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Die Bayerische Presse. Nr. 280. Würzburg, 22. November 1850.

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Nr. 533.

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und Gelder frei.

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Nr. 280.
Würzburg, Freitag den 22. November. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Die deutsche Gesinnung der Gothaer.

Jn den Zeiten höchster Bedrängniß und Ge-
fahr für das Vaterland bewährt sich der ächte,
der wahre Patriotismus, in solchen Krisen ist es
der Patriot, der Vaterlandsfreund im wahren
Sinn des Wortes, der mit aufrichtiger Freude
und unbedingter Hingebung Alles, Gut und Blut,
seine ganze Habe, sein Leben dem Vaterlande
weihet, der ihm selbst das größte Opfer -- das
seiner Ueberzeugung bringt, wenn er erkennt, daß
ihre Verwirklichung nur durch das Verderben des
Vaterlandes erreicht werden kann. Nicht so die
Deutschesten der Deutschen -- unsere Gothaer!
Sie, die unaufhörlich von dem Glücke, der Macht,
der Wohlfahrt, der Einigung des deutschen Va-
terlandes schwätzen, bedenken sie nicht, jetzt, wo
die fürchterlichste Gefahr -- wie seit zwei Jahr-
hunderten nicht -- das Vaterland bedroht -- wo
der unselige Bruderkrieg an die Pforten pocht --
wo Deutsche bereits gegen Deutsche das Schwert
gezückt -- mit der vollen Wuth der Raserei den
unheilvollen Brand anzufachen, der -- einmal
entzündet, unaufhaltsam das ganze Vaterland er-
greifen wird -- die Glut zu schüren, die leider
nur zu sehr schon unter den deutschen Bruder-
stämmen um sich gegriffen -- den unseligen Haß,
der sie seit Jahrhunderten gegeneinander waffnete,
aufs Neue aufzustacheln, den Norden Deutschlands
gegen den Süden zu hetzen, alle Schrecknisse des
Bürgerkrieges über das arme Vaterland herauf-
zuschwören! Mit unseligen Emsigkeit schüren, he-
tzen, wühlen sie an allen Ecken und Enden; mit
teuflischer Lust ziehen sie das dem Moder längst
vergangener, längst vergessener Zeiten Alles her-
vor, was den Haß der deutschen Bruderstämme
zu entflammen vermag; taub gegen alle Lehren
und Warnungen der Geschichte beuten sie diese
aus, um alle Schmach und Schande, mit der un-
seligen Verblendung früherer Jahrhunderte den
deutschen Namen befleckt, auf's Neue in's Leben
zurückzurufen! Jhr Fanatismus kennt kein Maaß,
kein Ziel, keine Grenze: sie lechzen nach Bürger-
blut, ihr Ungestüm, ihre Ungeduld vermag kaum
den Augenblick abzuwarten der das Signal an-
geben soll zum Bürgerkriege, der Tod und Ver-
berben, Jammer und Trauer über alle deutschen
Lander verbreiten soll! Und dieß Alles, um, wie
die Gothaer sagen, das deutsche Vaterland glück-
lich, stark, einig
zu machen! Die späte Nach-
welt wird solch' grenzenlosen Wahnsinn unerklär-
lich finden, der des Vaterlandes Glück dadurch
schaffen will, daß er es in das unabsehbarste Un-
glück stürzt, der es dadurch stark machen will, daß
er den Bruderkrieg heraufbeschwört, in dem die
edelsten Kräfte der Nation sich aufreiben, sich er-
schöpfen müssen, der es dadurch zur Einigkeit füh-
ren will, daß er den Haß, den Unfrieden, den
Kampf der deutschen Bruderstämme gegen einan-
der entflammt! Nein, wer solch' wahnsinnige,
verbrecherische Gedanken zu fassen, zu ihrer Aus-
sührung aufzufordern vermag, der ist kein Freund
des Vaterlandes, kein Patriot, kein Deutscher!
Jhm ist es nicht um das Glück, die Wohlfahrt,
Macht und Ehre Deutschlands zu thun; für ihn
gibt es nur ein Ziel, nur ein Streben, -- jenes,
seinen Meinungen und Jdeen um je-
den Preis, selbst um jenen des Ver-
[Spaltenumbruch] derbens der deutschen Nation, den
Sieg zu verschaffen!
Mag der wuthendste
Bürgerkrieg das deutsche Vaterland zerfleischen,
mag das namenloseste Unglück alle deutsche Gauen
verheeren, mögen Ströme des edelsten Blutes den
deutschen Boden röthen, Tausende und abermal
Tausende von Leichen auf den Schlachtfeldern
Deutscher gegen Deutsche sich aufthürmen, mögen
unsere blühenden Städte in Trümmer versinken,
unser Wohlstand, unsere Bildung, die Segnungen
dreißigjährigen Friedens unrettbar vernichtet wer-
den, mag Deutschland, der Spielball fremder
Eroberer, nach Erschöpfung seiner letzten Kräfte
in jene Schwäche und Auflösung zurückversinken,
-- in der es gerade vor zwei Jahrhunderten nach
dem Ende eines dreißigjährigen Kampfes darnie-
derlag! -- Was kümmert das Elend alle jene
Verblendeten, wenn nur bereinst -- und
sei es über den Trümmern des deut-
schen Gemeinwesens
-- der Bundes-
staat nach der Jdee der Gother sich
erhebt! Deutschland mag im bruder-
mörderischen Kampf verbluten, mag
zu Grunde gehen, wenn nur ihre Bun-
desstaatsidee triumphirt? Dies ist
der Patriotismus, dies ist die Auf-
opferungsfähigkeit, die Vaterlands-
liebe, die deutsche Gesinnung der
Deutschesten der Deutschen, der Go-
thaer! So erprobt sich in der ernsten
Prüfungsstunde ihre Gesinnungstüch-
tigkeit, ihr vielgepriesenes Deutsch-
thum!

   
Deutschland.

München, 20. Nov. Wie verlautet, hat die
k. Staatsregierung beschlossen, den in Dresden
stattfindenden Ministerkongreß zu beschicken und
wird Staatsminister Dr. v. d. Pfordten dieser
Tage dahier abgehen. -- Sämmtliche seit dem
15. Juli l. J. beförderten oder zur hiesigen Gar-
nison versetzten Offiziere und Militärbeamte ma-
chen morgen Vormittag ihre Aufwartung bei dem
Feldmarschall der Armee, Sr. k. Hoh. dem Prin-
zen Karl von Bayern. -- Der Vorstand der
Zeughausdirektion, Hr. Oberst v. Achner, erhielt
den Charakter eines Generalmajors. -- Die Be-
urlaubten sind bereits bis auf wenige eingerückt.
-- Erzherzog Stephan von Oesterreich wird hier
erwartet. -- Den Landwehrmännern, welche sich
bei den Vorkommnissen der Jahre 1848/49 durch
Diensteifer ec. besonders hervorgethan haben, ist
eine entsprechende Auszeichnung zugedacht und es
ist zum Zwecke der Berathung hierüber vor eini-
gen Tagen ein aus Landwehr=Stabsoffizieren be-
stehende besondere Kommission zusammengesetzt
worden. -- Bei der am 29. d. dahier beginnenden
Schwurgerichtssitzung werden zum ersten Male in
Oberbayern auch 2 Jsraeliten als Geschworne
fungiren.    ( A. Ab. )

Die Ereignisse in Kurhessen.

Aus Kurhessen, 18. Nov. Mit jedem Tage
tritt es schlagender ins Licht, in welche schlimme
Lage Preußen mit seinem Sonderbunde, der kei-
[Spaltenumbruch] nen andern Zweck hatte, als ihm die Herrschaft
in Deutschland zu verschaffen, Deutschland in
Preußen aufgehen zu lassen, nicht blos das deut-
sche Vaterland überhaupt, sondern dieses Land,
Kurhessen, insbesondere versetzt hat. Galt es
Preußen wirklich um Deutschlands Wohl, um des
gemeinsamen Vaterlandes Macht und Größe, so
mußte es von Anfang der Märzrevolution an
Oesterreich aufrichtig die Hand reichen und ge-
meinschaftlich mit der ersten deutschen Großmacht,
als welche sie der König selbst anerkannte und in
Uebereinstimmung mit den deutschen Fürsten des
Vaterlandes Geschicke zu ordnen, das bisher Ver-
säumte nachzuholen, die Bundesverfassung ange-
messen zu reformiren, den Jnteressen der deutschen
Nation und ihren gerechten Forderungen Rechnung
zu tragen suchen. Ohne Oesterreich ist kein gro-
ßes, mächtiges, blühendes Deutschland denkbar,
sondern nur ein verstümmeltes, seiner Hauptlebens-
quelle beraubtes, ohnmächtiges, zwischen Rußland
und Frankreich und Oesterreich selbst eingepreßtes.
Nur im innigsten Bunde mit einander können
Oesterreich, Preußen und das übrige Deutschland
gedeihen, ein großes, mächtiges, geachtetes Ganze
bilden, und der deutsche Bund, die deutsche Na-
tion, so inmitten der europäischen Staaten die
ehrenvolle Stelle einnehmen, die ihnen gebührt.
Die ganze deutsche Geschichte weist uns darauf
hin, und König Friedrich Wilhelm III., durch die
bittersten Erfahrungen belehrt, hatte dies so wohl
erkannt, daß ihm sein Sohn und Nachfolger auf
dem Todtenbette versprechen mußte, am innigen
Bunde mit Oesterreich festzuhalten, nie mit Oe-
sterreich zu brechen. Und Friedrich Wilhelms IV.
Mutter, die Königin Luise, eine der herrlichsten
deutschen Frauen, hatte dieselben Ansichten gehegt.
Dennoch ließ sich Preußen verleiten, auf den un-
glückseligen Plan der Jdeologen einzugehen, welche
ein preußisches Erbkaiserthum gründen, mithin,
während sie sophistisch die Einheit und Größe
Deutschlands beständig im Munde führten, das
Vaterland zertheilen, zerfleischen und von neuem
in alle die traurigen, ja noch größeren Wirren
stürzen wollten, als die waren, welchen es durch
die Befreiungskriege von 1813 und 1814 kaum
erst glücklich entgangen war. So schnell vergißt
man auch die blutigsten Lehren der Geschichte!
Preußen, statt als redlicher deutscher Bundesge-
nosse Oesterreich um so aufrichtiger die Hand zu
reichen, je ärger die Stürme der Revolution tob-
ten und mit ihm für kräftige Aufrichtung des zer-
rütteten Vaterlandes zu wirken, benutzte die mo-
mentane Verlegenheiten Oesterreichs, und liebäu-
gelte mit jenem Plane der Jdeologen nnd Revo-
lutionäre, ohne den Muth zu haben, entschieden
darauf einzugehen, wohl fühlend, daß er jeden
praktischen Bodens entbehre, nicht ausführbar sei,
ohne den Schlund der Revolution erst recht zu
öffnen, Deutschland in unabsehbare innere und
äußere Kriege zu stürzen. Es schlug den unglück-
lichen Mittelweg der Union ein, den schon mehr
von ihm mit gleich wenig Glück versuchten des
Separatismus, des Fürstenbundes von 1785,
der Demarkationslinie von 1795, des " norddeut-
schen Kaiserreichs" von 1806. Derselbe Weg
mußte zu denselben traurigen Resultaten führen:
zur Zerspaltung des Vaterlandes und mithin zu

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Die deutsche Gesinnung der Gothaer.

Jn den Zeiten höchster Bedrängniß und Ge-
fahr für das Vaterland bewährt sich der ächte,
der wahre Patriotismus, in solchen Krisen ist es
der Patriot, der Vaterlandsfreund im wahren
Sinn des Wortes, der mit aufrichtiger Freude
und unbedingter Hingebung Alles, Gut und Blut,
seine ganze Habe, sein Leben dem Vaterlande
weihet, der ihm selbst das größte Opfer -- das
seiner Ueberzeugung bringt, wenn er erkennt, daß
ihre Verwirklichung nur durch das Verderben des
Vaterlandes erreicht werden kann. Nicht so die
Deutschesten der Deutschen -- unsere Gothaer!
Sie, die unaufhörlich von dem Glücke, der Macht,
der Wohlfahrt, der Einigung des deutschen Va-
terlandes schwätzen, bedenken sie nicht, jetzt, wo
die fürchterlichste Gefahr -- wie seit zwei Jahr-
hunderten nicht -- das Vaterland bedroht -- wo
der unselige Bruderkrieg an die Pforten pocht --
wo Deutsche bereits gegen Deutsche das Schwert
gezückt -- mit der vollen Wuth der Raserei den
unheilvollen Brand anzufachen, der -- einmal
entzündet, unaufhaltsam das ganze Vaterland er-
greifen wird -- die Glut zu schüren, die leider
nur zu sehr schon unter den deutschen Bruder-
stämmen um sich gegriffen -- den unseligen Haß,
der sie seit Jahrhunderten gegeneinander waffnete,
aufs Neue aufzustacheln, den Norden Deutschlands
gegen den Süden zu hetzen, alle Schrecknisse des
Bürgerkrieges über das arme Vaterland herauf-
zuschwören! Mit unseligen Emsigkeit schüren, he-
tzen, wühlen sie an allen Ecken und Enden; mit
teuflischer Lust ziehen sie das dem Moder längst
vergangener, längst vergessener Zeiten Alles her-
vor, was den Haß der deutschen Bruderstämme
zu entflammen vermag; taub gegen alle Lehren
und Warnungen der Geschichte beuten sie diese
aus, um alle Schmach und Schande, mit der un-
seligen Verblendung früherer Jahrhunderte den
deutschen Namen befleckt, auf's Neue in's Leben
zurückzurufen! Jhr Fanatismus kennt kein Maaß,
kein Ziel, keine Grenze: sie lechzen nach Bürger-
blut, ihr Ungestüm, ihre Ungeduld vermag kaum
den Augenblick abzuwarten der das Signal an-
geben soll zum Bürgerkriege, der Tod und Ver-
berben, Jammer und Trauer über alle deutschen
Lander verbreiten soll! Und dieß Alles, um, wie
die Gothaer sagen, das deutsche Vaterland glück-
lich, stark, einig
zu machen! Die späte Nach-
welt wird solch' grenzenlosen Wahnsinn unerklär-
lich finden, der des Vaterlandes Glück dadurch
schaffen will, daß er es in das unabsehbarste Un-
glück stürzt, der es dadurch stark machen will, daß
er den Bruderkrieg heraufbeschwört, in dem die
edelsten Kräfte der Nation sich aufreiben, sich er-
schöpfen müssen, der es dadurch zur Einigkeit füh-
ren will, daß er den Haß, den Unfrieden, den
Kampf der deutschen Bruderstämme gegen einan-
der entflammt! Nein, wer solch' wahnsinnige,
verbrecherische Gedanken zu fassen, zu ihrer Aus-
sührung aufzufordern vermag, der ist kein Freund
des Vaterlandes, kein Patriot, kein Deutscher!
Jhm ist es nicht um das Glück, die Wohlfahrt,
Macht und Ehre Deutschlands zu thun; für ihn
gibt es nur ein Ziel, nur ein Streben, -- jenes,
seinen Meinungen und Jdeen um je-
den Preis, selbst um jenen des Ver-
[Spaltenumbruch] derbens der deutschen Nation, den
Sieg zu verschaffen!
Mag der wuthendste
Bürgerkrieg das deutsche Vaterland zerfleischen,
mag das namenloseste Unglück alle deutsche Gauen
verheeren, mögen Ströme des edelsten Blutes den
deutschen Boden röthen, Tausende und abermal
Tausende von Leichen auf den Schlachtfeldern
Deutscher gegen Deutsche sich aufthürmen, mögen
unsere blühenden Städte in Trümmer versinken,
unser Wohlstand, unsere Bildung, die Segnungen
dreißigjährigen Friedens unrettbar vernichtet wer-
den, mag Deutschland, der Spielball fremder
Eroberer, nach Erschöpfung seiner letzten Kräfte
in jene Schwäche und Auflösung zurückversinken,
-- in der es gerade vor zwei Jahrhunderten nach
dem Ende eines dreißigjährigen Kampfes darnie-
derlag! -- Was kümmert das Elend alle jene
Verblendeten, wenn nur bereinst -- und
sei es über den Trümmern des deut-
schen Gemeinwesens
-- der Bundes-
staat nach der Jdee der Gother sich
erhebt! Deutschland mag im bruder-
mörderischen Kampf verbluten, mag
zu Grunde gehen, wenn nur ihre Bun-
desstaatsidee triumphirt? Dies ist
der Patriotismus, dies ist die Auf-
opferungsfähigkeit, die Vaterlands-
liebe, die deutsche Gesinnung der
Deutschesten der Deutschen, der Go-
thaer! So erprobt sich in der ernsten
Prüfungsstunde ihre Gesinnungstüch-
tigkeit, ihr vielgepriesenes Deutsch-
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München, 20. Nov. Wie verlautet, hat die
k. Staatsregierung beschlossen, den in Dresden
stattfindenden Ministerkongreß zu beschicken und
wird Staatsminister Dr. v. d. Pfordten dieser
Tage dahier abgehen. -- Sämmtliche seit dem
15. Juli l. J. beförderten oder zur hiesigen Gar-
nison versetzten Offiziere und Militärbeamte ma-
chen morgen Vormittag ihre Aufwartung bei dem
Feldmarschall der Armee, Sr. k. Hoh. dem Prin-
zen Karl von Bayern. -- Der Vorstand der
Zeughausdirektion, Hr. Oberst v. Achner, erhielt
den Charakter eines Generalmajors. -- Die Be-
urlaubten sind bereits bis auf wenige eingerückt.
-- Erzherzog Stephan von Oesterreich wird hier
erwartet. -- Den Landwehrmännern, welche sich
bei den Vorkommnissen der Jahre 1848/49 durch
Diensteifer ec. besonders hervorgethan haben, ist
eine entsprechende Auszeichnung zugedacht und es
ist zum Zwecke der Berathung hierüber vor eini-
gen Tagen ein aus Landwehr=Stabsoffizieren be-
stehende besondere Kommission zusammengesetzt
worden. -- Bei der am 29. d. dahier beginnenden
Schwurgerichtssitzung werden zum ersten Male in
Oberbayern auch 2 Jsraeliten als Geschworne
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Die Ereignisse in Kurhessen.

Aus Kurhessen, 18. Nov. Mit jedem Tage
tritt es schlagender ins Licht, in welche schlimme
Lage Preußen mit seinem Sonderbunde, der kei-
[Spaltenumbruch] nen andern Zweck hatte, als ihm die Herrschaft
in Deutschland zu verschaffen, Deutschland in
Preußen aufgehen zu lassen, nicht blos das deut-
sche Vaterland überhaupt, sondern dieses Land,
Kurhessen, insbesondere versetzt hat. Galt es
Preußen wirklich um Deutschlands Wohl, um des
gemeinsamen Vaterlandes Macht und Größe, so
mußte es von Anfang der Märzrevolution an
Oesterreich aufrichtig die Hand reichen und ge-
meinschaftlich mit der ersten deutschen Großmacht,
als welche sie der König selbst anerkannte und in
Uebereinstimmung mit den deutschen Fürsten des
Vaterlandes Geschicke zu ordnen, das bisher Ver-
säumte nachzuholen, die Bundesverfassung ange-
messen zu reformiren, den Jnteressen der deutschen
Nation und ihren gerechten Forderungen Rechnung
zu tragen suchen. Ohne Oesterreich ist kein gro-
ßes, mächtiges, blühendes Deutschland denkbar,
sondern nur ein verstümmeltes, seiner Hauptlebens-
quelle beraubtes, ohnmächtiges, zwischen Rußland
und Frankreich und Oesterreich selbst eingepreßtes.
Nur im innigsten Bunde mit einander können
Oesterreich, Preußen und das übrige Deutschland
gedeihen, ein großes, mächtiges, geachtetes Ganze
bilden, und der deutsche Bund, die deutsche Na-
tion, so inmitten der europäischen Staaten die
ehrenvolle Stelle einnehmen, die ihnen gebührt.
Die ganze deutsche Geschichte weist uns darauf
hin, und König Friedrich Wilhelm III., durch die
bittersten Erfahrungen belehrt, hatte dies so wohl
erkannt, daß ihm sein Sohn und Nachfolger auf
dem Todtenbette versprechen mußte, am innigen
Bunde mit Oesterreich festzuhalten, nie mit Oe-
sterreich zu brechen. Und Friedrich Wilhelms IV.
Mutter, die Königin Luise, eine der herrlichsten
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Dennoch ließ sich Preußen verleiten, auf den un-
glückseligen Plan der Jdeologen einzugehen, welche
ein preußisches Erbkaiserthum gründen, mithin,
während sie sophistisch die Einheit und Größe
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die Befreiungskriege von 1813 und 1814 kaum
erst glücklich entgangen war. So schnell vergißt
man auch die blutigsten Lehren der Geschichte!
Preußen, statt als redlicher deutscher Bundesge-
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reichen, je ärger die Stürme der Revolution tob-
ten und mit ihm für kräftige Aufrichtung des zer-
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ohne den Schlund der Revolution erst recht zu
öffnen, Deutschland in unabsehbare innere und
äußere Kriege zu stürzen. Es schlug den unglück-
lichen Mittelweg der Union ein, den schon mehr
von ihm mit gleich wenig Glück versuchten des
Separatismus, des Fürstenbundes von 1785,
der Demarkationslinie von 1795, des „ norddeut-
schen Kaiserreichs“ von 1806. Derselbe Weg
mußte zu denselben traurigen Resultaten führen:
zur Zerspaltung des Vaterlandes und mithin zu

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 280. Würzburg, Freitag den 22. November. 1850. Die deutsche Gesinnung der Gothaer. Jn den Zeiten höchster Bedrängniß und Ge- fahr für das Vaterland bewährt sich der ächte, der wahre Patriotismus, in solchen Krisen ist es der Patriot, der Vaterlandsfreund im wahren Sinn des Wortes, der mit aufrichtiger Freude und unbedingter Hingebung Alles, Gut und Blut, seine ganze Habe, sein Leben dem Vaterlande weihet, der ihm selbst das größte Opfer -- das seiner Ueberzeugung bringt, wenn er erkennt, daß ihre Verwirklichung nur durch das Verderben des Vaterlandes erreicht werden kann. Nicht so die Deutschesten der Deutschen -- unsere Gothaer! Sie, die unaufhörlich von dem Glücke, der Macht, der Wohlfahrt, der Einigung des deutschen Va- terlandes schwätzen, bedenken sie nicht, jetzt, wo die fürchterlichste Gefahr -- wie seit zwei Jahr- hunderten nicht -- das Vaterland bedroht -- wo der unselige Bruderkrieg an die Pforten pocht -- wo Deutsche bereits gegen Deutsche das Schwert gezückt -- mit der vollen Wuth der Raserei den unheilvollen Brand anzufachen, der -- einmal entzündet, unaufhaltsam das ganze Vaterland er- greifen wird -- die Glut zu schüren, die leider nur zu sehr schon unter den deutschen Bruder- stämmen um sich gegriffen -- den unseligen Haß, der sie seit Jahrhunderten gegeneinander waffnete, aufs Neue aufzustacheln, den Norden Deutschlands gegen den Süden zu hetzen, alle Schrecknisse des Bürgerkrieges über das arme Vaterland herauf- zuschwören! Mit unseligen Emsigkeit schüren, he- tzen, wühlen sie an allen Ecken und Enden; mit teuflischer Lust ziehen sie das dem Moder längst vergangener, längst vergessener Zeiten Alles her- vor, was den Haß der deutschen Bruderstämme zu entflammen vermag; taub gegen alle Lehren und Warnungen der Geschichte beuten sie diese aus, um alle Schmach und Schande, mit der un- seligen Verblendung früherer Jahrhunderte den deutschen Namen befleckt, auf's Neue in's Leben zurückzurufen! Jhr Fanatismus kennt kein Maaß, kein Ziel, keine Grenze: sie lechzen nach Bürger- blut, ihr Ungestüm, ihre Ungeduld vermag kaum den Augenblick abzuwarten der das Signal an- geben soll zum Bürgerkriege, der Tod und Ver- berben, Jammer und Trauer über alle deutschen Lander verbreiten soll! Und dieß Alles, um, wie die Gothaer sagen, das deutsche Vaterland glück- lich, stark, einig zu machen! Die späte Nach- welt wird solch' grenzenlosen Wahnsinn unerklär- lich finden, der des Vaterlandes Glück dadurch schaffen will, daß er es in das unabsehbarste Un- glück stürzt, der es dadurch stark machen will, daß er den Bruderkrieg heraufbeschwört, in dem die edelsten Kräfte der Nation sich aufreiben, sich er- schöpfen müssen, der es dadurch zur Einigkeit füh- ren will, daß er den Haß, den Unfrieden, den Kampf der deutschen Bruderstämme gegen einan- der entflammt! Nein, wer solch' wahnsinnige, verbrecherische Gedanken zu fassen, zu ihrer Aus- sührung aufzufordern vermag, der ist kein Freund des Vaterlandes, kein Patriot, kein Deutscher! Jhm ist es nicht um das Glück, die Wohlfahrt, Macht und Ehre Deutschlands zu thun; für ihn gibt es nur ein Ziel, nur ein Streben, -- jenes, seinen Meinungen und Jdeen um je- den Preis, selbst um jenen des Ver- derbens der deutschen Nation, den Sieg zu verschaffen! Mag der wuthendste Bürgerkrieg das deutsche Vaterland zerfleischen, mag das namenloseste Unglück alle deutsche Gauen verheeren, mögen Ströme des edelsten Blutes den deutschen Boden röthen, Tausende und abermal Tausende von Leichen auf den Schlachtfeldern Deutscher gegen Deutsche sich aufthürmen, mögen unsere blühenden Städte in Trümmer versinken, unser Wohlstand, unsere Bildung, die Segnungen dreißigjährigen Friedens unrettbar vernichtet wer- den, mag Deutschland, der Spielball fremder Eroberer, nach Erschöpfung seiner letzten Kräfte in jene Schwäche und Auflösung zurückversinken, -- in der es gerade vor zwei Jahrhunderten nach dem Ende eines dreißigjährigen Kampfes darnie- derlag! -- Was kümmert das Elend alle jene Verblendeten, wenn nur bereinst -- und sei es über den Trümmern des deut- schen Gemeinwesens -- der Bundes- staat nach der Jdee der Gother sich erhebt! Deutschland mag im bruder- mörderischen Kampf verbluten, mag zu Grunde gehen, wenn nur ihre Bun- desstaatsidee triumphirt? Dies ist der Patriotismus, dies ist die Auf- opferungsfähigkeit, die Vaterlands- liebe, die deutsche Gesinnung der Deutschesten der Deutschen, der Go- thaer! So erprobt sich in der ernsten Prüfungsstunde ihre Gesinnungstüch- tigkeit, ihr vielgepriesenes Deutsch- thum! ( N. M. Z. ) Deutschland. München, 20. Nov. Wie verlautet, hat die k. Staatsregierung beschlossen, den in Dresden stattfindenden Ministerkongreß zu beschicken und wird Staatsminister Dr. v. d. Pfordten dieser Tage dahier abgehen. -- Sämmtliche seit dem 15. Juli l. J. beförderten oder zur hiesigen Gar- nison versetzten Offiziere und Militärbeamte ma- chen morgen Vormittag ihre Aufwartung bei dem Feldmarschall der Armee, Sr. k. Hoh. dem Prin- zen Karl von Bayern. -- Der Vorstand der Zeughausdirektion, Hr. Oberst v. Achner, erhielt den Charakter eines Generalmajors. -- Die Be- urlaubten sind bereits bis auf wenige eingerückt. -- Erzherzog Stephan von Oesterreich wird hier erwartet. -- Den Landwehrmännern, welche sich bei den Vorkommnissen der Jahre 1848/49 durch Diensteifer ec. besonders hervorgethan haben, ist eine entsprechende Auszeichnung zugedacht und es ist zum Zwecke der Berathung hierüber vor eini- gen Tagen ein aus Landwehr=Stabsoffizieren be- stehende besondere Kommission zusammengesetzt worden. -- Bei der am 29. d. dahier beginnenden Schwurgerichtssitzung werden zum ersten Male in Oberbayern auch 2 Jsraeliten als Geschworne fungiren. ( A. Ab. ) Die Ereignisse in Kurhessen. Aus Kurhessen, 18. Nov. Mit jedem Tage tritt es schlagender ins Licht, in welche schlimme Lage Preußen mit seinem Sonderbunde, der kei- nen andern Zweck hatte, als ihm die Herrschaft in Deutschland zu verschaffen, Deutschland in Preußen aufgehen zu lassen, nicht blos das deut- sche Vaterland überhaupt, sondern dieses Land, Kurhessen, insbesondere versetzt hat. Galt es Preußen wirklich um Deutschlands Wohl, um des gemeinsamen Vaterlandes Macht und Größe, so mußte es von Anfang der Märzrevolution an Oesterreich aufrichtig die Hand reichen und ge- meinschaftlich mit der ersten deutschen Großmacht, als welche sie der König selbst anerkannte und in Uebereinstimmung mit den deutschen Fürsten des Vaterlandes Geschicke zu ordnen, das bisher Ver- säumte nachzuholen, die Bundesverfassung ange- messen zu reformiren, den Jnteressen der deutschen Nation und ihren gerechten Forderungen Rechnung zu tragen suchen. Ohne Oesterreich ist kein gro- ßes, mächtiges, blühendes Deutschland denkbar, sondern nur ein verstümmeltes, seiner Hauptlebens- quelle beraubtes, ohnmächtiges, zwischen Rußland und Frankreich und Oesterreich selbst eingepreßtes. Nur im innigsten Bunde mit einander können Oesterreich, Preußen und das übrige Deutschland gedeihen, ein großes, mächtiges, geachtetes Ganze bilden, und der deutsche Bund, die deutsche Na- tion, so inmitten der europäischen Staaten die ehrenvolle Stelle einnehmen, die ihnen gebührt. Die ganze deutsche Geschichte weist uns darauf hin, und König Friedrich Wilhelm III., durch die bittersten Erfahrungen belehrt, hatte dies so wohl erkannt, daß ihm sein Sohn und Nachfolger auf dem Todtenbette versprechen mußte, am innigen Bunde mit Oesterreich festzuhalten, nie mit Oe- sterreich zu brechen. Und Friedrich Wilhelms IV. Mutter, die Königin Luise, eine der herrlichsten deutschen Frauen, hatte dieselben Ansichten gehegt. Dennoch ließ sich Preußen verleiten, auf den un- glückseligen Plan der Jdeologen einzugehen, welche ein preußisches Erbkaiserthum gründen, mithin, während sie sophistisch die Einheit und Größe Deutschlands beständig im Munde führten, das Vaterland zertheilen, zerfleischen und von neuem in alle die traurigen, ja noch größeren Wirren stürzen wollten, als die waren, welchen es durch die Befreiungskriege von 1813 und 1814 kaum erst glücklich entgangen war. So schnell vergißt man auch die blutigsten Lehren der Geschichte! Preußen, statt als redlicher deutscher Bundesge- nosse Oesterreich um so aufrichtiger die Hand zu reichen, je ärger die Stürme der Revolution tob- ten und mit ihm für kräftige Aufrichtung des zer- rütteten Vaterlandes zu wirken, benutzte die mo- mentane Verlegenheiten Oesterreichs, und liebäu- gelte mit jenem Plane der Jdeologen nnd Revo- lutionäre, ohne den Muth zu haben, entschieden darauf einzugehen, wohl fühlend, daß er jeden praktischen Bodens entbehre, nicht ausführbar sei, ohne den Schlund der Revolution erst recht zu öffnen, Deutschland in unabsehbare innere und äußere Kriege zu stürzen. Es schlug den unglück- lichen Mittelweg der Union ein, den schon mehr von ihm mit gleich wenig Glück versuchten des Separatismus, des Fürstenbundes von 1785, der Demarkationslinie von 1795, des „ norddeut- schen Kaiserreichs“ von 1806. Derselbe Weg mußte zu denselben traurigen Resultaten führen: zur Zerspaltung des Vaterlandes und mithin zu

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 280. Würzburg, 22. November 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische280_1850/1>, abgerufen am 19.04.2024.