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Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759.

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XXIII.
Die Maus.

Eine philosophische Maus pries die gütige Natur,
daß sie die Mäuse zu einem so vorzüglichen Gegen-
stande ihrer Erhaltung gemacht habe. Denn eine
Helfte von uns, sprach sie, erhielt von ihr Flügel,
daß, wenn wir hier unten auch alle von den Katzen
ausgerottet würden, sie doch mit leichter Mühe
aus den Fledermäusen unser ausgerottetes Geschlecht
wieder herstellen könnte.

Die gute Maus wußte nicht, daß es auch geflü-
gelte Katzen giebt. Und so beruhet unser Stolz
meistens auf unsrer Unwissenheit!



XXIV. Die
G 4
XXIII.
Die Maus.

Eine philoſophiſche Maus pries die gütige Natur,
daß ſie die Mäuſe zu einem ſo vorzüglichen Gegen-
ſtande ihrer Erhaltung gemacht habe. Denn eine
Helfte von uns, ſprach ſie, erhielt von ihr Flügel,
daß, wenn wir hier unten auch alle von den Katzen
ausgerottet würden, ſie doch mit leichter Mühe
aus den Fledermäuſen unſer ausgerottetes Geſchlecht
wieder herſtellen könnte.

Die gute Maus wußte nicht, daß es auch geflü-
gelte Katzen giebt. Und ſo beruhet unſer Stolz
meiſtens auf unſrer Unwiſſenheit!



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G 4
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[103/0123] XXIII. Die Maus. Eine philoſophiſche Maus pries die gütige Natur, daß ſie die Mäuſe zu einem ſo vorzüglichen Gegen- ſtande ihrer Erhaltung gemacht habe. Denn eine Helfte von uns, ſprach ſie, erhielt von ihr Flügel, daß, wenn wir hier unten auch alle von den Katzen ausgerottet würden, ſie doch mit leichter Mühe aus den Fledermäuſen unſer ausgerottetes Geſchlecht wieder herſtellen könnte. Die gute Maus wußte nicht, daß es auch geflü- gelte Katzen giebt. Und ſo beruhet unſer Stolz meiſtens auf unſrer Unwiſſenheit! XXIV. Die G 4

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Zitationshilfe: Lessing, Gotthold Ephraim: Fabeln. Berlin, 1759, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_fabeln_1759/123>, abgerufen am 29.03.2024.