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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Und mit der Linken die Schilde, durchwallten sie
einsam das Lager.

"Guthart," sagte der König, "die Nacht ver-
weilet. Noch lange
"Säumt es zu tagen. Du hast mir noch nicht von
Wanda, dem holden
"Fräulein, erzählt, wie reizend sie sey; wie sie
herrschet in Krakow.
"Sprich, ist sie würdig des Kampfes der Männer?
Du sahst sie in Krakow.
"Ist sie schön, wie der Ruf sie feyert? Sag' es mir,
Guthart!"
"Schön ist Wanda," so sprach mit geflügelten
Worten der Jüngling,
"Schön vor allen Fräulein, die je mein Auge ge-
sehen,
"Schöner, als Wunna vom Sund, und die weisse
Wisna vom Elbstrom.
"Ich vergleiche die Holde dem blüthenduftenden
Frühling,
"Einer Sonn' ihr Gesicht, die Locken rollenden
Strahlen.
"Ihre Augen umflort jungfräuliche Blöde. Noch
immer
"Seh' ich ihr heiliges reines Leuchten, und sehe
noch immer
2 B

Und mit der Linken die Schilde, durchwallten sie
einsam das Lager.

„Guthart,“ sagte der König, „die Nacht ver-
weilet. Noch lange
„Säumt es zu tagen. Du hast mir noch nicht von
Wanda, dem holden
„Fräulein, erzählt, wie reizend sie sey; wie sie
herrschet in Krakow.
„Sprich, ist sie würdig des Kampfes der Männer?
Du sahst sie in Krakow.
„Ist sie schön, wie der Ruf sie feyert? Sag' es mir,
Guthart!“
„Schön ist Wanda,“ so sprach mit geflügelten
Worten der Jüngling,
„Schön vor allen Fräulein, die je mein Auge ge-
sehen,
„Schöner, als Wunna vom Sund, und die weisse
Wisna vom Elbstrom.
„Ich vergleiche die Holde dem blüthenduftenden
Frühling,
„Einer Sonn' ihr Gesicht, die Locken rollenden
Strahlen.
„Ihre Augen umflort jungfräuliche Blöde. Noch
immer
„Seh' ich ihr heiliges reines Leuchten, und sehe
noch immer
2 B
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[17/0033] Und mit der Linken die Schilde, durchwallten sie einsam das Lager. „Guthart,“ sagte der König, „die Nacht ver- weilet. Noch lange „Säumt es zu tagen. Du hast mir noch nicht von Wanda, dem holden „Fräulein, erzählt, wie reizend sie sey; wie sie herrschet in Krakow. „Sprich, ist sie würdig des Kampfes der Männer? Du sahst sie in Krakow. „Ist sie schön, wie der Ruf sie feyert? Sag' es mir, Guthart!“ „Schön ist Wanda,“ so sprach mit geflügelten Worten der Jüngling, „Schön vor allen Fräulein, die je mein Auge ge- sehen, „Schöner, als Wunna vom Sund, und die weisse Wisna vom Elbstrom. „Ich vergleiche die Holde dem blüthenduftenden Frühling, „Einer Sonn' ihr Gesicht, die Locken rollenden Strahlen. „Ihre Augen umflort jungfräuliche Blöde. Noch immer „Seh' ich ihr heiliges reines Leuchten, und sehe noch immer 2 B

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/33>, abgerufen am 29.03.2024.