Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.

Bild:
<< vorherige Seite
CLEOPATRA.
Für dem Po Phrat und Nil oft auf den Knien lag/
10.Verfall't nicht nur schlecht hin durch einen Donnerschlag:
Er kan hier kaum ein Grab durch unsre Bitt' erlangen.
Wol! laß't uns zum Ade den edlen Leib umbfangen!
Kommt/ liebste Schwestern/ kommt/ bringt ihm durch eure Hand
Ein Opffer wahrer Treu/ ein letztes Liebes-Pfand.
15.Schränck't umb di Todten-Grufft di traurigen Zipressen/
Ja/ daß di Würmer nicht di edlen Glider fressen/
So balsamet den Leib mit kräftgen Wässern ein/
Bringt Mirrhen/ Aloe/ geschärften Kräuter-Wein/
Und frischen Ceder-Safft zu der erblasten Leiche.
20.Daß man mit kräft'ger Salb' ihm Schläff' und Haupt be-
streichche/
Steckt ewig- brennend Oel in güldnen Ampeln an.
Es werde Weyrauch stets auf frische Glutt gethan.
Belräntzet mit Rubin und Lorbern Stirn' und Haare/
Legt Harnisch/ Helm und Schild ihm auf di Todten-Baare/
25.Bestreut mit Rosmarin den sanften Grabe-Stein/
Und grabt sein redend Lob in stumme Marmel ein:
"Hier lig't Egiptens Heil/ di Freiheit Rom's umbfangen.
"Denn beider Wolfahrt ist mit dem Antonvergangen.
Wolan! di letzte Pflicht ist nun/ Gott lob/ vollbracht.
30.Nimm hin den letzten Kuß! mein Hertze gutte Nacht!
Es ist voll bracht! doch ach! was ist noch zu vollbringen?
Cleopatra sol itzt nun auch groß-müttig ringen/
Cleopatra sol itzt noch einmal durch den Tod
Sich dem Anton vermähln/ entflihn der grimmen Noth/
35.Di ob dem Haupte schweb't/ ja durch ihr Blutt entdecken:
Daß knecht'sche Geister nicht in disen Adern stecken.
Iras. Auf was Verzweifelung/ erlauchte Königin/
Auf was für Strudel treibt der Schmertz si wider hin?
Wil sie denn dem Anton sich selbst zum Opffer geben?
40.Jhr Todt bring't uns in Sarch; den Todten nicht in's Leben.
Charm. Cleopatra/ mein Haupt. Si schätze tummen Ruhm/
Und eigen-händgen Todt nicht für ein Heiligthum.
Ein
F 4
CLEOPATRA.
Fuͤr dem Po Phrat und Nil oft auf den Knien lag/
10.Verfall’t nicht nur ſchlecht hin durch einen Donnerſchlag:
Er kan hier kaum ein Grab durch unſre Bitt’ erlangen.
Wol! laß’t uns zum Ade den edlen Leib umbfangen!
Kom̃t/ liebſte Schweſtern/ kom̃t/ bringt ihm durch eure Hand
Ein Opffer wahrer Treu/ ein letztes Liebes-Pfand.
15.Schraͤnck’t umb di Todten-Grufft di traurigen Zipreſſen/
Ja/ daß di Wuͤrmer nicht di edlen Glider freſſen/
So balſamet den Leib mit kraͤftgen Waͤſſern ein/
Bringt Mirrhen/ Aloe/ geſchaͤrften Kraͤuter-Wein/
Und friſchen Ceder-Safft zu der erblaſten Leiche.
20.Daß man mit kraͤft’ger Salb’ ihm Schlaͤff’ und Haupt be-
ſtreichche/
Steckt ewig- brennend Oel in guͤldnen Ampeln an.
Es werde Weyrauch ſtets auf friſche Glutt gethan.
Belraͤntzet mit Rubin und Lorbern Stirn’ und Haare/
Legt Harniſch/ Helm und Schild ihm auf di Todten-Baare/
25.Beſtreut mit Roſmarin den ſanften Grabe-Stein/
Und grabt ſein redend Lob in ſtumme Marmel ein:
„Hier lig’t Egiptens Heil/ di Freiheit Rom’s umbfangen.
„Denn beider Wolfahrt iſt mit dem Antonvergangen.
Wolan! di letzte Pflicht iſt nun/ Gott lob/ vollbracht.
30.Nim̃ hin den letzten Kuß! mein Hertze gutte Nacht!
Es iſt voll bracht! doch ach! was iſt noch zu vollbringen?
Cleopatra ſol itzt nun auch groß-muͤttig ringen/
Cleopatra ſol itzt noch einmal durch den Tod
Sich dem Anton vermaͤhln/ entflihn der grim̃en Noth/
35.Di ob dem Haupte ſchweb’t/ ja durch ihr Blutt entdecken:
Daß knecht’ſche Geiſter nicht in diſen Adern ſtecken.
Iras. Auf was Verzweifelung/ erlauchte Koͤnigin/
Auf was fuͤr Strudel treibt der Schmertz ſi wider hin?
Wil ſie denn dem Anton ſich ſelbſt zum Opffer geben?
40.Jhr Todt bring’t uns in Sarch; den Todten nicht in’s Leben.
Charm. Cleopatra/ mein Haupt. Si ſchaͤtze tummen Ruhm/
Und eigen-haͤndgen Todt nicht fuͤr ein Heiligthum.
Ein
F 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#CLE">
          <p><pb facs="#f0117"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CLEOPATRA.</hi></hi></fw><lb/>
Fu&#x0364;r dem Po Phrat und Nil oft auf den Knien lag/<lb/><note place="left">10.</note>Verfall&#x2019;t nicht nur &#x017F;chlecht hin durch einen Donner&#x017F;chlag:<lb/>
Er kan hier kaum ein Grab durch un&#x017F;re Bitt&#x2019; erlangen.<lb/>
Wol! laß&#x2019;t uns zum Ade den edlen Leib umbfangen!<lb/>
Kom&#x0303;t/ lieb&#x017F;te Schwe&#x017F;tern/ kom&#x0303;t/ bringt ihm durch eure Hand<lb/>
Ein Opffer wahrer Treu/ ein letztes Liebes-Pfand.<lb/><note place="left">15.</note>Schra&#x0364;nck&#x2019;t umb di Todten-Grufft di traurigen Zipre&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
Ja/ daß di Wu&#x0364;rmer nicht di edlen Glider fre&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
So bal&#x017F;amet den Leib mit kra&#x0364;ftgen Wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern ein/<lb/>
Bringt Mirrhen/ Aloe/ ge&#x017F;cha&#x0364;rften Kra&#x0364;uter-Wein/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd fri&#x017F;chen Ceder-Safft zu der erbla&#x017F;ten Leiche.<lb/><note place="left">20.</note>Daß man mit kra&#x0364;ft&#x2019;ger Salb&#x2019; ihm Schla&#x0364;ff&#x2019; und Haupt be-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;treichche/</hi><lb/>
Steckt ewig- brennend Oel in gu&#x0364;ldnen Ampeln an.<lb/>
Es werde Weyrauch &#x017F;tets auf fri&#x017F;che Glutt gethan.<lb/>
Belra&#x0364;ntzet mit Rubin und Lorbern Stirn&#x2019; und Haare/<lb/>
Legt Harni&#x017F;ch/ Helm und Schild ihm auf di Todten-Baare/<lb/><note place="left">25.</note>Be&#x017F;treut mit Ro&#x017F;marin den &#x017F;anften Grabe-Stein/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd grabt &#x017F;ein redend Lob in &#x017F;tumme Marmel ein:<lb/>
&#x201E;Hier lig&#x2019;t Egiptens Heil/ di Freiheit Rom&#x2019;s umbfangen.<lb/>
&#x201E;Denn beider Wolfahrt i&#x017F;t mit dem Antonvergangen.<lb/>
Wolan! di letzte Pflicht i&#x017F;t nun/ Gott lob/ vollbracht.<lb/><note place="left">30.</note>Nim&#x0303; hin den letzten Kuß! mein Hertze gutte Nacht!<lb/>
Es i&#x017F;t voll bracht! doch ach! was i&#x017F;t noch zu vollbringen?<lb/>
Cleopatra &#x017F;ol itzt nun auch groß-mu&#x0364;ttig ringen/<lb/>
Cleopatra &#x017F;ol itzt noch einmal durch den Tod<lb/>
Sich dem Anton verma&#x0364;hln/ entflihn der grim&#x0303;en Noth/<lb/><note place="left">35.</note>Di ob dem Haupte &#x017F;chweb&#x2019;t/ ja durch ihr Blutt entdecken:<lb/>
Daß knecht&#x2019;&#x017F;che Gei&#x017F;ter nicht in di&#x017F;en Adern &#x017F;tecken.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IRA">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Iras.</hi> </speaker>
          <p>Auf was Verzweifelung/ erlauchte Ko&#x0364;nigin/<lb/>
Auf was fu&#x0364;r Strudel treibt der Schmertz &#x017F;i wider hin?<lb/>
Wil &#x017F;ie denn dem Anton &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zum Opffer geben?<lb/><note place="left">40.</note>Jhr Todt bring&#x2019;t uns in Sarch; den Todten nicht in&#x2019;s Leben.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#CHAR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Charm.</hi> </speaker>
          <p>Cleopatra/ mein Haupt. Si &#x017F;cha&#x0364;tze tummen Ruhm/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd eigen-ha&#x0364;ndgen Todt nicht fu&#x0364;r ein Heiligthum.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0117] CLEOPATRA. Fuͤr dem Po Phrat und Nil oft auf den Knien lag/ Verfall’t nicht nur ſchlecht hin durch einen Donnerſchlag: Er kan hier kaum ein Grab durch unſre Bitt’ erlangen. Wol! laß’t uns zum Ade den edlen Leib umbfangen! Kom̃t/ liebſte Schweſtern/ kom̃t/ bringt ihm durch eure Hand Ein Opffer wahrer Treu/ ein letztes Liebes-Pfand. Schraͤnck’t umb di Todten-Grufft di traurigen Zipreſſen/ Ja/ daß di Wuͤrmer nicht di edlen Glider freſſen/ So balſamet den Leib mit kraͤftgen Waͤſſern ein/ Bringt Mirrhen/ Aloe/ geſchaͤrften Kraͤuter-Wein/ Und friſchen Ceder-Safft zu der erblaſten Leiche. Daß man mit kraͤft’ger Salb’ ihm Schlaͤff’ und Haupt be- ſtreichche/ Steckt ewig- brennend Oel in guͤldnen Ampeln an. Es werde Weyrauch ſtets auf friſche Glutt gethan. Belraͤntzet mit Rubin und Lorbern Stirn’ und Haare/ Legt Harniſch/ Helm und Schild ihm auf di Todten-Baare/ Beſtreut mit Roſmarin den ſanften Grabe-Stein/ Und grabt ſein redend Lob in ſtumme Marmel ein: „Hier lig’t Egiptens Heil/ di Freiheit Rom’s umbfangen. „Denn beider Wolfahrt iſt mit dem Antonvergangen. Wolan! di letzte Pflicht iſt nun/ Gott lob/ vollbracht. Nim̃ hin den letzten Kuß! mein Hertze gutte Nacht! Es iſt voll bracht! doch ach! was iſt noch zu vollbringen? Cleopatra ſol itzt nun auch groß-muͤttig ringen/ Cleopatra ſol itzt noch einmal durch den Tod Sich dem Anton vermaͤhln/ entflihn der grim̃en Noth/ Di ob dem Haupte ſchweb’t/ ja durch ihr Blutt entdecken: Daß knecht’ſche Geiſter nicht in diſen Adern ſtecken. Iras. Auf was Verzweifelung/ erlauchte Koͤnigin/ Auf was fuͤr Strudel treibt der Schmertz ſi wider hin? Wil ſie denn dem Anton ſich ſelbſt zum Opffer geben? Jhr Todt bring’t uns in Sarch; den Todten nicht in’s Leben. Charm. Cleopatra/ mein Haupt. Si ſchaͤtze tummen Ruhm/ Und eigen-haͤndgen Todt nicht fuͤr ein Heiligthum. Ein F 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661/117
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661/117>, abgerufen am 19.04.2024.