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Die Bayerische Presse. Nr. 240. Würzburg, 7. Oktober 1850.

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[Spaltenumbruch] richte beweisen, daß der heutige Tag in Wirklich-
keit ein sehr unglücklicher für die schleswig - holstei-
nischen Waffen gewesen, da die Dänen das Ter-
rain nicht nur behauptet haben, sondern die Schles-
wig = Holsteiner bedeutend zurückgeworfen wurden.
Als des Morgens früh der Kampf von den
Schleswig=Holsteinern aufgenommen wurde, mach-
ten die Dänen von Friedrichsstadt und den vor-
liegenden Schanzen aus einen Ausfall gegen die
Husumer Chaussee und warfen die schleswig - hol-
steinschen Truppen bis jenseits der Eider heruber.
Nur mit Mühe gelang es den Kanonenboten, die
Tags zuvor genommenen Schanzen zu behaupten,
da diese mit ihren schweren Geschützen so lagen,
daß sie die Schanzen bestreichen konnten. Gleich-
zeitig erfolgte von Husum aus ein Angriff auf
das von den Schleswig = Holsteinern genommene
Tönning, diese wurden geworfen und die Dänen
nahmen wiederum Besitz von der Stadt. Dem-
nach waren schon um 10 Uhr Vormittags die
schleswig=holsteinischen Truppen auf ihre Stellung
zurückgedrängt, als ein neuer Angriff des 1. Jä-
gercorps auf Tönning gemacht und dies nach ei-
nem ziemlich heftigen Angriff von diesen wieder
behauptet wurde. Auch ist später wieder das
Bombardement auf die Schanzen von Friedrichs-
stadt eröffnet worden, doch war der Erfolg we-
gen all zu großer Entfernung durchaus kein gün-
stiger zu nennen, denn trotz eines längern anhal-
tenden Feuerns schienen die Dänen nicht den
geringsten Verlust erlitten zu haben. Der Kom-
mandeur des dänischen Korps bei Friedrichsstadt
ist der so oft todtgesagte ehemalige französische
Oberst Latour du Pain, nach seinen Wendungen
und Angriffen, die von den Dänen gemacht wer-
den, muß er ein sehr bedeutendes strategisches Ta-
lent besitzen, und wird voraussichtlich das Ende
dieser Expedition gerade so sein, wie es alle an-
deren bis jetzt waren, wenn nicht noch ungünsti-
ger. Die Gerüchte, die hier verbreitet werden,
daß die Dänen in Friedrichstadt um einen Waf-
fenstillstand nachgesucht hätten, um frei abziehen
oder ihre Verwundeten verbinden zu können, sind
völlig aus der Luft gegriffen und entbehren, wie
der größte Theil der exaltirten Berichte, jeder
Spur von Wahrheit. Jm Centrum und rechten
Flügel der Armee herrscht vollkommene Ruhe.

   

Vor Rendsburg, 3. Okt. Es ist noch im-
mer keine Entscheidung vor Friedrichsstadt erfolgt
und die Stadt befindet sich bis jetzt in den Hän-
den der Dänen, welche die Unterbrechungen des
Angriffs stets benutzten, um neue Schanzen auf-
zuwerfen. Das Bombardement der schleswig=hol-
steinischen Batterien hat den Dänen fast gar kei-
nen Schaden zugefügt, da diese die ersten Häuser-
reihen der Stadt gegen die Eider zu Schanzen
umgewandelt hatten. Mit dem bloßen Bombar-
dement kann man aber nichts machen, es müßten
vielmehr die Schanzwerke der Dänen mit Sturm
genommen werden; der erste Versuch hierzu kam
sehr theuer zu stehen und so wird man dieses wohl
unterlassen und noch einige Tage vergeblich vor
Friedrichsstadt liegen, um es durch Beschießen zur
Uebergabe zu zwingen. Die Dänen werden es
jedoch nicht übergeben, da sie in ihrer Position
ganz fest und gesichert sind und auch über Husum
so viel Verstärkungen längs der Chaussee heran-
ziehen können, als sie wollen, besonders da Tön-
ningen wieder von den Jhrigen genommen ist und
besetzt gehalten wird. Dieser jetzt viertägige Kampf
kostete sehr vielen Menschen das Leben, ohne daß das Ge-
ringste damit erreicht werden wird; es war dieses bei
dem so günstigen Terrain der dänischen Position
mit ziemlicher Gewißheit vorauszusehen. Die schles-
wig=holsteinischen Truppen stehen jetzt noch da,
wo sie gestanden haben, und nur die ersten beiden
Vorderschanzen sind genommen und nicht wieder
von den Dänen zurückerobert, weil dieselben von
den diesseitigen Geschützen gänzlich bestrichen wer-
den können. Von Zeit zu Zeit wird heftig ge-
feuert, die Dänen erwidern jedoch nur schwach, da
bei der jetzigen Entfernung es ohne Wirkung bleibt.

   
[Spaltenumbruch]

Stuttgart, 4. Okt. Nach vorhergegangenem
feierlichem Gottesdienst wurde heute11 1 / 2 Uhr
die dritte Landesversammlung vom Staatsminister
Freiherrn v. Linden mit folgender Rede eröffnet:
Hochzuverehrende Herren! Zum dritten Male ist
an das württembergische Volk der Ruf ergangen,
seine Vertreter zum Zwecke der Verfassungsrevi-
sion an diese Stätte zu senden. Dieser Ruf ist
aus dem aufrichtigen Wunsche entsprungen, auf
dem Wege der Vereinbarung zwischen König und
Volk ein Werk zu gründen, welches das künftige
Wohl Württembergs bedingen soll. Gewissen-
haft hat die Regierung erwogen, was sie zum
Zwecke dieser Vereinbarung zu bieten vermag;
sie hat sich in dem Jhnen vorzulegenden Ver-
fassungsentwurf ohne Rückhalt ausgesprochen, da-
mit möglichst bald der verderbliche Zustand der
Unentschiedenheit beseitigt werde. Dabei wurde
sie durch die Erwartung geleitet, die Vertreter
des Volkes werden hierin und in der Stimmung
des Landes, wie solche gegenüber der vorliegen-
den Aufgabe aus deutlichen Zeichen der neuesten
Zeit zu entnehmen ist, dringende Gründe finden,
von Wünschen und Bestrebungen abzustehen, welche
die Regierung zu verwirklichen außer Stande
ist. Es liegt nun an Jhnen, meine Herren, durch
Jhre Beschlüsse wesentlich mitzuwirken, daß unse-
ren öffentlichen Zuständen im Allgemeinen und
insbesondere dem Staatshaushalte bald wieder
die allerseits gewünschte Festigkeit zu Theil werde;
die Regierung trägt in sich das beruhigende Be-
wußtsein, solches, so weit es immer geschehen
konnte, erleichtert zu haben. Gerne wird die Re-
gierung an diese wichtige Arbeit die Berathung
von Gesetzesentwürfen anreihen, durch welche be-
sonders dringenden Volkswünschen hinsichtlich un-
serer bürgerlichen und gewerblichen Zustände ent-
gegengekommen werden soll, insbesondere in Be-
ziehung auf das Bürgerrechtsgesetz und seine Be-
stimmungen über die häusliche Niederlassung, die
Gewerbeordnung, das Prioritätsgesetz, die Ar-
menversorgung. Zur besonderen Befriedigung
wird es der Regierung gereichen, wenn sie, wie
sie gegründete Hoffnung hat, in den Stand ge-
setzt werden sollte, nähere Aussichten auf die Her-
stellung der Eisenbahnverbindung mit den Nach-
barstaaten zu eröffnen; wenn sie ferner in Be-
ziehung auf die so wünschenswerthe Lösung der
in dem letzten Stadium angelangten Unterhand-
lung über die Postangelegenheit die nöthigen Vor-
lagen zu machen vermag. Wendet die Regierung
sich zu den Verhältnissen Württembergs nach
Außen, so beklagt auch sie tief, daß es noch im-
mer nicht gelungen ist, das deutsche Verfassungs-
werk so zu gestalten, wie es dem Bedürfniß des
deutschen Volks entspricht; sie beklagt dies um so
mehr, als dadurch, wie der höhere Aufschwung
des materiellen Wohlstands gefährdet, so insbe-
sondere das vereinte nationale Wirken fortwährend
gehemmt erscheint gegenüber der sich darbietenden
wichtigen, für die Ehre und Jntegrität Deutsch-
lands, wie für den Frieden und den gesetzlichen
Zustand einzelner deutscher Lande so bedeutungs-
vollen Fragen. Von der Regierung, welche diese
Fragen stets zum Gegenstand ihrer ernsten Für-
sorge gemacht hat, ist nichts versäumt worden,
was zu jenem Ziel führen konnte. Die Schritte,
welche sie gethan hat, als alle Versuche, dasselbe
zu erreichen, sich als mißlungen darstellten, wa-
ren für sie, wie jetzt wohl nicht mehr bezweifelt
werden wird, nicht ein Akt willkürlichen Ermes-
sens, sondern die Folge bestehender rechtlicher
Verhältnisse -- nicht zu gedenken anderer, tief
in der Natur der Dinge begründeter Pflichten,
welchen im Angesichte drohender politischer Ver-
wicklungen ein doppeltes Gewicht zukommen mußte.
Hierdurch, meine Herren, ist zugleich der Gang
vorgezeichnet, welchen die Regierung auch künftig,
wenn gleich stets unter sorgfältiger Pflege jedes
Mittels zur Verständigung, zu gehen haben wird;
die Regierung wiederholt aber, was sie in feier-
licher Weise ausgesprochen: ihre gegenwärtige
Stellung ist ihr zugleich rechtliche Grundlage und
Ausgangspunkt für eine dem Bedürfnisse natio-
naler Einigung entsprechende Neugestaltung der
[Spaltenumbruch] deutschen Verfassung; und dieser Zweck, meine
Herren, wird um so sicherer erreicht werden, je
mehr die Volksvertretungen der einzelnen deut-
schen Staaten sich im Einklang mit ihren Regie-
rungen das praktisch Mögliche und Ausführbare
zum Ziel setzen. Die Regierung glaubt von dem
gesunden Sinne und dem Patriotismus der Ver-
treter des Volkes erwarten zu dürfen, daß ihr
die Revision der Verfassung im Wege der Ver-
einbarung nicht unmöglich gemacht, sondern daß
diese Aufgabe auf eine Weise werde gelöst wer-
den, welche, unter dem Schutze des Höchsten,
zum Wohl des Königs und des Volks, zum Se-
gen des Vaterlandes gereicht. Jn dieser Erwar-
tung, mit dem lebhaften Wunsche, daß sie er-
füllt werden möge, erkläre ich im Namen Sr.
konigl. Majestät diese außerordentliche Landesver-
sammlung für eröffnet.

Darmstadt, 5. Okt. Ueber den Jnhalt des
neuen Wahlgesetzes vernimmt man, daß die erste
Kammer nur zum Theil eine Wahlkammer blei-
ben wird. Sie soll im Wesentlichen aus den
Prinzen, gewählten Vertretern der größern Grund-
besitzer, aus den Repräsentanten der katholischen
und evangelischen Kirche und aus von dem Re-
genten ernannten Mitgliedern bestehen. Die
zweite wird aus indirekter Wahl der Steuerzah-
lenden, die nach der Größe ihres Steuerbetrags
in Klassen eingetheilt werden, hervorgehen. Jn
beider Hinsicht dürften also die Erwartungen de-
rer, die seit 1848 etwas gelernt haben, befriedigt
werden.

Vermischte Nachrichten.

Die Kinder haben einen eigenen Gott," ist
eine alte Redensart, und wenn irgend ein Vor-
fall geeignet ist, die Wahrheit dieser Redensart
zu bestätigen, so ist es wohl folgender, der sich
am 13. v. M. in Genf zugetragen hat. Das
"Journal de Geneve" erzählt nämlich: Ein
Haus in der Straße Rivoli war gestern der
Schauplatz eines ganz außerordentlichen Ereignis-
ses. Der Concierge des Hauses hatte verschie-
dene Werkzeuge nöthig, die auf dem Estrich im
siebenten Etage aufbewahrt lagen ( es ist bekannte
Sache, daß sich in einer Schweizer Stadt so
enorm hohe Häuser finden wie in Genf ) , und
schickte daher sein 13jähriges Töchterchen hinauf,
um das Nöthige zu holen. Das Kind ging und
nahm fein kleines2 1 / 4 jähriges Brüderchen mit.
Während das Töchterchen mit Hervorsuchen be-
schäftigt war, kletterte das Kleine am Fenster hi-
nauf, verliert aber im Augenblick das Gleichge-
wicht, rollt über das jäh abschüssige Dach hinab,
und wird so auf die Straße hinunter geschleudert.
Wer sollte nicht erwarten, der Unglückliche sei zu
Brei zerschmettert auf dem Pflaster unten ange-
langt? Keineswegs! Jm gleichen Augenblick fuhr
ein Kutscher im raschen Trabe unten durch, wurde
aber glücklicher Weise mitten auf der Straße
durch eine quer über dieselbe gehende Dame zu
momentanem Stillhalten genöthigt. Jn diesem
Moment fällt das Knäblein aus dem siebenten
Stockwerk dem Kutscher auf die Schulter, glitscht
der Kutsche nach hintnunter auf den Hintertheil
der Pferde und unter deren Füße. "Zufälliger"
Weise bewegt, trotz des unerwarteten Schlages,
keines derselben einen Fuß. Ein Vorübergehender
wirft sich rasch auf das Kind, zieht es an sich
und nimmt es auf den Arm. Wie groß war
nicht das Erstannen aller Zeugen dieser schreckli-
chen Scene, als sie sahen, daß das Kind ganz
frisch und wohlauf war, und nur mit etwas wei-
nerlichem Gesichte die Händchen nach dem Kopf
hielt mit den Worten: Weh weh am Kopf! Man
stelle sich die Danksagungen und das Entzücken
der Mutter vor, die noch ganz zitternd und ohn-
mächtig ihr so wunderbar aus einem unvermeid-
lich geschienenen Tode gerettetes Kind aus Herz
drückte.

Jn der New=York Literary World berichtet
eine amerikanische Dame aus Kairo vom Ende
Julius: "Eine neue Entdeckung hat man so eben
in Heliopolis gemacht. Einige Fellahs welche

[Spaltenumbruch] richte beweisen, daß der heutige Tag in Wirklich-
keit ein sehr unglücklicher für die schleswig - holstei-
nischen Waffen gewesen, da die Dänen das Ter-
rain nicht nur behauptet haben, sondern die Schles-
wig = Holsteiner bedeutend zurückgeworfen wurden.
Als des Morgens früh der Kampf von den
Schleswig=Holsteinern aufgenommen wurde, mach-
ten die Dänen von Friedrichsstadt und den vor-
liegenden Schanzen aus einen Ausfall gegen die
Husumer Chaussee und warfen die schleswig - hol-
steinschen Truppen bis jenseits der Eider heruber.
Nur mit Mühe gelang es den Kanonenboten, die
Tags zuvor genommenen Schanzen zu behaupten,
da diese mit ihren schweren Geschützen so lagen,
daß sie die Schanzen bestreichen konnten. Gleich-
zeitig erfolgte von Husum aus ein Angriff auf
das von den Schleswig = Holsteinern genommene
Tönning, diese wurden geworfen und die Dänen
nahmen wiederum Besitz von der Stadt. Dem-
nach waren schon um 10 Uhr Vormittags die
schleswig=holsteinischen Truppen auf ihre Stellung
zurückgedrängt, als ein neuer Angriff des 1. Jä-
gercorps auf Tönning gemacht und dies nach ei-
nem ziemlich heftigen Angriff von diesen wieder
behauptet wurde. Auch ist später wieder das
Bombardement auf die Schanzen von Friedrichs-
stadt eröffnet worden, doch war der Erfolg we-
gen all zu großer Entfernung durchaus kein gün-
stiger zu nennen, denn trotz eines längern anhal-
tenden Feuerns schienen die Dänen nicht den
geringsten Verlust erlitten zu haben. Der Kom-
mandeur des dänischen Korps bei Friedrichsstadt
ist der so oft todtgesagte ehemalige französische
Oberst Latour du Pain, nach seinen Wendungen
und Angriffen, die von den Dänen gemacht wer-
den, muß er ein sehr bedeutendes strategisches Ta-
lent besitzen, und wird voraussichtlich das Ende
dieser Expedition gerade so sein, wie es alle an-
deren bis jetzt waren, wenn nicht noch ungünsti-
ger. Die Gerüchte, die hier verbreitet werden,
daß die Dänen in Friedrichstadt um einen Waf-
fenstillstand nachgesucht hätten, um frei abziehen
oder ihre Verwundeten verbinden zu können, sind
völlig aus der Luft gegriffen und entbehren, wie
der größte Theil der exaltirten Berichte, jeder
Spur von Wahrheit. Jm Centrum und rechten
Flügel der Armee herrscht vollkommene Ruhe.

   

Vor Rendsburg, 3. Okt. Es ist noch im-
mer keine Entscheidung vor Friedrichsstadt erfolgt
und die Stadt befindet sich bis jetzt in den Hän-
den der Dänen, welche die Unterbrechungen des
Angriffs stets benutzten, um neue Schanzen auf-
zuwerfen. Das Bombardement der schleswig=hol-
steinischen Batterien hat den Dänen fast gar kei-
nen Schaden zugefügt, da diese die ersten Häuser-
reihen der Stadt gegen die Eider zu Schanzen
umgewandelt hatten. Mit dem bloßen Bombar-
dement kann man aber nichts machen, es müßten
vielmehr die Schanzwerke der Dänen mit Sturm
genommen werden; der erste Versuch hierzu kam
sehr theuer zu stehen und so wird man dieses wohl
unterlassen und noch einige Tage vergeblich vor
Friedrichsstadt liegen, um es durch Beschießen zur
Uebergabe zu zwingen. Die Dänen werden es
jedoch nicht übergeben, da sie in ihrer Position
ganz fest und gesichert sind und auch über Husum
so viel Verstärkungen längs der Chaussee heran-
ziehen können, als sie wollen, besonders da Tön-
ningen wieder von den Jhrigen genommen ist und
besetzt gehalten wird. Dieser jetzt viertägige Kampf
kostete sehr vielen Menschen das Leben, ohne daß das Ge-
ringste damit erreicht werden wird; es war dieses bei
dem so günstigen Terrain der dänischen Position
mit ziemlicher Gewißheit vorauszusehen. Die schles-
wig=holsteinischen Truppen stehen jetzt noch da,
wo sie gestanden haben, und nur die ersten beiden
Vorderschanzen sind genommen und nicht wieder
von den Dänen zurückerobert, weil dieselben von
den diesseitigen Geschützen gänzlich bestrichen wer-
den können. Von Zeit zu Zeit wird heftig ge-
feuert, die Dänen erwidern jedoch nur schwach, da
bei der jetzigen Entfernung es ohne Wirkung bleibt.

   
[Spaltenumbruch]

Stuttgart, 4. Okt. Nach vorhergegangenem
feierlichem Gottesdienst wurde heute11 1 / 2 Uhr
die dritte Landesversammlung vom Staatsminister
Freiherrn v. Linden mit folgender Rede eröffnet:
Hochzuverehrende Herren! Zum dritten Male ist
an das württembergische Volk der Ruf ergangen,
seine Vertreter zum Zwecke der Verfassungsrevi-
sion an diese Stätte zu senden. Dieser Ruf ist
aus dem aufrichtigen Wunsche entsprungen, auf
dem Wege der Vereinbarung zwischen König und
Volk ein Werk zu gründen, welches das künftige
Wohl Württembergs bedingen soll. Gewissen-
haft hat die Regierung erwogen, was sie zum
Zwecke dieser Vereinbarung zu bieten vermag;
sie hat sich in dem Jhnen vorzulegenden Ver-
fassungsentwurf ohne Rückhalt ausgesprochen, da-
mit möglichst bald der verderbliche Zustand der
Unentschiedenheit beseitigt werde. Dabei wurde
sie durch die Erwartung geleitet, die Vertreter
des Volkes werden hierin und in der Stimmung
des Landes, wie solche gegenüber der vorliegen-
den Aufgabe aus deutlichen Zeichen der neuesten
Zeit zu entnehmen ist, dringende Gründe finden,
von Wünschen und Bestrebungen abzustehen, welche
die Regierung zu verwirklichen außer Stande
ist. Es liegt nun an Jhnen, meine Herren, durch
Jhre Beschlüsse wesentlich mitzuwirken, daß unse-
ren öffentlichen Zuständen im Allgemeinen und
insbesondere dem Staatshaushalte bald wieder
die allerseits gewünschte Festigkeit zu Theil werde;
die Regierung trägt in sich das beruhigende Be-
wußtsein, solches, so weit es immer geschehen
konnte, erleichtert zu haben. Gerne wird die Re-
gierung an diese wichtige Arbeit die Berathung
von Gesetzesentwürfen anreihen, durch welche be-
sonders dringenden Volkswünschen hinsichtlich un-
serer bürgerlichen und gewerblichen Zustände ent-
gegengekommen werden soll, insbesondere in Be-
ziehung auf das Bürgerrechtsgesetz und seine Be-
stimmungen über die häusliche Niederlassung, die
Gewerbeordnung, das Prioritätsgesetz, die Ar-
menversorgung. Zur besonderen Befriedigung
wird es der Regierung gereichen, wenn sie, wie
sie gegründete Hoffnung hat, in den Stand ge-
setzt werden sollte, nähere Aussichten auf die Her-
stellung der Eisenbahnverbindung mit den Nach-
barstaaten zu eröffnen; wenn sie ferner in Be-
ziehung auf die so wünschenswerthe Lösung der
in dem letzten Stadium angelangten Unterhand-
lung über die Postangelegenheit die nöthigen Vor-
lagen zu machen vermag. Wendet die Regierung
sich zu den Verhältnissen Württembergs nach
Außen, so beklagt auch sie tief, daß es noch im-
mer nicht gelungen ist, das deutsche Verfassungs-
werk so zu gestalten, wie es dem Bedürfniß des
deutschen Volks entspricht; sie beklagt dies um so
mehr, als dadurch, wie der höhere Aufschwung
des materiellen Wohlstands gefährdet, so insbe-
sondere das vereinte nationale Wirken fortwährend
gehemmt erscheint gegenüber der sich darbietenden
wichtigen, für die Ehre und Jntegrität Deutsch-
lands, wie für den Frieden und den gesetzlichen
Zustand einzelner deutscher Lande so bedeutungs-
vollen Fragen. Von der Regierung, welche diese
Fragen stets zum Gegenstand ihrer ernsten Für-
sorge gemacht hat, ist nichts versäumt worden,
was zu jenem Ziel führen konnte. Die Schritte,
welche sie gethan hat, als alle Versuche, dasselbe
zu erreichen, sich als mißlungen darstellten, wa-
ren für sie, wie jetzt wohl nicht mehr bezweifelt
werden wird, nicht ein Akt willkürlichen Ermes-
sens, sondern die Folge bestehender rechtlicher
Verhältnisse -- nicht zu gedenken anderer, tief
in der Natur der Dinge begründeter Pflichten,
welchen im Angesichte drohender politischer Ver-
wicklungen ein doppeltes Gewicht zukommen mußte.
Hierdurch, meine Herren, ist zugleich der Gang
vorgezeichnet, welchen die Regierung auch künftig,
wenn gleich stets unter sorgfältiger Pflege jedes
Mittels zur Verständigung, zu gehen haben wird;
die Regierung wiederholt aber, was sie in feier-
licher Weise ausgesprochen: ihre gegenwärtige
Stellung ist ihr zugleich rechtliche Grundlage und
Ausgangspunkt für eine dem Bedürfnisse natio-
naler Einigung entsprechende Neugestaltung der
[Spaltenumbruch] deutschen Verfassung; und dieser Zweck, meine
Herren, wird um so sicherer erreicht werden, je
mehr die Volksvertretungen der einzelnen deut-
schen Staaten sich im Einklang mit ihren Regie-
rungen das praktisch Mögliche und Ausführbare
zum Ziel setzen. Die Regierung glaubt von dem
gesunden Sinne und dem Patriotismus der Ver-
treter des Volkes erwarten zu dürfen, daß ihr
die Revision der Verfassung im Wege der Ver-
einbarung nicht unmöglich gemacht, sondern daß
diese Aufgabe auf eine Weise werde gelöst wer-
den, welche, unter dem Schutze des Höchsten,
zum Wohl des Königs und des Volks, zum Se-
gen des Vaterlandes gereicht. Jn dieser Erwar-
tung, mit dem lebhaften Wunsche, daß sie er-
füllt werden möge, erkläre ich im Namen Sr.
konigl. Majestät diese außerordentliche Landesver-
sammlung für eröffnet.

Darmstadt, 5. Okt. Ueber den Jnhalt des
neuen Wahlgesetzes vernimmt man, daß die erste
Kammer nur zum Theil eine Wahlkammer blei-
ben wird. Sie soll im Wesentlichen aus den
Prinzen, gewählten Vertretern der größern Grund-
besitzer, aus den Repräsentanten der katholischen
und evangelischen Kirche und aus von dem Re-
genten ernannten Mitgliedern bestehen. Die
zweite wird aus indirekter Wahl der Steuerzah-
lenden, die nach der Größe ihres Steuerbetrags
in Klassen eingetheilt werden, hervorgehen. Jn
beider Hinsicht dürften also die Erwartungen de-
rer, die seit 1848 etwas gelernt haben, befriedigt
werden.

Vermischte Nachrichten.

Die Kinder haben einen eigenen Gott,“ ist
eine alte Redensart, und wenn irgend ein Vor-
fall geeignet ist, die Wahrheit dieser Redensart
zu bestätigen, so ist es wohl folgender, der sich
am 13. v. M. in Genf zugetragen hat. Das
„Journal de Geneve“ erzählt nämlich: Ein
Haus in der Straße Rivoli war gestern der
Schauplatz eines ganz außerordentlichen Ereignis-
ses. Der Concierge des Hauses hatte verschie-
dene Werkzeuge nöthig, die auf dem Estrich im
siebenten Etage aufbewahrt lagen ( es ist bekannte
Sache, daß sich in einer Schweizer Stadt so
enorm hohe Häuser finden wie in Genf ) , und
schickte daher sein 13jähriges Töchterchen hinauf,
um das Nöthige zu holen. Das Kind ging und
nahm fein kleines2 1 / 4 jähriges Brüderchen mit.
Während das Töchterchen mit Hervorsuchen be-
schäftigt war, kletterte das Kleine am Fenster hi-
nauf, verliert aber im Augenblick das Gleichge-
wicht, rollt über das jäh abschüssige Dach hinab,
und wird so auf die Straße hinunter geschleudert.
Wer sollte nicht erwarten, der Unglückliche sei zu
Brei zerschmettert auf dem Pflaster unten ange-
langt? Keineswegs! Jm gleichen Augenblick fuhr
ein Kutscher im raschen Trabe unten durch, wurde
aber glücklicher Weise mitten auf der Straße
durch eine quer über dieselbe gehende Dame zu
momentanem Stillhalten genöthigt. Jn diesem
Moment fällt das Knäblein aus dem siebenten
Stockwerk dem Kutscher auf die Schulter, glitscht
der Kutsche nach hintnunter auf den Hintertheil
der Pferde und unter deren Füße. „Zufälliger“
Weise bewegt, trotz des unerwarteten Schlages,
keines derselben einen Fuß. Ein Vorübergehender
wirft sich rasch auf das Kind, zieht es an sich
und nimmt es auf den Arm. Wie groß war
nicht das Erstannen aller Zeugen dieser schreckli-
chen Scene, als sie sahen, daß das Kind ganz
frisch und wohlauf war, und nur mit etwas wei-
nerlichem Gesichte die Händchen nach dem Kopf
hielt mit den Worten: Weh weh am Kopf! Man
stelle sich die Danksagungen und das Entzücken
der Mutter vor, die noch ganz zitternd und ohn-
mächtig ihr so wunderbar aus einem unvermeid-
lich geschienenen Tode gerettetes Kind aus Herz
drückte.

Jn der New=York Literary World berichtet
eine amerikanische Dame aus Kairo vom Ende
Julius: „Eine neue Entdeckung hat man so eben
in Heliopolis gemacht. Einige Fellahs welche

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[0003] richte beweisen, daß der heutige Tag in Wirklich- keit ein sehr unglücklicher für die schleswig - holstei- nischen Waffen gewesen, da die Dänen das Ter- rain nicht nur behauptet haben, sondern die Schles- wig = Holsteiner bedeutend zurückgeworfen wurden. Als des Morgens früh der Kampf von den Schleswig=Holsteinern aufgenommen wurde, mach- ten die Dänen von Friedrichsstadt und den vor- liegenden Schanzen aus einen Ausfall gegen die Husumer Chaussee und warfen die schleswig - hol- steinschen Truppen bis jenseits der Eider heruber. Nur mit Mühe gelang es den Kanonenboten, die Tags zuvor genommenen Schanzen zu behaupten, da diese mit ihren schweren Geschützen so lagen, daß sie die Schanzen bestreichen konnten. Gleich- zeitig erfolgte von Husum aus ein Angriff auf das von den Schleswig = Holsteinern genommene Tönning, diese wurden geworfen und die Dänen nahmen wiederum Besitz von der Stadt. Dem- nach waren schon um 10 Uhr Vormittags die schleswig=holsteinischen Truppen auf ihre Stellung zurückgedrängt, als ein neuer Angriff des 1. Jä- gercorps auf Tönning gemacht und dies nach ei- nem ziemlich heftigen Angriff von diesen wieder behauptet wurde. Auch ist später wieder das Bombardement auf die Schanzen von Friedrichs- stadt eröffnet worden, doch war der Erfolg we- gen all zu großer Entfernung durchaus kein gün- stiger zu nennen, denn trotz eines längern anhal- tenden Feuerns schienen die Dänen nicht den geringsten Verlust erlitten zu haben. Der Kom- mandeur des dänischen Korps bei Friedrichsstadt ist der so oft todtgesagte ehemalige französische Oberst Latour du Pain, nach seinen Wendungen und Angriffen, die von den Dänen gemacht wer- den, muß er ein sehr bedeutendes strategisches Ta- lent besitzen, und wird voraussichtlich das Ende dieser Expedition gerade so sein, wie es alle an- deren bis jetzt waren, wenn nicht noch ungünsti- ger. Die Gerüchte, die hier verbreitet werden, daß die Dänen in Friedrichstadt um einen Waf- fenstillstand nachgesucht hätten, um frei abziehen oder ihre Verwundeten verbinden zu können, sind völlig aus der Luft gegriffen und entbehren, wie der größte Theil der exaltirten Berichte, jeder Spur von Wahrheit. Jm Centrum und rechten Flügel der Armee herrscht vollkommene Ruhe. ( N. Pr. Ztg. ) Vor Rendsburg, 3. Okt. Es ist noch im- mer keine Entscheidung vor Friedrichsstadt erfolgt und die Stadt befindet sich bis jetzt in den Hän- den der Dänen, welche die Unterbrechungen des Angriffs stets benutzten, um neue Schanzen auf- zuwerfen. Das Bombardement der schleswig=hol- steinischen Batterien hat den Dänen fast gar kei- nen Schaden zugefügt, da diese die ersten Häuser- reihen der Stadt gegen die Eider zu Schanzen umgewandelt hatten. Mit dem bloßen Bombar- dement kann man aber nichts machen, es müßten vielmehr die Schanzwerke der Dänen mit Sturm genommen werden; der erste Versuch hierzu kam sehr theuer zu stehen und so wird man dieses wohl unterlassen und noch einige Tage vergeblich vor Friedrichsstadt liegen, um es durch Beschießen zur Uebergabe zu zwingen. Die Dänen werden es jedoch nicht übergeben, da sie in ihrer Position ganz fest und gesichert sind und auch über Husum so viel Verstärkungen längs der Chaussee heran- ziehen können, als sie wollen, besonders da Tön- ningen wieder von den Jhrigen genommen ist und besetzt gehalten wird. Dieser jetzt viertägige Kampf kostete sehr vielen Menschen das Leben, ohne daß das Ge- ringste damit erreicht werden wird; es war dieses bei dem so günstigen Terrain der dänischen Position mit ziemlicher Gewißheit vorauszusehen. Die schles- wig=holsteinischen Truppen stehen jetzt noch da, wo sie gestanden haben, und nur die ersten beiden Vorderschanzen sind genommen und nicht wieder von den Dänen zurückerobert, weil dieselben von den diesseitigen Geschützen gänzlich bestrichen wer- den können. Von Zeit zu Zeit wird heftig ge- feuert, die Dänen erwidern jedoch nur schwach, da bei der jetzigen Entfernung es ohne Wirkung bleibt. ( N. Pr. Z. ) Stuttgart, 4. Okt. Nach vorhergegangenem feierlichem Gottesdienst wurde heute11 1 / 2 Uhr die dritte Landesversammlung vom Staatsminister Freiherrn v. Linden mit folgender Rede eröffnet: Hochzuverehrende Herren! Zum dritten Male ist an das württembergische Volk der Ruf ergangen, seine Vertreter zum Zwecke der Verfassungsrevi- sion an diese Stätte zu senden. Dieser Ruf ist aus dem aufrichtigen Wunsche entsprungen, auf dem Wege der Vereinbarung zwischen König und Volk ein Werk zu gründen, welches das künftige Wohl Württembergs bedingen soll. Gewissen- haft hat die Regierung erwogen, was sie zum Zwecke dieser Vereinbarung zu bieten vermag; sie hat sich in dem Jhnen vorzulegenden Ver- fassungsentwurf ohne Rückhalt ausgesprochen, da- mit möglichst bald der verderbliche Zustand der Unentschiedenheit beseitigt werde. Dabei wurde sie durch die Erwartung geleitet, die Vertreter des Volkes werden hierin und in der Stimmung des Landes, wie solche gegenüber der vorliegen- den Aufgabe aus deutlichen Zeichen der neuesten Zeit zu entnehmen ist, dringende Gründe finden, von Wünschen und Bestrebungen abzustehen, welche die Regierung zu verwirklichen außer Stande ist. Es liegt nun an Jhnen, meine Herren, durch Jhre Beschlüsse wesentlich mitzuwirken, daß unse- ren öffentlichen Zuständen im Allgemeinen und insbesondere dem Staatshaushalte bald wieder die allerseits gewünschte Festigkeit zu Theil werde; die Regierung trägt in sich das beruhigende Be- wußtsein, solches, so weit es immer geschehen konnte, erleichtert zu haben. Gerne wird die Re- gierung an diese wichtige Arbeit die Berathung von Gesetzesentwürfen anreihen, durch welche be- sonders dringenden Volkswünschen hinsichtlich un- serer bürgerlichen und gewerblichen Zustände ent- gegengekommen werden soll, insbesondere in Be- ziehung auf das Bürgerrechtsgesetz und seine Be- stimmungen über die häusliche Niederlassung, die Gewerbeordnung, das Prioritätsgesetz, die Ar- menversorgung. Zur besonderen Befriedigung wird es der Regierung gereichen, wenn sie, wie sie gegründete Hoffnung hat, in den Stand ge- setzt werden sollte, nähere Aussichten auf die Her- stellung der Eisenbahnverbindung mit den Nach- barstaaten zu eröffnen; wenn sie ferner in Be- ziehung auf die so wünschenswerthe Lösung der in dem letzten Stadium angelangten Unterhand- lung über die Postangelegenheit die nöthigen Vor- lagen zu machen vermag. Wendet die Regierung sich zu den Verhältnissen Württembergs nach Außen, so beklagt auch sie tief, daß es noch im- mer nicht gelungen ist, das deutsche Verfassungs- werk so zu gestalten, wie es dem Bedürfniß des deutschen Volks entspricht; sie beklagt dies um so mehr, als dadurch, wie der höhere Aufschwung des materiellen Wohlstands gefährdet, so insbe- sondere das vereinte nationale Wirken fortwährend gehemmt erscheint gegenüber der sich darbietenden wichtigen, für die Ehre und Jntegrität Deutsch- lands, wie für den Frieden und den gesetzlichen Zustand einzelner deutscher Lande so bedeutungs- vollen Fragen. Von der Regierung, welche diese Fragen stets zum Gegenstand ihrer ernsten Für- sorge gemacht hat, ist nichts versäumt worden, was zu jenem Ziel führen konnte. Die Schritte, welche sie gethan hat, als alle Versuche, dasselbe zu erreichen, sich als mißlungen darstellten, wa- ren für sie, wie jetzt wohl nicht mehr bezweifelt werden wird, nicht ein Akt willkürlichen Ermes- sens, sondern die Folge bestehender rechtlicher Verhältnisse -- nicht zu gedenken anderer, tief in der Natur der Dinge begründeter Pflichten, welchen im Angesichte drohender politischer Ver- wicklungen ein doppeltes Gewicht zukommen mußte. Hierdurch, meine Herren, ist zugleich der Gang vorgezeichnet, welchen die Regierung auch künftig, wenn gleich stets unter sorgfältiger Pflege jedes Mittels zur Verständigung, zu gehen haben wird; die Regierung wiederholt aber, was sie in feier- licher Weise ausgesprochen: ihre gegenwärtige Stellung ist ihr zugleich rechtliche Grundlage und Ausgangspunkt für eine dem Bedürfnisse natio- naler Einigung entsprechende Neugestaltung der deutschen Verfassung; und dieser Zweck, meine Herren, wird um so sicherer erreicht werden, je mehr die Volksvertretungen der einzelnen deut- schen Staaten sich im Einklang mit ihren Regie- rungen das praktisch Mögliche und Ausführbare zum Ziel setzen. Die Regierung glaubt von dem gesunden Sinne und dem Patriotismus der Ver- treter des Volkes erwarten zu dürfen, daß ihr die Revision der Verfassung im Wege der Ver- einbarung nicht unmöglich gemacht, sondern daß diese Aufgabe auf eine Weise werde gelöst wer- den, welche, unter dem Schutze des Höchsten, zum Wohl des Königs und des Volks, zum Se- gen des Vaterlandes gereicht. Jn dieser Erwar- tung, mit dem lebhaften Wunsche, daß sie er- füllt werden möge, erkläre ich im Namen Sr. konigl. Majestät diese außerordentliche Landesver- sammlung für eröffnet. Darmstadt, 5. Okt. Ueber den Jnhalt des neuen Wahlgesetzes vernimmt man, daß die erste Kammer nur zum Theil eine Wahlkammer blei- ben wird. Sie soll im Wesentlichen aus den Prinzen, gewählten Vertretern der größern Grund- besitzer, aus den Repräsentanten der katholischen und evangelischen Kirche und aus von dem Re- genten ernannten Mitgliedern bestehen. Die zweite wird aus indirekter Wahl der Steuerzah- lenden, die nach der Größe ihres Steuerbetrags in Klassen eingetheilt werden, hervorgehen. Jn beider Hinsicht dürften also die Erwartungen de- rer, die seit 1848 etwas gelernt haben, befriedigt werden. Vermischte Nachrichten. Die Kinder haben einen eigenen Gott,“ ist eine alte Redensart, und wenn irgend ein Vor- fall geeignet ist, die Wahrheit dieser Redensart zu bestätigen, so ist es wohl folgender, der sich am 13. v. M. in Genf zugetragen hat. Das „Journal de Geneve“ erzählt nämlich: Ein Haus in der Straße Rivoli war gestern der Schauplatz eines ganz außerordentlichen Ereignis- ses. Der Concierge des Hauses hatte verschie- dene Werkzeuge nöthig, die auf dem Estrich im siebenten Etage aufbewahrt lagen ( es ist bekannte Sache, daß sich in einer Schweizer Stadt so enorm hohe Häuser finden wie in Genf ) , und schickte daher sein 13jähriges Töchterchen hinauf, um das Nöthige zu holen. Das Kind ging und nahm fein kleines2 1 / 4 jähriges Brüderchen mit. Während das Töchterchen mit Hervorsuchen be- schäftigt war, kletterte das Kleine am Fenster hi- nauf, verliert aber im Augenblick das Gleichge- wicht, rollt über das jäh abschüssige Dach hinab, und wird so auf die Straße hinunter geschleudert. Wer sollte nicht erwarten, der Unglückliche sei zu Brei zerschmettert auf dem Pflaster unten ange- langt? Keineswegs! Jm gleichen Augenblick fuhr ein Kutscher im raschen Trabe unten durch, wurde aber glücklicher Weise mitten auf der Straße durch eine quer über dieselbe gehende Dame zu momentanem Stillhalten genöthigt. Jn diesem Moment fällt das Knäblein aus dem siebenten Stockwerk dem Kutscher auf die Schulter, glitscht der Kutsche nach hintnunter auf den Hintertheil der Pferde und unter deren Füße. „Zufälliger“ Weise bewegt, trotz des unerwarteten Schlages, keines derselben einen Fuß. Ein Vorübergehender wirft sich rasch auf das Kind, zieht es an sich und nimmt es auf den Arm. Wie groß war nicht das Erstannen aller Zeugen dieser schreckli- chen Scene, als sie sahen, daß das Kind ganz frisch und wohlauf war, und nur mit etwas wei- nerlichem Gesichte die Händchen nach dem Kopf hielt mit den Worten: Weh weh am Kopf! Man stelle sich die Danksagungen und das Entzücken der Mutter vor, die noch ganz zitternd und ohn- mächtig ihr so wunderbar aus einem unvermeid- lich geschienenen Tode gerettetes Kind aus Herz drückte. Jn der New=York Literary World berichtet eine amerikanische Dame aus Kairo vom Ende Julius: „Eine neue Entdeckung hat man so eben in Heliopolis gemacht. Einige Fellahs welche

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 240. Würzburg, 7. Oktober 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische240_1850/3>, abgerufen am 23.04.2024.