Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
Der nothwendige Unterscheid


XXXXVI.
Der nothwendige Unterscheid zwischen dem
Kaufmann und Krämer.
*)

Billig sollten die Kaufleute überall von den Krämern un-
terschieden, für sie der erste Rang, für die Krämer
aber der unterste nach den Handwerkern seyn. Billig sollte
jede Stadt zwischen beyden die genaueste Gränzlinie ziehen,
und keinen der Ehre eines Kaufmanns genießen lassen, der
nicht für eine bestimmte Summe einheimischer Producten jähr-
lich ausserhalb Landes absetzte, oder für eine gleichfalls be-
stimmte Sunme einheimische Fabricanten mit rohen Materia-
lien verlegte, oder auch sonst einen großen Handel von aussen
nach aussen triebe. Jede Stadt könnte hierinn ihr eignes
Maaß halten; ein Landstädtgen könnte denjenigen als einen
Kaufmann verehren, der jährlich nur tausend Thaler auf solche
Art umsetzte; und größere Städte könnten auf zehn, zwan-
zig, hundert und mehrere hundert tausend Thaler steigen, um
die Summe zu bestimmen, durch deren Verkehr einer das
Recht zu dem Namen und den Vorzügen eines Kaufmanns
erlangen sollte. Mit der Kaufmannsschaft wäre sodann auch
die höchste Ehre und Würde verknüpft; so wie im Gegentheil
der Krämer von allen höhern Ehrenstellen in der Bürgerschaft
völlig ausgeschlossen seyn müßte. In den mehrsten großen
Städten ist dieser Unterscheid vor Zeiten eingeführt gewesen,

und
*) Dieser Aufsatz erschien den 20. Nov. 1773. und im August
1774. hat die Kayserin Königin in ihren Erblanden eine
Verordnung erlassen, worinn der Vorschlag wirklich aus-
geführet ist.
Der nothwendige Unterſcheid


XXXXVI.
Der nothwendige Unterſcheid zwiſchen dem
Kaufmann und Kraͤmer.
*)

Billig ſollten die Kaufleute uͤberall von den Kraͤmern un-
terſchieden, fuͤr ſie der erſte Rang, fuͤr die Kraͤmer
aber der unterſte nach den Handwerkern ſeyn. Billig ſollte
jede Stadt zwiſchen beyden die genaueſte Graͤnzlinie ziehen,
und keinen der Ehre eines Kaufmanns genießen laſſen, der
nicht fuͤr eine beſtimmte Summe einheimiſcher Producten jaͤhr-
lich auſſerhalb Landes abſetzte, oder fuͤr eine gleichfalls be-
ſtimmte Sunme einheimiſche Fabricanten mit rohen Materia-
lien verlegte, oder auch ſonſt einen großen Handel von auſſen
nach auſſen triebe. Jede Stadt koͤnnte hierinn ihr eignes
Maaß halten; ein Landſtaͤdtgen koͤnnte denjenigen als einen
Kaufmann verehren, der jaͤhrlich nur tauſend Thaler auf ſolche
Art umſetzte; und groͤßere Staͤdte koͤnnten auf zehn, zwan-
zig, hundert und mehrere hundert tauſend Thaler ſteigen, um
die Summe zu beſtimmen, durch deren Verkehr einer das
Recht zu dem Namen und den Vorzuͤgen eines Kaufmanns
erlangen ſollte. Mit der Kaufmannsſchaft waͤre ſodann auch
die hoͤchſte Ehre und Wuͤrde verknuͤpft; ſo wie im Gegentheil
der Kraͤmer von allen hoͤhern Ehrenſtellen in der Buͤrgerſchaft
voͤllig ausgeſchloſſen ſeyn muͤßte. In den mehrſten großen
Staͤdten iſt dieſer Unterſcheid vor Zeiten eingefuͤhrt geweſen,

und
*) Dieſer Aufſatz erſchien den 20. Nov. 1773. und im Auguſt
1774. hat die Kayſerin Koͤnigin in ihren Erblanden eine
Verordnung erlaſſen, worinn der Vorſchlag wirklich aus-
gefuͤhret iſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0320" n="302"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der nothwendige Unter&#x017F;cheid</hi> </fw><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXXXVI.</hi><lb/>
Der nothwendige Unter&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen dem<lb/>
Kaufmann und Kra&#x0364;mer.</hi> <note place="foot" n="*)">Die&#x017F;er Auf&#x017F;atz er&#x017F;chien den 20. Nov. 1773. und im Augu&#x017F;t<lb/>
1774. hat die Kay&#x017F;erin Ko&#x0364;nigin in ihren Erblanden eine<lb/>
Verordnung erla&#x017F;&#x017F;en, worinn der Vor&#x017F;chlag wirklich aus-<lb/>
gefu&#x0364;hret i&#x017F;t.</note>
        </head><lb/>
        <p>Billig &#x017F;ollten die Kaufleute u&#x0364;berall von den Kra&#x0364;mern un-<lb/>
ter&#x017F;chieden, fu&#x0364;r &#x017F;ie der er&#x017F;te Rang, fu&#x0364;r die Kra&#x0364;mer<lb/>
aber der unter&#x017F;te nach den Handwerkern &#x017F;eyn. Billig &#x017F;ollte<lb/>
jede Stadt zwi&#x017F;chen beyden die genaue&#x017F;te Gra&#x0364;nzlinie ziehen,<lb/>
und keinen der Ehre eines Kaufmanns genießen la&#x017F;&#x017F;en, der<lb/>
nicht fu&#x0364;r eine be&#x017F;timmte Summe einheimi&#x017F;cher Producten ja&#x0364;hr-<lb/>
lich au&#x017F;&#x017F;erhalb Landes ab&#x017F;etzte, oder fu&#x0364;r eine gleichfalls be-<lb/>
&#x017F;timmte Sunme einheimi&#x017F;che Fabricanten mit rohen Materia-<lb/>
lien verlegte, oder auch &#x017F;on&#x017F;t einen großen Handel von au&#x017F;&#x017F;en<lb/>
nach au&#x017F;&#x017F;en triebe. Jede Stadt ko&#x0364;nnte hierinn ihr eignes<lb/>
Maaß halten; ein Land&#x017F;ta&#x0364;dtgen ko&#x0364;nnte denjenigen als einen<lb/>
Kaufmann verehren, der ja&#x0364;hrlich nur tau&#x017F;end Thaler auf &#x017F;olche<lb/>
Art um&#x017F;etzte; und gro&#x0364;ßere Sta&#x0364;dte ko&#x0364;nnten auf zehn, zwan-<lb/>
zig, hundert und mehrere hundert tau&#x017F;end Thaler &#x017F;teigen, um<lb/>
die Summe zu be&#x017F;timmen, durch deren Verkehr einer das<lb/>
Recht zu dem Namen und den Vorzu&#x0364;gen eines Kaufmanns<lb/>
erlangen &#x017F;ollte. Mit der Kaufmanns&#x017F;chaft wa&#x0364;re &#x017F;odann auch<lb/>
die ho&#x0364;ch&#x017F;te Ehre und Wu&#x0364;rde verknu&#x0364;pft; &#x017F;o wie im Gegentheil<lb/>
der Kra&#x0364;mer von allen ho&#x0364;hern Ehren&#x017F;tellen in der Bu&#x0364;rger&#x017F;chaft<lb/>
vo&#x0364;llig ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn mu&#x0364;ßte. In den mehr&#x017F;ten großen<lb/>
Sta&#x0364;dten i&#x017F;t die&#x017F;er Unter&#x017F;cheid vor Zeiten eingefu&#x0364;hrt gewe&#x017F;en,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0320] Der nothwendige Unterſcheid XXXXVI. Der nothwendige Unterſcheid zwiſchen dem Kaufmann und Kraͤmer. *) Billig ſollten die Kaufleute uͤberall von den Kraͤmern un- terſchieden, fuͤr ſie der erſte Rang, fuͤr die Kraͤmer aber der unterſte nach den Handwerkern ſeyn. Billig ſollte jede Stadt zwiſchen beyden die genaueſte Graͤnzlinie ziehen, und keinen der Ehre eines Kaufmanns genießen laſſen, der nicht fuͤr eine beſtimmte Summe einheimiſcher Producten jaͤhr- lich auſſerhalb Landes abſetzte, oder fuͤr eine gleichfalls be- ſtimmte Sunme einheimiſche Fabricanten mit rohen Materia- lien verlegte, oder auch ſonſt einen großen Handel von auſſen nach auſſen triebe. Jede Stadt koͤnnte hierinn ihr eignes Maaß halten; ein Landſtaͤdtgen koͤnnte denjenigen als einen Kaufmann verehren, der jaͤhrlich nur tauſend Thaler auf ſolche Art umſetzte; und groͤßere Staͤdte koͤnnten auf zehn, zwan- zig, hundert und mehrere hundert tauſend Thaler ſteigen, um die Summe zu beſtimmen, durch deren Verkehr einer das Recht zu dem Namen und den Vorzuͤgen eines Kaufmanns erlangen ſollte. Mit der Kaufmannsſchaft waͤre ſodann auch die hoͤchſte Ehre und Wuͤrde verknuͤpft; ſo wie im Gegentheil der Kraͤmer von allen hoͤhern Ehrenſtellen in der Buͤrgerſchaft voͤllig ausgeſchloſſen ſeyn muͤßte. In den mehrſten großen Staͤdten iſt dieſer Unterſcheid vor Zeiten eingefuͤhrt geweſen, und *) Dieſer Aufſatz erſchien den 20. Nov. 1773. und im Auguſt 1774. hat die Kayſerin Koͤnigin in ihren Erblanden eine Verordnung erlaſſen, worinn der Vorſchlag wirklich aus- gefuͤhret iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/320
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/320>, abgerufen am 25.04.2024.