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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Die Finanzgewalt.
deutsame Akt zu bezeichnen, der das eigentümliche Wesen der
gesetzlichen Feststellung des Staatshaushaltsplans ausmacht.

Daraus folgt:

1. Die Wirkung des Staatshaushaltsgesetzes bezieht sich aus-
schliesslich auf das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen Regierung
und Volksvertretung. Sie erstreckt sich in keiner Weise unmittelbar
auf das Verhältnis zwischen Staat und Unterthan, weder im all-
gemeinen, noch auch nur für die im öffentlichen Dienste stehenden
Beamten.

2. Mittelbar wird das Staatshaushaltsgesetz deshalb doch von Be-
deutung auch für unser Rechtsgebiet. Die Rücksicht auf die darin
auszuübenden Rechte der Volksvertretung beeinflusst die Gestalt der
Gesetze für die Finanzverwaltung, namentlich der Steuerauflage.

Seine Ansätze für Ausgaben und Einnahmen können zum Inhalt
öffentlichrechtlicher Rechtsgeschäfte gemacht werden, von Dienst-
aufträgen der Kassebeamten, Gehaltsbewilligungen, Gebührenauflagen.

3. Im übrigen wirkt es durch die Verantwortlichkeiten, die es
schafft, für die Regierung wenigstens als Beweggrund, ihr ganzes Ver-
halten und das ihrer Untergebenen, soweit Staatsgelder in Betracht
kommen können, danach einzurichten, und wird auf diese Weise in
grossem Umfang bestimmend für das, was dem Unterthanen gegenüber
geschieht und nicht geschieht.

Mit der Finanzgewalt steht aber demnach das Staatshaushalts-
gesetz nur in einem ganz äusserlichen Zusammenhang.

§ 27.
Die Steuerpflicht; Arten der Steuerauflage.

Die Steuer ist eine Geldzahlung, welche dem Unter-
thanen durch die Finanzgewalt nach einem allge meinen
Massstabe auferlegt ist
1.

1 Neumann, Die Steuer u. das öff. Interesse S. 395, bestimmt die Steuern als
"die kraft der Finanzgewalt behufs Erzielung öffentlicher Einnahmen angeordneten
Zahlungen". Das Merkmal des allgemeinen Massstabes fehlt und die Finanzgewalt soll
bei Neumann nicht das Öffentlichrechtliche an der Steuer bedeuten, sondern nur das
öffentliche Interesse, dem sie dient. Er ist der Ansicht, dass das öffentliche Recht
schwieriger abzugrenzen sei, als das öffentliche Interesse. -- Meist sucht man den
Begriff der Steuer einfach an den der Abgaben anzuknüpfen: Schoenberg,
Handbuch II S. 13, S. 111; v. Mayr in Wörterbuch I S. 3; Seydel, Bayr. St.R.
IV S. 66; G. Meyer, V.R. II S. 197. Aber was ist eine Abgabe? Bayr. Obst.L.G.

Die Finanzgewalt.
deutsame Akt zu bezeichnen, der das eigentümliche Wesen der
gesetzlichen Feststellung des Staatshaushaltsplans ausmacht.

Daraus folgt:

1. Die Wirkung des Staatshaushaltsgesetzes bezieht sich aus-
schlieſslich auf das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen Regierung
und Volksvertretung. Sie erstreckt sich in keiner Weise unmittelbar
auf das Verhältnis zwischen Staat und Unterthan, weder im all-
gemeinen, noch auch nur für die im öffentlichen Dienste stehenden
Beamten.

2. Mittelbar wird das Staatshaushaltsgesetz deshalb doch von Be-
deutung auch für unser Rechtsgebiet. Die Rücksicht auf die darin
auszuübenden Rechte der Volksvertretung beeinfluſst die Gestalt der
Gesetze für die Finanzverwaltung, namentlich der Steuerauflage.

Seine Ansätze für Ausgaben und Einnahmen können zum Inhalt
öffentlichrechtlicher Rechtsgeschäfte gemacht werden, von Dienst-
aufträgen der Kassebeamten, Gehaltsbewilligungen, Gebührenauflagen.

3. Im übrigen wirkt es durch die Verantwortlichkeiten, die es
schafft, für die Regierung wenigstens als Beweggrund, ihr ganzes Ver-
halten und das ihrer Untergebenen, soweit Staatsgelder in Betracht
kommen können, danach einzurichten, und wird auf diese Weise in
groſsem Umfang bestimmend für das, was dem Unterthanen gegenüber
geschieht und nicht geschieht.

Mit der Finanzgewalt steht aber demnach das Staatshaushalts-
gesetz nur in einem ganz äuſserlichen Zusammenhang.

§ 27.
Die Steuerpflicht; Arten der Steuerauflage.

Die Steuer ist eine Geldzahlung, welche dem Unter-
thanen durch die Finanzgewalt nach einem allge meinen
Maſsstabe auferlegt ist
1.

1 Neumann, Die Steuer u. das öff. Interesse S. 395, bestimmt die Steuern als
„die kraft der Finanzgewalt behufs Erzielung öffentlicher Einnahmen angeordneten
Zahlungen“. Das Merkmal des allgemeinen Maſsstabes fehlt und die Finanzgewalt soll
bei Neumann nicht das Öffentlichrechtliche an der Steuer bedeuten, sondern nur das
öffentliche Interesse, dem sie dient. Er ist der Ansicht, daſs das öffentliche Recht
schwieriger abzugrenzen sei, als das öffentliche Interesse. — Meist sucht man den
Begriff der Steuer einfach an den der Abgaben anzuknüpfen: Schoenberg,
Handbuch II S. 13, S. 111; v. Mayr in Wörterbuch I S. 3; Seydel, Bayr. St.R.
IV S. 66; G. Meyer, V.R. II S. 197. Aber was ist eine Abgabe? Bayr. Obst.L.G.
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[386/0406] Die Finanzgewalt. deutsame Akt zu bezeichnen, der das eigentümliche Wesen der gesetzlichen Feststellung des Staatshaushaltsplans ausmacht. Daraus folgt: 1. Die Wirkung des Staatshaushaltsgesetzes bezieht sich aus- schlieſslich auf das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen Regierung und Volksvertretung. Sie erstreckt sich in keiner Weise unmittelbar auf das Verhältnis zwischen Staat und Unterthan, weder im all- gemeinen, noch auch nur für die im öffentlichen Dienste stehenden Beamten. 2. Mittelbar wird das Staatshaushaltsgesetz deshalb doch von Be- deutung auch für unser Rechtsgebiet. Die Rücksicht auf die darin auszuübenden Rechte der Volksvertretung beeinfluſst die Gestalt der Gesetze für die Finanzverwaltung, namentlich der Steuerauflage. Seine Ansätze für Ausgaben und Einnahmen können zum Inhalt öffentlichrechtlicher Rechtsgeschäfte gemacht werden, von Dienst- aufträgen der Kassebeamten, Gehaltsbewilligungen, Gebührenauflagen. 3. Im übrigen wirkt es durch die Verantwortlichkeiten, die es schafft, für die Regierung wenigstens als Beweggrund, ihr ganzes Ver- halten und das ihrer Untergebenen, soweit Staatsgelder in Betracht kommen können, danach einzurichten, und wird auf diese Weise in groſsem Umfang bestimmend für das, was dem Unterthanen gegenüber geschieht und nicht geschieht. Mit der Finanzgewalt steht aber demnach das Staatshaushalts- gesetz nur in einem ganz äuſserlichen Zusammenhang. § 27. Die Steuerpflicht; Arten der Steuerauflage. Die Steuer ist eine Geldzahlung, welche dem Unter- thanen durch die Finanzgewalt nach einem allge meinen Maſsstabe auferlegt ist 1. 1 Neumann, Die Steuer u. das öff. Interesse S. 395, bestimmt die Steuern als „die kraft der Finanzgewalt behufs Erzielung öffentlicher Einnahmen angeordneten Zahlungen“. Das Merkmal des allgemeinen Maſsstabes fehlt und die Finanzgewalt soll bei Neumann nicht das Öffentlichrechtliche an der Steuer bedeuten, sondern nur das öffentliche Interesse, dem sie dient. Er ist der Ansicht, daſs das öffentliche Recht schwieriger abzugrenzen sei, als das öffentliche Interesse. — Meist sucht man den Begriff der Steuer einfach an den der Abgaben anzuknüpfen: Schoenberg, Handbuch II S. 13, S. 111; v. Mayr in Wörterbuch I S. 3; Seydel, Bayr. St.R. IV S. 66; G. Meyer, V.R. II S. 197. Aber was ist eine Abgabe? Bayr. Obst.L.G.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/406>, abgerufen am 16.04.2024.