Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

zwar nur ein armer lehrwißlicher 64) Schriftthum-
ler
65), aber durch viele Anheischige 66) habe ich
gute Einnahme. Sprechen Sie, von welchem Augen-
blicke darf ich mein Glück bezeiten 67)? O hätt' ich
Eilreuter 68), oder lieber noch eine Wortschleu-
der
69), um Jhnen täglich in jeder Selbe 70) zu
wiederholen, wie sehr mein Herz Sie in Erächtniß
nimmt
71), und wie ich mich für eingekaysert 72)
und eingekönigt 73) halten werde, so bald ich mich
ganz nennen darf

Jhren

Hans Reinteutsch.

Damit man jedoch nicht glaube, ich wolle mich
bloß über den guten Hans Reinteutsch lustig ma-
chen, und mehr auf seine Schultern bürden, als er zu
tragen verdient, so will ich eine von ihm selbst gebaute
Periode ganz unverändert hieher setzen.

"Die Sprachreinigung, Freund, ist tiefdenkend be-
"trachtet, vielleicht der stärkste Mittheil einer wahren
"Grundanlage der Glückseligkeit eines gesitteten Volkes;
"sie bereitet das Grab des von der Wildniß überbrachten
"und gesittet so kostlästigen Betruges, vermindert die den
"Völkern so lästige Streitfechterey u. s. w. kurz, ein ge-
"meiner Verstand reiner Sprache vermehrt das Vernunft-
"licht, vermindert die wilde Macht der Einbildung, er-
"klärt das reiche Vorgetümmel (?) und schwächt die
"Menge des in gesitteten Staatsversellungen überleiben-
"den Untertümmels." (?) -- Was sagen nun meine
Leser zu diesem Vorgetümmel und Untertümmel?

64) theoretischer.
65) Schriftsteller.
66) Abonnenten.
67) datiren.
68) Kourier.
69) Telegraph.
70) Sylbe.
71) Eigene Ausdrücke des Laufberichts.
72) Eigene Ausdrücke des Laufberichts.
73) Eigene Ausdrücke des Laufberichts.

zwar nur ein armer lehrwißlicher 64) Schriftthum-
ler
65), aber durch viele Anheischige 66) habe ich
gute Einnahme. Sprechen Sie, von welchem Augen-
blicke darf ich mein Gluͤck bezeiten 67)? O haͤtt' ich
Eilreuter 68), oder lieber noch eine Wortschleu-
der
69), um Jhnen taͤglich in jeder Selbe 70) zu
wiederholen, wie sehr mein Herz Sie in Eraͤchtniß
nimmt
71), und wie ich mich fuͤr eingekaysert 72)
und eingekoͤnigt 73) halten werde, so bald ich mich
ganz nennen darf

Jhren

Hans Reinteutsch.

Damit man jedoch nicht glaube, ich wolle mich
bloß uͤber den guten Hans Reinteutsch lustig ma-
chen, und mehr auf seine Schultern buͤrden, als er zu
tragen verdient, so will ich eine von ihm selbst gebaute
Periode ganz unveraͤndert hieher setzen.

„Die Sprachreinigung, Freund, ist tiefdenkend be-
„trachtet, vielleicht der staͤrkste Mittheil einer wahren
„Grundanlage der Gluͤckseligkeit eines gesitteten Volkes;
„sie bereitet das Grab des von der Wildniß uͤberbrachten
„und gesittet so kostlaͤstigen Betruges, vermindert die den
„Voͤlkern so laͤstige Streitfechterey u. s. w. kurz, ein ge-
„meiner Verstand reiner Sprache vermehrt das Vernunft-
„licht, vermindert die wilde Macht der Einbildung, er-
„klaͤrt das reiche Vorgetuͤmmel (?) und schwaͤcht die
„Menge des in gesitteten Staatsversellungen uͤberleiben-
„den Untertuͤmmels.“ (?) — Was sagen nun meine
Leser zu diesem Vorgetuͤmmel und Untertuͤmmel?

64) theoretischer.
65) Schriftsteller.
66) Abonnenten.
67) datiren.
68) Kourier.
69) Telegraph.
70) Sylbe.
71) Eigene Ausdruͤcke des Laufberichts.
72) Eigene Ausdruͤcke des Laufberichts.
73) Eigene Ausdruͤcke des Laufberichts.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="21"/>
zwar nur ein armer <hi rendition="#g">lehrwißlicher</hi> <note place="foot" n="64)">theoretischer.</note> <hi rendition="#g">Schriftthum-<lb/>
ler</hi> <note place="foot" n="65)">Schriftsteller.</note>, aber durch viele <hi rendition="#g">Anheischige</hi> <note place="foot" n="66)">Abonnenten.</note> habe ich<lb/>
gute Einnahme. Sprechen Sie, von welchem Augen-<lb/>
blicke darf ich mein Glu&#x0364;ck <hi rendition="#g">bezeiten</hi> <note place="foot" n="67)">datiren.</note>? O ha&#x0364;tt' ich<lb/><hi rendition="#g">Eilreuter</hi> <note place="foot" n="68)">Kourier.</note>, oder lieber noch eine <hi rendition="#g">Wortschleu-<lb/>
der</hi> <note place="foot" n="69)">Telegraph.</note>, um Jhnen ta&#x0364;glich in jeder <hi rendition="#g">Selbe</hi> <note place="foot" n="70)">Sylbe.</note> zu<lb/>
wiederholen, wie sehr mein Herz Sie in <hi rendition="#g">Era&#x0364;chtniß<lb/>
nimmt</hi> <note place="foot" n="71)">Eigene Ausdru&#x0364;cke des Laufberichts.</note>, und wie ich mich fu&#x0364;r <hi rendition="#g">eingekaysert</hi> <note place="foot" n="72)">Eigene Ausdru&#x0364;cke des Laufberichts.</note><lb/>
und <hi rendition="#g">eingeko&#x0364;nigt</hi> <note place="foot" n="73)">Eigene Ausdru&#x0364;cke des Laufberichts.</note> halten werde, so bald ich mich<lb/>
ganz nennen darf</p><lb/>
        <p>Jhren</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#g">Hans Reinteutsch.</hi> </p><lb/>
        <p>Damit man jedoch nicht glaube, ich wolle mich<lb/>
bloß u&#x0364;ber den guten <hi rendition="#g">Hans Reinteutsch</hi> lustig ma-<lb/>
chen, und mehr auf seine Schultern bu&#x0364;rden, als er zu<lb/>
tragen verdient, so will ich eine von ihm selbst gebaute<lb/>
Periode ganz unvera&#x0364;ndert hieher setzen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Sprachreinigung, Freund, ist tiefdenkend be-<lb/>
&#x201E;trachtet, vielleicht der sta&#x0364;rkste Mittheil einer wahren<lb/>
&#x201E;Grundanlage der Glu&#x0364;ckseligkeit eines gesitteten Volkes;<lb/>
&#x201E;sie bereitet das Grab des von der Wildniß u&#x0364;berbrachten<lb/>
&#x201E;und gesittet so kostla&#x0364;stigen Betruges, vermindert die den<lb/>
&#x201E;Vo&#x0364;lkern so la&#x0364;stige Streitfechterey u. s. w. kurz, ein ge-<lb/>
&#x201E;meiner Verstand reiner Sprache vermehrt das Vernunft-<lb/>
&#x201E;licht, vermindert die wilde Macht der Einbildung, er-<lb/>
&#x201E;kla&#x0364;rt das reiche Vorgetu&#x0364;mmel (?) und schwa&#x0364;cht die<lb/>
&#x201E;Menge des in gesitteten Staatsversellungen u&#x0364;berleiben-<lb/>
&#x201E;den Untertu&#x0364;mmels.&#x201C; (?) &#x2014; Was sagen nun meine<lb/>
Leser zu diesem <hi rendition="#g">Vorgetu&#x0364;mmel</hi> und <hi rendition="#g">Untertu&#x0364;mmel?</hi></p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0021] zwar nur ein armer lehrwißlicher 64) Schriftthum- ler 65), aber durch viele Anheischige 66) habe ich gute Einnahme. Sprechen Sie, von welchem Augen- blicke darf ich mein Gluͤck bezeiten 67)? O haͤtt' ich Eilreuter 68), oder lieber noch eine Wortschleu- der 69), um Jhnen taͤglich in jeder Selbe 70) zu wiederholen, wie sehr mein Herz Sie in Eraͤchtniß nimmt 71), und wie ich mich fuͤr eingekaysert 72) und eingekoͤnigt 73) halten werde, so bald ich mich ganz nennen darf Jhren Hans Reinteutsch. Damit man jedoch nicht glaube, ich wolle mich bloß uͤber den guten Hans Reinteutsch lustig ma- chen, und mehr auf seine Schultern buͤrden, als er zu tragen verdient, so will ich eine von ihm selbst gebaute Periode ganz unveraͤndert hieher setzen. „Die Sprachreinigung, Freund, ist tiefdenkend be- „trachtet, vielleicht der staͤrkste Mittheil einer wahren „Grundanlage der Gluͤckseligkeit eines gesitteten Volkes; „sie bereitet das Grab des von der Wildniß uͤberbrachten „und gesittet so kostlaͤstigen Betruges, vermindert die den „Voͤlkern so laͤstige Streitfechterey u. s. w. kurz, ein ge- „meiner Verstand reiner Sprache vermehrt das Vernunft- „licht, vermindert die wilde Macht der Einbildung, er- „klaͤrt das reiche Vorgetuͤmmel (?) und schwaͤcht die „Menge des in gesitteten Staatsversellungen uͤberleiben- „den Untertuͤmmels.“ (?) — Was sagen nun meine Leser zu diesem Vorgetuͤmmel und Untertuͤmmel? 64) theoretischer. 65) Schriftsteller. 66) Abonnenten. 67) datiren. 68) Kourier. 69) Telegraph. 70) Sylbe. 71) Eigene Ausdruͤcke des Laufberichts. 72) Eigene Ausdruͤcke des Laufberichts. 73) Eigene Ausdruͤcke des Laufberichts.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/21
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/21>, abgerufen am 19.04.2024.