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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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Hamburgische
Dramaturgie.



Sechs und funfzigstes Stück.





Aber wiederum auf die Ohrfeige zu kom-
men. -- Einmal ist es doch nun so, daß
eine Ohrfeige, die ein Mann von Ehre
von seines Gleichen oder von einem Höhern be-
kömmt, für eine so schimpfliche Beleidigung ge-
halten wird, daß alle Genugthuung, die ihm
die Gesetze dafür verschaffen können, vergebens
ist. Sie will nicht von einem dritten bestraft,
sie will von dem Beleidigten selbst gerächet, und
auf eine eben so eigenmächtige Art gerächet seyn,
als sie erwiesen worden. Ob es die wahre oder
die falsche Ehre ist, die dieses gebiethet, davon
ist hier die Rede nicht. Wie gesagt, es ist nun
einmal so.

Und wenn es nun einmal in der Welt so ist:
warum soll es nicht auch auf dem Theater so
seyn? Wenn die Ohrfeigen dort im Gange sind:
warum nicht auch hier?

"Die
D
Hamburgiſche
Dramaturgie.



Sechs und funfzigſtes Stück.





Aber wiederum auf die Ohrfeige zu kom-
men. — Einmal iſt es doch nun ſo, daß
eine Ohrfeige, die ein Mann von Ehre
von ſeines Gleichen oder von einem Höhern be-
kömmt, für eine ſo ſchimpfliche Beleidigung ge-
halten wird, daß alle Genugthuung, die ihm
die Geſetze dafür verſchaffen können, vergebens
iſt. Sie will nicht von einem dritten beſtraft,
ſie will von dem Beleidigten ſelbſt gerächet, und
auf eine eben ſo eigenmächtige Art gerächet ſeyn,
als ſie erwieſen worden. Ob es die wahre oder
die falſche Ehre iſt, die dieſes gebiethet, davon
iſt hier die Rede nicht. Wie geſagt, es iſt nun
einmal ſo.

Und wenn es nun einmal in der Welt ſo iſt:
warum ſoll es nicht auch auf dem Theater ſo
ſeyn? Wenn die Ohrfeigen dort im Gange ſind:
warum nicht auch hier?

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[[25]/0031] Hamburgiſche Dramaturgie. Sechs und funfzigſtes Stück. Den 13ten November, 1767. Aber wiederum auf die Ohrfeige zu kom- men. — Einmal iſt es doch nun ſo, daß eine Ohrfeige, die ein Mann von Ehre von ſeines Gleichen oder von einem Höhern be- kömmt, für eine ſo ſchimpfliche Beleidigung ge- halten wird, daß alle Genugthuung, die ihm die Geſetze dafür verſchaffen können, vergebens iſt. Sie will nicht von einem dritten beſtraft, ſie will von dem Beleidigten ſelbſt gerächet, und auf eine eben ſo eigenmächtige Art gerächet ſeyn, als ſie erwieſen worden. Ob es die wahre oder die falſche Ehre iſt, die dieſes gebiethet, davon iſt hier die Rede nicht. Wie geſagt, es iſt nun einmal ſo. Und wenn es nun einmal in der Welt ſo iſt: warum ſoll es nicht auch auf dem Theater ſo ſeyn? Wenn die Ohrfeigen dort im Gange ſind: warum nicht auch hier? „Die D

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. [25]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/31>, abgerufen am 28.03.2024.