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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 69. Reichsverwaltung und Staatsverwaltung.
III. Die unmittelbare Reichsverwaltung.

Die für die unmittelbare Reichsverwaltung geltenden allge-
meinen Regeln ergeben sich aus der Vergleichung mit den für die
aufsichtführende Verwaltung entwickelten Grundsätzen von selbst.

1. Das Reich hat die Befugniß zur Gesetzgebung und
kann demgemäß unter Benutzung der Gesetzesform der Verwaltungs-
thätigkeit der Behörden bestimmte Aufgaben zuweisen, Handlungen
vorschreiben u. s. w., mit einem Worte die obersten Verwaltungs-
befehle ertheilen.

2. Das Reich hat ferner die Befugniß, allgemeine Verwal-
tungsvorschriften zu erlassen und Einrichtungen zum Zweck der
Verwaltungsthätigkeit zu treffen. Dieselben Regeln, welche oben
über die Verwaltungs-Verordnungen des Bundesrathes
ausgeführt worden sind, finden auch hier vollkommene Anwen-
dung.

3. Das Reich hat die Befugniß, die erforderlichen obrig-
keitlichen Verfügungen
zu erlassen. Sofern dieselben inner-
halb der den Reichsbehörden zustehenden Kompetenz ergangen sind,
haben sowohl die Behörden der Einzelstaaten wie die einzelnen
Angehörigen des Reiches die Pflicht, ihnen Gehorsam zu leisten.
Die von den Reichsbehörden im Betriebe ihrer Berwaltungsge-
schäfte abgeschlossenen Verträge berechtigen und verpflichten den
Reichsfiskus. Alle mit der Verwaltungsthätigkeit verbundenen
Ausgaben und Einnahmen erfolgen für Rechnung des Reiches.

4. Die Leitung der amtlichen Thätigkeit der Verwaltungs-
hehörden steht dem Reichskanzler und den ihm unterstellten Cen-
tralbehörden des Reiches zu. Die unmittelbar ausführenden Be-
hörden sind den dienstlichen Befehlen und Verwaltungs-Vorschriften
(leitenden Verfügungen) der vorgesetzten Behörden, wofern
sie innerhalb der Kompetenz derselben erlassen sind, Gehorsam
schuldig. Die Verantwortlichkeit für die Geschäftsführung der
Reichs-Verwaltungs-Behörden lastet deshalb auf dem Reichskanzler.


§. 69. Reichsverwaltung und Staatsverwaltung.
III. Die unmittelbare Reichsverwaltung.

Die für die unmittelbare Reichsverwaltung geltenden allge-
meinen Regeln ergeben ſich aus der Vergleichung mit den für die
aufſichtführende Verwaltung entwickelten Grundſätzen von ſelbſt.

1. Das Reich hat die Befugniß zur Geſetzgebung und
kann demgemäß unter Benutzung der Geſetzesform der Verwaltungs-
thätigkeit der Behörden beſtimmte Aufgaben zuweiſen, Handlungen
vorſchreiben u. ſ. w., mit einem Worte die oberſten Verwaltungs-
befehle ertheilen.

2. Das Reich hat ferner die Befugniß, allgemeine Verwal-
tungsvorſchriften zu erlaſſen und Einrichtungen zum Zweck der
Verwaltungsthätigkeit zu treffen. Dieſelben Regeln, welche oben
über die Verwaltungs-Verordnungen des Bundesrathes
ausgeführt worden ſind, finden auch hier vollkommene Anwen-
dung.

3. Das Reich hat die Befugniß, die erforderlichen obrig-
keitlichen Verfügungen
zu erlaſſen. Sofern dieſelben inner-
halb der den Reichsbehörden zuſtehenden Kompetenz ergangen ſind,
haben ſowohl die Behörden der Einzelſtaaten wie die einzelnen
Angehörigen des Reiches die Pflicht, ihnen Gehorſam zu leiſten.
Die von den Reichsbehörden im Betriebe ihrer Berwaltungsge-
ſchäfte abgeſchloſſenen Verträge berechtigen und verpflichten den
Reichsfiskus. Alle mit der Verwaltungsthätigkeit verbundenen
Ausgaben und Einnahmen erfolgen für Rechnung des Reiches.

4. Die Leitung der amtlichen Thätigkeit der Verwaltungs-
hehörden ſteht dem Reichskanzler und den ihm unterſtellten Cen-
tralbehörden des Reiches zu. Die unmittelbar ausführenden Be-
hörden ſind den dienſtlichen Befehlen und Verwaltungs-Vorſchriften
(leitenden Verfügungen) der vorgeſetzten Behörden, wofern
ſie innerhalb der Kompetenz derſelben erlaſſen ſind, Gehorſam
ſchuldig. Die Verantwortlichkeit für die Geſchäftsführung der
Reichs-Verwaltungs-Behörden laſtet deshalb auf dem Reichskanzler.


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[238/0252] §. 69. Reichsverwaltung und Staatsverwaltung. III. Die unmittelbare Reichsverwaltung. Die für die unmittelbare Reichsverwaltung geltenden allge- meinen Regeln ergeben ſich aus der Vergleichung mit den für die aufſichtführende Verwaltung entwickelten Grundſätzen von ſelbſt. 1. Das Reich hat die Befugniß zur Geſetzgebung und kann demgemäß unter Benutzung der Geſetzesform der Verwaltungs- thätigkeit der Behörden beſtimmte Aufgaben zuweiſen, Handlungen vorſchreiben u. ſ. w., mit einem Worte die oberſten Verwaltungs- befehle ertheilen. 2. Das Reich hat ferner die Befugniß, allgemeine Verwal- tungsvorſchriften zu erlaſſen und Einrichtungen zum Zweck der Verwaltungsthätigkeit zu treffen. Dieſelben Regeln, welche oben über die Verwaltungs-Verordnungen des Bundesrathes ausgeführt worden ſind, finden auch hier vollkommene Anwen- dung. 3. Das Reich hat die Befugniß, die erforderlichen obrig- keitlichen Verfügungen zu erlaſſen. Sofern dieſelben inner- halb der den Reichsbehörden zuſtehenden Kompetenz ergangen ſind, haben ſowohl die Behörden der Einzelſtaaten wie die einzelnen Angehörigen des Reiches die Pflicht, ihnen Gehorſam zu leiſten. Die von den Reichsbehörden im Betriebe ihrer Berwaltungsge- ſchäfte abgeſchloſſenen Verträge berechtigen und verpflichten den Reichsfiskus. Alle mit der Verwaltungsthätigkeit verbundenen Ausgaben und Einnahmen erfolgen für Rechnung des Reiches. 4. Die Leitung der amtlichen Thätigkeit der Verwaltungs- hehörden ſteht dem Reichskanzler und den ihm unterſtellten Cen- tralbehörden des Reiches zu. Die unmittelbar ausführenden Be- hörden ſind den dienſtlichen Befehlen und Verwaltungs-Vorſchriften (leitenden Verfügungen) der vorgeſetzten Behörden, wofern ſie innerhalb der Kompetenz derſelben erlaſſen ſind, Gehorſam ſchuldig. Die Verantwortlichkeit für die Geſchäftsführung der Reichs-Verwaltungs-Behörden laſtet deshalb auf dem Reichskanzler.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/252>, abgerufen am 23.04.2024.