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Mendel, Gregor: Versuche über Pflanzen-Hybriden. In: Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn 4 (1866), S. 3-47.

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Auswahl der Versuchspflanzen.

Der Werth und die Geltung eines jeden Experimentes wird durch
die Tauglichkeit der dazu benützten Hilfsmittel, sowie durch die zweck-
mässige Anwendung derselben bedingt. Auch in dem vorliegenden
Falle kann es nicht gleichgiltig sein, welche Pflanzenarten als Trä-
ger der Versuche gewählt und in welcher Weise diese durchgeführt
wurden.

Die Auswahl der Pflanzengruppe, welche für Versuche dieser Art
dienen soll, muss mit möglichster Vorsicht geschehen, wenn man nicht
in Vorhinein allen Erfolg in Frage stellen will.

Die Versuchspflanzen müssen nothwendig

1. Constant differirende Merkmale besitzen.

2. Die Hybriden derselben müssen während der Blüthezeit vor-
der Einwirkung jedes fremdartigen Pollens geschützt sein oder leicht
geschützt werden können.

3. Dürfen die Hybriden und ihre Nachkommen in den aufeinander
folgenden Generationen keine merkliche Störung in der Fruchtbarkeit
erleiden.

Fälschungen durch fremden Pollen, wenn solche im Verlaufe des
Versuches vorkämen und nicht erkannt würden, müssten zu ganz irrigen
Ansichten führen. Verminderte Fruchtbarkeit, oder gänzliche Sterilität
einzelner Formen, wie sie unter den Nachkommen vieler Hybriden auf-
treten, würden die Versuche sehr erschweren oder ganz vereiteln. Um
die Beziehungen zu erkennen, in welchen die Hybridformen zu einander
selbst und zu ihren Stammarten stehen, erscheint es als nothwendig,
dass die Glieder der Entwicklungsreihe in jeder einzelnen Generation
vollzählig der Beobachtung unterzogen werden.

Eine besondere Aufmerksamkeit wurde gleich Anfangs den Le-
guminosen
wegen ihres eigenthümlichen Blüthenbaues zugewendet.
Versuche, welche mit mehreren Gliedern dieser Familie angestellt wur-
den, führten zu dem Resultate, dass das Genus Pisum den gestellten

Auswahl der Versuchspflanzen.

Der Werth und die Geltung eines jeden Experimentes wird durch
die Tauglichkeit der dazu benützten Hilfsmittel, sowie durch die zweck-
mässige Anwendung derselben bedingt. Auch in dem vorliegenden
Falle kann es nicht gleichgiltig sein, welche Pflanzenarten als Trä-
ger der Versuche gewählt und in welcher Weise diese durchgeführt
wurden.

Die Auswahl der Pflanzengruppe, welche für Versuche dieser Art
dienen soll, muss mit möglichster Vorsicht geschehen, wenn man nicht
in Vorhinein allen Erfolg in Frage stellen will.

Die Versuchspflanzen müssen nothwendig

1. Constant differirende Merkmale besitzen.

2. Die Hybriden derselben müssen während der Blüthezeit vor-
der Einwirkung jedes fremdartigen Pollens geschützt sein oder leicht
geschützt werden können.

3. Dürfen die Hybriden und ihre Nachkommen in den aufeinander
folgenden Generationen keine merkliche Störung in der Fruchtbarkeit
erleiden.

Fälschungen durch fremden Pollen, wenn solche im Verlaufe des
Versuches vorkämen und nicht erkannt würden, müssten zu ganz irrigen
Ansichten führen. Verminderte Fruchtbarkeit, oder gänzliche Sterilität
einzelner Formen, wie sie unter den Nachkommen vieler Hybriden auf-
treten, würden die Versuche sehr erschweren oder ganz vereiteln. Um
die Beziehungen zu erkennen, in welchen die Hybridformen zu einander
selbst und zu ihren Stammarten stehen, erscheint es als nothwendig,
dass die Glieder der Entwicklungsreihe in jeder einzelnen Generation
vollzählig der Beobachtung unterzogen werden.

Eine besondere Aufmerksamkeit wurde gleich Anfangs den Le-
guminosen
wegen ihres eigenthümlichen Blüthenbaues zugewendet.
Versuche, welche mit mehreren Gliedern dieser Familie angestellt wur-
den, führten zu dem Resultate, dass das Genus Pisum den gestellten

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[[5]/0016] Auswahl der Versuchspflanzen. Der Werth und die Geltung eines jeden Experimentes wird durch die Tauglichkeit der dazu benützten Hilfsmittel, sowie durch die zweck- mässige Anwendung derselben bedingt. Auch in dem vorliegenden Falle kann es nicht gleichgiltig sein, welche Pflanzenarten als Trä- ger der Versuche gewählt und in welcher Weise diese durchgeführt wurden. Die Auswahl der Pflanzengruppe, welche für Versuche dieser Art dienen soll, muss mit möglichster Vorsicht geschehen, wenn man nicht in Vorhinein allen Erfolg in Frage stellen will. Die Versuchspflanzen müssen nothwendig 1. Constant differirende Merkmale besitzen. 2. Die Hybriden derselben müssen während der Blüthezeit vor- der Einwirkung jedes fremdartigen Pollens geschützt sein oder leicht geschützt werden können. 3. Dürfen die Hybriden und ihre Nachkommen in den aufeinander folgenden Generationen keine merkliche Störung in der Fruchtbarkeit erleiden. Fälschungen durch fremden Pollen, wenn solche im Verlaufe des Versuches vorkämen und nicht erkannt würden, müssten zu ganz irrigen Ansichten führen. Verminderte Fruchtbarkeit, oder gänzliche Sterilität einzelner Formen, wie sie unter den Nachkommen vieler Hybriden auf- treten, würden die Versuche sehr erschweren oder ganz vereiteln. Um die Beziehungen zu erkennen, in welchen die Hybridformen zu einander selbst und zu ihren Stammarten stehen, erscheint es als nothwendig, dass die Glieder der Entwicklungsreihe in jeder einzelnen Generation vollzählig der Beobachtung unterzogen werden. Eine besondere Aufmerksamkeit wurde gleich Anfangs den Le- guminosen wegen ihres eigenthümlichen Blüthenbaues zugewendet. Versuche, welche mit mehreren Gliedern dieser Familie angestellt wur- den, führten zu dem Resultate, dass das Genus Pisum den gestellten

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Zitationshilfe: Mendel, Gregor: Versuche über Pflanzen-Hybriden. In: Verhandlungen des Naturforschenden Vereines in Brünn 4 (1866), S. 3-47, hier S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendel_pflanzenhybriden_1866/16>, abgerufen am 28.03.2024.