Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

der in Circulation befindlichen Summe erspart werden, ein Vortheil, der selbst bei Staaten wie Würtemberg und Baden nicht unbedeutend ist.

Ferner ist in Deutschland noch zu berücksichtigen, daß bei dem Aufschwunge, welchen hier die Industrie im Laufe der letztverflossenen Jahre genommen hat, und welchen sie, unter dem wohlthätigen Einflusse der deutschen Handelsunion, fortan nehmen wird, die Vermehrung der Circulationsmittel als ein wahres Bedürfniß erscheint, als ein Bedürfniß, das durch die Anlage von Canälen und Eisenbahnen und späterhin durch ihren Einfluß auf die Beförderung des Verkehrs noch bedeutend erhöht werden muß.



Dieser allgemeinen Darstellung der volks- und staatswirthschaftlichen Vortheile der verschiedenen Transportmittel lassen wir eine besondere Übersicht der Canäle aller ältern und neuern Staaten und hierauf eine Übersicht der bedeutendsten Eisenbahn-Unternehmungen folgen.

I. Canäle.

Ägyptische Canäle. Ägypten scheint das erste Land der Welt gewesen zu sein, das zum Behuf der Beschiffung Canäle grub. Die ältesten derselben sind: der längst versandete Suez-Canal und der Josephs- oder Jussufs-Canal. Ersterer, der auf der Landenge von Suez das mittelländische Meer mit dem rothen Meere vereinigte, ward 616 v. Chr. von Necho, des Psammetichus Sohn, begonnen und erst 521 v. Chr. von Ptolemäus II. vollendet. Nach Herodot gelangte man in vier Tagen von einem Meere zum andern, und nach Strabo war dieser Canal so tief und breit, daß vier große Schiffe neben einander gehen konnten. Der Josephs-Canal beginnt auf dem linken Ufer des Nils bei Darut el Scheriff in Ober-Ägypten, zieht sich an der libyschen Bergkette hin, verzweigt sich dann einerseits nach dem künstlichen See Möris und anderseits nach dem Rosette-Arm des Stromes. Der untere Theil dieses Canals kann von Segelschiffen befahren werden. Außer diesen gibt es noch mehrere andere alte Canäle in Unter-Ägypten, die mehr oder weniger brauchbar sind; einige davon nur wenige Wochen oder wenige Tage im Jahre. Ali Pascha hat einen Theil der alten Canäle repariren und andere neu ausgraben lassen. Unter den letztern ist sein bedeutendstes Werk der Mahmudie-Canal, der von Skanderik bis zum Nil, Fouah gegenüber, 41,707 Klafter lang, 15 breit und 3 tief ist, und vermittelst dessen die meisten Seeschiffe bis Skanderik gelangen können.

Chinesische Canäle. Die Chinesen besitzen seit mehr als 2000 Jahren das ausgedehnteste Canalsystem, und es ist wahrscheinlich, daß die Totallänge ihrer Canäle größer ist, als die Länge der Canäle aller

der in Circulation befindlichen Summe erspart werden, ein Vortheil, der selbst bei Staaten wie Würtemberg und Baden nicht unbedeutend ist.

Ferner ist in Deutschland noch zu berücksichtigen, daß bei dem Aufschwunge, welchen hier die Industrie im Laufe der letztverflossenen Jahre genommen hat, und welchen sie, unter dem wohlthätigen Einflusse der deutschen Handelsunion, fortan nehmen wird, die Vermehrung der Circulationsmittel als ein wahres Bedürfniß erscheint, als ein Bedürfniß, das durch die Anlage von Canälen und Eisenbahnen und späterhin durch ihren Einfluß auf die Beförderung des Verkehrs noch bedeutend erhöht werden muß.



Dieser allgemeinen Darstellung der volks- und staatswirthschaftlichen Vortheile der verschiedenen Transportmittel lassen wir eine besondere Übersicht der Canäle aller ältern und neuern Staaten und hierauf eine Übersicht der bedeutendsten Eisenbahn-Unternehmungen folgen.

I. Canäle.

Ägyptische Canäle. Ägypten scheint das erste Land der Welt gewesen zu sein, das zum Behuf der Beschiffung Canäle grub. Die ältesten derselben sind: der längst versandete Suez-Canal und der Josephs- oder Jussufs-Canal. Ersterer, der auf der Landenge von Suez das mittelländische Meer mit dem rothen Meere vereinigte, ward 616 v. Chr. von Necho, des Psammetichus Sohn, begonnen und erst 521 v. Chr. von Ptolemäus II. vollendet. Nach Herodot gelangte man in vier Tagen von einem Meere zum andern, und nach Strabo war dieser Canal so tief und breit, daß vier große Schiffe neben einander gehen konnten. Der Josephs-Canal beginnt auf dem linken Ufer des Nils bei Darut el Scheriff in Ober-Ägypten, zieht sich an der libyschen Bergkette hin, verzweigt sich dann einerseits nach dem künstlichen See Möris und anderseits nach dem Rosette-Arm des Stromes. Der untere Theil dieses Canals kann von Segelschiffen befahren werden. Außer diesen gibt es noch mehrere andere alte Canäle in Unter-Ägypten, die mehr oder weniger brauchbar sind; einige davon nur wenige Wochen oder wenige Tage im Jahre. Ali Pascha hat einen Theil der alten Canäle repariren und andere neu ausgraben lassen. Unter den letztern ist sein bedeutendstes Werk der Mahmudie-Canal, der von Skanderik bis zum Nil, Fouah gegenüber, 41,707 Klafter lang, 15 breit und 3 tief ist, und vermittelst dessen die meisten Seeschiffe bis Skanderik gelangen können.

Chinesische Canäle. Die Chinesen besitzen seit mehr als 2000 Jahren das ausgedehnteste Canalsystem, und es ist wahrscheinlich, daß die Totallänge ihrer Canäle größer ist, als die Länge der Canäle aller

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0063" n="62"/>
der in Circulation befindlichen Summe erspart werden, ein Vortheil, der selbst bei Staaten wie Würtemberg und Baden nicht unbedeutend ist.</p>
        <p>Ferner ist in Deutschland noch zu berücksichtigen, daß bei dem Aufschwunge, welchen hier die Industrie im Laufe der letztverflossenen Jahre genommen hat, und welchen sie, unter dem wohlthätigen Einflusse der deutschen Handelsunion, fortan nehmen wird, die Vermehrung der Circulationsmittel als ein wahres Bedürfniß erscheint, als ein Bedürfniß, das durch die Anlage von Canälen und Eisenbahnen und späterhin durch ihren Einfluß auf die Beförderung des Verkehrs noch bedeutend erhöht werden muß.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p> Dieser allgemeinen Darstellung der volks- und staatswirthschaftlichen Vortheile der verschiedenen Transportmittel lassen wir eine besondere <hi rendition="#g">Übersicht der Canäle</hi> aller ältern und neuern Staaten und hierauf eine <hi rendition="#g">Übersicht der bedeutendsten Eisenbahn-Unternehmungen</hi> folgen.</p>
        <div n="2">
          <head>I. Canäle.</head>
          <p><hi rendition="#g">Ägyptische Canäle</hi>. Ägypten scheint das <hi rendition="#g">erste Land der Welt</hi> gewesen zu sein, das zum Behuf der Beschiffung Canäle grub. Die ältesten derselben sind: der längst versandete <hi rendition="#g">Suez-Canal</hi> und der <hi rendition="#g">Josephs-</hi> oder <hi rendition="#g">Jussufs-Canal</hi>. Ersterer, der auf der Landenge von Suez das mittelländische Meer mit dem rothen Meere vereinigte, ward 616 v. Chr. von <hi rendition="#g">Necho</hi>, des <hi rendition="#g">Psammetichus</hi> Sohn, begonnen und erst 521 v. Chr. von <hi rendition="#g">Ptolemäus II.</hi> vollendet. Nach <hi rendition="#g">Herodot</hi> gelangte man in vier Tagen von einem Meere zum andern, und nach <hi rendition="#g">Strabo</hi> war dieser Canal so tief und breit, daß vier große Schiffe neben einander gehen konnten. Der <hi rendition="#g">Josephs-Canal</hi> beginnt auf dem linken Ufer des Nils bei Darut el Scheriff in Ober-Ägypten, zieht sich an der libyschen Bergkette hin, verzweigt sich dann einerseits nach dem künstlichen See Möris und anderseits nach dem Rosette-Arm des Stromes. Der untere Theil dieses Canals kann von Segelschiffen befahren werden. Außer diesen gibt es noch mehrere andere alte Canäle in Unter-Ägypten, die mehr oder weniger brauchbar sind; einige davon nur wenige Wochen oder wenige Tage im Jahre. Ali Pascha hat einen Theil der alten Canäle repariren und andere neu ausgraben lassen. Unter den letztern ist sein bedeutendstes Werk der <hi rendition="#g">Mahmudie-Canal</hi>, der von Skanderik bis zum Nil, Fouah gegenüber, 41,707 Klafter lang, 15 breit und 3 tief ist, und vermittelst dessen die meisten Seeschiffe bis Skanderik gelangen können.</p>
          <p><hi rendition="#g">Chinesische Canäle</hi>. Die Chinesen besitzen seit mehr als 2000 Jahren das ausgedehnteste Canalsystem, und es ist wahrscheinlich, daß die Totallänge ihrer Canäle größer ist, als die Länge der Canäle aller
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0063] der in Circulation befindlichen Summe erspart werden, ein Vortheil, der selbst bei Staaten wie Würtemberg und Baden nicht unbedeutend ist. Ferner ist in Deutschland noch zu berücksichtigen, daß bei dem Aufschwunge, welchen hier die Industrie im Laufe der letztverflossenen Jahre genommen hat, und welchen sie, unter dem wohlthätigen Einflusse der deutschen Handelsunion, fortan nehmen wird, die Vermehrung der Circulationsmittel als ein wahres Bedürfniß erscheint, als ein Bedürfniß, das durch die Anlage von Canälen und Eisenbahnen und späterhin durch ihren Einfluß auf die Beförderung des Verkehrs noch bedeutend erhöht werden muß. Dieser allgemeinen Darstellung der volks- und staatswirthschaftlichen Vortheile der verschiedenen Transportmittel lassen wir eine besondere Übersicht der Canäle aller ältern und neuern Staaten und hierauf eine Übersicht der bedeutendsten Eisenbahn-Unternehmungen folgen. I. Canäle. Ägyptische Canäle. Ägypten scheint das erste Land der Welt gewesen zu sein, das zum Behuf der Beschiffung Canäle grub. Die ältesten derselben sind: der längst versandete Suez-Canal und der Josephs- oder Jussufs-Canal. Ersterer, der auf der Landenge von Suez das mittelländische Meer mit dem rothen Meere vereinigte, ward 616 v. Chr. von Necho, des Psammetichus Sohn, begonnen und erst 521 v. Chr. von Ptolemäus II. vollendet. Nach Herodot gelangte man in vier Tagen von einem Meere zum andern, und nach Strabo war dieser Canal so tief und breit, daß vier große Schiffe neben einander gehen konnten. Der Josephs-Canal beginnt auf dem linken Ufer des Nils bei Darut el Scheriff in Ober-Ägypten, zieht sich an der libyschen Bergkette hin, verzweigt sich dann einerseits nach dem künstlichen See Möris und anderseits nach dem Rosette-Arm des Stromes. Der untere Theil dieses Canals kann von Segelschiffen befahren werden. Außer diesen gibt es noch mehrere andere alte Canäle in Unter-Ägypten, die mehr oder weniger brauchbar sind; einige davon nur wenige Wochen oder wenige Tage im Jahre. Ali Pascha hat einen Theil der alten Canäle repariren und andere neu ausgraben lassen. Unter den letztern ist sein bedeutendstes Werk der Mahmudie-Canal, der von Skanderik bis zum Nil, Fouah gegenüber, 41,707 Klafter lang, 15 breit und 3 tief ist, und vermittelst dessen die meisten Seeschiffe bis Skanderik gelangen können. Chinesische Canäle. Die Chinesen besitzen seit mehr als 2000 Jahren das ausgedehnteste Canalsystem, und es ist wahrscheinlich, daß die Totallänge ihrer Canäle größer ist, als die Länge der Canäle aller

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Die innerhalb des Werks inkonsistente Rechtschreibung und Schreibung von z. B. Ortsnamen wird beibehalten. Offensichtliche Druckfehler des Originals werden im sichtbaren Editionstext stillschweigend korrigiert, im Quelltext jedoch auskommentiert dargestellt.
  • Die Frakturschrift der Vorlage kennt keine großen Umlaute; Ae, Oe, Ue werden zu Ä, Ö und Ü umgesetzt. Weiterhin wird im Original für die großen I und J nur die Type J benutzt; hier werden I und J eingesetzt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/63
Zitationshilfe: List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/63>, abgerufen am 16.04.2024.