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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 104. Der Gerichtsdienst.
von Rechtswegen ein, wenn gegen ein Mitglied des Reichsgerichts
die Untersuchungshaft verhängt wird, und zwar für die Dauer
derselben; es kann außerdem durch Plenarbeschluß des Reichs-
gerichts nach Anhörung des Ober-Reichsanwalts die vorläufige
Enthebung eines Mitgliedes von seinem Amte ausgesprochen wer-
den, wenn gegen dasselbe das Hauptverfahren wegens eines Ver-
brechens oder Vergehens eröffnet worden ist 1).

d) Die Entfernung eines Mitgliedes des Reichsgerichts aus
dem Amte unter Verlust des Gehaltes kann durch Plenarbeschluß
des Reichsgerichts nach Anhörung des Mitgliedes und des Ober-
Reichsanwalts ausgesprochen werden, wenn das Mitglied zu einer
Strafe wegen einer entehrenden Handlung oder zu einer Freiheits-
strafe von längerer als einjähriger Dauer rechtskräftig verurtheilt
worden ist 2).

e) Wenn ein Mitglied durch ein körperliches Gebrechen oder
durch Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Er-
füllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig wird, trotzdem aber
die Versetzung in den Ruhestand nicht beantragt und auch der
Aufforderung binnen einer bestimmten Frist diesen Antrag zu stellen,
nicht Folge leistet, so kann nach Anhörung des Mitgliedes und
des Ober-Reichsanwalts durch Plenarbeschluß des Reichsgerichts
die Versetzung in den Ruhestand ausgesprochen werden 3).

III. Der Gerichtsdienst im Ehrenamt.

1. Die Handelsrichter werden ernannt und zwar auf gut-
achtlichen Vorschlag des zur Vertretung des Handelsstandes be-
rufenen Organs 4). Das Reichsgesetz sagt zwar nicht ausdrück-
lich, von wem die Ernennung erfolgt; da alle Staatsämter aber
im Zweifel vom Staatsoberhaupt verliehen werden, so ist dies bei

1) Ger.Verf.Ges. §. 129.
2) Ger.Verf.Ges. §. 128. Daneben finden selbstverständlich auch die Be-
stimmungen des Reichsstrafgesetzbuchs §. 31 u. §. 33. §. 35 Abs. 2 Anwendung.
Vgl. Bd. I. S. 490.
3) Ger.Verf.Ges. §. 131. Das Ruhegehalt berechnet sich -- abweichend
von den Vorschriften des Reichsbeamtengesetzes gemäß den im §. 25 Abs. 2
u. 3 des Gesetzes v. 12. Juni 1869 bereits sanctionirten Regeln. Gerichtsverf.-
Ges. §. 130. Vgl. Bd. I. S. 472. 473.
4) Gerichtsverf.Ges. §. 112. Den Einzelstaaten ist die nähere Bezeichnung
dieses Organes überlassen.

§. 104. Der Gerichtsdienſt.
von Rechtswegen ein, wenn gegen ein Mitglied des Reichsgerichts
die Unterſuchungshaft verhängt wird, und zwar für die Dauer
derſelben; es kann außerdem durch Plenarbeſchluß des Reichs-
gerichts nach Anhörung des Ober-Reichsanwalts die vorläufige
Enthebung eines Mitgliedes von ſeinem Amte ausgeſprochen wer-
den, wenn gegen daſſelbe das Hauptverfahren wegens eines Ver-
brechens oder Vergehens eröffnet worden iſt 1).

d) Die Entfernung eines Mitgliedes des Reichsgerichts aus
dem Amte unter Verluſt des Gehaltes kann durch Plenarbeſchluß
des Reichsgerichts nach Anhörung des Mitgliedes und des Ober-
Reichsanwalts ausgeſprochen werden, wenn das Mitglied zu einer
Strafe wegen einer entehrenden Handlung oder zu einer Freiheits-
ſtrafe von längerer als einjähriger Dauer rechtskräftig verurtheilt
worden iſt 2).

e) Wenn ein Mitglied durch ein körperliches Gebrechen oder
durch Schwäche ſeiner körperlichen oder geiſtigen Kräfte zur Er-
füllung ſeiner Amtspflichten dauernd unfähig wird, trotzdem aber
die Verſetzung in den Ruheſtand nicht beantragt und auch der
Aufforderung binnen einer beſtimmten Friſt dieſen Antrag zu ſtellen,
nicht Folge leiſtet, ſo kann nach Anhörung des Mitgliedes und
des Ober-Reichsanwalts durch Plenarbeſchluß des Reichsgerichts
die Verſetzung in den Ruheſtand ausgeſprochen werden 3).

III. Der Gerichtsdienſt im Ehrenamt.

1. Die Handelsrichter werden ernannt und zwar auf gut-
achtlichen Vorſchlag des zur Vertretung des Handelsſtandes be-
rufenen Organs 4). Das Reichsgeſetz ſagt zwar nicht ausdrück-
lich, von wem die Ernennung erfolgt; da alle Staatsämter aber
im Zweifel vom Staatsoberhaupt verliehen werden, ſo iſt dies bei

1) Ger.Verf.Geſ. §. 129.
2) Ger.Verf.Geſ. §. 128. Daneben finden ſelbſtverſtändlich auch die Be-
ſtimmungen des Reichsſtrafgeſetzbuchs §. 31 u. §. 33. §. 35 Abſ. 2 Anwendung.
Vgl. Bd. I. S. 490.
3) Ger.Verf.Geſ. §. 131. Das Ruhegehalt berechnet ſich — abweichend
von den Vorſchriften des Reichsbeamtengeſetzes gemäß den im §. 25 Abſ. 2
u. 3 des Geſetzes v. 12. Juni 1869 bereits ſanctionirten Regeln. Gerichtsverf.-
Geſ. §. 130. Vgl. Bd. I. S. 472. 473.
4) Gerichtsverf.Geſ. §. 112. Den Einzelſtaaten iſt die nähere Bezeichnung
dieſes Organes überlaſſen.
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[150/0160] §. 104. Der Gerichtsdienſt. von Rechtswegen ein, wenn gegen ein Mitglied des Reichsgerichts die Unterſuchungshaft verhängt wird, und zwar für die Dauer derſelben; es kann außerdem durch Plenarbeſchluß des Reichs- gerichts nach Anhörung des Ober-Reichsanwalts die vorläufige Enthebung eines Mitgliedes von ſeinem Amte ausgeſprochen wer- den, wenn gegen daſſelbe das Hauptverfahren wegens eines Ver- brechens oder Vergehens eröffnet worden iſt 1). d) Die Entfernung eines Mitgliedes des Reichsgerichts aus dem Amte unter Verluſt des Gehaltes kann durch Plenarbeſchluß des Reichsgerichts nach Anhörung des Mitgliedes und des Ober- Reichsanwalts ausgeſprochen werden, wenn das Mitglied zu einer Strafe wegen einer entehrenden Handlung oder zu einer Freiheits- ſtrafe von längerer als einjähriger Dauer rechtskräftig verurtheilt worden iſt 2). e) Wenn ein Mitglied durch ein körperliches Gebrechen oder durch Schwäche ſeiner körperlichen oder geiſtigen Kräfte zur Er- füllung ſeiner Amtspflichten dauernd unfähig wird, trotzdem aber die Verſetzung in den Ruheſtand nicht beantragt und auch der Aufforderung binnen einer beſtimmten Friſt dieſen Antrag zu ſtellen, nicht Folge leiſtet, ſo kann nach Anhörung des Mitgliedes und des Ober-Reichsanwalts durch Plenarbeſchluß des Reichsgerichts die Verſetzung in den Ruheſtand ausgeſprochen werden 3). III. Der Gerichtsdienſt im Ehrenamt. 1. Die Handelsrichter werden ernannt und zwar auf gut- achtlichen Vorſchlag des zur Vertretung des Handelsſtandes be- rufenen Organs 4). Das Reichsgeſetz ſagt zwar nicht ausdrück- lich, von wem die Ernennung erfolgt; da alle Staatsämter aber im Zweifel vom Staatsoberhaupt verliehen werden, ſo iſt dies bei 1) Ger.Verf.Geſ. §. 129. 2) Ger.Verf.Geſ. §. 128. Daneben finden ſelbſtverſtändlich auch die Be- ſtimmungen des Reichsſtrafgeſetzbuchs §. 31 u. §. 33. §. 35 Abſ. 2 Anwendung. Vgl. Bd. I. S. 490. 3) Ger.Verf.Geſ. §. 131. Das Ruhegehalt berechnet ſich — abweichend von den Vorſchriften des Reichsbeamtengeſetzes gemäß den im §. 25 Abſ. 2 u. 3 des Geſetzes v. 12. Juni 1869 bereits ſanctionirten Regeln. Gerichtsverf.- Geſ. §. 130. Vgl. Bd. I. S. 472. 473. 4) Gerichtsverf.Geſ. §. 112. Den Einzelſtaaten iſt die nähere Bezeichnung dieſes Organes überlaſſen.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/160>, abgerufen am 29.03.2024.