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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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als unterschieden vom Vater und Sohn vorstelle, weil
sie ihm Prädicate beylege, die niemand als dem wahren
Gott beygelegt werden könnten, so folge nothwendig,
daß er nicht der Vater, nicht der Sohn, sondern ein
dritter sey, und an der Gottheit Theil haben müsse. Die
Gottheit aber sey untheilbar, niemand könne sie anders
als ganz besitzen: der heilige Geist müsse also mit dem
Vater und Sohn wahrer Gott seyn. Da uns nun Gott
über diese geheime Wahrheit nicht mehr offenbahrt hätte,
so würde er auch nicht fordern, daß wir mehr davon
wissen und glauben sollten. Er antwortete mir: Jch bin
nun von der göttlichen Autorität der Schrift fest über-
zeugt, und erachte mich für verbunden ihre Aussprüche
zu glauben. Jch habe in ihren Geheimnissen noch keinen
Widerspruch gefunden, sondern viel mehr wahrgenommen,
daß sie mit der Lehre von der Versöhnung in genauer
Verbindung stehen, und für uns Menschen sehr wohl-
thätig und beruhigend sind. Er folgte mir bey meinem
Vortrage mit vieler Aufmerksamkeit, und machte, anstatt
Zweifel aufzuwerfen, verschiedene zur Bestätigung der
Lehre, mit welcher wir uns beschäfftigten, dienende An-
merkungen.

Der Vater und der Sohn, sagte ich, ob sie
gleich eins und dasselbige göttliche Wesen haben, sind
gleichwohl durch das Verhältniß, in welchem sie zu ein-
ander als Vater und Sohn stehen, unterschieden. Jn
der Schrift wird nun noch ein dritter, der heillige Geist,
genannt, der zu Gottheit gehört. Dieser wird nicht
nur als verschieden vom Vater und Sohne, sondern auch
als theilhaft des göttlichen Wesens beschrieben. -- Ob
gleich das Wort Person nicht biblisch ist, so kann man
desselben doch nicht wohl entbehren, weil wir kein ande-
res haben, das in Uebereinstimmung mit den Aeußerun-
gen der heiligen Schrift von dem Vater, dem Sohn und

dem



als unterſchieden vom Vater und Sohn vorſtelle, weil
ſie ihm Praͤdicate beylege, die niemand als dem wahren
Gott beygelegt werden koͤnnten, ſo folge nothwendig,
daß er nicht der Vater, nicht der Sohn, ſondern ein
dritter ſey, und an der Gottheit Theil haben muͤſſe. Die
Gottheit aber ſey untheilbar, niemand koͤnne ſie anders
als ganz beſitzen: der heilige Geiſt muͤſſe alſo mit dem
Vater und Sohn wahrer Gott ſeyn. Da uns nun Gott
uͤber dieſe geheime Wahrheit nicht mehr offenbahrt haͤtte,
ſo wuͤrde er auch nicht fordern, daß wir mehr davon
wiſſen und glauben ſollten. Er antwortete mir: Jch bin
nun von der goͤttlichen Autoritaͤt der Schrift feſt uͤber-
zeugt, und erachte mich fuͤr verbunden ihre Ausſpruͤche
zu glauben. Jch habe in ihren Geheimniſſen noch keinen
Widerſpruch gefunden, ſondern viel mehr wahrgenommen,
daß ſie mit der Lehre von der Verſoͤhnung in genauer
Verbindung ſtehen, und fuͤr uns Menſchen ſehr wohl-
thaͤtig und beruhigend ſind. Er folgte mir bey meinem
Vortrage mit vieler Aufmerkſamkeit, und machte, anſtatt
Zweifel aufzuwerfen, verſchiedene zur Beſtaͤtigung der
Lehre, mit welcher wir uns beſchaͤfftigten, dienende An-
merkungen.

Der Vater und der Sohn, ſagte ich, ob ſie
gleich eins und daſſelbige goͤttliche Weſen haben, ſind
gleichwohl durch das Verhaͤltniß, in welchem ſie zu ein-
ander als Vater und Sohn ſtehen, unterſchieden. Jn
der Schrift wird nun noch ein dritter, der heillige Geiſt,
genannt, der zu Gottheit gehoͤrt. Dieſer wird nicht
nur als verſchieden vom Vater und Sohne, ſondern auch
als theilhaft des goͤttlichen Weſens beſchrieben. — Ob
gleich das Wort Perſon nicht bibliſch iſt, ſo kann man
deſſelben doch nicht wohl entbehren, weil wir kein ande-
res haben, das in Uebereinſtimmung mit den Aeußerun-
gen der heiligen Schrift von dem Vater, dem Sohn und

dem
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[168/0180] als unterſchieden vom Vater und Sohn vorſtelle, weil ſie ihm Praͤdicate beylege, die niemand als dem wahren Gott beygelegt werden koͤnnten, ſo folge nothwendig, daß er nicht der Vater, nicht der Sohn, ſondern ein dritter ſey, und an der Gottheit Theil haben muͤſſe. Die Gottheit aber ſey untheilbar, niemand koͤnne ſie anders als ganz beſitzen: der heilige Geiſt muͤſſe alſo mit dem Vater und Sohn wahrer Gott ſeyn. Da uns nun Gott uͤber dieſe geheime Wahrheit nicht mehr offenbahrt haͤtte, ſo wuͤrde er auch nicht fordern, daß wir mehr davon wiſſen und glauben ſollten. Er antwortete mir: Jch bin nun von der goͤttlichen Autoritaͤt der Schrift feſt uͤber- zeugt, und erachte mich fuͤr verbunden ihre Ausſpruͤche zu glauben. Jch habe in ihren Geheimniſſen noch keinen Widerſpruch gefunden, ſondern viel mehr wahrgenommen, daß ſie mit der Lehre von der Verſoͤhnung in genauer Verbindung ſtehen, und fuͤr uns Menſchen ſehr wohl- thaͤtig und beruhigend ſind. Er folgte mir bey meinem Vortrage mit vieler Aufmerkſamkeit, und machte, anſtatt Zweifel aufzuwerfen, verſchiedene zur Beſtaͤtigung der Lehre, mit welcher wir uns beſchaͤfftigten, dienende An- merkungen. Der Vater und der Sohn, ſagte ich, ob ſie gleich eins und daſſelbige goͤttliche Weſen haben, ſind gleichwohl durch das Verhaͤltniß, in welchem ſie zu ein- ander als Vater und Sohn ſtehen, unterſchieden. Jn der Schrift wird nun noch ein dritter, der heillige Geiſt, genannt, der zu Gottheit gehoͤrt. Dieſer wird nicht nur als verſchieden vom Vater und Sohne, ſondern auch als theilhaft des goͤttlichen Weſens beſchrieben. — Ob gleich das Wort Perſon nicht bibliſch iſt, ſo kann man deſſelben doch nicht wohl entbehren, weil wir kein ande- res haben, das in Uebereinſtimmung mit den Aeußerun- gen der heiligen Schrift von dem Vater, dem Sohn und dem

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/180>, abgerufen am 25.04.2024.