Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

indem ihre unmittelbare Form die Form ihres Gebrauchswerths, nicht ihres
Werthes.

Man sieht es der Form allgemeiner unmittelbarer Aus-
tauschbarkeit
in der That keineswegs an, dass sie eine gegensätz-
liche
Waarenform ist, von der Form nicht unmittelbarer Austausch-
barkeit ebenso unzertrennlich, wie die Positivität eines Magnetpols von der
Negativität des andern. Man kann sich daher einbilden, man könne allen
Waaren zugleich den Stempel unmittelbarer Austauschbarkeit aufdrücken,
wie man sich auch einbilden kann, man könne alle Arbeiter zu Kapita-
listen
machen. In der That aber sind allgemeine relative Werth-
form
und allgemeine Aequivalentform die gegensätzlichen, sich
wechselweis voraussetzenden und wechselweis abstossenden Pole dersel-
ben
gesellschaftlichen Form der Waaren23).

Als unmittelbar gesellschaftliche Materiatur der
Arbeit
ist die Leinwand, das allgemeine Aequivalent, Materiatur
unmittelbar gesellschaftlicher Arbeit
, während die andern
Waarenkörper, welche ihren Werth in Leinwand darstellen, Materiaturen
nicht unmittelbar gesellschaftlicher Arbeiten sind.

In der That sind alle Gebrauchswerthe nur Waaren, weil Produkte
von einander unabhängiger Privatarbeiten
, Privatarbeiten,
die jedoch als besondere, wenn auch verselbständigte, Glieder des natur-
wüchsigen Systems der Theilung der Arbeit stofflich von einander
abhängen. Sie hängen so gesellschaftlich zusammen grade durch ihre
Verschiedenheit, ihre besondre Nützlichkeit. Eben dess-
wegen produciren sie qualitativ verschiedne Gebrauchswerthe. Wenn

23) Für den Kleinbürger, der in der Form der Waarenproduktion das nec plus
ultra menschlicher Freiheit und individueller Unabhängigkeit erblickt, wäre es
natürlich sehr wünschenswerth, zugleich der mit dieser Form verbundnen Miss-
stände
überhoben zu sein, namentlich auch der nicht unmittelbaren Aus-
tauschbarkeit der Waaren. Die Ausmalung dieser Philisterutopie bildet Proud-
hon's Socialismus, der, wie ich anderswo gezeigt, nicht einmal das Verdienst der
Originalität besitzt, vielmehr lange vor ihm von Bray, Gray und Andern weit bes-
ser entwickelt wurde. Diess verhindert solche Weisheit nicht, heutzutage unter
dem Namen der "science" in Frankreich zu grassiren. Nie hat eine Schule mehr
als die Proudhon'sche mit dem Wort "science" um sich geworfen, denn
"wo Begriffe fehlen,
Da stellt zur rechten Zeit ein Wort sich ein."

indem ihre unmittelbare Form die Form ihres Gebrauchswerths, nicht ihres
Werthes.

Man sieht es der Form allgemeiner unmittelbarer Aus-
tauschbarkeit
in der That keineswegs an, dass sie eine gegensätz-
liche
Waarenform ist, von der Form nicht unmittelbarer Austausch-
barkeit ebenso unzertrennlich, wie die Positivität eines Magnetpols von der
Negativität des andern. Man kann sich daher einbilden, man könne allen
Waaren zugleich den Stempel unmittelbarer Austauschbarkeit aufdrücken,
wie man sich auch einbilden kann, man könne alle Arbeiter zu Kapita-
listen
machen. In der That aber sind allgemeine relative Werth-
form
und allgemeine Aequivalentform die gegensätzlichen, sich
wechselweis voraussetzenden und wechselweis abstossenden Pole dersel-
ben
gesellschaftlichen Form der Waaren23).

Als unmittelbar gesellschaftliche Materiatur der
Arbeit
ist die Leinwand, das allgemeine Aequivalent, Materiatur
unmittelbar gesellschaftlicher Arbeit
, während die andern
Waarenkörper, welche ihren Werth in Leinwand darstellen, Materiaturen
nicht unmittelbar gesellschaftlicher Arbeiten sind.

In der That sind alle Gebrauchswerthe nur Waaren, weil Produkte
von einander unabhängiger Privatarbeiten
, Privatarbeiten,
die jedoch als besondere, wenn auch verselbständigte, Glieder des natur-
wüchsigen Systems der Theilung der Arbeit stofflich von einander
abhängen. Sie hängen so gesellschaftlich zusammen grade durch ihre
Verschiedenheit, ihre besondre Nützlichkeit. Eben dess-
wegen produciren sie qualitativ verschiedne Gebrauchswerthe. Wenn

23) Für den Kleinbürger, der in der Form der Waarenproduktion das nec plus
ultra menschlicher Freiheit und individueller Unabhängigkeit erblickt, wäre es
natürlich sehr wünschenswerth, zugleich der mit dieser Form verbundnen Miss-
stände
überhoben zu sein, namentlich auch der nicht unmittelbaren Aus-
tauschbarkeit der Waaren. Die Ausmalung dieser Philisterutopie bildet Proud-
hon’s Socialismus, der, wie ich anderswo gezeigt, nicht einmal das Verdienst der
Originalität besitzt, vielmehr lange vor ihm von Bray, Gray und Andern weit bes-
ser entwickelt wurde. Diess verhindert solche Weisheit nicht, heutzutage unter
dem Namen der „science“ in Frankreich zu grassiren. Nie hat eine Schule mehr
als die Proudhon’sche mit dem Wort „science“ um sich geworfen, denn
„wo Begriffe fehlen,
Da stellt zur rechten Zeit ein Wort sich ein.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0050" n="31"/>
indem ihre unmittelbare Form die Form ihres Gebrauchswerths, nicht ihres<lb/>
Werthes.</p><lb/>
            <p>Man sieht es der Form <hi rendition="#g">allgemeiner unmittelbarer Aus-<lb/>
tauschbarkeit</hi> in der That keineswegs an, dass sie eine <hi rendition="#g">gegensätz-<lb/>
liche</hi> Waarenform ist, von der Form <hi rendition="#g">nicht unmittelbarer</hi> Austausch-<lb/>
barkeit ebenso unzertrennlich, wie die Positivität eines Magnetpols von der<lb/>
Negativität des andern. Man kann sich daher einbilden, man könne allen<lb/>
Waaren zugleich den Stempel unmittelbarer Austauschbarkeit aufdrücken,<lb/>
wie man sich auch einbilden kann, man könne alle Arbeiter zu <hi rendition="#g">Kapita-<lb/>
listen</hi> machen. In der That aber sind <hi rendition="#g">allgemeine relative Werth-<lb/>
form</hi> und <hi rendition="#g">allgemeine Aequivalentform</hi> die gegensätzlichen, sich<lb/>
wechselweis voraussetzenden und wechselweis abstossenden Pole <hi rendition="#g">dersel-<lb/>
ben</hi> gesellschaftlichen Form der Waaren<note place="foot" n="23)">Für den Kleinbürger, der in der Form der Waarenproduktion das nec plus<lb/>
ultra menschlicher Freiheit und individueller Unabhängigkeit erblickt, wäre es<lb/>
natürlich sehr wünschenswerth, zugleich der mit dieser Form verbundnen <hi rendition="#g">Miss-<lb/>
stände</hi> überhoben zu sein, namentlich auch der <hi rendition="#g">nicht unmittelbaren</hi> Aus-<lb/>
tauschbarkeit der Waaren. Die Ausmalung dieser Philisterutopie bildet Proud-<lb/>
hon&#x2019;s Socialismus, der, wie ich anderswo gezeigt, nicht einmal das Verdienst der<lb/>
Originalität besitzt, vielmehr lange vor ihm von Bray, Gray und Andern weit bes-<lb/>
ser entwickelt wurde. Diess verhindert solche Weisheit nicht, heutzutage unter<lb/>
dem Namen der &#x201E;science&#x201C; in Frankreich zu grassiren. Nie hat eine Schule mehr<lb/>
als die Proudhon&#x2019;sche mit dem Wort &#x201E;science&#x201C; um sich geworfen, denn<lb/><hi rendition="#et">&#x201E;wo Begriffe fehlen,<lb/>
Da stellt zur rechten Zeit ein Wort sich ein.&#x201C;</hi></note>.</p><lb/>
            <p>Als <hi rendition="#g">unmittelbar gesellschaftliche Materiatur der<lb/>
Arbeit</hi> ist die Leinwand, das allgemeine Aequivalent, <hi rendition="#g">Materiatur<lb/>
unmittelbar gesellschaftlicher Arbeit</hi>, während die andern<lb/>
Waarenkörper, welche ihren Werth in Leinwand darstellen, Materiaturen<lb/><hi rendition="#g">nicht unmittelbar gesellschaftlicher</hi> Arbeiten sind.</p><lb/>
            <p>In der That sind alle Gebrauchswerthe nur Waaren, weil <hi rendition="#g">Produkte<lb/>
von einander unabhängiger Privatarbeiten</hi>, Privatarbeiten,<lb/>
die jedoch als besondere, wenn auch verselbständigte, Glieder des natur-<lb/>
wüchsigen Systems der <hi rendition="#g">Theilung der Arbeit</hi> stofflich von einander<lb/>
abhängen. Sie hängen so gesellschaftlich zusammen grade durch ihre<lb/><hi rendition="#g">Verschiedenheit</hi>, ihre <hi rendition="#g">besondre Nützlichkeit</hi>. Eben dess-<lb/>
wegen produciren sie qualitativ verschiedne Gebrauchswerthe. Wenn<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0050] indem ihre unmittelbare Form die Form ihres Gebrauchswerths, nicht ihres Werthes. Man sieht es der Form allgemeiner unmittelbarer Aus- tauschbarkeit in der That keineswegs an, dass sie eine gegensätz- liche Waarenform ist, von der Form nicht unmittelbarer Austausch- barkeit ebenso unzertrennlich, wie die Positivität eines Magnetpols von der Negativität des andern. Man kann sich daher einbilden, man könne allen Waaren zugleich den Stempel unmittelbarer Austauschbarkeit aufdrücken, wie man sich auch einbilden kann, man könne alle Arbeiter zu Kapita- listen machen. In der That aber sind allgemeine relative Werth- form und allgemeine Aequivalentform die gegensätzlichen, sich wechselweis voraussetzenden und wechselweis abstossenden Pole dersel- ben gesellschaftlichen Form der Waaren 23). Als unmittelbar gesellschaftliche Materiatur der Arbeit ist die Leinwand, das allgemeine Aequivalent, Materiatur unmittelbar gesellschaftlicher Arbeit, während die andern Waarenkörper, welche ihren Werth in Leinwand darstellen, Materiaturen nicht unmittelbar gesellschaftlicher Arbeiten sind. In der That sind alle Gebrauchswerthe nur Waaren, weil Produkte von einander unabhängiger Privatarbeiten, Privatarbeiten, die jedoch als besondere, wenn auch verselbständigte, Glieder des natur- wüchsigen Systems der Theilung der Arbeit stofflich von einander abhängen. Sie hängen so gesellschaftlich zusammen grade durch ihre Verschiedenheit, ihre besondre Nützlichkeit. Eben dess- wegen produciren sie qualitativ verschiedne Gebrauchswerthe. Wenn 23) Für den Kleinbürger, der in der Form der Waarenproduktion das nec plus ultra menschlicher Freiheit und individueller Unabhängigkeit erblickt, wäre es natürlich sehr wünschenswerth, zugleich der mit dieser Form verbundnen Miss- stände überhoben zu sein, namentlich auch der nicht unmittelbaren Aus- tauschbarkeit der Waaren. Die Ausmalung dieser Philisterutopie bildet Proud- hon’s Socialismus, der, wie ich anderswo gezeigt, nicht einmal das Verdienst der Originalität besitzt, vielmehr lange vor ihm von Bray, Gray und Andern weit bes- ser entwickelt wurde. Diess verhindert solche Weisheit nicht, heutzutage unter dem Namen der „science“ in Frankreich zu grassiren. Nie hat eine Schule mehr als die Proudhon’sche mit dem Wort „science“ um sich geworfen, denn „wo Begriffe fehlen, Da stellt zur rechten Zeit ein Wort sich ein.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/50
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/50>, abgerufen am 16.04.2024.