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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

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Zur
Seelennaturkunde.


I.
Einige Beobachtungen über einen Taub- und
Stummgebohrnen.

Es verdient wohl bemerkt zu werden, in wie ferne
die Seele, ohngeachtet des gänzlichen Mangels ei-
nes Sinnes, wodurch sie einen so großen Zufluß
von Jdeen erhält, sich dennoch in einem gesunden
Zustande befinden kann, da überdem noch die
Sprache fehlt, wodurch der Mensch seine Jdeen
allein zu fixieren scheinet.

Jch kam vor einiger Zeit auf den Gedanken,
mit einem Taub- und Stummgebohrnen einen Ver-
such zu machen, ihn reden zu lehren, und zugleich
über die Entwickelung seiner Jdeen und Geiste-
skräfte Beobachtungen anzustellen.

Um Ostern dieses Jahres machte ich wirklich
einen solchen Versuch mit einen taubstummen Kna-
ben von funfzehn Jahren, Nahmens Karl Friedrich

Mer-
C4
Zur
Seelennaturkunde.


I.
Einige Beobachtungen uͤber einen Taub- und
Stummgebohrnen.

Es verdient wohl bemerkt zu werden, in wie ferne
die Seele, ohngeachtet des gaͤnzlichen Mangels ei-
nes Sinnes, wodurch sie einen so großen Zufluß
von Jdeen erhaͤlt, sich dennoch in einem gesunden
Zustande befinden kann, da uͤberdem noch die
Sprache fehlt, wodurch der Mensch seine Jdeen
allein zu fixieren scheinet.

Jch kam vor einiger Zeit auf den Gedanken,
mit einem Taub- und Stummgebohrnen einen Ver-
such zu machen, ihn reden zu lehren, und zugleich
uͤber die Entwickelung seiner Jdeen und Geiste-
skraͤfte Beobachtungen anzustellen.

Um Ostern dieses Jahres machte ich wirklich
einen solchen Versuch mit einen taubstummen Kna-
ben von funfzehn Jahren, Nahmens Karl Friedrich

Mer-
C4
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[39/0043] Zur Seelennaturkunde. I. Einige Beobachtungen uͤber einen Taub- und Stummgebohrnen. Es verdient wohl bemerkt zu werden, in wie ferne die Seele, ohngeachtet des gaͤnzlichen Mangels ei- nes Sinnes, wodurch sie einen so großen Zufluß von Jdeen erhaͤlt, sich dennoch in einem gesunden Zustande befinden kann, da uͤberdem noch die Sprache fehlt, wodurch der Mensch seine Jdeen allein zu fixieren scheinet. Jch kam vor einiger Zeit auf den Gedanken, mit einem Taub- und Stummgebohrnen einen Ver- such zu machen, ihn reden zu lehren, und zugleich uͤber die Entwickelung seiner Jdeen und Geiste- skraͤfte Beobachtungen anzustellen. Um Ostern dieses Jahres machte ich wirklich einen solchen Versuch mit einen taubstummen Kna- ben von funfzehn Jahren, Nahmens Karl Friedrich Mer- C4

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/43>, abgerufen am 28.03.2024.