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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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Säugling sank vor Schrecken beynahe nieder,
weil er für sich und seine Geliebte aus dieser Entdeckung
des Hofmeisters die schlimmsten Folgen befürchtete.
Glücklicherweise für ihn, gehörte Rambold nicht zu
den mürrischen Hofmeistern die ihrer untergebenen
Jugend alles Vergnügen versagen, vielmehr hatte
er sehr politisch berechnet, daß ein junger reicher Pa-
tricier nur ein oder zwey Jahre auf Universitäten von
seiner Aufsicht abhänge, hingegen hernach viel län-
ger, -- weil Väter sterblich sind u. s. w, -- seines
Vermögens genießen, und seinem Hofmeister eine
kleine bewiesene Gefälligkeit reichlich vergelten könnte.
Anstatt also Säuglingen zu schelten, zog er ihn bloß
wegen seiner zuckersüßen Empfindungen ein wenig auf;
denn er war ein witziger Kopf, der in den verschiede-
nen Stationen seines Lebens, die Seele aller Cotte-
rien, Schmäuse und Trinkgesellschaften gewesen war.
Endlich um Säuglingen, der noch immer in großer
Verlegenheit da stand, gänzlich zu beruhigen, ver-
sprach er ihm treuherzig, daß er es selbst seine Sorge
seyn lassen wolle, die zärtliche Epistel in Maria-
nens
Hände zu bringen. Er sagte ihm auch, wie;
nämlich durch Hülfe des Kammermädchens der Frau
von Hohenauf, mit der er, während seines zweytä-
gigen Aufenthalts auf dem Gute des Hrn. von Ho-

henauf


Saͤugling ſank vor Schrecken beynahe nieder,
weil er fuͤr ſich und ſeine Geliebte aus dieſer Entdeckung
des Hofmeiſters die ſchlimmſten Folgen befuͤrchtete.
Gluͤcklicherweiſe fuͤr ihn, gehoͤrte Rambold nicht zu
den muͤrriſchen Hofmeiſtern die ihrer untergebenen
Jugend alles Vergnuͤgen verſagen, vielmehr hatte
er ſehr politiſch berechnet, daß ein junger reicher Pa-
tricier nur ein oder zwey Jahre auf Univerſitaͤten von
ſeiner Aufſicht abhaͤnge, hingegen hernach viel laͤn-
ger, — weil Vaͤter ſterblich ſind u. ſ. w, — ſeines
Vermoͤgens genießen, und ſeinem Hofmeiſter eine
kleine bewieſene Gefaͤlligkeit reichlich vergelten koͤnnte.
Anſtatt alſo Saͤuglingen zu ſchelten, zog er ihn bloß
wegen ſeiner zuckerſuͤßen Empfindungen ein wenig auf;
denn er war ein witziger Kopf, der in den verſchiede-
nen Stationen ſeines Lebens, die Seele aller Cotte-
rien, Schmaͤuſe und Trinkgeſellſchaften geweſen war.
Endlich um Saͤuglingen, der noch immer in großer
Verlegenheit da ſtand, gaͤnzlich zu beruhigen, ver-
ſprach er ihm treuherzig, daß er es ſelbſt ſeine Sorge
ſeyn laſſen wolle, die zaͤrtliche Epiſtel in Maria-
nens
Haͤnde zu bringen. Er ſagte ihm auch, wie;
naͤmlich durch Huͤlfe des Kammermaͤdchens der Frau
von Hohenauf, mit der er, waͤhrend ſeines zweytaͤ-
gigen Aufenthalts auf dem Gute des Hrn. von Ho-

henauf
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[220/0246] Saͤugling ſank vor Schrecken beynahe nieder, weil er fuͤr ſich und ſeine Geliebte aus dieſer Entdeckung des Hofmeiſters die ſchlimmſten Folgen befuͤrchtete. Gluͤcklicherweiſe fuͤr ihn, gehoͤrte Rambold nicht zu den muͤrriſchen Hofmeiſtern die ihrer untergebenen Jugend alles Vergnuͤgen verſagen, vielmehr hatte er ſehr politiſch berechnet, daß ein junger reicher Pa- tricier nur ein oder zwey Jahre auf Univerſitaͤten von ſeiner Aufſicht abhaͤnge, hingegen hernach viel laͤn- ger, — weil Vaͤter ſterblich ſind u. ſ. w, — ſeines Vermoͤgens genießen, und ſeinem Hofmeiſter eine kleine bewieſene Gefaͤlligkeit reichlich vergelten koͤnnte. Anſtatt alſo Saͤuglingen zu ſchelten, zog er ihn bloß wegen ſeiner zuckerſuͤßen Empfindungen ein wenig auf; denn er war ein witziger Kopf, der in den verſchiede- nen Stationen ſeines Lebens, die Seele aller Cotte- rien, Schmaͤuſe und Trinkgeſellſchaften geweſen war. Endlich um Saͤuglingen, der noch immer in großer Verlegenheit da ſtand, gaͤnzlich zu beruhigen, ver- ſprach er ihm treuherzig, daß er es ſelbſt ſeine Sorge ſeyn laſſen wolle, die zaͤrtliche Epiſtel in Maria- nens Haͤnde zu bringen. Er ſagte ihm auch, wie; naͤmlich durch Huͤlfe des Kammermaͤdchens der Frau von Hohenauf, mit der er, waͤhrend ſeines zweytaͤ- gigen Aufenthalts auf dem Gute des Hrn. von Ho- henauf

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/246>, abgerufen am 18.04.2024.