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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Systematischer Theil.

1429. Hieran schließen sich die Hochzeitbilder, wo-
bei außer der die Neigung erweckenden Aphrodite und der
vermählenden Hera im spätern Alterthum gern Amor
und Psyche als Haupt- oder Nebenpersonen eingeführt
2werden. Eine auf Vasengemählden sehr häufige Vorstel-
lung eines Epheben, der ein Mädchen verfolgt, möchte
auf die weitverbreitete Sitte des virginem rapere zu
deuten sein.

1. Aldobrandinische Hochzeit §. 319, 5. Die Vergleichungen
Biondi's mit Catulls Epithalamium geben kein Resultat. Die
halbbekleideten Figuren neben der Braut sind wohl Venus u. Pei-
tho. -- Eine Reihe Reliefs, auf denen Hera die Gatten zusam-
men führt oder hält, Adm. Rom. ed. 2. t. 56. 57. 65. (die
Uebergabe der Braut in ächtgriechischem Styl, Lipp. Suppl. 394.,
womit das Relief Guatt. 1785 p. 31. auf dasselbe Original zu-
rückweist). Hochzeitliches Opfer mit glücklichen Zeichen, ebd. 58.
(vgl. das Hochzeitopfer Guatt. 1785 p. 61.) Bad der Braut, ebd.
59. Die Niederkunft 65. -- Die Griechische Braut im Putz-
gemach, Böttigers Vasengem. i. S. 139. Eros u. Psyche auch
auf dem Sardonyx-Gefäß §. 315, 5. vgl. §. 391, 5. Kad-
mos u. Peleus Hochzeiten dienen als mythologische Repräsentanten
wirklicher historischer.

2. Mehrere der Art giebt Raoul Rochette Mon. In. i. als
Raub der Thetis. Bei Millingen Cogh. 1. entführen die Jüng-
linge die Mädchen auf Wagen.

Liebeszauber Tischb. iii, 44. -- Anhangsweise muß hier
auch der großen Anzahl obscöner Vorstellungen (besonders der Ve-
neris figurae
, auf Gemählden, Gemmen, Münzen, lasciva
numismata
Martial viii, 78.) gedacht werden, zu denen auch
die Mythologie viel Gelegenheit gab, wie außer dem §. 137, 3.
Angeführten besonders das in Argos und in Samos erwähute scheuß-
liche Bild von Zeus u. Hera's Liebe zeigt. Lobeck Aglaoph. p.
606. Von den Pornographen §. 139, 2 ex. 163, 4.

1430. Aber auch andre Scenen des häuslichen Le-
bens, wie das Bad, welches der üppigeren Kunst der
Vasen und Etruskischen Spiegel besonders zusagt, allerlei
Spiele und Ergötzlichkeiten liegen, besonders wenn sie ei-

Syſtematiſcher Theil.

1429. Hieran ſchließen ſich die Hochzeitbilder, wo-
bei außer der die Neigung erweckenden Aphrodite und der
vermaͤhlenden Hera im ſpaͤtern Alterthum gern Amor
und Pſyche als Haupt- oder Nebenperſonen eingefuͤhrt
2werden. Eine auf Vaſengemaͤhlden ſehr haͤufige Vorſtel-
lung eines Epheben, der ein Maͤdchen verfolgt, moͤchte
auf die weitverbreitete Sitte des virginem rapere zu
deuten ſein.

1. Aldobrandiniſche Hochzeit §. 319, 5. Die Vergleichungen
Biondi’s mit Catulls Epithalamium geben kein Reſultat. Die
halbbekleideten Figuren neben der Braut ſind wohl Venus u. Pei-
tho. — Eine Reihe Reliefs, auf denen Hera die Gatten zuſam-
men führt oder hält, Adm. Rom. ed. 2. t. 56. 57. 65. (die
Uebergabe der Braut in ächtgriechiſchem Styl, Lipp. Suppl. 394.,
womit das Relief Guatt. 1785 p. 31. auf daſſelbe Original zu-
rückweist). Hochzeitliches Opfer mit glücklichen Zeichen, ebd. 58.
(vgl. das Hochzeitopfer Guatt. 1785 p. 61.) Bad der Braut, ebd.
59. Die Niederkunft 65. — Die Griechiſche Braut im Putz-
gemach, Böttigers Vaſengem. i. S. 139. Eros u. Pſyche auch
auf dem Sardonyx-Gefäß §. 315, 5. vgl. §. 391, 5. Kad-
mos u. Peleus Hochzeiten dienen als mythologiſche Repräſentanten
wirklicher hiſtoriſcher.

2. Mehrere der Art giebt Raoul Rochette Mon. In. i. als
Raub der Thetis. Bei Millingen Cogh. 1. entführen die Jüng-
linge die Mädchen auf Wagen.

Liebeszauber Tiſchb. iii, 44. — Anhangsweiſe muß hier
auch der großen Anzahl obſcöner Vorſtellungen (beſonders der Ve-
neris figurae
, auf Gemählden, Gemmen, Münzen, lasciva
numismata
Martial viii, 78.) gedacht werden, zu denen auch
die Mythologie viel Gelegenheit gab, wie außer dem §. 137, 3.
Angeführten beſonders das in Argos und in Samos erwähute ſcheuß-
liche Bild von Zeus u. Hera’s Liebe zeigt. Lobeck Aglaoph. p.
606. Von den Pornographen §. 139, 2 ex. 163, 4.

1430. Aber auch andre Scenen des haͤuslichen Le-
bens, wie das Bad, welches der uͤppigeren Kunſt der
Vaſen und Etruskiſchen Spiegel beſonders zuſagt, allerlei
Spiele und Ergoͤtzlichkeiten liegen, beſonders wenn ſie ei-

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[602/0624] Syſtematiſcher Theil. 429. Hieran ſchließen ſich die Hochzeitbilder, wo- bei außer der die Neigung erweckenden Aphrodite und der vermaͤhlenden Hera im ſpaͤtern Alterthum gern Amor und Pſyche als Haupt- oder Nebenperſonen eingefuͤhrt werden. Eine auf Vaſengemaͤhlden ſehr haͤufige Vorſtel- lung eines Epheben, der ein Maͤdchen verfolgt, moͤchte auf die weitverbreitete Sitte des virginem rapere zu deuten ſein. 1 2 1. Aldobrandiniſche Hochzeit §. 319, 5. Die Vergleichungen Biondi’s mit Catulls Epithalamium geben kein Reſultat. Die halbbekleideten Figuren neben der Braut ſind wohl Venus u. Pei- tho. — Eine Reihe Reliefs, auf denen Hera die Gatten zuſam- men führt oder hält, Adm. Rom. ed. 2. t. 56. 57. 65. (die Uebergabe der Braut in ächtgriechiſchem Styl, Lipp. Suppl. 394., womit das Relief Guatt. 1785 p. 31. auf daſſelbe Original zu- rückweist). Hochzeitliches Opfer mit glücklichen Zeichen, ebd. 58. (vgl. das Hochzeitopfer Guatt. 1785 p. 61.) Bad der Braut, ebd. 59. Die Niederkunft 65. — Die Griechiſche Braut im Putz- gemach, Böttigers Vaſengem. i. S. 139. Eros u. Pſyche auch auf dem Sardonyx-Gefäß §. 315, 5. vgl. §. 391, 5. Kad- mos u. Peleus Hochzeiten dienen als mythologiſche Repräſentanten wirklicher hiſtoriſcher. 2. Mehrere der Art giebt Raoul Rochette Mon. In. i. als Raub der Thetis. Bei Millingen Cogh. 1. entführen die Jüng- linge die Mädchen auf Wagen. Liebeszauber Tiſchb. iii, 44. — Anhangsweiſe muß hier auch der großen Anzahl obſcöner Vorſtellungen (beſonders der Ve- neris figurae, auf Gemählden, Gemmen, Münzen, lasciva numismata Martial viii, 78.) gedacht werden, zu denen auch die Mythologie viel Gelegenheit gab, wie außer dem §. 137, 3. Angeführten beſonders das in Argos und in Samos erwähute ſcheuß- liche Bild von Zeus u. Hera’s Liebe zeigt. Lobeck Aglaoph. p. 606. Von den Pornographen §. 139, 2 ex. 163, 4. 430. Aber auch andre Scenen des haͤuslichen Le- bens, wie das Bad, welches der uͤppigeren Kunſt der Vaſen und Etruskiſchen Spiegel beſonders zuſagt, allerlei Spiele und Ergoͤtzlichkeiten liegen, beſonders wenn ſie ei- 1

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/624>, abgerufen am 28.03.2024.