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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Virginien
weil die Tannen und Fichten, deren
das Land voll steht, den Weinstö-
cken schädlich sind: Jedoch haben
die dahin gebrachten französischen
Flüchtlinge zu Monachan in dem
itzigen Jahrhunderte den Weinbau
mit Ernst angefangen. Was die
Engländer (h) Seidengras nennen,
das ist eine Gattung Hanf, so von
selbst und ohne Wartung in Vir-
ginien wächst, und auch eben so,
wie der europäische Hanf und Flachs
gesponnen wird, aber dessen Faden
viel schöner und glänzender ist. Die
Wilden machen daraus nur Seil-
werk und Fischernetze; die euro-
päischen Einwohner aber haben an-
gefangen Leinewande daraus zu we-
ben, die vollkommen gut sind, siehe
Gras. Am häufigsten wird da-
selbst der (i) Tabak gebauet, weil
er nicht allein den Pflanzern vor
allen andern Gewächsen sehr nütz-
lich, sondern auch dem Boden so
natürlich ist, daß er daselbst fast
ohne alle Wartung sehr gut geräth.
Daher man nichts hätte wählen
können, dabey so viel Knechte und
Sclaven zu gebrauchen wären, und
dennoch so wenig Capital erfordert
würde, als diesen Tabacksbau. Und
eben dieses ist die Ursache, warum
Frankreich seine Gränzen an Virgi-
nien bey dem Ohioflusse gegenwärtig
zu erweitern sucht, indem dort her-
um der beste Ort zu den so einträg-
lichen Tabacksplantagen ist, wo-
von so viele Einkünfte jährlich ab-
fallen, immaßen hier das Vater-
land des wahren Knastertabacks ist.
Hiernächst wird auch daselbst viel
(k) Jndigo, Jngwer, und Baum-
wolle
gezeuget. (l) Holz giebt es
überall in Menge, indem es daselbst
viel und ungeheure dicke und große
Eichen-Pappeln-Tannen-Fichten-
Cedern-Cypressen-Kastanien-Jlmen-
Eschen-Buchen-Nuß- und Sassa-
frasbäume giebt. Hasel und an-
dere Stauden, dergleichen auch in
[Spaltenumbruch]
Virginien
Europa wachsen, giebt es allda
ebenfalls eine große Menge, worun-
ter unter andern ein Dornstrauch
zu merken ist, so als Sassaparille
wächst, und Beeren trägt, die so
groß sind als eine Erbse, und eine
schöne karmesinrothe Farbe haben.
Jn Ansehung des (b) Thierreichs
hat Virginien auch keinen Mangel.
Was von (a) zahmen Viehe itzo
im Lande ist, das ist alles von den
Engländern hinüber gebracht und
erzogen worden. Man hat daselbst,
eben so viel und eben so gute Pferde,
als in England. Ochsen, Kühe,
und Kälber giebt es überflüßig da-
selbst; ihr Fleisch aber ist nicht so
gut, als das in England. Daß
noch wenig Schafe daselbst sind,
kömmt daher, weil das Land noch
nicht von Wölfen gesäubert ist,
indem alle andere Thiere, so für
wild paßiren, keinen Schaden
thun, sondern vor den Leuten flie-
hon, und überdies durch die Wei-
dezäune abgehalten werden. Schwei-
ne giebt es eine unsägliche Menge
daselbst. Von (b) wilden Thieren
giebt es allda, außer verschiede-
nen Gattungen, deren Namen un-
sern Deutschen unbekannt sind, viel
roth und schwarz Wildpret, Hasen,
Kaninchen, Biber, Ottern, Füch-
se, wilde Katzen, Jltisse, Marder,
Eichhörnchen etc. mit deren Jagd
die Jndianer vortrefflich umzugehen
wissen; aber das Geheimniß für sich
behalten, wegen des Pelzhandels,
aus welchem die Engländer sie sonst
bald treiben würden. Man findet
auch Löwen, Leoparden, Bäre,
Wölfe, Elendthiere, Büffel etc. aber
nicht so häufig, als in etlichen an-
dern Theilen von Nordamerica.
Unter die virginischen Thiere werden
von einigen auch diejenigen Katzen
gezählet, die dasjenige kostbare
Parfum hervor bringen, welches
nach ihnen Zibeth genennet wird.
Von allerley zahmen und wildem

(c) Gevö-

[Spaltenumbruch]

Virginien
weil die Tannen und Fichten, deren
das Land voll ſteht, den Weinſtoͤ-
cken ſchaͤdlich ſind: Jedoch haben
die dahin gebrachten franzoͤſiſchen
Fluͤchtlinge zu Monachan in dem
itzigen Jahrhunderte den Weinbau
mit Ernſt angefangen. Was die
Englaͤnder (h) Seidengras nennen,
das iſt eine Gattung Hanf, ſo von
ſelbſt und ohne Wartung in Vir-
ginien waͤchſt, und auch eben ſo,
wie der europaͤiſche Hanf und Flachs
geſponnen wird, aber deſſen Faden
viel ſchoͤner und glaͤnzender iſt. Die
Wilden machen daraus nur Seil-
werk und Fiſchernetze; die euro-
paͤiſchen Einwohner aber haben an-
gefangen Leinewande daraus zu we-
ben, die vollkommen gut ſind, ſiehe
Gras. Am haͤufigſten wird da-
ſelbſt der (i) Tabak gebauet, weil
er nicht allein den Pflanzern vor
allen andern Gewaͤchſen ſehr nuͤtz-
lich, ſondern auch dem Boden ſo
natuͤrlich iſt, daß er daſelbſt faſt
ohne alle Wartung ſehr gut geraͤth.
Daher man nichts haͤtte waͤhlen
koͤnnen, dabey ſo viel Knechte und
Sclaven zu gebrauchen waͤren, und
dennoch ſo wenig Capital erfordert
wuͤrde, als dieſen Tabacksbau. Und
eben dieſes iſt die Urſache, warum
Frankreich ſeine Graͤnzen an Virgi-
nien bey dem Ohiofluſſe gegenwaͤrtig
zu erweitern ſucht, indem dort her-
um der beſte Ort zu den ſo eintraͤg-
lichen Tabacksplantagen iſt, wo-
von ſo viele Einkuͤnfte jaͤhrlich ab-
fallen, immaßen hier das Vater-
land des wahren Knaſtertabacks iſt.
Hiernaͤchſt wird auch daſelbſt viel
(k) Jndigo, Jngwer, und Baum-
wolle
gezeuget. (l) Holz giebt es
uͤberall in Menge, indem es daſelbſt
viel und ungeheure dicke und große
Eichen-Pappeln-Tannen-Fichten-
Cedern-Cypreſſen-Kaſtanien-Jlmen-
Eſchen-Buchen-Nuß- und Saſſa-
frasbaͤume giebt. Haſel und an-
dere Stauden, dergleichen auch in
[Spaltenumbruch]
Virginien
Europa wachſen, giebt es allda
ebenfalls eine große Menge, worun-
ter unter andern ein Dornſtrauch
zu merken iſt, ſo als Saſſaparille
waͤchſt, und Beeren traͤgt, die ſo
groß ſind als eine Erbſe, und eine
ſchoͤne karmeſinrothe Farbe haben.
Jn Anſehung des (b) Thierreichs
hat Virginien auch keinen Mangel.
Was von (a) zahmen Viehe itzo
im Lande iſt, das iſt alles von den
Englaͤndern hinuͤber gebracht und
erzogen worden. Man hat daſelbſt,
eben ſo viel und eben ſo gute Pferde,
als in England. Ochſen, Kuͤhe,
und Kaͤlber giebt es uͤberfluͤßig da-
ſelbſt; ihr Fleiſch aber iſt nicht ſo
gut, als das in England. Daß
noch wenig Schafe daſelbſt ſind,
koͤmmt daher, weil das Land noch
nicht von Woͤlfen geſaͤubert iſt,
indem alle andere Thiere, ſo fuͤr
wild paßiren, keinen Schaden
thun, ſondern vor den Leuten flie-
hon, und uͤberdies durch die Wei-
dezaͤune abgehalten werden. Schwei-
ne giebt es eine unſaͤgliche Menge
daſelbſt. Von (b) wilden Thieren
giebt es allda, außer verſchiede-
nen Gattungen, deren Namen un-
ſern Deutſchen unbekannt ſind, viel
roth und ſchwarz Wildpret, Haſen,
Kaninchen, Biber, Ottern, Fuͤch-
ſe, wilde Katzen, Jltiſſe, Marder,
Eichhoͤrnchen ꝛc. mit deren Jagd
die Jndianer vortrefflich umzugehen
wiſſen; aber das Geheimniß fuͤr ſich
behalten, wegen des Pelzhandels,
aus welchem die Englaͤnder ſie ſonſt
bald treiben wuͤrden. Man findet
auch Loͤwen, Leoparden, Baͤre,
Woͤlfe, Elendthiere, Buͤffel ꝛc. aber
nicht ſo haͤufig, als in etlichen an-
dern Theilen von Nordamerica.
Unter die virginiſchen Thiere werden
von einigen auch diejenigen Katzen
gezaͤhlet, die dasjenige koſtbare
Parfum hervor bringen, welches
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Von allerley zahmen und wildem

(c) Gevoͤ-
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[[234]/0240] Virginien Virginien weil die Tannen und Fichten, deren das Land voll ſteht, den Weinſtoͤ- cken ſchaͤdlich ſind: Jedoch haben die dahin gebrachten franzoͤſiſchen Fluͤchtlinge zu Monachan in dem itzigen Jahrhunderte den Weinbau mit Ernſt angefangen. Was die Englaͤnder (h) Seidengras nennen, das iſt eine Gattung Hanf, ſo von ſelbſt und ohne Wartung in Vir- ginien waͤchſt, und auch eben ſo, wie der europaͤiſche Hanf und Flachs geſponnen wird, aber deſſen Faden viel ſchoͤner und glaͤnzender iſt. Die Wilden machen daraus nur Seil- werk und Fiſchernetze; die euro- paͤiſchen Einwohner aber haben an- gefangen Leinewande daraus zu we- ben, die vollkommen gut ſind, ſiehe Gras. Am haͤufigſten wird da- ſelbſt der (i) Tabak gebauet, weil er nicht allein den Pflanzern vor allen andern Gewaͤchſen ſehr nuͤtz- lich, ſondern auch dem Boden ſo natuͤrlich iſt, daß er daſelbſt faſt ohne alle Wartung ſehr gut geraͤth. Daher man nichts haͤtte waͤhlen koͤnnen, dabey ſo viel Knechte und Sclaven zu gebrauchen waͤren, und dennoch ſo wenig Capital erfordert wuͤrde, als dieſen Tabacksbau. Und eben dieſes iſt die Urſache, warum Frankreich ſeine Graͤnzen an Virgi- nien bey dem Ohiofluſſe gegenwaͤrtig zu erweitern ſucht, indem dort her- um der beſte Ort zu den ſo eintraͤg- lichen Tabacksplantagen iſt, wo- von ſo viele Einkuͤnfte jaͤhrlich ab- fallen, immaßen hier das Vater- land des wahren Knaſtertabacks iſt. Hiernaͤchſt wird auch daſelbſt viel (k) Jndigo, Jngwer, und Baum- wolle gezeuget. (l) Holz giebt es uͤberall in Menge, indem es daſelbſt viel und ungeheure dicke und große Eichen-Pappeln-Tannen-Fichten- Cedern-Cypreſſen-Kaſtanien-Jlmen- Eſchen-Buchen-Nuß- und Saſſa- frasbaͤume giebt. Haſel und an- dere Stauden, dergleichen auch in Europa wachſen, giebt es allda ebenfalls eine große Menge, worun- ter unter andern ein Dornſtrauch zu merken iſt, ſo als Saſſaparille waͤchſt, und Beeren traͤgt, die ſo groß ſind als eine Erbſe, und eine ſchoͤne karmeſinrothe Farbe haben. Jn Anſehung des (b) Thierreichs hat Virginien auch keinen Mangel. Was von (a) zahmen Viehe itzo im Lande iſt, das iſt alles von den Englaͤndern hinuͤber gebracht und erzogen worden. Man hat daſelbſt, eben ſo viel und eben ſo gute Pferde, als in England. Ochſen, Kuͤhe, und Kaͤlber giebt es uͤberfluͤßig da- ſelbſt; ihr Fleiſch aber iſt nicht ſo gut, als das in England. Daß noch wenig Schafe daſelbſt ſind, koͤmmt daher, weil das Land noch nicht von Woͤlfen geſaͤubert iſt, indem alle andere Thiere, ſo fuͤr wild paßiren, keinen Schaden thun, ſondern vor den Leuten flie- hon, und uͤberdies durch die Wei- dezaͤune abgehalten werden. Schwei- ne giebt es eine unſaͤgliche Menge daſelbſt. Von (b) wilden Thieren giebt es allda, außer verſchiede- nen Gattungen, deren Namen un- ſern Deutſchen unbekannt ſind, viel roth und ſchwarz Wildpret, Haſen, Kaninchen, Biber, Ottern, Fuͤch- ſe, wilde Katzen, Jltiſſe, Marder, Eichhoͤrnchen ꝛc. mit deren Jagd die Jndianer vortrefflich umzugehen wiſſen; aber das Geheimniß fuͤr ſich behalten, wegen des Pelzhandels, aus welchem die Englaͤnder ſie ſonſt bald treiben wuͤrden. Man findet auch Loͤwen, Leoparden, Baͤre, Woͤlfe, Elendthiere, Buͤffel ꝛc. aber nicht ſo haͤufig, als in etlichen an- dern Theilen von Nordamerica. Unter die virginiſchen Thiere werden von einigen auch diejenigen Katzen gezaͤhlet, die dasjenige koſtbare Parfum hervor bringen, welches nach ihnen Zibeth genennet wird. Von allerley zahmen und wildem (c) Gevoͤ-

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [234]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/240>, abgerufen am 29.03.2024.