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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

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lich klug, entschlossen, geistvoll, erhaben aus¬
sehn; Diese mögte mit ihren Blicken zu Boden
stürzen können; Jene mit ihren Augen alle Her¬
zen wie Butter zerfliessen machen; Die Eine
will ein gesundes und frisches, die Andre ein
kränkliches, leidendes Ansehn haben. -- Das
sind nun kleine unschädliche Schwachheiten,
nach denen man sich wohl richten kann!

8.

Die mehrsten Frauenzimmer wollen ohne
Unterlaß amüsirt seyn; Der angenehme Ge¬
sellschafter ist ihnen oft mehr werth, als der
würdige, consequente, verdienstvolle Mann,
von dessen Lippen Weisheit ströhmt, wenn er
redet, der aber lieber schweigen, als leere
Worte sprechen mag. Allein kein Gegenstand
scheint ihnen unterhaltender, als ihr eigenes
Lob, wenn es nicht zu grob eingekleidet wird --
doch auch damit nehmen es Manche so genau
nicht. Man erhebe immer einmal die Schön¬
heit einer alten Matrone! Man sehe immer
einmal die Mutter für die Tochter im Hause
an! -- Sie werden uns darum die Augen nicht
auskratzen. Ueberhaupt aber ist es mit dem

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lich klug, entſchloſſen, geiſtvoll, erhaben aus¬
ſehn; Dieſe moͤgte mit ihren Blicken zu Boden
ſtuͤrzen koͤnnen; Jene mit ihren Augen alle Her¬
zen wie Butter zerflieſſen machen; Die Eine
will ein geſundes und friſches, die Andre ein
kraͤnkliches, leidendes Anſehn haben. — Das
ſind nun kleine unſchaͤdliche Schwachheiten,
nach denen man ſich wohl richten kann!

8.

Die mehrſten Frauenzimmer wollen ohne
Unterlaß amuͤſirt ſeyn; Der angenehme Ge¬
ſellſchafter iſt ihnen oft mehr werth, als der
wuͤrdige, conſequente, verdienſtvolle Mann,
von deſſen Lippen Weisheit ſtroͤhmt, wenn er
redet, der aber lieber ſchweigen, als leere
Worte ſprechen mag. Allein kein Gegenſtand
ſcheint ihnen unterhaltender, als ihr eigenes
Lob, wenn es nicht zu grob eingekleidet wird —
doch auch damit nehmen es Manche ſo genau
nicht. Man erhebe immer einmal die Schoͤn¬
heit einer alten Matrone! Man ſehe immer
einmal die Mutter fuͤr die Tochter im Hauſe
an! — Sie werden uns darum die Augen nicht
auskratzen. Ueberhaupt aber iſt es mit dem

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[181/0211] lich klug, entſchloſſen, geiſtvoll, erhaben aus¬ ſehn; Dieſe moͤgte mit ihren Blicken zu Boden ſtuͤrzen koͤnnen; Jene mit ihren Augen alle Her¬ zen wie Butter zerflieſſen machen; Die Eine will ein geſundes und friſches, die Andre ein kraͤnkliches, leidendes Anſehn haben. — Das ſind nun kleine unſchaͤdliche Schwachheiten, nach denen man ſich wohl richten kann! 8. Die mehrſten Frauenzimmer wollen ohne Unterlaß amuͤſirt ſeyn; Der angenehme Ge¬ ſellſchafter iſt ihnen oft mehr werth, als der wuͤrdige, conſequente, verdienſtvolle Mann, von deſſen Lippen Weisheit ſtroͤhmt, wenn er redet, der aber lieber ſchweigen, als leere Worte ſprechen mag. Allein kein Gegenſtand ſcheint ihnen unterhaltender, als ihr eigenes Lob, wenn es nicht zu grob eingekleidet wird — doch auch damit nehmen es Manche ſo genau nicht. Man erhebe immer einmal die Schoͤn¬ heit einer alten Matrone! Man ſehe immer einmal die Mutter fuͤr die Tochter im Hauſe an! — Sie werden uns darum die Augen nicht auskratzen. Ueberhaupt aber iſt es mit dem Alter M 3

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/211>, abgerufen am 28.03.2024.