ihrer persönlichen Virtuosität beruhen, weil die Regeln und Erfahrun- gen, nach welchen sie arbeiten, nicht ohne Weiteres von Jedem angeeignet werden können. Sie bedürfen deshalb keines Patent- schutzes und sie haben keinen Anspruch darauf, weil sie nicht durch Mittheilung ihrer Erfindung an die Gesammtheit eine 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/44
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/44>, abgerufen am 20.04.2024.