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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

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später auf dem indischen Markt, von wo ihm sein vorgeschossnes Kapital
remittirt wird. Bis zu diesem Rückfluss verhält sich die Sache ganz wie
in dem Fall, wo die Länge der Arbeitsperiode Vorschuss von neuem Geld-
kapital nöthig macht, um den Produktionsprocess auf gegebner Stufen-
leiter in Gang zu halten. Das Geldkapital, womit der Fabrikant seine
Arbeiter zahlt und ebenso die übrigen Elemente seines cirkulirenden Ka-
pitals erneuert, sind nicht die Geldform der von ihm producirten Garne.
Dies kann erst der Fall sein, sobald der Werth dieses Garns in Geld oder
Produkt nach England zurückgeflossen ist. Sie sind zuschüssiges Geld-
kapital wie vorher. Der Unterschied ist nur, dass statt des Fabrikanten
der Kaufmann es vorschiesst, dem es vielleicht selbst wieder durch Kredit-
operationen vermittelt ist. Ebenso ist nicht, bevor dies Geld in den Markt
geworfen wird oder gleichzeitig mit ihm, ein zuschüssiges Produkt in den
englischen Markt geworfen worden, das mit diesem Geld gekauft werden
und in die produktive oder individuelle Konsumtion eingehn kann. Tritt
dieser Zustand für längre Zeit und auf größrer Stufenleiter ein, so muss
er dieselben Folgen bewirken, wie vorher die verlängerte Arbeitsperiode.

Es ist nun möglich, dass in Indien selbst wieder das Garn auf
Kredit verkauft wird. Mit diesem Kredit wird in Indien Produkt ge-
kauft und als Retour nach England geschickt, oder Wechsel für den Be-
trag remittirt. Verlängert sich dieser Zustand, so tritt ein Druck auf
den indischen Geldmarkt ein, dessen Rückschlag auf England hier eine
Krise hervorrufen mag. Die Krise ihrerseits, selbst wenn verbunden mit
Export edler Metalle nach Indien, ruft in letztrem Lande eine neue Krise
hervor, wegen des Bankrotts englischer Geschäftshäuser und ihrer indischen
Zweighäuser, denen von den indischen Banken Kredit gegeben war. So
entsteht eine gleichzeitige Krise sowohl auf dem Markt, gegen den, wie
auf dem Markt für den die Handelsbilanz ist. Dies Phänomen kann
noch komplicirter sein. England hat z. B. Silberbarren nach Indien ge-
schickt, aber die englischen Gläubiger von Indien treiben jetzt ihre For-
derungen dort ein, und Indien wird kurz nachher seine Silberbarren nach
England zurückzuschicken haben.

Es ist möglich, dass der Exporthandel nach Indien und der Import-
handel von Indien sich ungefähr ausgleichen, obgleich der letztre (ausge-
nommen besondre Umstände, wie Baumwolltheurung etc.) seinem Umfang
nach durch den erstern bestimmt und stimulirt sein wird. Die Handels-

Marx, Kapital II. 20

später auf dem indischen Markt, von wo ihm sein vorgeschossnes Kapital
remittirt wird. Bis zu diesem Rückfluss verhält sich die Sache ganz wie
in dem Fall, wo die Länge der Arbeitsperiode Vorschuss von neuem Geld-
kapital nöthig macht, um den Produktionsprocess auf gegebner Stufen-
leiter in Gang zu halten. Das Geldkapital, womit der Fabrikant seine
Arbeiter zahlt und ebenso die übrigen Elemente seines cirkulirenden Ka-
pitals erneuert, sind nicht die Geldform der von ihm producirten Garne.
Dies kann erst der Fall sein, sobald der Werth dieses Garns in Geld oder
Produkt nach England zurückgeflossen ist. Sie sind zuschüssiges Geld-
kapital wie vorher. Der Unterschied ist nur, dass statt des Fabrikanten
der Kaufmann es vorschiesst, dem es vielleicht selbst wieder durch Kredit-
operationen vermittelt ist. Ebenso ist nicht, bevor dies Geld in den Markt
geworfen wird oder gleichzeitig mit ihm, ein zuschüssiges Produkt in den
englischen Markt geworfen worden, das mit diesem Geld gekauft werden
und in die produktive oder individuelle Konsumtion eingehn kann. Tritt
dieser Zustand für längre Zeit und auf größrer Stufenleiter ein, so muss
er dieselben Folgen bewirken, wie vorher die verlängerte Arbeitsperiode.

Es ist nun möglich, dass in Indien selbst wieder das Garn auf
Kredit verkauft wird. Mit diesem Kredit wird in Indien Produkt ge-
kauft und als Retour nach England geschickt, oder Wechsel für den Be-
trag remittirt. Verlängert sich dieser Zustand, so tritt ein Druck auf
den indischen Geldmarkt ein, dessen Rückschlag auf England hier eine
Krise hervorrufen mag. Die Krise ihrerseits, selbst wenn verbunden mit
Export edler Metalle nach Indien, ruft in letztrem Lande eine neue Krise
hervor, wegen des Bankrotts englischer Geschäftshäuser und ihrer indischen
Zweighäuser, denen von den indischen Banken Kredit gegeben war. So
entsteht eine gleichzeitige Krise sowohl auf dem Markt, gegen den, wie
auf dem Markt für den die Handelsbilanz ist. Dies Phänomen kann
noch komplicirter sein. England hat z. B. Silberbarren nach Indien ge-
schickt, aber die englischen Gläubiger von Indien treiben jetzt ihre For-
derungen dort ein, und Indien wird kurz nachher seine Silberbarren nach
England zurückzuschicken haben.

Es ist möglich, dass der Exporthandel nach Indien und der Import-
handel von Indien sich ungefähr ausgleichen, obgleich der letztre (ausge-
nommen besondre Umstände, wie Baumwolltheurung etc.) seinem Umfang
nach durch den erstern bestimmt und stimulirt sein wird. Die Handels-

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[305/0339] später auf dem indischen Markt, von wo ihm sein vorgeschossnes Kapital remittirt wird. Bis zu diesem Rückfluss verhält sich die Sache ganz wie in dem Fall, wo die Länge der Arbeitsperiode Vorschuss von neuem Geld- kapital nöthig macht, um den Produktionsprocess auf gegebner Stufen- leiter in Gang zu halten. Das Geldkapital, womit der Fabrikant seine Arbeiter zahlt und ebenso die übrigen Elemente seines cirkulirenden Ka- pitals erneuert, sind nicht die Geldform der von ihm producirten Garne. Dies kann erst der Fall sein, sobald der Werth dieses Garns in Geld oder Produkt nach England zurückgeflossen ist. Sie sind zuschüssiges Geld- kapital wie vorher. Der Unterschied ist nur, dass statt des Fabrikanten der Kaufmann es vorschiesst, dem es vielleicht selbst wieder durch Kredit- operationen vermittelt ist. Ebenso ist nicht, bevor dies Geld in den Markt geworfen wird oder gleichzeitig mit ihm, ein zuschüssiges Produkt in den englischen Markt geworfen worden, das mit diesem Geld gekauft werden und in die produktive oder individuelle Konsumtion eingehn kann. Tritt dieser Zustand für längre Zeit und auf größrer Stufenleiter ein, so muss er dieselben Folgen bewirken, wie vorher die verlängerte Arbeitsperiode. Es ist nun möglich, dass in Indien selbst wieder das Garn auf Kredit verkauft wird. Mit diesem Kredit wird in Indien Produkt ge- kauft und als Retour nach England geschickt, oder Wechsel für den Be- trag remittirt. Verlängert sich dieser Zustand, so tritt ein Druck auf den indischen Geldmarkt ein, dessen Rückschlag auf England hier eine Krise hervorrufen mag. Die Krise ihrerseits, selbst wenn verbunden mit Export edler Metalle nach Indien, ruft in letztrem Lande eine neue Krise hervor, wegen des Bankrotts englischer Geschäftshäuser und ihrer indischen Zweighäuser, denen von den indischen Banken Kredit gegeben war. So entsteht eine gleichzeitige Krise sowohl auf dem Markt, gegen den, wie auf dem Markt für den die Handelsbilanz ist. Dies Phänomen kann noch komplicirter sein. England hat z. B. Silberbarren nach Indien ge- schickt, aber die englischen Gläubiger von Indien treiben jetzt ihre For- derungen dort ein, und Indien wird kurz nachher seine Silberbarren nach England zurückzuschicken haben. Es ist möglich, dass der Exporthandel nach Indien und der Import- handel von Indien sich ungefähr ausgleichen, obgleich der letztre (ausge- nommen besondre Umstände, wie Baumwolltheurung etc.) seinem Umfang nach durch den erstern bestimmt und stimulirt sein wird. Die Handels- Marx, Kapital II. 20

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/339>, abgerufen am 28.03.2024.