Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Urtheilen und Fragen.
werden die Sätze einander mehr oder minder entge-
gengesetzt.
Jn Ansehung der Allgemeinheit haben
wir drey Fälle:

1. Alle A sind B.
2. Nur etliche A sind B.
3. Kein A ist B.

Von diesen dreyen Sätzen ist allemal nothwendig nur
einer wahr. Und besonders, wenn der zweyte
wahr ist, daß nämlich nur etliche A, B sind, so ist
es auch wahr, daß etliche A nicht B sind. Denn
nur etliche will sagen, weder alle noch keiner.
Demnach sind einige A, B, andre A nicht. Man
sieht zugleich hieraus, daß einer dieser Sätze statt
habe, welche Begriffe auch immer für A und B mö-
gen angenommen werden. Und da der zweyte: Nur
etliche
A sind B, auch den Satz: Nur etliche A
sind nicht B mit begreift; so folgt, daß die oben
bestimmten 4 Arten von Sätzen (§. 123.) nicht nur
den Umfang der einfachen Sätze erschöpfen, sondern
daß bey Vergleichung jeder zween Begriffe einer von
denselben nothwendig vorkommen und wahr seyn
müsse. Demnach ist die Anzahl wahrer Sätze mit
der Anzahl der Combination unsrer Begriffe zu zwey
und zwey, gleich groß, und hingegen die Anzahl der
ganz oder zum Theil falschen doppelt größer.

§. 144.

Jn Ansehung des Bejahens und Verneinens ha-
ben wir zu bemerken, daß beydes eigentlich das Prä-
dicat angeht, und dieses durch das Verneinen in einen
Terminum infinitum (§. 89.) verwandelt wird. Da
nun folglich B und nicht B unmöglich in einem und
eben dem Subjecte beysammen seyn können, so sind

1. Die Sätze: Alle A sind B und alle A sind
nicht
B, einander schlechthin widerspre-
chend,

von den Urtheilen und Fragen.
werden die Saͤtze einander mehr oder minder entge-
gengeſetzt.
Jn Anſehung der Allgemeinheit haben
wir drey Faͤlle:

1. Alle A ſind B.
2. Nur etliche A ſind B.
3. Kein A iſt B.

Von dieſen dreyen Saͤtzen iſt allemal nothwendig nur
einer wahr. Und beſonders, wenn der zweyte
wahr iſt, daß naͤmlich nur etliche A, B ſind, ſo iſt
es auch wahr, daß etliche A nicht B ſind. Denn
nur etliche will ſagen, weder alle noch keiner.
Demnach ſind einige A, B, andre A nicht. Man
ſieht zugleich hieraus, daß einer dieſer Saͤtze ſtatt
habe, welche Begriffe auch immer fuͤr A und B moͤ-
gen angenommen werden. Und da der zweyte: Nur
etliche
A ſind B, auch den Satz: Nur etliche A
ſind nicht B mit begreift; ſo folgt, daß die oben
beſtimmten 4 Arten von Saͤtzen (§. 123.) nicht nur
den Umfang der einfachen Saͤtze erſchoͤpfen, ſondern
daß bey Vergleichung jeder zween Begriffe einer von
denſelben nothwendig vorkommen und wahr ſeyn
muͤſſe. Demnach iſt die Anzahl wahrer Saͤtze mit
der Anzahl der Combination unſrer Begriffe zu zwey
und zwey, gleich groß, und hingegen die Anzahl der
ganz oder zum Theil falſchen doppelt groͤßer.

§. 144.

Jn Anſehung des Bejahens und Verneinens ha-
ben wir zu bemerken, daß beydes eigentlich das Praͤ-
dicat angeht, und dieſes durch das Verneinen in einen
Terminum infinitum (§. 89.) verwandelt wird. Da
nun folglich B und nicht B unmoͤglich in einem und
eben dem Subjecte beyſammen ſeyn koͤnnen, ſo ſind

1. Die Saͤtze: Alle A ſind B und alle A ſind
nicht
B, einander ſchlechthin widerſpre-
chend,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0115" n="93"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den Urtheilen und Fragen.</hi></fw><lb/>
werden die Sa&#x0364;tze einander mehr oder minder <hi rendition="#fr">entge-<lb/>
genge&#x017F;etzt.</hi> Jn An&#x017F;ehung der Allgemeinheit haben<lb/>
wir drey Fa&#x0364;lle:</p><lb/>
            <list>
              <item>1. Alle <hi rendition="#aq">A</hi> &#x017F;ind <hi rendition="#aq">B.</hi></item><lb/>
              <item>2. Nur etliche <hi rendition="#aq">A</hi> &#x017F;ind <hi rendition="#aq">B.</hi></item><lb/>
              <item>3. Kein <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B.</hi></item>
            </list><lb/>
            <p>Von die&#x017F;en dreyen Sa&#x0364;tzen i&#x017F;t allemal nothwendig nur<lb/>
einer wahr. Und be&#x017F;onders, wenn der zweyte<lb/>
wahr i&#x017F;t, daß na&#x0364;mlich <hi rendition="#fr">nur etliche</hi> <hi rendition="#aq">A, B</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ind,</hi> &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
es auch wahr, daß <hi rendition="#fr">etliche</hi> <hi rendition="#aq">A</hi> <hi rendition="#fr">nicht</hi> <hi rendition="#aq">B</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ind.</hi> Denn<lb/><hi rendition="#fr">nur etliche</hi> will &#x017F;agen, <hi rendition="#fr">weder alle noch keiner.</hi><lb/>
Demnach &#x017F;ind einige <hi rendition="#aq">A, B,</hi> andre <hi rendition="#aq">A</hi> nicht. Man<lb/>
&#x017F;ieht zugleich hieraus, daß einer die&#x017F;er Sa&#x0364;tze &#x017F;tatt<lb/>
habe, welche Begriffe auch immer fu&#x0364;r <hi rendition="#aq">A</hi> und <hi rendition="#aq">B</hi> mo&#x0364;-<lb/>
gen angenommen werden. Und da der zweyte: <hi rendition="#fr">Nur<lb/>
etliche</hi> <hi rendition="#aq">A</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ind</hi> <hi rendition="#aq">B,</hi> auch den Satz: <hi rendition="#fr">Nur etliche</hi> <hi rendition="#aq">A</hi><lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;ind nicht</hi> <hi rendition="#aq">B</hi> mit begreift; &#x017F;o folgt, daß die oben<lb/>
be&#x017F;timmten 4 Arten von Sa&#x0364;tzen (§. 123.) nicht nur<lb/>
den Umfang der einfachen Sa&#x0364;tze er&#x017F;cho&#x0364;pfen, &#x017F;ondern<lb/>
daß bey Vergleichung jeder zween Begriffe einer von<lb/>
den&#x017F;elben nothwendig vorkommen und wahr &#x017F;eyn<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Demnach i&#x017F;t die Anzahl wahrer Sa&#x0364;tze mit<lb/>
der Anzahl der Combination un&#x017F;rer Begriffe zu zwey<lb/>
und zwey, gleich groß, und hingegen die Anzahl der<lb/>
ganz oder zum Theil fal&#x017F;chen doppelt gro&#x0364;ßer.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 144.</head><lb/>
            <p>Jn An&#x017F;ehung des Bejahens und Verneinens ha-<lb/>
ben wir zu bemerken, daß beydes eigentlich das Pra&#x0364;-<lb/>
dicat angeht, und die&#x017F;es durch das Verneinen in einen<lb/><hi rendition="#aq">Terminum infinitum</hi> (§. 89.) verwandelt wird. Da<lb/>
nun folglich <hi rendition="#aq">B</hi> und <hi rendition="#fr">nicht</hi> <hi rendition="#aq">B</hi> unmo&#x0364;glich in einem und<lb/>
eben dem Subjecte bey&#x017F;ammen &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen, &#x017F;o &#x017F;ind</p><lb/>
            <list>
              <item>1. Die Sa&#x0364;tze: <hi rendition="#fr">Alle</hi> <hi rendition="#aq">A</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ind</hi> <hi rendition="#aq">B</hi> und alle <hi rendition="#aq">A</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ind<lb/>
nicht</hi> <hi rendition="#aq">B,</hi> einander &#x017F;chlechthin wider&#x017F;pre-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chend,</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0115] von den Urtheilen und Fragen. werden die Saͤtze einander mehr oder minder entge- gengeſetzt. Jn Anſehung der Allgemeinheit haben wir drey Faͤlle: 1. Alle A ſind B. 2. Nur etliche A ſind B. 3. Kein A iſt B. Von dieſen dreyen Saͤtzen iſt allemal nothwendig nur einer wahr. Und beſonders, wenn der zweyte wahr iſt, daß naͤmlich nur etliche A, B ſind, ſo iſt es auch wahr, daß etliche A nicht B ſind. Denn nur etliche will ſagen, weder alle noch keiner. Demnach ſind einige A, B, andre A nicht. Man ſieht zugleich hieraus, daß einer dieſer Saͤtze ſtatt habe, welche Begriffe auch immer fuͤr A und B moͤ- gen angenommen werden. Und da der zweyte: Nur etliche A ſind B, auch den Satz: Nur etliche A ſind nicht B mit begreift; ſo folgt, daß die oben beſtimmten 4 Arten von Saͤtzen (§. 123.) nicht nur den Umfang der einfachen Saͤtze erſchoͤpfen, ſondern daß bey Vergleichung jeder zween Begriffe einer von denſelben nothwendig vorkommen und wahr ſeyn muͤſſe. Demnach iſt die Anzahl wahrer Saͤtze mit der Anzahl der Combination unſrer Begriffe zu zwey und zwey, gleich groß, und hingegen die Anzahl der ganz oder zum Theil falſchen doppelt groͤßer. §. 144. Jn Anſehung des Bejahens und Verneinens ha- ben wir zu bemerken, daß beydes eigentlich das Praͤ- dicat angeht, und dieſes durch das Verneinen in einen Terminum infinitum (§. 89.) verwandelt wird. Da nun folglich B und nicht B unmoͤglich in einem und eben dem Subjecte beyſammen ſeyn koͤnnen, ſo ſind 1. Die Saͤtze: Alle A ſind B und alle A ſind nicht B, einander ſchlechthin widerſpre- chend,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/115
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/115>, abgerufen am 28.03.2024.