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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

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auf Unkosten ihres Geldbeutels, den Luxus der
Vornehmen und Reichen in ihren Häusern, oder
drängen sich in deren Cirkel ein, wo sie eine
elende Figur spielen, nur hinter her laufen müs¬
sen, und keinen frohen Genuß haben, indeß sie
lehrreichern und süßern Umgang gänzlich ver¬
nachläßigen, und gute Freunde und weise Men¬
schen von sich entfernen. Die geizigsten Leute
sparen zuweilen keine Kosten, wenn sie Gelegen¬
heit finden können, Zutritt in großen Häusern
zu erlangen, und hungern gern Monathe hin¬
durch, um einmal einen Fürsten bey sich zu be¬
wirthen, der dieses Opfer gar nicht gewahr wird,
nicht dankbar dafür ist, vielleicht Langeweile bey
ihnen hat, alles sehr bürgerlich findet, und nach
vierzehn Tagen wohl gar den Namen des thö¬
richten Wirths vergessen hat. Andre lassen es
sich wenigstens angelegen seyn, die nichtsbedeu¬
tenden und verderbten Sitten der Großen pünct¬
lich nachzuahmen, ihre hochmüthige Herablas¬
sung, ihren geschäftigen Müßiggang, ihre Zer¬
streuung, ihr Wichtigthun, ihre leeren Vertrö¬
stungen, ihre seelenlosen Gespräche, ihre Zwey¬
züngigkeit, Windbeuteley, Gefühllosigkeit, Nach¬
ahmung der Ausländer, die Verachtung ihrer

Mut¬

auf Unkoſten ihres Geldbeutels, den Luxus der
Vornehmen und Reichen in ihren Haͤuſern, oder
draͤngen ſich in deren Cirkel ein, wo ſie eine
elende Figur ſpielen, nur hinter her laufen muͤſ¬
ſen, und keinen frohen Genuß haben, indeß ſie
lehrreichern und ſuͤßern Umgang gaͤnzlich ver¬
nachlaͤßigen, und gute Freunde und weiſe Men¬
ſchen von ſich entfernen. Die geizigſten Leute
ſparen zuweilen keine Koſten, wenn ſie Gelegen¬
heit finden koͤnnen, Zutritt in großen Haͤuſern
zu erlangen, und hungern gern Monathe hin¬
durch, um einmal einen Fuͤrſten bey ſich zu be¬
wirthen, der dieſes Opfer gar nicht gewahr wird,
nicht dankbar dafuͤr iſt, vielleicht Langeweile bey
ihnen hat, alles ſehr buͤrgerlich findet, und nach
vierzehn Tagen wohl gar den Namen des thoͤ¬
richten Wirths vergeſſen hat. Andre laſſen es
ſich wenigſtens angelegen ſeyn, die nichtsbedeu¬
tenden und verderbten Sitten der Großen puͤnct¬
lich nachzuahmen, ihre hochmuͤthige Herablaſ¬
ſung, ihren geſchaͤftigen Muͤßiggang, ihre Zer¬
ſtreuung, ihr Wichtigthun, ihre leeren Vertroͤ¬
ſtungen, ihre ſeelenloſen Geſpraͤche, ihre Zwey¬
zuͤngigkeit, Windbeuteley, Gefuͤhlloſigkeit, Nach¬
ahmung der Auslaͤnder, die Verachtung ihrer

Mut¬
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[6/0028] auf Unkoſten ihres Geldbeutels, den Luxus der Vornehmen und Reichen in ihren Haͤuſern, oder draͤngen ſich in deren Cirkel ein, wo ſie eine elende Figur ſpielen, nur hinter her laufen muͤſ¬ ſen, und keinen frohen Genuß haben, indeß ſie lehrreichern und ſuͤßern Umgang gaͤnzlich ver¬ nachlaͤßigen, und gute Freunde und weiſe Men¬ ſchen von ſich entfernen. Die geizigſten Leute ſparen zuweilen keine Koſten, wenn ſie Gelegen¬ heit finden koͤnnen, Zutritt in großen Haͤuſern zu erlangen, und hungern gern Monathe hin¬ durch, um einmal einen Fuͤrſten bey ſich zu be¬ wirthen, der dieſes Opfer gar nicht gewahr wird, nicht dankbar dafuͤr iſt, vielleicht Langeweile bey ihnen hat, alles ſehr buͤrgerlich findet, und nach vierzehn Tagen wohl gar den Namen des thoͤ¬ richten Wirths vergeſſen hat. Andre laſſen es ſich wenigſtens angelegen ſeyn, die nichtsbedeu¬ tenden und verderbten Sitten der Großen puͤnct¬ lich nachzuahmen, ihre hochmuͤthige Herablaſ¬ ſung, ihren geſchaͤftigen Muͤßiggang, ihre Zer¬ ſtreuung, ihr Wichtigthun, ihre leeren Vertroͤ¬ ſtungen, ihre ſeelenloſen Geſpraͤche, ihre Zwey¬ zuͤngigkeit, Windbeuteley, Gefuͤhlloſigkeit, Nach¬ ahmung der Auslaͤnder, die Verachtung ihrer Mut¬

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/28>, abgerufen am 23.04.2024.