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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 74. Die Verwaltung des Münzwesens.
welcher für das Pfund Gold (1395 M.) nur noch 25 Pfennig
beträgt, bildet ein Aequivalent für die Verpflichtung des Reiches,
die durch den Gebrauch abgenutzten und unter das Passirgewicht
verringerten Goldmünzen zum vollen Nennwerthe in Zahlung zu
nehmen und einzuziehen. (Vergl. oben S. 427.)
d) Die Ermittelung des Feingehaltes erfolgt auf Kosten des
Einlieferers; von jedem Barren werden 2 Proben gemacht, wofür
zusammen 3 Mark zu entrichten sind 1).
IV. Die Ausgabe von Papiergeld.

1. Der Ausdruck Papiergeld wird in einem doppelten Sinne
verstanden, einem juristischen und einem unjuristischen (volkswirth-
schaftlichen). Im juristischen Sinne ist Papiergeld das, was der
Wortlaut aussagt: Geld aus Papier, also Geld d. h. ein durch
Rechtssatz
als allgemeines Zahlungsmittel anerkanntes Werth-
zeichen. Für den Begriff des Geldes ist es ganz unerheblich, woraus
das Material dieses Werthzeichens besteht, ob aus Gold oder Kupfer
oder Papier; rechtlich kommt allein der Rechtssatz in Betracht,
durch welchen das Werthzeichen zum allgemeinen Zahlungsmittel von
einem abstracten Werthe erklärt wird 2). Im volkswirthschaftlichen
Sinne versteht man dagegen unter Papiergeld außer dem wirk-
lichen Gelde aus Papier auch alle auf eine bestimmte Geldsumme
lautenden Inhaberpapiere, welche im Publikum thatsächlich an

daß falls sich am Ende des Jahres (1875) ergibt, daß die gesammten, in
diesem Jahre auf Reichs- und Privatrechnung erfolgten Goldausprägungen
der Deutschen Münzstätten sich auf diese Münzstätten in einem andern als dem
vom Bundesrath festgestellten Verhältnisse vertheilt haben, eine Ausgleichung
entweder durch Anrechnung der Mehrleistungen auf die künftig von Reichswegen
zu vertheilenden Goldmengen oder in anderer Weise herbeigeführt werden soll.
Dies Alles führt auf das Prinzip zurück, daß verwaltungsrechtlich die
Ausprägungen auf Privatrechnung ganz ebenso behandelt
werden als wenn sie auf Bestellung des Reiches erfolgten
.
1) Die näheren Anordnungen enthält der Bundesraths-Beschl. vom 29.
Mai 1875. (Bekanntmach. des Reichskanzlers v. 8. Juni 1875 im Centralbl.
1875 S. 349.)
2) Der richtige Begriff des Papiergeldes wird am besten entwickelt von
E. J. Bekker im Jahrbuch des gemeinen deutschen Rechts. Bd. I. S. 321 ff.
und von Thöl, Handelsr. 5. Aufl. I. 2. S. 35. Vgl. auch Hartmann,
Begriff des Geldes S. 55 ff. Stein, Handb. der Verwaltungslehre (2. Aufl.)
S. 446 ff.
§. 74. Die Verwaltung des Münzweſens.
welcher für das Pfund Gold (1395 M.) nur noch 25 Pfennig
beträgt, bildet ein Aequivalent für die Verpflichtung des Reiches,
die durch den Gebrauch abgenutzten und unter das Paſſirgewicht
verringerten Goldmünzen zum vollen Nennwerthe in Zahlung zu
nehmen und einzuziehen. (Vergl. oben S. 427.)
d) Die Ermittelung des Feingehaltes erfolgt auf Koſten des
Einlieferers; von jedem Barren werden 2 Proben gemacht, wofür
zuſammen 3 Mark zu entrichten ſind 1).
IV. Die Ausgabe von Papiergeld.

1. Der Ausdruck Papiergeld wird in einem doppelten Sinne
verſtanden, einem juriſtiſchen und einem unjuriſtiſchen (volkswirth-
ſchaftlichen). Im juriſtiſchen Sinne iſt Papiergeld das, was der
Wortlaut ausſagt: Geld aus Papier, alſo Geld d. h. ein durch
Rechtsſatz
als allgemeines Zahlungsmittel anerkanntes Werth-
zeichen. Für den Begriff des Geldes iſt es ganz unerheblich, woraus
das Material dieſes Werthzeichens beſteht, ob aus Gold oder Kupfer
oder Papier; rechtlich kommt allein der Rechtsſatz in Betracht,
durch welchen das Werthzeichen zum allgemeinen Zahlungsmittel von
einem abſtracten Werthe erklärt wird 2). Im volkswirthſchaftlichen
Sinne verſteht man dagegen unter Papiergeld außer dem wirk-
lichen Gelde aus Papier auch alle auf eine beſtimmte Geldſumme
lautenden Inhaberpapiere, welche im Publikum thatſächlich an

daß falls ſich am Ende des Jahres (1875) ergibt, daß die geſammten, in
dieſem Jahre auf Reichs- und Privatrechnung erfolgten Goldausprägungen
der Deutſchen Münzſtätten ſich auf dieſe Münzſtätten in einem andern als dem
vom Bundesrath feſtgeſtellten Verhältniſſe vertheilt haben, eine Ausgleichung
entweder durch Anrechnung der Mehrleiſtungen auf die künftig von Reichswegen
zu vertheilenden Goldmengen oder in anderer Weiſe herbeigeführt werden ſoll.
Dies Alles führt auf das Prinzip zurück, daß verwaltungsrechtlich die
Ausprägungen auf Privatrechnung ganz ebenſo behandelt
werden als wenn ſie auf Beſtellung des Reiches erfolgten
.
1) Die näheren Anordnungen enthält der Bundesraths-Beſchl. vom 29.
Mai 1875. (Bekanntmach. des Reichskanzlers v. 8. Juni 1875 im Centralbl.
1875 S. 349.)
2) Der richtige Begriff des Papiergeldes wird am beſten entwickelt von
E. J. Bekker im Jahrbuch des gemeinen deutſchen Rechts. Bd. I. S. 321 ff.
und von Thöl, Handelsr. 5. Aufl. I. 2. S. 35. Vgl. auch Hartmann,
Begriff des Geldes S. 55 ff. Stein, Handb. der Verwaltungslehre (2. Aufl.)
S. 446 ff.
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[434/0448] §. 74. Die Verwaltung des Münzweſens. welcher für das Pfund Gold (1395 M.) nur noch 25 Pfennig beträgt, bildet ein Aequivalent für die Verpflichtung des Reiches, die durch den Gebrauch abgenutzten und unter das Paſſirgewicht verringerten Goldmünzen zum vollen Nennwerthe in Zahlung zu nehmen und einzuziehen. (Vergl. oben S. 427.) d) Die Ermittelung des Feingehaltes erfolgt auf Koſten des Einlieferers; von jedem Barren werden 2 Proben gemacht, wofür zuſammen 3 Mark zu entrichten ſind 1). IV. Die Ausgabe von Papiergeld. 1. Der Ausdruck Papiergeld wird in einem doppelten Sinne verſtanden, einem juriſtiſchen und einem unjuriſtiſchen (volkswirth- ſchaftlichen). Im juriſtiſchen Sinne iſt Papiergeld das, was der Wortlaut ausſagt: Geld aus Papier, alſo Geld d. h. ein durch Rechtsſatz als allgemeines Zahlungsmittel anerkanntes Werth- zeichen. Für den Begriff des Geldes iſt es ganz unerheblich, woraus das Material dieſes Werthzeichens beſteht, ob aus Gold oder Kupfer oder Papier; rechtlich kommt allein der Rechtsſatz in Betracht, durch welchen das Werthzeichen zum allgemeinen Zahlungsmittel von einem abſtracten Werthe erklärt wird 2). Im volkswirthſchaftlichen Sinne verſteht man dagegen unter Papiergeld außer dem wirk- lichen Gelde aus Papier auch alle auf eine beſtimmte Geldſumme lautenden Inhaberpapiere, welche im Publikum thatſächlich an 4) 1) Die näheren Anordnungen enthält der Bundesraths-Beſchl. vom 29. Mai 1875. (Bekanntmach. des Reichskanzlers v. 8. Juni 1875 im Centralbl. 1875 S. 349.) 2) Der richtige Begriff des Papiergeldes wird am beſten entwickelt von E. J. Bekker im Jahrbuch des gemeinen deutſchen Rechts. Bd. I. S. 321 ff. und von Thöl, Handelsr. 5. Aufl. I. 2. S. 35. Vgl. auch Hartmann, Begriff des Geldes S. 55 ff. Stein, Handb. der Verwaltungslehre (2. Aufl.) S. 446 ff. 4) daß falls ſich am Ende des Jahres (1875) ergibt, daß die geſammten, in dieſem Jahre auf Reichs- und Privatrechnung erfolgten Goldausprägungen der Deutſchen Münzſtätten ſich auf dieſe Münzſtätten in einem andern als dem vom Bundesrath feſtgeſtellten Verhältniſſe vertheilt haben, eine Ausgleichung entweder durch Anrechnung der Mehrleiſtungen auf die künftig von Reichswegen zu vertheilenden Goldmengen oder in anderer Weiſe herbeigeführt werden ſoll. Dies Alles führt auf das Prinzip zurück, daß verwaltungsrechtlich die Ausprägungen auf Privatrechnung ganz ebenſo behandelt werden als wenn ſie auf Beſtellung des Reiches erfolgten.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/448>, abgerufen am 29.03.2024.