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Lindemann, Anna: Die Frauenstimmrechtsbewegung in Deutschland. Leipzig und Berlin, 1913.

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Arbeit für das Frauenstimmrecht in den politischen Parteien
war bisher hauptsächlich durch Werbearbeit in Anspruch genommen.
Er nimmt auch andere Vereine, die für das Frauenstimmrecht ein-
treten, als korporative Mitglieder auf. Jhm sind bisher drei Stimm-
rechtsvereine mit zusammen 297 Mitgliedern, außerdem korporativ
eine Ortsgruppe des Verbandes norddeutscher Frauenvereine mit 128
Mitgliedern angeschlossen. Vorsitzende ist Agnes Menck.

Außer in den beiden Frauenstimmrechtsorganisationen arbeiten die
Frauen noch in vielen anderen Gemeinschaften für das gleiche Ziel.
So helfen sie schon allein durch die Tatsache ihrer Mitarbeit in den
politischen Parteien den Weg für jenes Ziel bereiten. Jn den
rechtsstehenden Parteien bis zur nationalliberalen Partei ist ihre Arbeit
in dieser Richtung bisher nicht weiter gegangen. Dagegen gibt die
Satzung der innerhalb der Fortschrittlichen Volkspartei organisierten
Frauen als eins der Hauptziele der Frauenorganisation an, das Frauen-
stimmrecht in Gemeinde, Bundesstaaten und Reich zu erringen. Jhre
Bestrebungen gehen vor allem dahin, die Ausnahme dieser Forderungen
in das Parteiprogramm zu erlangen. -- Die Frauen der Demokrati-
schen Vereinigung sind innerhalb der Partei nicht in einer besonderen
Gruppe zusammengefaßt. Da das Parteiprogramm gleiche Rechte für
beide Geschlechter fordert, richten die Frauen ihr Augenmerk in erster
Linie darauf, die Frauenstimmrechtsforderung überall in den Organi-
sationen in Versammlungen vertreten zu sehen. -- Besonders tätig ar-
beiten die Frauen der Sozialdemokratie für das Frauenstimmrecht. Da
sie nicht wie die bürgerlichen Frauen in besonderen Vereinen, sondern
nur innerhalb ihrer Parteiorganisation für dieses Ziel arbeiten, sei ihre
Tätigkeit an dieser Stelle gewürdigt.

Jn den Plänen für die zahlreichen Kurse zur theoretischen Schulung
der Frauen bildet das Frauenstimmrecht stets einen besonders zu be-
handelnden Punkt. Bei unzähligen Frauenversammlungen wird Auf-
klärung über das Frauenstimmrecht gegeben und Propaganda dafür
gemacht. So haben -- von den Hunderten von lokalen Organisationen
einberufenen Versammlungen ganz abgesehen -- im vergangenen Jahre
die vom Frauenbureau ausgesandten Rednerinnen ln 66 Touren, jede
von 8 Tagen bis zu 4 Wochen, auch in die entlegensten Teile des Rei-
ches, auch in früher von diesem Gedanken noch ganz unberührte Kreise
die Forderung der politischen Befreiung der Frau hineingetragen. Durch
Flugblätter und Broschüren wird diese unermüdliche Agitation unter-
stützt, durch die in einer Auflage von 115000 erscheinende Zeitschrift
"Die Gleichheit", die, unter Redaktion von Klara Zetkin, in ständigen
Rubriken das Frauenstimmrecht im Jn- und Auslande behandelt, wird

Arbeit für das Frauenstimmrecht in den politischen Parteien
war bisher hauptsächlich durch Werbearbeit in Anspruch genommen.
Er nimmt auch andere Vereine, die für das Frauenstimmrecht ein-
treten, als korporative Mitglieder auf. Jhm sind bisher drei Stimm-
rechtsvereine mit zusammen 297 Mitgliedern, außerdem korporativ
eine Ortsgruppe des Verbandes norddeutscher Frauenvereine mit 128
Mitgliedern angeschlossen. Vorsitzende ist Agnes Menck.

Außer in den beiden Frauenstimmrechtsorganisationen arbeiten die
Frauen noch in vielen anderen Gemeinschaften für das gleiche Ziel.
So helfen sie schon allein durch die Tatsache ihrer Mitarbeit in den
politischen Parteien den Weg für jenes Ziel bereiten. Jn den
rechtsstehenden Parteien bis zur nationalliberalen Partei ist ihre Arbeit
in dieser Richtung bisher nicht weiter gegangen. Dagegen gibt die
Satzung der innerhalb der Fortschrittlichen Volkspartei organisierten
Frauen als eins der Hauptziele der Frauenorganisation an, das Frauen-
stimmrecht in Gemeinde, Bundesstaaten und Reich zu erringen. Jhre
Bestrebungen gehen vor allem dahin, die Ausnahme dieser Forderungen
in das Parteiprogramm zu erlangen. — Die Frauen der Demokrati-
schen Vereinigung sind innerhalb der Partei nicht in einer besonderen
Gruppe zusammengefaßt. Da das Parteiprogramm gleiche Rechte für
beide Geschlechter fordert, richten die Frauen ihr Augenmerk in erster
Linie darauf, die Frauenstimmrechtsforderung überall in den Organi-
sationen in Versammlungen vertreten zu sehen. — Besonders tätig ar-
beiten die Frauen der Sozialdemokratie für das Frauenstimmrecht. Da
sie nicht wie die bürgerlichen Frauen in besonderen Vereinen, sondern
nur innerhalb ihrer Parteiorganisation für dieses Ziel arbeiten, sei ihre
Tätigkeit an dieser Stelle gewürdigt.

Jn den Plänen für die zahlreichen Kurse zur theoretischen Schulung
der Frauen bildet das Frauenstimmrecht stets einen besonders zu be-
handelnden Punkt. Bei unzähligen Frauenversammlungen wird Auf-
klärung über das Frauenstimmrecht gegeben und Propaganda dafür
gemacht. So haben — von den Hunderten von lokalen Organisationen
einberufenen Versammlungen ganz abgesehen — im vergangenen Jahre
die vom Frauenbureau ausgesandten Rednerinnen ln 66 Touren, jede
von 8 Tagen bis zu 4 Wochen, auch in die entlegensten Teile des Rei-
ches, auch in früher von diesem Gedanken noch ganz unberührte Kreise
die Forderung der politischen Befreiung der Frau hineingetragen. Durch
Flugblätter und Broschüren wird diese unermüdliche Agitation unter-
stützt, durch die in einer Auflage von 115000 erscheinende Zeitschrift
„Die Gleichheit“, die, unter Redaktion von Klara Zetkin, in ständigen
Rubriken das Frauenstimmrecht im Jn- und Auslande behandelt, wird

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[167/0010] Arbeit für das Frauenstimmrecht in den politischen Parteien war bisher hauptsächlich durch Werbearbeit in Anspruch genommen. Er nimmt auch andere Vereine, die für das Frauenstimmrecht ein- treten, als korporative Mitglieder auf. Jhm sind bisher drei Stimm- rechtsvereine mit zusammen 297 Mitgliedern, außerdem korporativ eine Ortsgruppe des Verbandes norddeutscher Frauenvereine mit 128 Mitgliedern angeschlossen. Vorsitzende ist Agnes Menck. Außer in den beiden Frauenstimmrechtsorganisationen arbeiten die Frauen noch in vielen anderen Gemeinschaften für das gleiche Ziel. So helfen sie schon allein durch die Tatsache ihrer Mitarbeit in den politischen Parteien den Weg für jenes Ziel bereiten. Jn den rechtsstehenden Parteien bis zur nationalliberalen Partei ist ihre Arbeit in dieser Richtung bisher nicht weiter gegangen. Dagegen gibt die Satzung der innerhalb der Fortschrittlichen Volkspartei organisierten Frauen als eins der Hauptziele der Frauenorganisation an, das Frauen- stimmrecht in Gemeinde, Bundesstaaten und Reich zu erringen. Jhre Bestrebungen gehen vor allem dahin, die Ausnahme dieser Forderungen in das Parteiprogramm zu erlangen. — Die Frauen der Demokrati- schen Vereinigung sind innerhalb der Partei nicht in einer besonderen Gruppe zusammengefaßt. Da das Parteiprogramm gleiche Rechte für beide Geschlechter fordert, richten die Frauen ihr Augenmerk in erster Linie darauf, die Frauenstimmrechtsforderung überall in den Organi- sationen in Versammlungen vertreten zu sehen. — Besonders tätig ar- beiten die Frauen der Sozialdemokratie für das Frauenstimmrecht. Da sie nicht wie die bürgerlichen Frauen in besonderen Vereinen, sondern nur innerhalb ihrer Parteiorganisation für dieses Ziel arbeiten, sei ihre Tätigkeit an dieser Stelle gewürdigt. Jn den Plänen für die zahlreichen Kurse zur theoretischen Schulung der Frauen bildet das Frauenstimmrecht stets einen besonders zu be- handelnden Punkt. Bei unzähligen Frauenversammlungen wird Auf- klärung über das Frauenstimmrecht gegeben und Propaganda dafür gemacht. So haben — von den Hunderten von lokalen Organisationen einberufenen Versammlungen ganz abgesehen — im vergangenen Jahre die vom Frauenbureau ausgesandten Rednerinnen ln 66 Touren, jede von 8 Tagen bis zu 4 Wochen, auch in die entlegensten Teile des Rei- ches, auch in früher von diesem Gedanken noch ganz unberührte Kreise die Forderung der politischen Befreiung der Frau hineingetragen. Durch Flugblätter und Broschüren wird diese unermüdliche Agitation unter- stützt, durch die in einer Auflage von 115000 erscheinende Zeitschrift „Die Gleichheit“, die, unter Redaktion von Klara Zetkin, in ständigen Rubriken das Frauenstimmrecht im Jn- und Auslande behandelt, wird

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-01-26T16:17:50Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-01-26T16:17:50Z)

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Zitationshilfe: Lindemann, Anna: Die Frauenstimmrechtsbewegung in Deutschland. Leipzig und Berlin, 1913, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lindemann_frauenstimmrechtsbewegung_1913/10>, abgerufen am 18.04.2024.