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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.

Sämmtliche Schutzgenossen, gleichviel welcher dieser drei
Klassen sie angehören, werden in dieselbe Matrikel unter fortlau-
fenden Nummern eingetragen; sie erhalten über die erfolgte Ein-
tragung einen Schutzschein und müssen denselben im Monat Januar
jedesmal für das laufende Kalenderjahr erneuern lassen 1).

Die Löschung erfolgt, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der
Schutzgenossenschaft wegfallen, ferner durch den Uebertritt des Schutz-
genossen zum Islam 2). Schutzgenossen, welche nicht Reichsange-
hörige sind, werden auf ihren Antrag entlassen, sofern sie nicht
noch Verbindlichkeiten zu erfüllen haben, insbesondere bei schweben-
den Rechtsangelegenheiten betheiligt sind 3); sie können aber auch
von dem Konsul der Eigenschaft als Schutzgenosse für verlustig er-
klärt werden, wenn sie durch bescholtenen, mit Vergehen oder Ver-
brechen befleckten Lebenswandel oder durch wiederholte Nichterfül-
lung ihrer Pflichten gegen die Schutzbehörde sich des Schutzes un-
würdig machen 4).

Ueber die Führung der Matrikel und die in derselben vor-
genommenen Veränderungen hat der Konsul im Februar jeden
Jahres einen Bericht an die Kaiserliche Gesandschaft zu erstatten 5).

Allen Schutzgenossen wird der consularische Schutz in dem
durch Gesetze, Verträge und Herkommen begründeten Umfange gleich-
mäßig gewährt 6), dafür sind sie auch gleichmäßig der vollen Ge-
richtsbarkeit des Konsuls unterworfen 7).

3. Amtsgeschäfte ohne obrigkeitlichen Charakter.

Den Konsuln liegt eine vielseitige amtliche Thätigkeit ob, bei

des Gesandten nicht erforderlich, wohl aber für die Familie der Beamten, §. 14.
15 eod.
1) a. a. O. §. 5. 6. 8. 10 Abs. 2.
2) Die Fälle, in denen das Schutzverhältniß endet, sind im §. 18 der
citirten Instruktion unter 9 Nummern aufgeführt.
3) Wenn der Konsul gegen sie ein Strafverfahren eingeleitet hat, so kön-
nen sie sich demselben nicht durch Aufgeben der Schutzgenossenschaft entziehen.
Vgl. das Urtheil des Reichs-Oberhandelsger. vom 2. Febr. 1875.
Entsch. Bd. 16 S. 17 ff.
4) Gegen die Entscheidung des Konsuls steht innerhalb 10 Tagen der
Rekurs an die Kaiserl. Mission zu; bis deren Entscheidung erfolgt, ist der
Schutz zu versagen. a. a. O. §. 18 Nr. 9.
5) a. a. O. §. 20.
6) a. a. O. §. 4.
7) Konsulatsges. §. 22 Abs. 2.
§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.

Sämmtliche Schutzgenoſſen, gleichviel welcher dieſer drei
Klaſſen ſie angehören, werden in dieſelbe Matrikel unter fortlau-
fenden Nummern eingetragen; ſie erhalten über die erfolgte Ein-
tragung einen Schutzſchein und müſſen denſelben im Monat Januar
jedesmal für das laufende Kalenderjahr erneuern laſſen 1).

Die Löſchung erfolgt, wenn die rechtlichen Vorausſetzungen der
Schutzgenoſſenſchaft wegfallen, ferner durch den Uebertritt des Schutz-
genoſſen zum Islam 2). Schutzgenoſſen, welche nicht Reichsange-
hörige ſind, werden auf ihren Antrag entlaſſen, ſofern ſie nicht
noch Verbindlichkeiten zu erfüllen haben, insbeſondere bei ſchweben-
den Rechtsangelegenheiten betheiligt ſind 3); ſie können aber auch
von dem Konſul der Eigenſchaft als Schutzgenoſſe für verluſtig er-
klärt werden, wenn ſie durch beſcholtenen, mit Vergehen oder Ver-
brechen befleckten Lebenswandel oder durch wiederholte Nichterfül-
lung ihrer Pflichten gegen die Schutzbehörde ſich des Schutzes un-
würdig machen 4).

Ueber die Führung der Matrikel und die in derſelben vor-
genommenen Veränderungen hat der Konſul im Februar jeden
Jahres einen Bericht an die Kaiſerliche Geſandſchaft zu erſtatten 5).

Allen Schutzgenoſſen wird der conſulariſche Schutz in dem
durch Geſetze, Verträge und Herkommen begründeten Umfange gleich-
mäßig gewährt 6), dafür ſind ſie auch gleichmäßig der vollen Ge-
richtsbarkeit des Konſuls unterworfen 7).

3. Amtsgeſchäfte ohne obrigkeitlichen Charakter.

Den Konſuln liegt eine vielſeitige amtliche Thätigkeit ob, bei

des Geſandten nicht erforderlich, wohl aber für die Familie der Beamten, §. 14.
15 eod.
1) a. a. O. §. 5. 6. 8. 10 Abſ. 2.
2) Die Fälle, in denen das Schutzverhältniß endet, ſind im §. 18 der
citirten Inſtruktion unter 9 Nummern aufgeführt.
3) Wenn der Konſul gegen ſie ein Strafverfahren eingeleitet hat, ſo kön-
nen ſie ſich demſelben nicht durch Aufgeben der Schutzgenoſſenſchaft entziehen.
Vgl. das Urtheil des Reichs-Oberhandelsger. vom 2. Febr. 1875.
Entſch. Bd. 16 S. 17 ff.
4) Gegen die Entſcheidung des Konſuls ſteht innerhalb 10 Tagen der
Rekurs an die Kaiſerl. Miſſion zu; bis deren Entſcheidung erfolgt, iſt der
Schutz zu verſagen. a. a. O. §. 18 Nr. 9.
5) a. a. O. §. 20.
6) a. a. O. §. 4.
7) Konſulatsgeſ. §. 22 Abſ. 2.
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[274/0288] §. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten. Sämmtliche Schutzgenoſſen, gleichviel welcher dieſer drei Klaſſen ſie angehören, werden in dieſelbe Matrikel unter fortlau- fenden Nummern eingetragen; ſie erhalten über die erfolgte Ein- tragung einen Schutzſchein und müſſen denſelben im Monat Januar jedesmal für das laufende Kalenderjahr erneuern laſſen 1). Die Löſchung erfolgt, wenn die rechtlichen Vorausſetzungen der Schutzgenoſſenſchaft wegfallen, ferner durch den Uebertritt des Schutz- genoſſen zum Islam 2). Schutzgenoſſen, welche nicht Reichsange- hörige ſind, werden auf ihren Antrag entlaſſen, ſofern ſie nicht noch Verbindlichkeiten zu erfüllen haben, insbeſondere bei ſchweben- den Rechtsangelegenheiten betheiligt ſind 3); ſie können aber auch von dem Konſul der Eigenſchaft als Schutzgenoſſe für verluſtig er- klärt werden, wenn ſie durch beſcholtenen, mit Vergehen oder Ver- brechen befleckten Lebenswandel oder durch wiederholte Nichterfül- lung ihrer Pflichten gegen die Schutzbehörde ſich des Schutzes un- würdig machen 4). Ueber die Führung der Matrikel und die in derſelben vor- genommenen Veränderungen hat der Konſul im Februar jeden Jahres einen Bericht an die Kaiſerliche Geſandſchaft zu erſtatten 5). Allen Schutzgenoſſen wird der conſulariſche Schutz in dem durch Geſetze, Verträge und Herkommen begründeten Umfange gleich- mäßig gewährt 6), dafür ſind ſie auch gleichmäßig der vollen Ge- richtsbarkeit des Konſuls unterworfen 7). 3. Amtsgeſchäfte ohne obrigkeitlichen Charakter. Den Konſuln liegt eine vielſeitige amtliche Thätigkeit ob, bei 6) 1) a. a. O. §. 5. 6. 8. 10 Abſ. 2. 2) Die Fälle, in denen das Schutzverhältniß endet, ſind im §. 18 der citirten Inſtruktion unter 9 Nummern aufgeführt. 3) Wenn der Konſul gegen ſie ein Strafverfahren eingeleitet hat, ſo kön- nen ſie ſich demſelben nicht durch Aufgeben der Schutzgenoſſenſchaft entziehen. Vgl. das Urtheil des Reichs-Oberhandelsger. vom 2. Febr. 1875. Entſch. Bd. 16 S. 17 ff. 4) Gegen die Entſcheidung des Konſuls ſteht innerhalb 10 Tagen der Rekurs an die Kaiſerl. Miſſion zu; bis deren Entſcheidung erfolgt, iſt der Schutz zu verſagen. a. a. O. §. 18 Nr. 9. 5) a. a. O. §. 20. 6) a. a. O. §. 4. 7) Konſulatsgeſ. §. 22 Abſ. 2. 6) des Geſandten nicht erforderlich, wohl aber für die Familie der Beamten, §. 14. 15 eod.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/288>, abgerufen am 20.04.2024.