Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].

Bild:
<< vorherige Seite
Als unsre Fahnen, rot in Abendgluten,
Siegkündend flatterten nach heißem Ringen.
Auf allen Höhen, in den Thalen schliefen,
Die gar zu brüderlich den Tod umfingen,
Und unter ihnen fand in einem Garten,
Von fern herüber tönte Siegessingen,
Den Freund ich, abendkühl, wie traumbezwungen,
Beschattet still von blühenden Syringen.


Verbannt.


Es schillert um mich glänzend bunt Gefieder,
Im Palmwald lärmt der Affen lustig Heer.
Der Indianer stützt die schlanken Glieder
Auf's Rohr, und starrt mit mir hinaus ins Meer.
Und kraftvoll hebt ein Adler seine Schwingen,
Und dreht in blaue Fernen sich empor,
Als wollt' er trotzig in den Himmel dringen,
Und siegend einziehn durch das Sternenthor.
In höchsten Höhen, Adler, mußt du stehen,
Es schlägt dein Flügel an das Weltendach,
Mußt auf mein Vaterland hinuntersehen,
Ach, send' ihm Grüße, heiße Grüße nach.
Im Abend liegt es: Strohbedeckte Hütten,
Die Schwalbe ruhelos das Dorf durchzieht.
Die Kinder lärmen und in Apfelblüten
Singt eine Drossel noch ihr einfach Lied.

Als unſre Fahnen, rot in Abendgluten,
Siegkündend flatterten nach heißem Ringen.
Auf allen Höhen, in den Thalen ſchliefen,
Die gar zu brüderlich den Tod umfingen,
Und unter ihnen fand in einem Garten,
Von fern herüber tönte Siegesſingen,
Den Freund ich, abendkühl, wie traumbezwungen,
Beſchattet ſtill von blühenden Syringen.


Verbannt.


Es ſchillert um mich glänzend bunt Gefieder,
Im Palmwald lärmt der Affen luſtig Heer.
Der Indianer ſtützt die ſchlanken Glieder
Auf’s Rohr, und ſtarrt mit mir hinaus ins Meer.
Und kraftvoll hebt ein Adler ſeine Schwingen,
Und dreht in blaue Fernen ſich empor,
Als wollt’ er trotzig in den Himmel dringen,
Und ſiegend einziehn durch das Sternenthor.
In höchſten Höhen, Adler, mußt du ſtehen,
Es ſchlägt dein Flügel an das Weltendach,
Mußt auf mein Vaterland hinunterſehen,
Ach, ſend’ ihm Grüße, heiße Grüße nach.
Im Abend liegt es: Strohbedeckte Hütten,
Die Schwalbe ruhelos das Dorf durchzieht.
Die Kinder lärmen und in Apfelblüten
Singt eine Droſſel noch ihr einfach Lied.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0088" n="80"/>
            <l>Als un&#x017F;re Fahnen, rot in Abendgluten,</l><lb/>
            <l>Siegkündend flatterten nach heißem Ringen.</l><lb/>
            <l>Auf allen Höhen, in den Thalen &#x017F;chliefen,</l><lb/>
            <l>Die gar zu brüderlich den Tod umfingen,</l><lb/>
            <l>Und unter ihnen fand in einem Garten,</l><lb/>
            <l>Von fern herüber tönte Sieges&#x017F;ingen,</l><lb/>
            <l>Den Freund ich, abendkühl, wie traumbezwungen,</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;chattet &#x017F;till von blühenden Syringen.</l>
          </lg>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Verbannt.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">E</hi>s &#x017F;chillert um mich glänzend bunt Gefieder,</l><lb/>
            <l>Im Palmwald lärmt der Affen lu&#x017F;tig Heer.</l><lb/>
            <l>Der Indianer &#x017F;tützt die &#x017F;chlanken Glieder</l><lb/>
            <l>Auf&#x2019;s Rohr, und &#x017F;tarrt mit mir hinaus ins Meer.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Und kraftvoll hebt ein Adler &#x017F;eine Schwingen,</l><lb/>
            <l>Und dreht in blaue Fernen &#x017F;ich empor,</l><lb/>
            <l>Als wollt&#x2019; er trotzig in den Himmel dringen,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;iegend einziehn durch das Sternenthor.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>In höch&#x017F;ten Höhen, Adler, mußt du &#x017F;tehen,</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;chlägt dein Flügel an das Weltendach,</l><lb/>
            <l>Mußt auf mein Vaterland hinunter&#x017F;ehen,</l><lb/>
            <l>Ach, &#x017F;end&#x2019; ihm Grüße, heiße Grüße nach.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>Im Abend liegt es: Strohbedeckte Hütten,</l><lb/>
            <l>Die Schwalbe ruhelos das Dorf durchzieht.</l><lb/>
            <l>Die Kinder lärmen und in Apfelblüten</l><lb/>
            <l>Singt eine Dro&#x017F;&#x017F;el noch ihr einfach Lied.</l>
          </lg><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0088] Als unſre Fahnen, rot in Abendgluten, Siegkündend flatterten nach heißem Ringen. Auf allen Höhen, in den Thalen ſchliefen, Die gar zu brüderlich den Tod umfingen, Und unter ihnen fand in einem Garten, Von fern herüber tönte Siegesſingen, Den Freund ich, abendkühl, wie traumbezwungen, Beſchattet ſtill von blühenden Syringen. Verbannt. Es ſchillert um mich glänzend bunt Gefieder, Im Palmwald lärmt der Affen luſtig Heer. Der Indianer ſtützt die ſchlanken Glieder Auf’s Rohr, und ſtarrt mit mir hinaus ins Meer. Und kraftvoll hebt ein Adler ſeine Schwingen, Und dreht in blaue Fernen ſich empor, Als wollt’ er trotzig in den Himmel dringen, Und ſiegend einziehn durch das Sternenthor. In höchſten Höhen, Adler, mußt du ſtehen, Es ſchlägt dein Flügel an das Weltendach, Mußt auf mein Vaterland hinunterſehen, Ach, ſend’ ihm Grüße, heiße Grüße nach. Im Abend liegt es: Strohbedeckte Hütten, Die Schwalbe ruhelos das Dorf durchzieht. Die Kinder lärmen und in Apfelblüten Singt eine Droſſel noch ihr einfach Lied.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/88
Zitationshilfe: Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/88>, abgerufen am 23.04.2024.