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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 108. Das active Reichsvermögen.
Grundstück oder einem Theil desselben bisher an einen Bundes-
staat zu entrichten waren, demselben unvermindert fort zu gewäh-
ren 1). Im Uebrigen sind alle Verfügungen, welche in Betreff
der in das Eigenthum des Reiches übergegangenen Gegenstände
vor dem 1. Januar 1873 getroffen sind, sowie alle Rechte Dritter,
insbesondere der Staatsgläubiger, von dem Uebergang des Eigen-
thums unberührt geblieben 2).

6. Wenn ein Grundstück für die Verwaltung des Reiches
entbehrlich oder unbrauchbar wird, ohne daß ein Ersatz für das-
selbe nothwendig ist, so ist dasselbe in dem Zustande, in welchem
es sich befindet, unentgeltlich und ohne Ersatzleistung für etwaige
Verbesserungen oder Verschlechterungen demjenigen Bundesstaate
zurückzugeben, aus dessen Besitz es in die Verwaltung des Reichs
übergegangen war 3). Dieses Heimfallsrecht tritt aber nicht
schon dann ein, wenn das Grundstück für denjenigen Dienst-
zweig
, dem es bisher gewidmet war, entbehrlich oder unbrauch-
bar wird, sondern nur in dem Falle, daß es für die Reichsver-
waltung überhaupt keine Verwendung mehr finden kann 4). Auch
ist der Reichsfiskus befugt, ein für die Reichsverwaltung entbehr-
lich oder unbrauchbar gewordenes Grundstück zu veräußern; je-
doch muß in diesem Falle der Erlös aus dem Verkaufe dazu be-
stimmt werden, durch die Erwerbung eines anderen Grundstücks
oder die Herstellung einer anderen Baulichkeit im Gebietedes-
selben Bundesstaates
einen Ersatz für das entbehrlich oder
unbrauchbar gewordene Grundstück zu beschaffen 5).


1) §. 9 Ziff. 2.
2) §. 9 Ziff. 1 u. Ziff. 3.
3) §. 6 a. a. O.
4) §. 4 a. a. O. Die Verwendung ist daher auch nicht auf die oben an-
geführten 4 Verwaltungen beschränkt, sondern das Grundstück kann jeder be-
liebigen Reichsverwaltung zum dienstlichen Gebrauch überwiesen werden. Vgl.
über die Rechtsgrundsätze, welche in dieser Hinsicht vor Erlaß des Reichsge-
setzes v. 25. Mai 1873 aus allgemeinen Prinzipien herzuleiten waren, meine
Erörterungen in Hirth's Annalen 1873 S. 428 ff.
5) §. 5 a. a. O. Daß der Ersatz für denselben Dienstzweig be-
schafft wird, ist nicht vorgeschrieben; nur im Gebiete desselben Bundes-
staates
muß er effectuirt werden. Durch die Anordnungen dieser beiden
Paragraphen (4 u. 5) ist das Heimfallsrecht praktisch ausgeschlossen; denn jedes
Grundstück wird in allen Fällen entweder in einem andern Dienstzweige ver-
15*

§. 108. Das active Reichsvermögen.
Grundſtück oder einem Theil deſſelben bisher an einen Bundes-
ſtaat zu entrichten waren, demſelben unvermindert fort zu gewäh-
ren 1). Im Uebrigen ſind alle Verfügungen, welche in Betreff
der in das Eigenthum des Reiches übergegangenen Gegenſtände
vor dem 1. Januar 1873 getroffen ſind, ſowie alle Rechte Dritter,
insbeſondere der Staatsgläubiger, von dem Uebergang des Eigen-
thums unberührt geblieben 2).

6. Wenn ein Grundſtück für die Verwaltung des Reiches
entbehrlich oder unbrauchbar wird, ohne daß ein Erſatz für das-
ſelbe nothwendig iſt, ſo iſt daſſelbe in dem Zuſtande, in welchem
es ſich befindet, unentgeltlich und ohne Erſatzleiſtung für etwaige
Verbeſſerungen oder Verſchlechterungen demjenigen Bundesſtaate
zurückzugeben, aus deſſen Beſitz es in die Verwaltung des Reichs
übergegangen war 3). Dieſes Heimfallsrecht tritt aber nicht
ſchon dann ein, wenn das Grundſtück für denjenigen Dienſt-
zweig
, dem es bisher gewidmet war, entbehrlich oder unbrauch-
bar wird, ſondern nur in dem Falle, daß es für die Reichsver-
waltung überhaupt keine Verwendung mehr finden kann 4). Auch
iſt der Reichsfiskus befugt, ein für die Reichsverwaltung entbehr-
lich oder unbrauchbar gewordenes Grundſtück zu veräußern; je-
doch muß in dieſem Falle der Erlös aus dem Verkaufe dazu be-
ſtimmt werden, durch die Erwerbung eines anderen Grundſtücks
oder die Herſtellung einer anderen Baulichkeit im Gebietedes-
ſelben Bundesſtaates
einen Erſatz für das entbehrlich oder
unbrauchbar gewordene Grundſtück zu beſchaffen 5).


1) §. 9 Ziff. 2.
2) §. 9 Ziff. 1 u. Ziff. 3.
3) §. 6 a. a. O.
4) §. 4 a. a. O. Die Verwendung iſt daher auch nicht auf die oben an-
geführten 4 Verwaltungen beſchränkt, ſondern das Grundſtück kann jeder be-
liebigen Reichsverwaltung zum dienſtlichen Gebrauch überwieſen werden. Vgl.
über die Rechtsgrundſätze, welche in dieſer Hinſicht vor Erlaß des Reichsge-
ſetzes v. 25. Mai 1873 aus allgemeinen Prinzipien herzuleiten waren, meine
Erörterungen in Hirth’s Annalen 1873 S. 428 ff.
5) §. 5 a. a. O. Daß der Erſatz für denſelben Dienſtzweig be-
ſchafft wird, iſt nicht vorgeſchrieben; nur im Gebiete deſſelben Bundes-
ſtaates
muß er effectuirt werden. Durch die Anordnungen dieſer beiden
Paragraphen (4 u. 5) iſt das Heimfallsrecht praktiſch ausgeſchloſſen; denn jedes
Grundſtück wird in allen Fällen entweder in einem andern Dienſtzweige ver-
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[227/0237] §. 108. Das active Reichsvermögen. Grundſtück oder einem Theil deſſelben bisher an einen Bundes- ſtaat zu entrichten waren, demſelben unvermindert fort zu gewäh- ren 1). Im Uebrigen ſind alle Verfügungen, welche in Betreff der in das Eigenthum des Reiches übergegangenen Gegenſtände vor dem 1. Januar 1873 getroffen ſind, ſowie alle Rechte Dritter, insbeſondere der Staatsgläubiger, von dem Uebergang des Eigen- thums unberührt geblieben 2). 6. Wenn ein Grundſtück für die Verwaltung des Reiches entbehrlich oder unbrauchbar wird, ohne daß ein Erſatz für das- ſelbe nothwendig iſt, ſo iſt daſſelbe in dem Zuſtande, in welchem es ſich befindet, unentgeltlich und ohne Erſatzleiſtung für etwaige Verbeſſerungen oder Verſchlechterungen demjenigen Bundesſtaate zurückzugeben, aus deſſen Beſitz es in die Verwaltung des Reichs übergegangen war 3). Dieſes Heimfallsrecht tritt aber nicht ſchon dann ein, wenn das Grundſtück für denjenigen Dienſt- zweig, dem es bisher gewidmet war, entbehrlich oder unbrauch- bar wird, ſondern nur in dem Falle, daß es für die Reichsver- waltung überhaupt keine Verwendung mehr finden kann 4). Auch iſt der Reichsfiskus befugt, ein für die Reichsverwaltung entbehr- lich oder unbrauchbar gewordenes Grundſtück zu veräußern; je- doch muß in dieſem Falle der Erlös aus dem Verkaufe dazu be- ſtimmt werden, durch die Erwerbung eines anderen Grundſtücks oder die Herſtellung einer anderen Baulichkeit im Gebietedes- ſelben Bundesſtaates einen Erſatz für das entbehrlich oder unbrauchbar gewordene Grundſtück zu beſchaffen 5). 1) §. 9 Ziff. 2. 2) §. 9 Ziff. 1 u. Ziff. 3. 3) §. 6 a. a. O. 4) §. 4 a. a. O. Die Verwendung iſt daher auch nicht auf die oben an- geführten 4 Verwaltungen beſchränkt, ſondern das Grundſtück kann jeder be- liebigen Reichsverwaltung zum dienſtlichen Gebrauch überwieſen werden. Vgl. über die Rechtsgrundſätze, welche in dieſer Hinſicht vor Erlaß des Reichsge- ſetzes v. 25. Mai 1873 aus allgemeinen Prinzipien herzuleiten waren, meine Erörterungen in Hirth’s Annalen 1873 S. 428 ff. 5) §. 5 a. a. O. Daß der Erſatz für denſelben Dienſtzweig be- ſchafft wird, iſt nicht vorgeſchrieben; nur im Gebiete deſſelben Bundes- ſtaates muß er effectuirt werden. Durch die Anordnungen dieſer beiden Paragraphen (4 u. 5) iſt das Heimfallsrecht praktiſch ausgeſchloſſen; denn jedes Grundſtück wird in allen Fällen entweder in einem andern Dienſtzweige ver- 15*

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/237>, abgerufen am 19.04.2024.