In Fällen, wo es nicht auf eine Verringerung des Mark- grundes ankommt, mögten die Partheyen sich sowol einen Schiedsrichter wählen, als an jedes ofne Gericht gehen kön- nen, aber da wo es auf die nach der Stiftscapitulation von dem Landesherrn abzuwendende Verringerung des gemeinen Guts ankommt, muß er selbst oder durch seinen besonders dazu instruirten Controlleur gegenwärtig seyn, oder man muß al- les gehen lassen wie es geht, und erwarten bis Noth und Zeit den Gerechten mit dem Ungerechten heimsuchen.
LI. Von der Real- und Personalfreyheit.
Es war eine Zeit, da man nichts von einer Realfreyheit wußte, sondern blos Personalfreyheiten kannte. Das Haus was der Pfarrer heute bewohnte, war frey so lange er es hatte, und wenn er Morgen ein anders bezog: so war dieses frey und jenes wiederum pflichtig. Sogar der Graf, oder Heerbannsoberste muste wiederum zur Bauerreihe kom- men, wenn er abdankte, und mit dem Dienste seine Freyheit verlohr. Er hatte es in seinem Verhältniß nicht besser als unsre Bauerrichter, Mahlleute, Unterholzgrafen, Kirch- spielsfähndriche und dergleichen, die gewisse Freyheiten ge- nießen, welche mit ihrem Dienste währen und aufhören. So war die Verfassung unsrer ältesten Zeiten; und so wird sie in der Jugend eines jeden Staats seyn, ehe die Dienste erblich werden, und die persönliche Freyheit sich unvermerkt dem Grunde mitth eilet. Man unterscheidet dann agros indomi- nicatos (Länderey die der Herr selbst bauet) von non indo- minicatis, und macht ganz andre Schlüsse und Folgen, als
zur
mit Steuren zu belegen oder nicht?
In Faͤllen, wo es nicht auf eine Verringerung des Mark- grundes ankommt, moͤgten die Partheyen ſich ſowol einen Schiedsrichter waͤhlen, als an jedes ofne Gericht gehen koͤn- nen, aber da wo es auf die nach der Stiftscapitulation von dem Landesherrn abzuwendende Verringerung des gemeinen Guts ankommt, muß er ſelbſt oder durch ſeinen beſonders dazu inſtruirten Controlleur gegenwaͤrtig ſeyn, oder man muß al- les gehen laſſen wie es geht, und erwarten bis Noth und Zeit den Gerechten mit dem Ungerechten heimſuchen.
LI. Von der Real- und Perſonalfreyheit.
Es war eine Zeit, da man nichts von einer Realfreyheit wußte, ſondern blos Perſonalfreyheiten kannte. Das Haus was der Pfarrer heute bewohnte, war frey ſo lange er es hatte, und wenn er Morgen ein anders bezog: ſo war dieſes frey und jenes wiederum pflichtig. Sogar der Graf, oder Heerbannsoberſte muſte wiederum zur Bauerreihe kom- men, wenn er abdankte, und mit dem Dienſte ſeine Freyheit verlohr. Er hatte es in ſeinem Verhaͤltniß nicht beſſer als unſre Bauerrichter, Mahlleute, Unterholzgrafen, Kirch- ſpielsfaͤhndriche und dergleichen, die gewiſſe Freyheiten ge- nießen, welche mit ihrem Dienſte waͤhren und aufhoͤren. So war die Verfaſſung unſrer aͤlteſten Zeiten; und ſo wird ſie in der Jugend eines jeden Staats ſeyn, ehe die Dienſte erblich werden, und die perſoͤnliche Freyheit ſich unvermerkt dem Grunde mitth eilet. Man unterſcheidet dann agros indomi- nicatos (Laͤnderey die der Herr ſelbſt bauet) von non indo- minicatis, und macht ganz andre Schluͤſſe und Folgen, als
zur
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0349"n="331"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">mit Steuren zu belegen oder nicht?</hi></fw><lb/>
In Faͤllen, wo es nicht auf eine Verringerung des Mark-<lb/>
grundes ankommt, moͤgten die Partheyen ſich ſowol einen<lb/>
Schiedsrichter waͤhlen, als an jedes ofne Gericht gehen koͤn-<lb/>
nen, aber da wo es auf die nach der Stiftscapitulation von<lb/>
dem Landesherrn abzuwendende Verringerung des gemeinen<lb/>
Guts ankommt, muß er ſelbſt oder durch ſeinen beſonders dazu<lb/>
inſtruirten Controlleur gegenwaͤrtig ſeyn, oder man muß al-<lb/>
les gehen laſſen wie es geht, und erwarten bis Noth und<lb/>
Zeit den Gerechten mit dem Ungerechten heimſuchen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">LI.</hi><lb/>
Von der Real- und Perſonalfreyheit.</hi></head><lb/><p>Es war eine Zeit, da man nichts von einer Realfreyheit<lb/>
wußte, ſondern blos Perſonalfreyheiten kannte. Das<lb/>
Haus was der Pfarrer heute bewohnte, war frey ſo lange er<lb/>
es hatte, und wenn er Morgen ein anders bezog: ſo war<lb/>
dieſes frey und jenes wiederum pflichtig. Sogar der Graf,<lb/>
oder Heerbannsoberſte muſte wiederum zur Bauerreihe kom-<lb/>
men, wenn er abdankte, und mit dem Dienſte ſeine Freyheit<lb/>
verlohr. Er hatte es in ſeinem Verhaͤltniß nicht beſſer als<lb/>
unſre Bauerrichter, Mahlleute, Unterholzgrafen, Kirch-<lb/>ſpielsfaͤhndriche und dergleichen, die gewiſſe Freyheiten ge-<lb/>
nießen, welche mit ihrem Dienſte waͤhren und aufhoͤren. So<lb/>
war die Verfaſſung unſrer aͤlteſten Zeiten; und ſo wird ſie in<lb/>
der Jugend eines jeden Staats ſeyn, ehe die Dienſte erblich<lb/>
werden, und die perſoͤnliche Freyheit ſich unvermerkt dem<lb/>
Grunde mitth eilet. Man unterſcheidet dann <hirendition="#aq">agros indomi-<lb/>
nicatos</hi> (Laͤnderey die der Herr ſelbſt bauet) von <hirendition="#aq">non indo-<lb/>
minicatis,</hi> und macht ganz andre Schluͤſſe und Folgen, als<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zur</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[331/0349]
mit Steuren zu belegen oder nicht?
In Faͤllen, wo es nicht auf eine Verringerung des Mark-
grundes ankommt, moͤgten die Partheyen ſich ſowol einen
Schiedsrichter waͤhlen, als an jedes ofne Gericht gehen koͤn-
nen, aber da wo es auf die nach der Stiftscapitulation von
dem Landesherrn abzuwendende Verringerung des gemeinen
Guts ankommt, muß er ſelbſt oder durch ſeinen beſonders dazu
inſtruirten Controlleur gegenwaͤrtig ſeyn, oder man muß al-
les gehen laſſen wie es geht, und erwarten bis Noth und
Zeit den Gerechten mit dem Ungerechten heimſuchen.
LI.
Von der Real- und Perſonalfreyheit.
Es war eine Zeit, da man nichts von einer Realfreyheit
wußte, ſondern blos Perſonalfreyheiten kannte. Das
Haus was der Pfarrer heute bewohnte, war frey ſo lange er
es hatte, und wenn er Morgen ein anders bezog: ſo war
dieſes frey und jenes wiederum pflichtig. Sogar der Graf,
oder Heerbannsoberſte muſte wiederum zur Bauerreihe kom-
men, wenn er abdankte, und mit dem Dienſte ſeine Freyheit
verlohr. Er hatte es in ſeinem Verhaͤltniß nicht beſſer als
unſre Bauerrichter, Mahlleute, Unterholzgrafen, Kirch-
ſpielsfaͤhndriche und dergleichen, die gewiſſe Freyheiten ge-
nießen, welche mit ihrem Dienſte waͤhren und aufhoͤren. So
war die Verfaſſung unſrer aͤlteſten Zeiten; und ſo wird ſie in
der Jugend eines jeden Staats ſeyn, ehe die Dienſte erblich
werden, und die perſoͤnliche Freyheit ſich unvermerkt dem
Grunde mitth eilet. Man unterſcheidet dann agros indomi-
nicatos (Laͤnderey die der Herr ſelbſt bauet) von non indo-
minicatis, und macht ganz andre Schluͤſſe und Folgen, als
zur
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/349>, abgerufen am 29.03.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.