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Badener Zeitung. Nr. 23, Baden (Niederösterreich), 21.03.1900.

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Mittwoch Badener Zeitung 21. März 1900. Nr. 23.

[Spaltenumbruch]

Feuer zu holen, fühlte sich jedoch die deutsche
Fortschrittspartei umso weniger berufen, als sie
ja auch ihrerseits in ihrer Action gegen das
Wiener Wahlgesetz in der deutschen Volkspartei
keineswegs das für die allgemeine Freiheit in
der Reichshauptstadt wünschenswerte Entgegen-
kommen fand

Die Session ist also geschlossen und, so wenig
fruchtbar für die Völker Oesterreichs sie auch ge-
wesen ist, so viel steht fest, dass das wenige, was
erreicht wurde, nur durch die Einsicht jener
Parteien erreicht werden konnte, welche neben
ihren Parteiinteressen auch noch die Erfordernisse
des Staates im Auge haben. Es ist freilich
richtig, dass solche Parteien für die Wähler-
massen, welche hinter ihnen stehen, nicht viel zu
thun imstande sind und die Erfahrungen, welche
man auf diesem Gebiete im Verlaufe der letzten
Jahre sammeln konnte, sprechen nicht gerade für
diese Politik. Solche Parteien haben gerade von
denjenigen, denen sie mit Zurückstellung ihrer
eigenen Wünsche selbstlos Dienste leisteten, den
gröbsten Undank erfahren. In der abgelaufenen
Session hat die deutsche Fortschrittspartei aber-
mals mit allen Kräften für das Zustandekommen
der sogenannten Staatserfordernisse gearbeitet.
Es gibt Leute genug, welche darüber sehr pessi-
mistisch denken, ob und wie die gegenwärtige
Regierung in reinen Parteifragen der Deutschen
sich entgegenkommend zeigen wird. Bis zur Mai-
session wird sich auf verschiedenen Gebieten zeigen,
welche Früchte das Verhalten der Partei getragen
hat; dann wird aber auch die Gelegenheit ge-
kommen sein, zur Regierung Körber endgiltig
Stellung zu nehmen.




Local-Nachrichten.
-- Gemeinde-Ausschusssitzung.

Donnerstag,
den 22. März 1900, nachmittags 4 Uhr, findet im
städtischen Rathssaale zu Baden (Eingang Rathhaus-
gasse 4, II. Stock) eine Gemeinde-Ausschusssitzung
mit folgender Tagesordnung statt. 1. Mittheilungen.
2. Anträge des Bäderbaucomites. (Referent Herr
GA. Trauzl.) 3. Vorlage zweier Löschungsqnittungen
für Herrn Josef Gregora sen. und die Eheleute
Andreas und Theresia Karl zur Genehmigung mit
Antrag. (Referent Herr GR. Fitzga.) 4. Ansuchen
der Franziska Brandl um Bewilligung der Abtheilung
der Parzellen Nr. 9 und 1/9 auf Bauplätze.
(Referent Herr GR. Gregora.) 5. Ansuchen der
Antonie Guba um Bestimmung der Baulinie und
des Niveaus bei Parzelle Nr. 184/2 nächst dem
Frachtenbahnhofe. (Referent Herr GR. Gregora.)
6. Antrag wegen Verlängerung des Pachtvertrages
mit Herrn Adolf Dietl. (Referent Herr GR. Hönig.)
7. Antrag betreffend die Verlängerung des Pacht-
[Spaltenumbruch] vertrages mit Franz Rubel. (Referent Herr GR.
Hönig.) 8. Anträge betreffend den Bestandvertrag
mit Herrn Eduard Nißel bezüglich des Hauses
C.-Nr. 700 in der Waltersdorferstraße nebst Zugehör.
(Referent Herr GR. Hönig.) 9. Ansuchen des Phil.
Formann, städtischer Gärtner-Obergehilfe, um definitive
Anstellung. (Referent Herr GR. Fitzga.) 10. An-
suchen der Sofie Lindenberg um Einrichtung eines
Frühstückzimmers im Hause Nr. 1 Johannesgasse.
(Referent Herr GR. Schwarz.) Vertrauliche Sitzung.

-- Familienabend des österr. Eisenbahn-
beamten-Vereines, Ortsgruppe Baden.

Es
ist eine allbekannte Thatsache, dass gerade Nachzügler
der Carneval-Saison mitunter nicht nur besser besucht
sind als jene Bälle, die noch vor dem Aschermittwoch
abgehalten werden, sondern auch animierter verlaufen.
Bei Beginn des Faschings fürchtet eben so manch'
flotter Tänzer all' das ihm noch Bevorstehende,
während in der Nach-Saison wieder die Furcht auf-
tritt, es könnte sich vielleicht keine günstige Gelegen-
heit mehr bieten, sich so recht ordentlich auszutanzen.
Eines jener bevorzugten Kränzchen war das unter
dem Titel "Familienabend" der Beamtenschaft
Badens am Samstag, den 17. d. M., in den Saal-
localitäten des Hotels "Stadt Wien" abgehaltene.
Die Ortsgruppe Baden des österr. Eisenbabnbeamten-
Vereines kann mit dem Erfolg des veranstalteten
Familienabendes in zweifacher Richtung vollauf zufrieden
sein. Sowohl des guten Besuches wegen, als auch
damit, dass der Einladung ein durchwegs distinguiertes
Publicum gesolgt war, welches durch Vermeidung
und Hintansetzung der bei manchen Tanzunterhaltungen
beinahe bis zur Lächerlichkeit steigenden Gespreiztheit
und Vorstellungsmanier den Abend zu einem wirklich
vergnügten Familienabend gestaltete. Die dem Kränzchen
vorangehenden Concertvorträge waren alle recht brav
und wurden durch eine von der trefflichen Capelle
Fuchs
executierte Ouverture eingeleitet. Nachdem
Fräulein Elsa Pazeller ihre Gesangsvorträge zur
Zufriedenheit der Zuhörer absolvierte, war es Herr
Carl Reich jun., welcher, vom Capellmeister Hans
Maria Wallner am Clavier begleitet, mit der
Absingung der Ansprache des Landgrafen Hermann
an die Sänger aus Wagner's "Tannhäuser" geradezu
Vorzügliches bot. Er entzückte durch seine kräftige
und klangvolle Stimme. Das Publicum lauschte
andächtig seinem Vortrage und überschüttete den
Sänger mit Beifall, so dass er sich gezwungen
sah, eine Zugabe zu leisten. Der feste Ansatz und
die gut ausgeglichenen Lagen seiner umfangreichen
Stimme zeigen die gute Schulung seines bewährten
Meisters und wird der junge Sänger gewiss Carriere
machen. Unstreitig bildeten dessen Gesangvorträge die
Attraction des Programmes. Beifällig aufgenommen
wurden auch die Vorträge des Herren Carl Eckert.
Geradezu ausgezeichnet waren und vielen Beifall
fanden die Couplet-Vorträge der Herren Modl und
[Spaltenumbruch] Hiedl (Begleitung Frau Carola Lebensaft); die vor-
züglich gebrachten Couplets erzielten stürmische Heiter-
keit. Auch die Vorträge der Herren Ig. Hermann
und Spuller fanden verdienten Beifall. Das
Programm, welches sich unter der artistischen Leitung
des Herrn Franz Lebensaft abwickelte, war gut,
klugerweise aber nicht zu lang gestaltet, wodurch
auch den Vorträgen von dem auf das Tanzen harrenden
Publicum mehr Aufmerksamkeit gewidmet wurde, als
dies bei gleichen Anlässen zu geschehen pflegt. Um
11 Uhr begann das Kränzchen und den verlocken den
Tönen der Capelle Fuchs konnten bald selbst die
älteren Herren nicht mehr widerstehen und betheiligten
sich lebhaft am Tanze. Die erste Quadrille und
Cotillon wurden von 56 Paaren getanzt. Um das
Gelingen des schönen Familienabendes machten sich
ganz besonders der Obmann Herr Director Reich
und der Obmann-Stellvertreter Südbahnbeamter
Karl Köhler sowie die Herren Sigmund Kraupp
und Adalbert Malik (als Tanz-Arrangeur) verdient.
Das Kränzchen, zu welchem aus Wien und Umgebung
Ballgäste erschienen waren und bei welchem auch
genügend Tänzer zur Verfügung standen, endete erst
in den Morgenstunden. W[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]h.

-- Theater-Nachricht.

Heute Mittwoch,
den 21. l. M., gelangt die beliebte Operette "Fati-
nitza"
von F. v. Suppe zur Aufführung Morgen
Donnerstag, den 22. l. M., geht als 25 jähriges
Jubiläumsbenefice des verehrten Theatercassiers Herrn
Karl Petrovits die humorvolle, köstliche Posse "Ein
Böhm in Amerika"
von B. Zappert in Scene.
Wir wünschen und gönnen Herrn Petrovits ein recht
volles Haus. Freitag, den 23. l. M., bleibt die Bühne
geschlossen. Samstag, den 24. l. M., wird "Othello,
der Mohr von Venedig",
Trauerspiel in 5 Auf-
zügen von William Shakespeare, gegeben. -- Herr
Director Schreiber wird am Schluss der Saison noch
mit Operettengästen rechnen müssen, hauptsächlich aus
dem Grunde, da er sich veranlasst sah Herrn Schöpfer
Familienangelegenheiten halber vorzeitig zu beurlauben.

-- Die Trocken-Heißluft-Behand-
lung.

Unter obigem Titel ist dieser Tage im Ver-
lage der Buchhandlung Dittrich eine von dem bekannten
Arzte Dr. Rudolf Reitler verfasste Broschüre
erschienen, welche die Fortschritte der Thermaltherapie
bespricht. Die interessante Broschüre bringt eine
Anzahl Abbildungen von Trocken-Heißluft-Apparaten
(System Dr. Reitler) und erläutert die Gesichtspunkte,
aus welchen die verschiedenen thermaltherapeutischen
Methoden zu beurtheilen sind, die physiologischen
Wirkungen der trockenen, heißen Luft, sowie die
Construction und Anwendung der von Dr. Reitler ver-
besserten Apparate selbst. Die Broschüre, welche vom Ver-
fasser mit ganz besonderem Sachverständnis abgefasst
wurde, verdient die größte Aufmersamkeit ärztlicher
Kreise. Wir behalten uns vor, über die Anstalt des Herrn
Dr. Reitler gelegentlich ausführlicher zu berichten.




[Spaltenumbruch]

Geldmittel dagegen in Sicht-Wechseln von anerkannt
guten Firmen auf hiesige Bankhäuser mitbringen,
unter allen Umständen aber darauf bestehen, dass
ihre Unterschrift behufs Identificierung ihrer Persön-
lichkeit eingeschickt und die Wechsel sogleich avisiert
werden.

Sowohl während der Reise, als auch bei der
Ankunft sollte man über seine Vermögensverhältnisse
und Absichten verschwiegen und vor zudringlichen
Rathgebern auf der Hut sein. Schon mancher hat
das einem Betrüger leichtsinnig geschenkte Vertrauen
bitter bereut, als es zu spät war.

Amerikanisches Geld sollte niemand im Hafen-
platze oder auf dem Schiffe kaufen, weil viel falsches,
wertloses Geld im Umlauf ist und dem Emigranten
aufgehängt wird.

Auf Wechsel oder sonstige Wertpapiere sollte
niemand Geld borgen oder solche einem andern ab-
kaufen. In der Regel sind solche Papiere wertlos
oder deren Auszahlung wird beanstandet, weil sie
nur für diejenige Person, auf deren Namen sie aus-
gestellt sind, giltig sind.

Bei Ankunft im Landungsdepot sollte jeder
genau aufpassen, ob sein Name aufgerufen wird, um
Briefe oder sonstige Nachrichten in Empfang zu
nehmen. Ueberhaupt sollte jeder sich nach Nachrichten
erkundigen; häufig kommt es vor, dass solche nicht
erwartet werden und doch vorhanden sind.

Jeder Eingewanderte kann im Landungsdepot
bis zu seiner Abreise verbleiben. Wer es vorzieht,
in ein Gasthaus zu gehen, sollte vorher seine Casse
zu Rathe ziehen und sehen, ob sie ihm diese Annehm-
lichkeit gestattet, denn der Aufenthalt in einem hiesigen
Kosthaus ist nach deutschen Verhältnissen kostspielig,
und der Wirt ist berechtigt, das Gepäck als Unter-
[Spaltenumbruch] pfand zurückzuhalten. Geborgt und angeschrieben wird
nicht, und der anfänglich sehr zuvorkommende Wirt
kann sehr unangenehm werden, wenn die Tasche
leer ist.

Niemand sollte Schulden machen in der Er-
wartung, dass er von Verwandten im Lande Geld
zur Weiterreise erhalten wird. Gewöhnlich reicht das
Geld nur zur Bezahlung der Eisenbahnbillets, häufig
bleibt es auch ganz aus.

Wer Arbeit sucht, wende sich sofort nach seiner
Ankunft an das freie Arbeitsnachweisungs-Bureau
der Deutschen Gesellschaft, Nr. 45 Pearl Street, nahe
der Barge-Office, wo er in günstiger Jahreszeit bald
Beschäftigung finden wird, ohne dass er eine Gebür
zu bezahlen hat. Man lese auch in den deutschen
Zeitungen die Anzeigespalten unter der Rubrik
"Verlangt", sei aber auch hier vorsichtig, da die
Zeitungen natürlich über den Charakter der Anzeigen
nicht unterrichtet sind und keine Verantwortlichkeit
übernehmen. Anzeigen, in denen eine bare Caution
als Unterpfand verlangt wird, sollten unter allen
Umständen nicht beachtet werden, da fast alle solche
Anzeigen, die gewöhnlich sehr verlockend abgefasst
sind und hohe Bezahlung bei leichter Arbeit in Aus-
sicht stellen, grober Schwindel sind. Sobald die
Caution bezahlt ist, verschwindet das Geschäft und
mit ihm die glänzenden Aussichten und das einge-
zahlte Geld ist auf Nimmerwiedersehen verloren.

Landwirte, die mit etwas Vermögen nach
Amerika kommen, sollten sich mit Ankauf von Grund-
eigenthum nicht allzusehr beeilen, da sie in Gefahr
kommen, für wertloses Land oder solches, dessen
Besitztitel nicht in Ordnung ist, ihr Geld zu ver-
lieren. Um das Land selbst, sowie Klima und Absatz-
wege kennen zu lernen, ist es für jeden besser, sich
[Spaltenumbruch] erst gehörig umzusehen, sich als Arbeiter zu ver-
dingen und die hiesige Feldarbeit, die sehr verschieden
von der deutschen ist, praktisch kennen zu lernen,
inzwischen aber sein Capital auf einer hiesigen Spar-
bank zur Aufbewahrung zu hinterlegen.

Neueingewanderte, die ihre Familien nachkommen
lassen wollen, sollten sich nicht verleiten lassen, Schiffs-
scheine auf Abschlagszahlung zu kaufen. Im günstigsten
Falle würde der Schiffsschein doch nicht abgeschickt
werden, ehe der volle Preis für denselben eingezahlt
ist; in der Regel aber erfährt der arme Betrogene
nach monatelangem, vergeblichem Warten, dass sein
sauer erspartes Geld verloren ist.

Wer Rath und Unterstützung, Schutz oder Hilfe
sucht, frage nach den Beamten der Deutschen Gesell-
schaft, welche im Landungsdepot und im Bureau der
Gesellschaft, 13 Broadway, zu finden sind.

Die Bestimmungen des Gesetzes, welches Ein-
wanderern, die infolge eines vorher eingegangenen
Contracts hier ankommen, die Landung verbietet,
werden gegenwärtig durch die "Contract-Arbeiter-
Inspectoren" am Landungsplatz mit großer Strenge
ausgeführt, und wir müssen daher allen denjenigen,
die es angeht, dringend rathen, sich nicht durch Ver-
sprechungen von Arbeit zur Auswanderung bestimmen
zu lassen. Da viele über die Tendenz dieses Gesetzes,
welches ursprünglich nur als Abwehr gegen die
Massen-Einwanderung von billigen Arbeitskräften für
Fabriken, Minen, Eisenbahnbauten u. s. w. beab-
sichtigt war, im Unklaren und der Meinung sind,
dass, wenn sie nur bei der Examination dreist be-
haupten, sie hätten bereits Arbeit, sie nicht als
"Mittellose" zurückgewiesen würden, so kommt es
häufig vor, dass diese ihrer Ansicht nach unschuldige
Nothlüge ihnen größere Unannehmlichkeiten bereitet,


Mittwoch Badener Zeitung 21. März 1900. Nr. 23.

[Spaltenumbruch]

Feuer zu holen, fühlte ſich jedoch die deutſche
Fortſchrittspartei umſo weniger berufen, als ſie
ja auch ihrerſeits in ihrer Action gegen das
Wiener Wahlgeſetz in der deutſchen Volkspartei
keineswegs das für die allgemeine Freiheit in
der Reichshauptſtadt wünſchenswerte Entgegen-
kommen fand

Die Seſſion iſt alſo geſchloſſen und, ſo wenig
fruchtbar für die Völker Oeſterreichs ſie auch ge-
weſen iſt, ſo viel ſteht feſt, daſs das wenige, was
erreicht wurde, nur durch die Einſicht jener
Parteien erreicht werden konnte, welche neben
ihren Parteiintereſſen auch noch die Erforderniſſe
des Staates im Auge haben. Es iſt freilich
richtig, daſs ſolche Parteien für die Wähler-
maſſen, welche hinter ihnen ſtehen, nicht viel zu
thun imſtande ſind und die Erfahrungen, welche
man auf dieſem Gebiete im Verlaufe der letzten
Jahre ſammeln konnte, ſprechen nicht gerade für
dieſe Politik. Solche Parteien haben gerade von
denjenigen, denen ſie mit Zurückſtellung ihrer
eigenen Wünſche ſelbſtlos Dienſte leiſteten, den
gröbſten Undank erfahren. In der abgelaufenen
Seſſion hat die deutſche Fortſchrittspartei aber-
mals mit allen Kräften für das Zuſtandekommen
der ſogenannten Staatserforderniſſe gearbeitet.
Es gibt Leute genug, welche darüber ſehr peſſi-
miſtiſch denken, ob und wie die gegenwärtige
Regierung in reinen Parteifragen der Deutſchen
ſich entgegenkommend zeigen wird. Bis zur Mai-
ſeſſion wird ſich auf verſchiedenen Gebieten zeigen,
welche Früchte das Verhalten der Partei getragen
hat; dann wird aber auch die Gelegenheit ge-
kommen ſein, zur Regierung Körber endgiltig
Stellung zu nehmen.




Local-Nachrichten.
Gemeinde-Ausſchuſsſitzung.

Donnerstag,
den 22. März 1900, nachmittags 4 Uhr, findet im
ſtädtiſchen Rathsſaale zu Baden (Eingang Rathhaus-
gaſſe 4, II. Stock) eine Gemeinde-Ausſchuſsſitzung
mit folgender Tagesordnung ſtatt. 1. Mittheilungen.
2. Anträge des Bäderbaucomités. (Referent Herr
GA. Trauzl.) 3. Vorlage zweier Löſchungsqnittungen
für Herrn Joſef Gregora sen. und die Eheleute
Andreas und Thereſia Karl zur Genehmigung mit
Antrag. (Referent Herr GR. Fitzga.) 4. Anſuchen
der Franziska Brandl um Bewilligung der Abtheilung
der Parzellen Nr. 9 und 1/9 auf Bauplätze.
(Referent Herr GR. Gregora.) 5. Anſuchen der
Antonie Guba um Beſtimmung der Baulinie und
des Niveaus bei Parzelle Nr. 184/2 nächſt dem
Frachtenbahnhofe. (Referent Herr GR. Gregora.)
6. Antrag wegen Verlängerung des Pachtvertrages
mit Herrn Adolf Dietl. (Referent Herr GR. Hönig.)
7. Antrag betreffend die Verlängerung des Pacht-
[Spaltenumbruch] vertrages mit Franz Rubel. (Referent Herr GR.
Hönig.) 8. Anträge betreffend den Beſtandvertrag
mit Herrn Eduard Nißel bezüglich des Hauſes
C.-Nr. 700 in der Waltersdorferſtraße nebſt Zugehör.
(Referent Herr GR. Hönig.) 9. Anſuchen des Phil.
Formann, ſtädtiſcher Gärtner-Obergehilfe, um definitive
Anſtellung. (Referent Herr GR. Fitzga.) 10. An-
ſuchen der Sofie Lindenberg um Einrichtung eines
Frühſtückzimmers im Hauſe Nr. 1 Johannesgaſſe.
(Referent Herr GR. Schwarz.) Vertrauliche Sitzung.

Familienabend des öſterr. Eiſenbahn-
beamten-Vereines, Ortsgruppe Baden.

Es
iſt eine allbekannte Thatſache, daſs gerade Nachzügler
der Carneval-Saiſon mitunter nicht nur beſſer beſucht
ſind als jene Bälle, die noch vor dem Aſchermittwoch
abgehalten werden, ſondern auch animierter verlaufen.
Bei Beginn des Faſchings fürchtet eben ſo manch’
flotter Tänzer all’ das ihm noch Bevorſtehende,
während in der Nach-Saiſon wieder die Furcht auf-
tritt, es könnte ſich vielleicht keine günſtige Gelegen-
heit mehr bieten, ſich ſo recht ordentlich auszutanzen.
Eines jener bevorzugten Kränzchen war das unter
dem Titel „Familienabend“ der Beamtenſchaft
Badens am Samstag, den 17. d. M., in den Saal-
localitäten des Hotels „Stadt Wien“ abgehaltene.
Die Ortsgruppe Baden des öſterr. Eiſenbabnbeamten-
Vereines kann mit dem Erfolg des veranſtalteten
Familienabendes in zweifacher Richtung vollauf zufrieden
ſein. Sowohl des guten Beſuches wegen, als auch
damit, daſs der Einladung ein durchwegs diſtinguiertes
Publicum geſolgt war, welches durch Vermeidung
und Hintanſetzung der bei manchen Tanzunterhaltungen
beinahe bis zur Lächerlichkeit ſteigenden Geſpreiztheit
und Vorſtellungsmanier den Abend zu einem wirklich
vergnügten Familienabend geſtaltete. Die dem Kränzchen
vorangehenden Concertvorträge waren alle recht brav
und wurden durch eine von der trefflichen Capelle
Fuchs
executierte Ouverture eingeleitet. Nachdem
Fräulein Elſa Pazeller ihre Geſangsvorträge zur
Zufriedenheit der Zuhörer abſolvierte, war es Herr
Carl Reich jun., welcher, vom Capellmeiſter Hans
Maria Wallner am Clavier begleitet, mit der
Abſingung der Anſprache des Landgrafen Hermann
an die Sänger aus Wagner’s „Tannhäuſer“ geradezu
Vorzügliches bot. Er entzückte durch ſeine kräftige
und klangvolle Stimme. Das Publicum lauſchte
andächtig ſeinem Vortrage und überſchüttete den
Sänger mit Beifall, ſo daſs er ſich gezwungen
ſah, eine Zugabe zu leiſten. Der feſte Anſatz und
die gut ausgeglichenen Lagen ſeiner umfangreichen
Stimme zeigen die gute Schulung ſeines bewährten
Meiſters und wird der junge Sänger gewiſs Carrière
machen. Unſtreitig bildeten deſſen Geſangvorträge die
Attraction des Programmes. Beifällig aufgenommen
wurden auch die Vorträge des Herren Carl Eckert.
Geradezu ausgezeichnet waren und vielen Beifall
fanden die Couplet-Vorträge der Herren Modl und
[Spaltenumbruch] Hiedl (Begleitung Frau Carola Lebenſaft); die vor-
züglich gebrachten Couplets erzielten ſtürmiſche Heiter-
keit. Auch die Vorträge der Herren Ig. Hermann
und Spuller fanden verdienten Beifall. Das
Programm, welches ſich unter der artiſtiſchen Leitung
des Herrn Franz Lebenſaft abwickelte, war gut,
klugerweiſe aber nicht zu lang geſtaltet, wodurch
auch den Vorträgen von dem auf das Tanzen harrenden
Publicum mehr Aufmerkſamkeit gewidmet wurde, als
dies bei gleichen Anläſſen zu geſchehen pflegt. Um
11 Uhr begann das Kränzchen und den verlocken den
Tönen der Capelle Fuchs konnten bald ſelbſt die
älteren Herren nicht mehr widerſtehen und betheiligten
ſich lebhaft am Tanze. Die erſte Quadrille und
Cotillon wurden von 56 Paaren getanzt. Um das
Gelingen des ſchönen Familienabendes machten ſich
ganz beſonders der Obmann Herr Director Reich
und der Obmann-Stellvertreter Südbahnbeamter
Karl Köhler ſowie die Herren Sigmund Kraupp
und Adalbert Malik (als Tanz-Arrangeur) verdient.
Das Kränzchen, zu welchem aus Wien und Umgebung
Ballgäſte erſchienen waren und bei welchem auch
genügend Tänzer zur Verfügung ſtanden, endete erſt
in den Morgenſtunden. W[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]h.

Theater-Nachricht.

Heute Mittwoch,
den 21. l. M., gelangt die beliebte Operette „Fati-
nitza“
von F. v. Suppé zur Aufführung Morgen
Donnerstag, den 22. l. M., geht als 25 jähriges
Jubiläumsbenefice des verehrten Theatercaſſiers Herrn
Karl Petrovits die humorvolle, köſtliche Poſſe „Ein
Böhm in Amerika“
von B. Zappert in Scene.
Wir wünſchen und gönnen Herrn Petrovits ein recht
volles Haus. Freitag, den 23. l. M., bleibt die Bühne
geſchloſſen. Samstag, den 24. l. M., wird „Othello,
der Mohr von Venedig“,
Trauerſpiel in 5 Auf-
zügen von William Shakespeare, gegeben. — Herr
Director Schreiber wird am Schluſs der Saiſon noch
mit Operettengäſten rechnen müſſen, hauptſächlich aus
dem Grunde, da er ſich veranlaſst ſah Herrn Schöpfer
Familienangelegenheiten halber vorzeitig zu beurlauben.

Die Trocken-Heißluft-Behand-
lung.

Unter obigem Titel iſt dieſer Tage im Ver-
lage der Buchhandlung Dittrich eine von dem bekannten
Arzte Dr. Rudolf Reitler verfaſste Broſchüre
erſchienen, welche die Fortſchritte der Thermaltherapie
beſpricht. Die intereſſante Broſchüre bringt eine
Anzahl Abbildungen von Trocken-Heißluft-Apparaten
(Syſtem Dr. Reitler) und erläutert die Geſichtspunkte,
aus welchen die verſchiedenen thermaltherapeutiſchen
Methoden zu beurtheilen ſind, die phyſiologiſchen
Wirkungen der trockenen, heißen Luft, ſowie die
Conſtruction und Anwendung der von Dr. Reitler ver-
beſſerten Apparate ſelbſt. Die Broſchüre, welche vom Ver-
faſſer mit ganz beſonderem Sachverſtändnis abgefaſst
wurde, verdient die größte Aufmerſamkeit ärztlicher
Kreiſe. Wir behalten uns vor, über die Anſtalt des Herrn
Dr. Reitler gelegentlich ausführlicher zu berichten.




[Spaltenumbruch]

Geldmittel dagegen in Sicht-Wechſeln von anerkannt
guten Firmen auf hieſige Bankhäuſer mitbringen,
unter allen Umſtänden aber darauf beſtehen, daſs
ihre Unterſchrift behufs Identificierung ihrer Perſön-
lichkeit eingeſchickt und die Wechſel ſogleich aviſiert
werden.

Sowohl während der Reiſe, als auch bei der
Ankunft ſollte man über ſeine Vermögensverhältniſſe
und Abſichten verſchwiegen und vor zudringlichen
Rathgebern auf der Hut ſein. Schon mancher hat
das einem Betrüger leichtſinnig geſchenkte Vertrauen
bitter bereut, als es zu ſpät war.

Amerikaniſches Geld ſollte niemand im Hafen-
platze oder auf dem Schiffe kaufen, weil viel falſches,
wertloſes Geld im Umlauf iſt und dem Emigranten
aufgehängt wird.

Auf Wechſel oder ſonſtige Wertpapiere ſollte
niemand Geld borgen oder ſolche einem andern ab-
kaufen. In der Regel ſind ſolche Papiere wertlos
oder deren Auszahlung wird beanſtandet, weil ſie
nur für diejenige Perſon, auf deren Namen ſie aus-
geſtellt ſind, giltig ſind.

Bei Ankunft im Landungsdepot ſollte jeder
genau aufpaſſen, ob ſein Name aufgerufen wird, um
Briefe oder ſonſtige Nachrichten in Empfang zu
nehmen. Ueberhaupt ſollte jeder ſich nach Nachrichten
erkundigen; häufig kommt es vor, daſs ſolche nicht
erwartet werden und doch vorhanden ſind.

Jeder Eingewanderte kann im Landungsdepot
bis zu ſeiner Abreiſe verbleiben. Wer es vorzieht,
in ein Gaſthaus zu gehen, ſollte vorher ſeine Caſſe
zu Rathe ziehen und ſehen, ob ſie ihm dieſe Annehm-
lichkeit geſtattet, denn der Aufenthalt in einem hieſigen
Koſthaus iſt nach deutſchen Verhältniſſen koſtſpielig,
und der Wirt iſt berechtigt, das Gepäck als Unter-
[Spaltenumbruch] pfand zurückzuhalten. Geborgt und angeſchrieben wird
nicht, und der anfänglich ſehr zuvorkommende Wirt
kann ſehr unangenehm werden, wenn die Taſche
leer iſt.

Niemand ſollte Schulden machen in der Er-
wartung, daſs er von Verwandten im Lande Geld
zur Weiterreiſe erhalten wird. Gewöhnlich reicht das
Geld nur zur Bezahlung der Eiſenbahnbillets, häufig
bleibt es auch ganz aus.

Wer Arbeit ſucht, wende ſich ſofort nach ſeiner
Ankunft an das freie Arbeitsnachweiſungs-Bureau
der Deutſchen Geſellſchaft, Nr. 45 Pearl Street, nahe
der Barge-Office, wo er in günſtiger Jahreszeit bald
Beſchäftigung finden wird, ohne daſs er eine Gebür
zu bezahlen hat. Man leſe auch in den deutſchen
Zeitungen die Anzeigeſpalten unter der Rubrik
„Verlangt“, ſei aber auch hier vorſichtig, da die
Zeitungen natürlich über den Charakter der Anzeigen
nicht unterrichtet ſind und keine Verantwortlichkeit
übernehmen. Anzeigen, in denen eine bare Caution
als Unterpfand verlangt wird, ſollten unter allen
Umſtänden nicht beachtet werden, da faſt alle ſolche
Anzeigen, die gewöhnlich ſehr verlockend abgefaſst
ſind und hohe Bezahlung bei leichter Arbeit in Aus-
ſicht ſtellen, grober Schwindel ſind. Sobald die
Caution bezahlt iſt, verſchwindet das Geſchäft und
mit ihm die glänzenden Ausſichten und das einge-
zahlte Geld iſt auf Nimmerwiederſehen verloren.

Landwirte, die mit etwas Vermögen nach
Amerika kommen, ſollten ſich mit Ankauf von Grund-
eigenthum nicht allzuſehr beeilen, da ſie in Gefahr
kommen, für wertloſes Land oder ſolches, deſſen
Beſitztitel nicht in Ordnung iſt, ihr Geld zu ver-
lieren. Um das Land ſelbſt, ſowie Klima und Abſatz-
wege kennen zu lernen, iſt es für jeden beſſer, ſich
[Spaltenumbruch] erſt gehörig umzuſehen, ſich als Arbeiter zu ver-
dingen und die hieſige Feldarbeit, die ſehr verſchieden
von der deutſchen iſt, praktiſch kennen zu lernen,
inzwiſchen aber ſein Capital auf einer hieſigen Spar-
bank zur Aufbewahrung zu hinterlegen.

Neueingewanderte, die ihre Familien nachkommen
laſſen wollen, ſollten ſich nicht verleiten laſſen, Schiffs-
ſcheine auf Abſchlagszahlung zu kaufen. Im günſtigſten
Falle würde der Schiffsſchein doch nicht abgeſchickt
werden, ehe der volle Preis für denſelben eingezahlt
iſt; in der Regel aber erfährt der arme Betrogene
nach monatelangem, vergeblichem Warten, daſs ſein
ſauer erſpartes Geld verloren iſt.

Wer Rath und Unterſtützung, Schutz oder Hilfe
ſucht, frage nach den Beamten der Deutſchen Geſell-
ſchaft, welche im Landungsdepot und im Bureau der
Geſellſchaft, 13 Broadway, zu finden ſind.

Die Beſtimmungen des Geſetzes, welches Ein-
wanderern, die infolge eines vorher eingegangenen
Contracts hier ankommen, die Landung verbietet,
werden gegenwärtig durch die „Contract-Arbeiter-
Inſpectoren“ am Landungsplatz mit großer Strenge
ausgeführt, und wir müſſen daher allen denjenigen,
die es angeht, dringend rathen, ſich nicht durch Ver-
ſprechungen von Arbeit zur Auswanderung beſtimmen
zu laſſen. Da viele über die Tendenz dieſes Geſetzes,
welches urſprünglich nur als Abwehr gegen die
Maſſen-Einwanderung von billigen Arbeitskräften für
Fabriken, Minen, Eiſenbahnbauten u. ſ. w. beab-
ſichtigt war, im Unklaren und der Meinung ſind,
daſs, wenn ſie nur bei der Examination dreiſt be-
haupten, ſie hätten bereits Arbeit, ſie nicht als
„Mittelloſe“ zurückgewieſen würden, ſo kommt es
häufig vor, daſs dieſe ihrer Anſicht nach unſchuldige
Nothlüge ihnen größere Unannehmlichkeiten bereitet,


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[2/0002] Mittwoch Badener Zeitung 21. März 1900. Nr. 23. Feuer zu holen, fühlte ſich jedoch die deutſche Fortſchrittspartei umſo weniger berufen, als ſie ja auch ihrerſeits in ihrer Action gegen das Wiener Wahlgeſetz in der deutſchen Volkspartei keineswegs das für die allgemeine Freiheit in der Reichshauptſtadt wünſchenswerte Entgegen- kommen fand Die Seſſion iſt alſo geſchloſſen und, ſo wenig fruchtbar für die Völker Oeſterreichs ſie auch ge- weſen iſt, ſo viel ſteht feſt, daſs das wenige, was erreicht wurde, nur durch die Einſicht jener Parteien erreicht werden konnte, welche neben ihren Parteiintereſſen auch noch die Erforderniſſe des Staates im Auge haben. Es iſt freilich richtig, daſs ſolche Parteien für die Wähler- maſſen, welche hinter ihnen ſtehen, nicht viel zu thun imſtande ſind und die Erfahrungen, welche man auf dieſem Gebiete im Verlaufe der letzten Jahre ſammeln konnte, ſprechen nicht gerade für dieſe Politik. Solche Parteien haben gerade von denjenigen, denen ſie mit Zurückſtellung ihrer eigenen Wünſche ſelbſtlos Dienſte leiſteten, den gröbſten Undank erfahren. In der abgelaufenen Seſſion hat die deutſche Fortſchrittspartei aber- mals mit allen Kräften für das Zuſtandekommen der ſogenannten Staatserforderniſſe gearbeitet. Es gibt Leute genug, welche darüber ſehr peſſi- miſtiſch denken, ob und wie die gegenwärtige Regierung in reinen Parteifragen der Deutſchen ſich entgegenkommend zeigen wird. Bis zur Mai- ſeſſion wird ſich auf verſchiedenen Gebieten zeigen, welche Früchte das Verhalten der Partei getragen hat; dann wird aber auch die Gelegenheit ge- kommen ſein, zur Regierung Körber endgiltig Stellung zu nehmen. Local-Nachrichten. — Gemeinde-Ausſchuſsſitzung. Donnerstag, den 22. März 1900, nachmittags 4 Uhr, findet im ſtädtiſchen Rathsſaale zu Baden (Eingang Rathhaus- gaſſe 4, II. Stock) eine Gemeinde-Ausſchuſsſitzung mit folgender Tagesordnung ſtatt. 1. Mittheilungen. 2. Anträge des Bäderbaucomités. (Referent Herr GA. Trauzl.) 3. Vorlage zweier Löſchungsqnittungen für Herrn Joſef Gregora sen. und die Eheleute Andreas und Thereſia Karl zur Genehmigung mit Antrag. (Referent Herr GR. Fitzga.) 4. Anſuchen der Franziska Brandl um Bewilligung der Abtheilung der Parzellen Nr. 9 und 1/9 auf Bauplätze. (Referent Herr GR. Gregora.) 5. Anſuchen der Antonie Guba um Beſtimmung der Baulinie und des Niveaus bei Parzelle Nr. 184/2 nächſt dem Frachtenbahnhofe. (Referent Herr GR. Gregora.) 6. Antrag wegen Verlängerung des Pachtvertrages mit Herrn Adolf Dietl. (Referent Herr GR. Hönig.) 7. Antrag betreffend die Verlängerung des Pacht- vertrages mit Franz Rubel. (Referent Herr GR. Hönig.) 8. Anträge betreffend den Beſtandvertrag mit Herrn Eduard Nißel bezüglich des Hauſes C.-Nr. 700 in der Waltersdorferſtraße nebſt Zugehör. (Referent Herr GR. Hönig.) 9. Anſuchen des Phil. Formann, ſtädtiſcher Gärtner-Obergehilfe, um definitive Anſtellung. (Referent Herr GR. Fitzga.) 10. An- ſuchen der Sofie Lindenberg um Einrichtung eines Frühſtückzimmers im Hauſe Nr. 1 Johannesgaſſe. (Referent Herr GR. Schwarz.) Vertrauliche Sitzung. — Familienabend des öſterr. Eiſenbahn- beamten-Vereines, Ortsgruppe Baden. Es iſt eine allbekannte Thatſache, daſs gerade Nachzügler der Carneval-Saiſon mitunter nicht nur beſſer beſucht ſind als jene Bälle, die noch vor dem Aſchermittwoch abgehalten werden, ſondern auch animierter verlaufen. Bei Beginn des Faſchings fürchtet eben ſo manch’ flotter Tänzer all’ das ihm noch Bevorſtehende, während in der Nach-Saiſon wieder die Furcht auf- tritt, es könnte ſich vielleicht keine günſtige Gelegen- heit mehr bieten, ſich ſo recht ordentlich auszutanzen. Eines jener bevorzugten Kränzchen war das unter dem Titel „Familienabend“ der Beamtenſchaft Badens am Samstag, den 17. d. M., in den Saal- localitäten des Hotels „Stadt Wien“ abgehaltene. Die Ortsgruppe Baden des öſterr. Eiſenbabnbeamten- Vereines kann mit dem Erfolg des veranſtalteten Familienabendes in zweifacher Richtung vollauf zufrieden ſein. Sowohl des guten Beſuches wegen, als auch damit, daſs der Einladung ein durchwegs diſtinguiertes Publicum geſolgt war, welches durch Vermeidung und Hintanſetzung der bei manchen Tanzunterhaltungen beinahe bis zur Lächerlichkeit ſteigenden Geſpreiztheit und Vorſtellungsmanier den Abend zu einem wirklich vergnügten Familienabend geſtaltete. Die dem Kränzchen vorangehenden Concertvorträge waren alle recht brav und wurden durch eine von der trefflichen Capelle Fuchs executierte Ouverture eingeleitet. Nachdem Fräulein Elſa Pazeller ihre Geſangsvorträge zur Zufriedenheit der Zuhörer abſolvierte, war es Herr Carl Reich jun., welcher, vom Capellmeiſter Hans Maria Wallner am Clavier begleitet, mit der Abſingung der Anſprache des Landgrafen Hermann an die Sänger aus Wagner’s „Tannhäuſer“ geradezu Vorzügliches bot. Er entzückte durch ſeine kräftige und klangvolle Stimme. Das Publicum lauſchte andächtig ſeinem Vortrage und überſchüttete den Sänger mit Beifall, ſo daſs er ſich gezwungen ſah, eine Zugabe zu leiſten. Der feſte Anſatz und die gut ausgeglichenen Lagen ſeiner umfangreichen Stimme zeigen die gute Schulung ſeines bewährten Meiſters und wird der junge Sänger gewiſs Carrière machen. Unſtreitig bildeten deſſen Geſangvorträge die Attraction des Programmes. Beifällig aufgenommen wurden auch die Vorträge des Herren Carl Eckert. Geradezu ausgezeichnet waren und vielen Beifall fanden die Couplet-Vorträge der Herren Modl und Hiedl (Begleitung Frau Carola Lebenſaft); die vor- züglich gebrachten Couplets erzielten ſtürmiſche Heiter- keit. Auch die Vorträge der Herren Ig. Hermann und Spuller fanden verdienten Beifall. Das Programm, welches ſich unter der artiſtiſchen Leitung des Herrn Franz Lebenſaft abwickelte, war gut, klugerweiſe aber nicht zu lang geſtaltet, wodurch auch den Vorträgen von dem auf das Tanzen harrenden Publicum mehr Aufmerkſamkeit gewidmet wurde, als dies bei gleichen Anläſſen zu geſchehen pflegt. Um 11 Uhr begann das Kränzchen und den verlocken den Tönen der Capelle Fuchs konnten bald ſelbſt die älteren Herren nicht mehr widerſtehen und betheiligten ſich lebhaft am Tanze. Die erſte Quadrille und Cotillon wurden von 56 Paaren getanzt. Um das Gelingen des ſchönen Familienabendes machten ſich ganz beſonders der Obmann Herr Director Reich und der Obmann-Stellvertreter Südbahnbeamter Karl Köhler ſowie die Herren Sigmund Kraupp und Adalbert Malik (als Tanz-Arrangeur) verdient. Das Kränzchen, zu welchem aus Wien und Umgebung Ballgäſte erſchienen waren und bei welchem auch genügend Tänzer zur Verfügung ſtanden, endete erſt in den Morgenſtunden. W_h. — Theater-Nachricht. Heute Mittwoch, den 21. l. M., gelangt die beliebte Operette „Fati- nitza“ von F. v. Suppé zur Aufführung Morgen Donnerstag, den 22. l. M., geht als 25 jähriges Jubiläumsbenefice des verehrten Theatercaſſiers Herrn Karl Petrovits die humorvolle, köſtliche Poſſe „Ein Böhm in Amerika“ von B. Zappert in Scene. Wir wünſchen und gönnen Herrn Petrovits ein recht volles Haus. Freitag, den 23. l. M., bleibt die Bühne geſchloſſen. Samstag, den 24. l. M., wird „Othello, der Mohr von Venedig“, Trauerſpiel in 5 Auf- zügen von William Shakespeare, gegeben. — Herr Director Schreiber wird am Schluſs der Saiſon noch mit Operettengäſten rechnen müſſen, hauptſächlich aus dem Grunde, da er ſich veranlaſst ſah Herrn Schöpfer Familienangelegenheiten halber vorzeitig zu beurlauben. — Die Trocken-Heißluft-Behand- lung. Unter obigem Titel iſt dieſer Tage im Ver- lage der Buchhandlung Dittrich eine von dem bekannten Arzte Dr. Rudolf Reitler verfaſste Broſchüre erſchienen, welche die Fortſchritte der Thermaltherapie beſpricht. Die intereſſante Broſchüre bringt eine Anzahl Abbildungen von Trocken-Heißluft-Apparaten (Syſtem Dr. Reitler) und erläutert die Geſichtspunkte, aus welchen die verſchiedenen thermaltherapeutiſchen Methoden zu beurtheilen ſind, die phyſiologiſchen Wirkungen der trockenen, heißen Luft, ſowie die Conſtruction und Anwendung der von Dr. Reitler ver- beſſerten Apparate ſelbſt. Die Broſchüre, welche vom Ver- faſſer mit ganz beſonderem Sachverſtändnis abgefaſst wurde, verdient die größte Aufmerſamkeit ärztlicher Kreiſe. Wir behalten uns vor, über die Anſtalt des Herrn Dr. Reitler gelegentlich ausführlicher zu berichten. Geldmittel dagegen in Sicht-Wechſeln von anerkannt guten Firmen auf hieſige Bankhäuſer mitbringen, unter allen Umſtänden aber darauf beſtehen, daſs ihre Unterſchrift behufs Identificierung ihrer Perſön- lichkeit eingeſchickt und die Wechſel ſogleich aviſiert werden. Sowohl während der Reiſe, als auch bei der Ankunft ſollte man über ſeine Vermögensverhältniſſe und Abſichten verſchwiegen und vor zudringlichen Rathgebern auf der Hut ſein. Schon mancher hat das einem Betrüger leichtſinnig geſchenkte Vertrauen bitter bereut, als es zu ſpät war. Amerikaniſches Geld ſollte niemand im Hafen- platze oder auf dem Schiffe kaufen, weil viel falſches, wertloſes Geld im Umlauf iſt und dem Emigranten aufgehängt wird. Auf Wechſel oder ſonſtige Wertpapiere ſollte niemand Geld borgen oder ſolche einem andern ab- kaufen. In der Regel ſind ſolche Papiere wertlos oder deren Auszahlung wird beanſtandet, weil ſie nur für diejenige Perſon, auf deren Namen ſie aus- geſtellt ſind, giltig ſind. Bei Ankunft im Landungsdepot ſollte jeder genau aufpaſſen, ob ſein Name aufgerufen wird, um Briefe oder ſonſtige Nachrichten in Empfang zu nehmen. Ueberhaupt ſollte jeder ſich nach Nachrichten erkundigen; häufig kommt es vor, daſs ſolche nicht erwartet werden und doch vorhanden ſind. Jeder Eingewanderte kann im Landungsdepot bis zu ſeiner Abreiſe verbleiben. Wer es vorzieht, in ein Gaſthaus zu gehen, ſollte vorher ſeine Caſſe zu Rathe ziehen und ſehen, ob ſie ihm dieſe Annehm- lichkeit geſtattet, denn der Aufenthalt in einem hieſigen Koſthaus iſt nach deutſchen Verhältniſſen koſtſpielig, und der Wirt iſt berechtigt, das Gepäck als Unter- pfand zurückzuhalten. Geborgt und angeſchrieben wird nicht, und der anfänglich ſehr zuvorkommende Wirt kann ſehr unangenehm werden, wenn die Taſche leer iſt. Niemand ſollte Schulden machen in der Er- wartung, daſs er von Verwandten im Lande Geld zur Weiterreiſe erhalten wird. Gewöhnlich reicht das Geld nur zur Bezahlung der Eiſenbahnbillets, häufig bleibt es auch ganz aus. Wer Arbeit ſucht, wende ſich ſofort nach ſeiner Ankunft an das freie Arbeitsnachweiſungs-Bureau der Deutſchen Geſellſchaft, Nr. 45 Pearl Street, nahe der Barge-Office, wo er in günſtiger Jahreszeit bald Beſchäftigung finden wird, ohne daſs er eine Gebür zu bezahlen hat. Man leſe auch in den deutſchen Zeitungen die Anzeigeſpalten unter der Rubrik „Verlangt“, ſei aber auch hier vorſichtig, da die Zeitungen natürlich über den Charakter der Anzeigen nicht unterrichtet ſind und keine Verantwortlichkeit übernehmen. Anzeigen, in denen eine bare Caution als Unterpfand verlangt wird, ſollten unter allen Umſtänden nicht beachtet werden, da faſt alle ſolche Anzeigen, die gewöhnlich ſehr verlockend abgefaſst ſind und hohe Bezahlung bei leichter Arbeit in Aus- ſicht ſtellen, grober Schwindel ſind. Sobald die Caution bezahlt iſt, verſchwindet das Geſchäft und mit ihm die glänzenden Ausſichten und das einge- zahlte Geld iſt auf Nimmerwiederſehen verloren. Landwirte, die mit etwas Vermögen nach Amerika kommen, ſollten ſich mit Ankauf von Grund- eigenthum nicht allzuſehr beeilen, da ſie in Gefahr kommen, für wertloſes Land oder ſolches, deſſen Beſitztitel nicht in Ordnung iſt, ihr Geld zu ver- lieren. Um das Land ſelbſt, ſowie Klima und Abſatz- wege kennen zu lernen, iſt es für jeden beſſer, ſich erſt gehörig umzuſehen, ſich als Arbeiter zu ver- dingen und die hieſige Feldarbeit, die ſehr verſchieden von der deutſchen iſt, praktiſch kennen zu lernen, inzwiſchen aber ſein Capital auf einer hieſigen Spar- bank zur Aufbewahrung zu hinterlegen. Neueingewanderte, die ihre Familien nachkommen laſſen wollen, ſollten ſich nicht verleiten laſſen, Schiffs- ſcheine auf Abſchlagszahlung zu kaufen. Im günſtigſten Falle würde der Schiffsſchein doch nicht abgeſchickt werden, ehe der volle Preis für denſelben eingezahlt iſt; in der Regel aber erfährt der arme Betrogene nach monatelangem, vergeblichem Warten, daſs ſein ſauer erſpartes Geld verloren iſt. Wer Rath und Unterſtützung, Schutz oder Hilfe ſucht, frage nach den Beamten der Deutſchen Geſell- ſchaft, welche im Landungsdepot und im Bureau der Geſellſchaft, 13 Broadway, zu finden ſind. Die Beſtimmungen des Geſetzes, welches Ein- wanderern, die infolge eines vorher eingegangenen Contracts hier ankommen, die Landung verbietet, werden gegenwärtig durch die „Contract-Arbeiter- Inſpectoren“ am Landungsplatz mit großer Strenge ausgeführt, und wir müſſen daher allen denjenigen, die es angeht, dringend rathen, ſich nicht durch Ver- ſprechungen von Arbeit zur Auswanderung beſtimmen zu laſſen. Da viele über die Tendenz dieſes Geſetzes, welches urſprünglich nur als Abwehr gegen die Maſſen-Einwanderung von billigen Arbeitskräften für Fabriken, Minen, Eiſenbahnbauten u. ſ. w. beab- ſichtigt war, im Unklaren und der Meinung ſind, daſs, wenn ſie nur bei der Examination dreiſt be- haupten, ſie hätten bereits Arbeit, ſie nicht als „Mittelloſe“ zurückgewieſen würden, ſo kommt es häufig vor, daſs dieſe ihrer Anſicht nach unſchuldige Nothlüge ihnen größere Unannehmlichkeiten bereitet,

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 23, Baden (Niederösterreich), 21.03.1900, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener023_1900/2>, abgerufen am 28.03.2024.