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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2508, Czernowitz, 04.06.1912.

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Ringplatz 4, 2. Stock.




Telephon-Nummer 161.
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monatl. K 1·80, vierteljähr. K 5·40,
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Telegramme: "Allgemeine" Czernowitz.


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Czernowitzer
Allgemeine Zeitung

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Ankündigungen:
Es kostet im gewöhnlichen Inse-
ratenteil 12 h die 6mal gespaltene
Petitzeile bei einmaliger, 6 h bei
mehrmaliger Einschaltung, für Re-
klame 40 h die Petitzeile. Inserate
nehmen alle in- und ausländischen
Inseratenbureaus sowie die Ad-
ministration entgegen. -- Einzel-
exemplare sind in allen Zeitungs-
verschleißen, Trafiken, der k. k. Uni-
versitätsbuchhandlung H. Pardini
und in der Administration (Ring-
platz 4, 2. St.) erhältlich. In Wien
im Zeitungsbureau Goldschmidt,
Wollzeile 11.

Einzelexemplare
10 Heller für Czernowitz.

Manuskripte werden in keinem Falle
zurückgesendet, unfrankierte Briefe nicht
angenommen.




Nr. 2508. Czernowitz, Dienstag, den 4. Juni 1912.



[Spaltenumbruch]
Uebersicht.

Vom Tage.

Bei dem zu Ehren des bulgarischen Königspaares in
Schönbrunn veranstalteten Galadiner wechselten Kaiser
Franz Joseph und König Ferdinand politische Toaste. --
Ministerpräsident Lukacs lehnte das von der Opposition
aufgestellte Programm in einem Antwortschreiben an
Kossuth ab.

Letzte Telegramme.

Die Ruthenen, deren Haltung die heutige Sitzung des
Budgetausschusses beschlußunfähig machte, werden morgen
entscheidende Beschlüsse über ihr Verhalten im Parlament
fassen. -- Wie verlautet, steht in Ungarn ein neuerlicher
Generalstreik der sozialdemokratischen Arbeiterschaft bevor.




Schlechtes Wetter.

(Orig.-Korr.).

Wenn nicht wieder eine jener unvermuteten Wen-
dungen eintritt, die im österreichischen Abgeordneten-
hause so oft das Oberste zu unterst kehren und alles
Vorhersagen zu Schanden machen, und wenn dieser Um-
schwung nicht sehr bald eintritt, dann wird das Abge-
ordnetenhaus kaum den ursprünglich für den Beginn
der Sommerferien in Aussicht genommenen Termin, die
letzte Juniwoche, erleben. Es geht wieder einmal nicht
vom Fleck, und vorderhand ist auch noch nicht einzu-
sehen, wie sich die parlamentarische Lage mit solcher
Raschheit und so gründlich klären kann, daß das Abge-
ordnetenhaus imstande wäre, termingerecht die Arbeiten
zu erledigen, die es bis zum Beginn der Sommerferien
unbedingt erledigt haben muß, wenn nicht der Retter
aus jeder parlamentarischen Not, der Paragraph 14,
hervorgeholt und das Parlament mit einem Fünfer aus
Sitten und Fleiß nach Hause geschickt werden soll, um
dem Retter den Weg freizugeben. Es geht nicht vor-
wärts im zweiten Volkshaus, und wie diesbezüglich
Wandel geschaffen werden soll, ist umso unklarer, als
bislang die Parteien sich viel weniger um die Be-
schleunigung der parlamentarischen Arbeit, als um deren
Verzögerung bemühen. Immer wieder taucht aus irgend-
einer Ecke des Hauses das Gespenst der Obstruktion auf,
von keiner Seite aber hat sich bisher der aufrichtige und
ehrlich gemeinte Ruf nach Arbeit, nach expeditiver, frucht-
barer Arbeit, erhoben. Die großen intellektuellen Energien
[Spaltenumbruch] und Potenzen, die im Kabinett Stürgkh, dem "Kabinett
der Kapazitäten", vereinigt sind, das geringe Kapital
von Fähigkeiten und gutem Willen, das im Volkshause
zu finden ist, verbrauchen und erschöpfen sich in dem
ewigen Kampf gegen unausrottbare Obstruktionsgelüste
und können nicht frei werden zu fruchtbarer Arbeit. Die
Regierung verbraucht ihre besten Kräfte in einer end-
und aussichtslosen Danaidenarbeit -- und das Par-
lament sieht zu und schürzt heute die Knoten von neuem,
die gestern mit unsäglicher Mühe gelöst worden sind.
Es geht nicht vorwärts im zweiten Volkshause ...

Die Arbeit, die das Abgeordnetenhaus bis zu den
Sommerferien zu leisten hat, ist groß, übergroß für ein
Haus, daß nur die Technik der Nichtarbeit, nicht die
Technik der Arbeit beherrscht. Zunächst ist die Dienst-
pragmatik zu erledigen, dann der Finanzplan, das Budget,
beziehungsweise Budgetprovisorium und schließlich das
Wehrgesetz, das als eine Lebensfrage des Hauses ange-
sehen werden muß. Drei Wochen, im äußersten Falle
knapp vier Wochen, stehen zur Absolvierung dieses um-
fangreichen Programmes zur Verfügung, denn über die
letzte Juniwoche hinaus soll und kann die Session nicht
ausgedehnt werden; kann sie nicht, da bis dahin Dienst-
pragmatik, Budgetprovisorium und Wehrreform, eventuell
Wehrreformprovisorium unbedingt erledigt sein müssen
und es in diesen Belangen eine Fristerstreckung auf gar
keinen Fall gibt. Und wie sieht es damit aus? Von einem
Arbeitsplan ist keine Rede, wohl aber von einem Nicht-
arbeitsplan. Die Dienstprag[m]atik ist von einer latenten
südslavischen und einer lärmenden ruthenischen Obstruktion
bedroht, an der auch das Budgetprovisorium scheitern
kann, der Finanzplan muß angesichts der Haltung der
Czechen schon beinahe als abgetan betrachtet werden,
gegen die Wehrreform mobilisieren offen die Sozial-
demokraten, geheim die Tschechen, die aus der Wehr-
reform gern ein Politikum machen und sie zur Durch-
drückung gewisser spezieller Wünsche mißbrauchen möchten.
Das sind Widerstände, zu deren Beseitigung, wenn nicht
ein Wunder geschieht, drei bis vier Wochen auf keinen
Fall genügen und wir werden wohl froh sein müssen,
wenn eine der in Beratung stehenden Vorlagen erledigt
wird. Das aber ist zu wenig, um den drohenden, in
diesem Falle notwendigen Paragraph 14 abzuwenden ...
Wie kritisch die Lage ist, geht schon daraus hervor, daß
die Regierung sich entschlossen hat, gewissen Begehrlich-
keiten der Parteien entgegenzukommen und eine Novelle
zum Wasserstraßengesetz einzubringen, die einen Betrag
von 35 Millionen Kronen zum größten Teil für Nieder-
[Spaltenumbruch] österreich, Böhmen und die Alpenländer beansprucht.
Die Christlichsozialen und die Czechen sollen damit
versöhnt, die Deutschen enger an die Regierung gekettet
werden. Aber auch damit wurden Geister gerufen, die
man nicht leicht wieder los wird: den beteiligten Parteien
ist auch das zu wenig, sie wollen mehr, und wenn schon
für diverse Abstimmungen Preise gezahlt werden sollen,
dann wollen sie eben möglichst hohe Preise erzielen ...

Es herrscht schlechtes Wetter im Abgeordnetenhaus,
und die Wolken, die sich am Horizont zusammenziehen,
verheißen heftige Niederschläge. Es gibt heute wohl
niemanden mehr, der den Optimismus aufbrächte, zu
glauben, daß das Abgeordnetenhaus in seiner Sommer-
session auch die Wehrreform oder ein Wehrprovisorium
zu erledigen vermöchte; es wird eine relative Glanz-
leistung vollbringen, wenn es das Budgetprovisorium
und die Dienstpragmatik unter Dach und Fach bringt,
weiter aber wird es nicht gehen, und das Ende wird
deshalb sein -- der Paragraph 14, mit dem das Re-
krutenkontingent bewilligt werden wird; das erhöhte Re-
krutenkontingent, denn die hochoffiziösen Kundgebungen,
die in der letzten Zeit erflossen sind, lassen keinen Zweifel
mehr offen, daß es nichts ist mit dem alten Rekruten-
kontingent von 106.000 Mann, daß die Heeresleitung,
was angesichts der internationalen Lage und des be-
kannten Zustandes der Armee nur als berechtigt aner-
kannt werden kann, unbedingt auf dem erhöhten Kon-
tingent von 136.000 Mann für das laufende Jahr be-
harrt. In Ungarn braucht man sich darüber keine
Sorgen zu machen, denn gelingt die Niederrringung
der Opposition oder der Friedensschluß, dann wird dort
binnen wenigen Tagen die Wehrreform durchgepeitscht,
und gelingt das nicht, dann ist ein Wehrreformprovi-
sorium, für das ja die Opposition gern zu haben ist, bis
Ende Juni leicht durchzudrücken. Aber bei uns? Es
müßte ein wahres Wunder geschehen, wenn es gelänge,
bis zur letzten Juniwoche die Wehrreform oder das er-
höhte Rekrutenkontingent als Provisorium unter Dach
und Fach zu bringen. Ende Juni aber ist der äußerste
Termin, denn im Laufe des Juli müssen die Assen-
tierungen vorgenommen werden, eine weitere Hinaus-
schiebung ist unmöglich. So wird uns denn voraussicht-
lich die letzte Juniwoche die kaiserliche Verordnung
bringen, welche die Einhebung des erhöhten Rekruten-
kontingentes anbefehlen wird. Ein schöner Fleißzettel
für das zweite Volkshaus, das nicht einmal für die
Wehrhaftigkeit und damit für die Sicherheit des Staates
vorzusorgen versteht ...




[Spaltenumbruch]
Feuilleton.
Neueste Pariser Moden.

Der Luxus ist der Liebling der Mode, ihr Ver-
trauter und Helfer bei den tollsten Einfällen. Nur wenn
der Luxus sich mit der Mode verbindet, wird es ihr
möglich, ihren rasch wechselnden Ideen Ausführung zu
sichern. Es wird für Damen, denen die Verbindung mit
dem Luxus nicht möglich ist, immer schwieriger, sich an
die Mode zu halten. Aber die Mode fesselt nicht nur den
Luxus an sich, auch der Frivolität und Koketterie bedarf
sie für ihre unternehmenden Taten; ein charmantes Trio,
neben dem die Solidität, wie sie Ende des vorigen Jahr-
hunderts beim Anzug üblich war, als man ein Werk-
tags- und ein Sonntagskleid unterschied, als die Taillen
hoch geschlossen, undurchsichtig und die Aermel lang
waren, sich streng ablehnend verhalten hätte.

Das Draufgängerische, das die Mode zu Beginn
einer Saison zur Schau trägt, wenn sie bald nach der,
bald nach jener Seite laviert, und an seltsame frühere
Trachten Anklänge weckt, verliert sich bald und weicht
ruhiger Ueberlegung. Unser Geschmack ist zu fein ent-
wickelt, um kritiklos die Tracht einer Pompadour oder
Lamballe wieder aufzunehmen. Wenn wir uns auch An-
lehnungen an längst Vergangenes gefallen lassen, sobald
die Mode zu Neuschöpfungen nicht geneigt ist, wir wollen
doch das Alte mit neuem Geist, dem Geist des 20. Jahr-
hunderts durchsetzen. Gewiß übt die Mode bei Beginn
der Saison durch die Proklamation einer Revolution der
Tracht starken Reiz aus, der die Industrie gefangen
nimmt und die Modedamen faßiniert. Die wahre Eleganz
kennt jedoch keine Sucht nach Neuem, sie nimmt ab-
wartende Haltung ein, prüft selbst, nimmt an und ver-
wirft, oder auch sie akzeptiert unter Bedingungen und
Einschränkungen -- kurzum, sie bekennt sich nur zu Er-
probtem und dadurch ward schon manche Modekrise auf-
gehalten.

So war es auch dieses Mal. Der allzu engen Röcke
war man müde geworden, Voreilige griffen daher gern
[Spaltenumbruch] die neue Idee einer Schneiderkünstlerin auf, freilich, be-
vor sie zur Reife gelangt war. Die Parole Panier
und damit Rückkehr zur Rokoko-Tracht ward verfrüht
verbreitet und in der Hast des Ueberbietens auch aus-
geführt. Doch die Mode, die sich inzwischen in aller Ruhe
innerhalb der Schneidersalons entwickelte, hat mit den
Paniers, die einst korbartig die Hüften verbreiterten,
kaum etwas gemein. Vielmehr befinden sich die neuen
Dlraperien viel tiefer, etwa in Kniehöhe und durch solch
ange weiche Faltenraffungen wird die Figur eher schmäler
als breiter erscheinen, freilich weniger akzentuiert. Die
Tunique hat an Stoffülle gewonnen, indessen hat der
untere Rock an Weite kaum zugenommen; nur gerade
so tief als nötig war, um die Trägerin beim Gehen und
beim Einsteigen in einen Wagen nicht zu behindern.
Man kann sagen, daß jeder Anzug der eleganten Pariserin,
der nicht zur Klasse der Schneiderkostüme gehört, eine
Raffung besitzt, die freilich manchmal nur durch wenige
Falten vorsichtig angedeutet ist. Es hängt von der Figur
ab, ob eine der neuen Raffungen beiderseitig, vorn
oder gar rückwärts anzuordnen ist, oder ob ein aufge-
stülpter Doppelrock sich vorteilhafter ausnimmt. Doeuillet
hat neuerdings viel Erfolg mit seinen vorn gekreuzten
Tuniqueteilen und seitlich in tiefen Bogen hinabreichenden
Falten. Bei Paquin wird die Front ganz einem Unter-
kleid überlassen, die Tunique deckt die Seiten und rafft
sie nach rückwärts. Einen Beweis, daß die Made von
der Rokoko-Tracht entfernt ist, bietet die Taillenlinie, die
weder knapp anliegend, noch lang ausgeprägt ist und
selbst zusammen mit geteilten Raffungen gekürzt und
faltig bleiben darf. Der dritte, für den Stil einer Robe
bezeichnende Teil, der Aermel, bleibt unbestimmt, ent-
weder halblang und lose, oder lang und eng und endigt
dann am Handgelenk mit Tüllplissee von der Farbe
der Robe oder von Spitze, für den Fall, daß feine
Spitzen als Garnitur des Ganzen in Anwendung kommen.
Den Hals frei zu tragen, bleibt ein Vorrecht der Jugend,
an dem Damen reiferen Alters bei der Straßentoilette
nicht teilnehmen, vielmehr dann den Halsausschnitt der
Toilette durch feinen Tülleinsatz verdecken. Das Lingerie-
[Spaltenumbruch] kleid hat von seiner früheren anspruchslosen Art durch
den Einfluß der Tunique viel verloren. Paniers und
Raffungen sollten dabei vermieden werden, aber ein
Doppelrock in gleichmäßiger Rundung oder an der Front,
in der Linie durch Ausbuchtung oder zugespitzte Form
unterbrochen, steht auch einem weißen Kleidchen wohl an.
Denn dadurch wird den feinen Arbeiten in reliefartiger
Blumenstickerei auf Tüll oder Linon, den Inkrustationen
und zarten Spitzenvolants Gelegenheit zu schönem Effekt
gegeben, der durch farbig seidene oder schwarze Samt-
bandschärpen Unterstützung sindet.

Kenner der Pariser Gebräuche hätten es kaum für
möglich gehalten, daß die Mode der zweifarbigen
Garderobe
sich einbürgern werde, da bisher in der
Stadt die dunkle Uni-Kleidung die einzig vornehme war.
Nunmehr hat sich die etwas auffällige Aenderung soweit
verbreitet, daß sie durch die Gewohnheit von solcher
Wirkung viel einbüßte. Am meisten werden Jackenkostüme
und Phantasie-"Tailleurs" in dieser Weise zusammen-
gestellt. Sehr gut führen sich als "Trotteur" einfarbige
Jacketts zu klein karierten Röcken ein, dazu Revers und
Manschetten am Jackett aus dem Stoff des Rockes. Das
Schneiderkostüm für den Nachmittag besteht oftmals aus
Satin merveilleux, dabei das Jackett farbig zu schwarzem
oder auch zu weißem Rock, und als besonders apart
ein Jackett in farbiger Panne mit weiß-seidenem Kragen
und doppelseitigem Spitzenjabot auf weißem Charmeuse-
Rock. Die einfach feine Dame bevorzugt dennoch ein
schwarzes Taffetkostüm, umsomehr, als farbiger Samt-
Passepoil den Anzug beleben darf und die Modistinnen
die zierlichsten Sächelchen aus Tüll und Spitzen zum
Putz dunkler Kostüme bereit halten. Die meisten Jacketts
werden rückwärts länger geschnitten als vorn und die
Aermel mit plissiertem Abschluß, entsprechend den weißen
doppelten Spitzenjabots.

Alle Welt erfreut sich jetzt des bunten Blütenflors
an Baum und Strauch, im Modeviertel prankt üppiger
Blumenschmuck an Fenstern und Balkonen und in den
Modesalons stehen riesenhafte Blumensträuße auf den


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Redaktion und Adminiſtration:
Ringplatz 4, 2. Stock.




Telephon-Nummer 161.
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Für Czernowitz
(mit Zuſtellung ins Haus):
monatl. K 1·80, vierteljähr. K 5·40,
halbj. K 10·80, ganzjähr. K 21·60,
(mit täglicher Poſtverſendung):
monatlich K 2, vierteljähr. K 6,
halbjähr. K 12, ganzjähr. K. 24.

Für Deutſchland:
vierteljährig .... 7 Mark.

für Rumänien und den Balkan:
vierteljährig .... 10 Lei.




Telegramme: „Allgemeine“ Czernowitz.


[Spaltenumbruch]
Czernowitzer
Allgemeine Zeitung

[Spaltenumbruch]

Ankündigungen:
Es koſtet im gewöhnlichen Inſe-
ratenteil 12 h die 6mal geſpaltene
Petitzeile bei einmaliger, 6 h bei
mehrmaliger Einſchaltung, für Re-
klame 40 h die Petitzeile. Inſerate
nehmen alle in- und ausländiſchen
Inſeratenbureaus ſowie die Ad-
miniſtration entgegen. — Einzel-
exemplare ſind in allen Zeitungs-
verſchleißen, Trafiken, der k. k. Uni-
verſitätsbuchhandlung H. Pardini
und in der Adminiſtration (Ring-
platz 4, 2. St.) erhältlich. In Wien
im Zeitungsbureau Goldſchmidt,
Wollzeile 11.

Einzelexemplare
10 Heller für Czernowitz.

Manuſkripte werden in keinem Falle
zurückgeſendet, unfrankierte Briefe nicht
angenommen.




Nr. 2508. Czernowitz, Dienſtag, den 4. Juni 1912.



[Spaltenumbruch]
Ueberſicht.

Vom Tage.

Bei dem zu Ehren des bulgariſchen Königspaares in
Schönbrunn veranſtalteten Galadiner wechſelten Kaiſer
Franz Joſeph und König Ferdinand politiſche Toaſte. —
Miniſterpräſident Lukacs lehnte das von der Oppoſition
aufgeſtellte Programm in einem Antwortſchreiben an
Koſſuth ab.

Letzte Telegramme.

Die Ruthenen, deren Haltung die heutige Sitzung des
Budgetausſchuſſes beſchlußunfähig machte, werden morgen
entſcheidende Beſchlüſſe über ihr Verhalten im Parlament
faſſen. — Wie verlautet, ſteht in Ungarn ein neuerlicher
Generalſtreik der ſozialdemokratiſchen Arbeiterſchaft bevor.




Schlechtes Wetter.

(Orig.-Korr.).

Wenn nicht wieder eine jener unvermuteten Wen-
dungen eintritt, die im öſterreichiſchen Abgeordneten-
hauſe ſo oft das Oberſte zu unterſt kehren und alles
Vorherſagen zu Schanden machen, und wenn dieſer Um-
ſchwung nicht ſehr bald eintritt, dann wird das Abge-
ordnetenhaus kaum den urſprünglich für den Beginn
der Sommerferien in Ausſicht genommenen Termin, die
letzte Juniwoche, erleben. Es geht wieder einmal nicht
vom Fleck, und vorderhand iſt auch noch nicht einzu-
ſehen, wie ſich die parlamentariſche Lage mit ſolcher
Raſchheit und ſo gründlich klären kann, daß das Abge-
ordnetenhaus imſtande wäre, termingerecht die Arbeiten
zu erledigen, die es bis zum Beginn der Sommerferien
unbedingt erledigt haben muß, wenn nicht der Retter
aus jeder parlamentariſchen Not, der Paragraph 14,
hervorgeholt und das Parlament mit einem Fünfer aus
Sitten und Fleiß nach Hauſe geſchickt werden ſoll, um
dem Retter den Weg freizugeben. Es geht nicht vor-
wärts im zweiten Volkshaus, und wie diesbezüglich
Wandel geſchaffen werden ſoll, iſt umſo unklarer, als
bislang die Parteien ſich viel weniger um die Be-
ſchleunigung der parlamentariſchen Arbeit, als um deren
Verzögerung bemühen. Immer wieder taucht aus irgend-
einer Ecke des Hauſes das Geſpenſt der Obſtruktion auf,
von keiner Seite aber hat ſich bisher der aufrichtige und
ehrlich gemeinte Ruf nach Arbeit, nach expeditiver, frucht-
barer Arbeit, erhoben. Die großen intellektuellen Energien
[Spaltenumbruch] und Potenzen, die im Kabinett Stürgkh, dem „Kabinett
der Kapazitäten“, vereinigt ſind, das geringe Kapital
von Fähigkeiten und gutem Willen, das im Volkshauſe
zu finden iſt, verbrauchen und erſchöpfen ſich in dem
ewigen Kampf gegen unausrottbare Obſtruktionsgelüſte
und können nicht frei werden zu fruchtbarer Arbeit. Die
Regierung verbraucht ihre beſten Kräfte in einer end-
und ausſichtsloſen Danaidenarbeit — und das Par-
lament ſieht zu und ſchürzt heute die Knoten von neuem,
die geſtern mit unſäglicher Mühe gelöſt worden ſind.
Es geht nicht vorwärts im zweiten Volkshauſe ...

Die Arbeit, die das Abgeordnetenhaus bis zu den
Sommerferien zu leiſten hat, iſt groß, übergroß für ein
Haus, daß nur die Technik der Nichtarbeit, nicht die
Technik der Arbeit beherrſcht. Zunächſt iſt die Dienſt-
pragmatik zu erledigen, dann der Finanzplan, das Budget,
beziehungsweiſe Budgetproviſorium und ſchließlich das
Wehrgeſetz, das als eine Lebensfrage des Hauſes ange-
ſehen werden muß. Drei Wochen, im äußerſten Falle
knapp vier Wochen, ſtehen zur Abſolvierung dieſes um-
fangreichen Programmes zur Verfügung, denn über die
letzte Juniwoche hinaus ſoll und kann die Seſſion nicht
ausgedehnt werden; kann ſie nicht, da bis dahin Dienſt-
pragmatik, Budgetproviſorium und Wehrreform, eventuell
Wehrreformproviſorium unbedingt erledigt ſein müſſen
und es in dieſen Belangen eine Friſterſtreckung auf gar
keinen Fall gibt. Und wie ſieht es damit aus? Von einem
Arbeitsplan iſt keine Rede, wohl aber von einem Nicht-
arbeitsplan. Die Dienſtprag[m]atik iſt von einer latenten
ſüdſlaviſchen und einer lärmenden rutheniſchen Obſtruktion
bedroht, an der auch das Budgetproviſorium ſcheitern
kann, der Finanzplan muß angeſichts der Haltung der
Czechen ſchon beinahe als abgetan betrachtet werden,
gegen die Wehrreform mobiliſieren offen die Sozial-
demokraten, geheim die Tſchechen, die aus der Wehr-
reform gern ein Politikum machen und ſie zur Durch-
drückung gewiſſer ſpezieller Wünſche mißbrauchen möchten.
Das ſind Widerſtände, zu deren Beſeitigung, wenn nicht
ein Wunder geſchieht, drei bis vier Wochen auf keinen
Fall genügen und wir werden wohl froh ſein müſſen,
wenn eine der in Beratung ſtehenden Vorlagen erledigt
wird. Das aber iſt zu wenig, um den drohenden, in
dieſem Falle notwendigen Paragraph 14 abzuwenden ...
Wie kritiſch die Lage iſt, geht ſchon daraus hervor, daß
die Regierung ſich entſchloſſen hat, gewiſſen Begehrlich-
keiten der Parteien entgegenzukommen und eine Novelle
zum Waſſerſtraßengeſetz einzubringen, die einen Betrag
von 35 Millionen Kronen zum größten Teil für Nieder-
[Spaltenumbruch] öſterreich, Böhmen und die Alpenländer beanſprucht.
Die Chriſtlichſozialen und die Czechen ſollen damit
verſöhnt, die Deutſchen enger an die Regierung gekettet
werden. Aber auch damit wurden Geiſter gerufen, die
man nicht leicht wieder los wird: den beteiligten Parteien
iſt auch das zu wenig, ſie wollen mehr, und wenn ſchon
für diverſe Abſtimmungen Preiſe gezahlt werden ſollen,
dann wollen ſie eben möglichſt hohe Preiſe erzielen ...

Es herrſcht ſchlechtes Wetter im Abgeordnetenhaus,
und die Wolken, die ſich am Horizont zuſammenziehen,
verheißen heftige Niederſchläge. Es gibt heute wohl
niemanden mehr, der den Optimismus aufbrächte, zu
glauben, daß das Abgeordnetenhaus in ſeiner Sommer-
ſeſſion auch die Wehrreform oder ein Wehrproviſorium
zu erledigen vermöchte; es wird eine relative Glanz-
leiſtung vollbringen, wenn es das Budgetproviſorium
und die Dienſtpragmatik unter Dach und Fach bringt,
weiter aber wird es nicht gehen, und das Ende wird
deshalb ſein — der Paragraph 14, mit dem das Re-
krutenkontingent bewilligt werden wird; das erhöhte Re-
krutenkontingent, denn die hochoffiziöſen Kundgebungen,
die in der letzten Zeit erfloſſen ſind, laſſen keinen Zweifel
mehr offen, daß es nichts iſt mit dem alten Rekruten-
kontingent von 106.000 Mann, daß die Heeresleitung,
was angeſichts der internationalen Lage und des be-
kannten Zuſtandes der Armee nur als berechtigt aner-
kannt werden kann, unbedingt auf dem erhöhten Kon-
tingent von 136.000 Mann für das laufende Jahr be-
harrt. In Ungarn braucht man ſich darüber keine
Sorgen zu machen, denn gelingt die Niederrringung
der Oppoſition oder der Friedensſchluß, dann wird dort
binnen wenigen Tagen die Wehrreform durchgepeitſcht,
und gelingt das nicht, dann iſt ein Wehrreformprovi-
ſorium, für das ja die Oppoſition gern zu haben iſt, bis
Ende Juni leicht durchzudrücken. Aber bei uns? Es
müßte ein wahres Wunder geſchehen, wenn es gelänge,
bis zur letzten Juniwoche die Wehrreform oder das er-
höhte Rekrutenkontingent als Proviſorium unter Dach
und Fach zu bringen. Ende Juni aber iſt der äußerſte
Termin, denn im Laufe des Juli müſſen die Aſſen-
tierungen vorgenommen werden, eine weitere Hinaus-
ſchiebung iſt unmöglich. So wird uns denn vorausſicht-
lich die letzte Juniwoche die kaiſerliche Verordnung
bringen, welche die Einhebung des erhöhten Rekruten-
kontingentes anbefehlen wird. Ein ſchöner Fleißzettel
für das zweite Volkshaus, das nicht einmal für die
Wehrhaftigkeit und damit für die Sicherheit des Staates
vorzuſorgen verſteht ...




[Spaltenumbruch]
Feuilleton.
Neueſte Pariſer Moden.

Der Luxus iſt der Liebling der Mode, ihr Ver-
trauter und Helfer bei den tollſten Einfällen. Nur wenn
der Luxus ſich mit der Mode verbindet, wird es ihr
möglich, ihren raſch wechſelnden Ideen Ausführung zu
ſichern. Es wird für Damen, denen die Verbindung mit
dem Luxus nicht möglich iſt, immer ſchwieriger, ſich an
die Mode zu halten. Aber die Mode feſſelt nicht nur den
Luxus an ſich, auch der Frivolität und Koketterie bedarf
ſie für ihre unternehmenden Taten; ein charmantes Trio,
neben dem die Solidität, wie ſie Ende des vorigen Jahr-
hunderts beim Anzug üblich war, als man ein Werk-
tags- und ein Sonntagskleid unterſchied, als die Taillen
hoch geſchloſſen, undurchſichtig und die Aermel lang
waren, ſich ſtreng ablehnend verhalten hätte.

Das Draufgängeriſche, das die Mode zu Beginn
einer Saiſon zur Schau trägt, wenn ſie bald nach der,
bald nach jener Seite laviert, und an ſeltſame frühere
Trachten Anklänge weckt, verliert ſich bald und weicht
ruhiger Ueberlegung. Unſer Geſchmack iſt zu fein ent-
wickelt, um kritiklos die Tracht einer Pompadour oder
Lamballe wieder aufzunehmen. Wenn wir uns auch An-
lehnungen an längſt Vergangenes gefallen laſſen, ſobald
die Mode zu Neuſchöpfungen nicht geneigt iſt, wir wollen
doch das Alte mit neuem Geiſt, dem Geiſt des 20. Jahr-
hunderts durchſetzen. Gewiß übt die Mode bei Beginn
der Saiſon durch die Proklamation einer Revolution der
Tracht ſtarken Reiz aus, der die Induſtrie gefangen
nimmt und die Modedamen faſziniert. Die wahre Eleganz
kennt jedoch keine Sucht nach Neuem, ſie nimmt ab-
wartende Haltung ein, prüft ſelbſt, nimmt an und ver-
wirft, oder auch ſie akzeptiert unter Bedingungen und
Einſchränkungen — kurzum, ſie bekennt ſich nur zu Er-
probtem und dadurch ward ſchon manche Modekriſe auf-
gehalten.

So war es auch dieſes Mal. Der allzu engen Röcke
war man müde geworden, Voreilige griffen daher gern
[Spaltenumbruch] die neue Idee einer Schneiderkünſtlerin auf, freilich, be-
vor ſie zur Reife gelangt war. Die Parole Panier
und damit Rückkehr zur Rokoko-Tracht ward verfrüht
verbreitet und in der Haſt des Ueberbietens auch aus-
geführt. Doch die Mode, die ſich inzwiſchen in aller Ruhe
innerhalb der Schneiderſalons entwickelte, hat mit den
Paniers, die einſt korbartig die Hüften verbreiterten,
kaum etwas gemein. Vielmehr befinden ſich die neuen
Dlraperien viel tiefer, etwa in Kniehöhe und durch ſolch
ange weiche Faltenraffungen wird die Figur eher ſchmäler
als breiter erſcheinen, freilich weniger akzentuiert. Die
Tunique hat an Stoffülle gewonnen, indeſſen hat der
untere Rock an Weite kaum zugenommen; nur gerade
ſo tief als nötig war, um die Trägerin beim Gehen und
beim Einſteigen in einen Wagen nicht zu behindern.
Man kann ſagen, daß jeder Anzug der eleganten Pariſerin,
der nicht zur Klaſſe der Schneiderkoſtüme gehört, eine
Raffung beſitzt, die freilich manchmal nur durch wenige
Falten vorſichtig angedeutet iſt. Es hängt von der Figur
ab, ob eine der neuen Raffungen beiderſeitig, vorn
oder gar rückwärts anzuordnen iſt, oder ob ein aufge-
ſtülpter Doppelrock ſich vorteilhafter ausnimmt. Doeuillet
hat neuerdings viel Erfolg mit ſeinen vorn gekreuzten
Tuniqueteilen und ſeitlich in tiefen Bogen hinabreichenden
Falten. Bei Paquin wird die Front ganz einem Unter-
kleid überlaſſen, die Tunique deckt die Seiten und rafft
ſie nach rückwärts. Einen Beweis, daß die Made von
der Rokoko-Tracht entfernt iſt, bietet die Taillenlinie, die
weder knapp anliegend, noch lang ausgeprägt iſt und
ſelbſt zuſammen mit geteilten Raffungen gekürzt und
faltig bleiben darf. Der dritte, für den Stil einer Robe
bezeichnende Teil, der Aermel, bleibt unbeſtimmt, ent-
weder halblang und loſe, oder lang und eng und endigt
dann am Handgelenk mit Tüllpliſſée von der Farbe
der Robe oder von Spitze, für den Fall, daß feine
Spitzen als Garnitur des Ganzen in Anwendung kommen.
Den Hals frei zu tragen, bleibt ein Vorrecht der Jugend,
an dem Damen reiferen Alters bei der Straßentoilette
nicht teilnehmen, vielmehr dann den Halsausſchnitt der
Toilette durch feinen Tülleinſatz verdecken. Das Lingerie-
[Spaltenumbruch] kleid hat von ſeiner früheren anſpruchsloſen Art durch
den Einfluß der Tunique viel verloren. Paniers und
Raffungen ſollten dabei vermieden werden, aber ein
Doppelrock in gleichmäßiger Rundung oder an der Front,
in der Linie durch Ausbuchtung oder zugeſpitzte Form
unterbrochen, ſteht auch einem weißen Kleidchen wohl an.
Denn dadurch wird den feinen Arbeiten in reliefartiger
Blumenſtickerei auf Tüll oder Linon, den Inkruſtationen
und zarten Spitzenvolants Gelegenheit zu ſchönem Effekt
gegeben, der durch farbig ſeidene oder ſchwarze Samt-
bandſchärpen Unterſtützung ſindet.

Kenner der Pariſer Gebräuche hätten es kaum für
möglich gehalten, daß die Mode der zweifarbigen
Garderobe
ſich einbürgern werde, da bisher in der
Stadt die dunkle Uni-Kleidung die einzig vornehme war.
Nunmehr hat ſich die etwas auffällige Aenderung ſoweit
verbreitet, daß ſie durch die Gewohnheit von ſolcher
Wirkung viel einbüßte. Am meiſten werden Jackenkoſtüme
und Phantaſie-„Tailleurs“ in dieſer Weiſe zuſammen-
geſtellt. Sehr gut führen ſich als „Trotteur“ einfarbige
Jacketts zu klein karierten Röcken ein, dazu Revers und
Manſchetten am Jackett aus dem Stoff des Rockes. Das
Schneiderkoſtüm für den Nachmittag beſteht oftmals aus
Satin merveilleux, dabei das Jackett farbig zu ſchwarzem
oder auch zu weißem Rock, und als beſonders apart
ein Jackett in farbiger Panne mit weiß-ſeidenem Kragen
und doppelſeitigem Spitzenjabot auf weißem Charmeuſe-
Rock. Die einfach feine Dame bevorzugt dennoch ein
ſchwarzes Taffetkoſtüm, umſomehr, als farbiger Samt-
Paſſepoil den Anzug beleben darf und die Modiſtinnen
die zierlichſten Sächelchen aus Tüll und Spitzen zum
Putz dunkler Koſtüme bereit halten. Die meiſten Jacketts
werden rückwärts länger geſchnitten als vorn und die
Aermel mit pliſſiertem Abſchluß, entſprechend den weißen
doppelten Spitzenjabots.

Alle Welt erfreut ſich jetzt des bunten Blütenflors
an Baum und Strauch, im Modeviertel prankt üppiger
Blumenſchmuck an Fenſtern und Balkonen und in den
Modeſalons ſtehen rieſenhafte Blumenſträuße auf den


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[[1]/0001] Redaktion und Adminiſtration: Ringplatz 4, 2. Stock. Telephon-Nummer 161. Druckerei-Telephon-Nr. 332. Abonnementsbedingungen: Für Czernowitz (mit Zuſtellung ins Haus): monatl. K 1·80, vierteljähr. K 5·40, halbj. K 10·80, ganzjähr. K 21·60, (mit täglicher Poſtverſendung): monatlich K 2, vierteljähr. K 6, halbjähr. K 12, ganzjähr. K. 24. Für Deutſchland: vierteljährig .... 7 Mark. für Rumänien und den Balkan: vierteljährig .... 10 Lei. Telegramme: „Allgemeine“ Czernowitz. Czernowitzer Allgemeine Zeitung Ankündigungen: Es koſtet im gewöhnlichen Inſe- ratenteil 12 h die 6mal geſpaltene Petitzeile bei einmaliger, 6 h bei mehrmaliger Einſchaltung, für Re- klame 40 h die Petitzeile. Inſerate nehmen alle in- und ausländiſchen Inſeratenbureaus ſowie die Ad- miniſtration entgegen. — Einzel- exemplare ſind in allen Zeitungs- verſchleißen, Trafiken, der k. k. Uni- verſitätsbuchhandlung H. Pardini und in der Adminiſtration (Ring- platz 4, 2. St.) erhältlich. In Wien im Zeitungsbureau Goldſchmidt, Wollzeile 11. Einzelexemplare 10 Heller für Czernowitz. Manuſkripte werden in keinem Falle zurückgeſendet, unfrankierte Briefe nicht angenommen. Nr. 2508. Czernowitz, Dienſtag, den 4. Juni 1912. Ueberſicht. Vom Tage. Bei dem zu Ehren des bulgariſchen Königspaares in Schönbrunn veranſtalteten Galadiner wechſelten Kaiſer Franz Joſeph und König Ferdinand politiſche Toaſte. — Miniſterpräſident Lukacs lehnte das von der Oppoſition aufgeſtellte Programm in einem Antwortſchreiben an Koſſuth ab. Letzte Telegramme. Die Ruthenen, deren Haltung die heutige Sitzung des Budgetausſchuſſes beſchlußunfähig machte, werden morgen entſcheidende Beſchlüſſe über ihr Verhalten im Parlament faſſen. — Wie verlautet, ſteht in Ungarn ein neuerlicher Generalſtreik der ſozialdemokratiſchen Arbeiterſchaft bevor. Schlechtes Wetter. Wien, 2. Juni (Orig.-Korr.). Wenn nicht wieder eine jener unvermuteten Wen- dungen eintritt, die im öſterreichiſchen Abgeordneten- hauſe ſo oft das Oberſte zu unterſt kehren und alles Vorherſagen zu Schanden machen, und wenn dieſer Um- ſchwung nicht ſehr bald eintritt, dann wird das Abge- ordnetenhaus kaum den urſprünglich für den Beginn der Sommerferien in Ausſicht genommenen Termin, die letzte Juniwoche, erleben. Es geht wieder einmal nicht vom Fleck, und vorderhand iſt auch noch nicht einzu- ſehen, wie ſich die parlamentariſche Lage mit ſolcher Raſchheit und ſo gründlich klären kann, daß das Abge- ordnetenhaus imſtande wäre, termingerecht die Arbeiten zu erledigen, die es bis zum Beginn der Sommerferien unbedingt erledigt haben muß, wenn nicht der Retter aus jeder parlamentariſchen Not, der Paragraph 14, hervorgeholt und das Parlament mit einem Fünfer aus Sitten und Fleiß nach Hauſe geſchickt werden ſoll, um dem Retter den Weg freizugeben. Es geht nicht vor- wärts im zweiten Volkshaus, und wie diesbezüglich Wandel geſchaffen werden ſoll, iſt umſo unklarer, als bislang die Parteien ſich viel weniger um die Be- ſchleunigung der parlamentariſchen Arbeit, als um deren Verzögerung bemühen. Immer wieder taucht aus irgend- einer Ecke des Hauſes das Geſpenſt der Obſtruktion auf, von keiner Seite aber hat ſich bisher der aufrichtige und ehrlich gemeinte Ruf nach Arbeit, nach expeditiver, frucht- barer Arbeit, erhoben. Die großen intellektuellen Energien und Potenzen, die im Kabinett Stürgkh, dem „Kabinett der Kapazitäten“, vereinigt ſind, das geringe Kapital von Fähigkeiten und gutem Willen, das im Volkshauſe zu finden iſt, verbrauchen und erſchöpfen ſich in dem ewigen Kampf gegen unausrottbare Obſtruktionsgelüſte und können nicht frei werden zu fruchtbarer Arbeit. Die Regierung verbraucht ihre beſten Kräfte in einer end- und ausſichtsloſen Danaidenarbeit — und das Par- lament ſieht zu und ſchürzt heute die Knoten von neuem, die geſtern mit unſäglicher Mühe gelöſt worden ſind. Es geht nicht vorwärts im zweiten Volkshauſe ... Die Arbeit, die das Abgeordnetenhaus bis zu den Sommerferien zu leiſten hat, iſt groß, übergroß für ein Haus, daß nur die Technik der Nichtarbeit, nicht die Technik der Arbeit beherrſcht. Zunächſt iſt die Dienſt- pragmatik zu erledigen, dann der Finanzplan, das Budget, beziehungsweiſe Budgetproviſorium und ſchließlich das Wehrgeſetz, das als eine Lebensfrage des Hauſes ange- ſehen werden muß. Drei Wochen, im äußerſten Falle knapp vier Wochen, ſtehen zur Abſolvierung dieſes um- fangreichen Programmes zur Verfügung, denn über die letzte Juniwoche hinaus ſoll und kann die Seſſion nicht ausgedehnt werden; kann ſie nicht, da bis dahin Dienſt- pragmatik, Budgetproviſorium und Wehrreform, eventuell Wehrreformproviſorium unbedingt erledigt ſein müſſen und es in dieſen Belangen eine Friſterſtreckung auf gar keinen Fall gibt. Und wie ſieht es damit aus? Von einem Arbeitsplan iſt keine Rede, wohl aber von einem Nicht- arbeitsplan. Die Dienſtpragmatik iſt von einer latenten ſüdſlaviſchen und einer lärmenden rutheniſchen Obſtruktion bedroht, an der auch das Budgetproviſorium ſcheitern kann, der Finanzplan muß angeſichts der Haltung der Czechen ſchon beinahe als abgetan betrachtet werden, gegen die Wehrreform mobiliſieren offen die Sozial- demokraten, geheim die Tſchechen, die aus der Wehr- reform gern ein Politikum machen und ſie zur Durch- drückung gewiſſer ſpezieller Wünſche mißbrauchen möchten. Das ſind Widerſtände, zu deren Beſeitigung, wenn nicht ein Wunder geſchieht, drei bis vier Wochen auf keinen Fall genügen und wir werden wohl froh ſein müſſen, wenn eine der in Beratung ſtehenden Vorlagen erledigt wird. Das aber iſt zu wenig, um den drohenden, in dieſem Falle notwendigen Paragraph 14 abzuwenden ... Wie kritiſch die Lage iſt, geht ſchon daraus hervor, daß die Regierung ſich entſchloſſen hat, gewiſſen Begehrlich- keiten der Parteien entgegenzukommen und eine Novelle zum Waſſerſtraßengeſetz einzubringen, die einen Betrag von 35 Millionen Kronen zum größten Teil für Nieder- öſterreich, Böhmen und die Alpenländer beanſprucht. Die Chriſtlichſozialen und die Czechen ſollen damit verſöhnt, die Deutſchen enger an die Regierung gekettet werden. Aber auch damit wurden Geiſter gerufen, die man nicht leicht wieder los wird: den beteiligten Parteien iſt auch das zu wenig, ſie wollen mehr, und wenn ſchon für diverſe Abſtimmungen Preiſe gezahlt werden ſollen, dann wollen ſie eben möglichſt hohe Preiſe erzielen ... Es herrſcht ſchlechtes Wetter im Abgeordnetenhaus, und die Wolken, die ſich am Horizont zuſammenziehen, verheißen heftige Niederſchläge. Es gibt heute wohl niemanden mehr, der den Optimismus aufbrächte, zu glauben, daß das Abgeordnetenhaus in ſeiner Sommer- ſeſſion auch die Wehrreform oder ein Wehrproviſorium zu erledigen vermöchte; es wird eine relative Glanz- leiſtung vollbringen, wenn es das Budgetproviſorium und die Dienſtpragmatik unter Dach und Fach bringt, weiter aber wird es nicht gehen, und das Ende wird deshalb ſein — der Paragraph 14, mit dem das Re- krutenkontingent bewilligt werden wird; das erhöhte Re- krutenkontingent, denn die hochoffiziöſen Kundgebungen, die in der letzten Zeit erfloſſen ſind, laſſen keinen Zweifel mehr offen, daß es nichts iſt mit dem alten Rekruten- kontingent von 106.000 Mann, daß die Heeresleitung, was angeſichts der internationalen Lage und des be- kannten Zuſtandes der Armee nur als berechtigt aner- kannt werden kann, unbedingt auf dem erhöhten Kon- tingent von 136.000 Mann für das laufende Jahr be- harrt. In Ungarn braucht man ſich darüber keine Sorgen zu machen, denn gelingt die Niederrringung der Oppoſition oder der Friedensſchluß, dann wird dort binnen wenigen Tagen die Wehrreform durchgepeitſcht, und gelingt das nicht, dann iſt ein Wehrreformprovi- ſorium, für das ja die Oppoſition gern zu haben iſt, bis Ende Juni leicht durchzudrücken. Aber bei uns? Es müßte ein wahres Wunder geſchehen, wenn es gelänge, bis zur letzten Juniwoche die Wehrreform oder das er- höhte Rekrutenkontingent als Proviſorium unter Dach und Fach zu bringen. Ende Juni aber iſt der äußerſte Termin, denn im Laufe des Juli müſſen die Aſſen- tierungen vorgenommen werden, eine weitere Hinaus- ſchiebung iſt unmöglich. So wird uns denn vorausſicht- lich die letzte Juniwoche die kaiſerliche Verordnung bringen, welche die Einhebung des erhöhten Rekruten- kontingentes anbefehlen wird. Ein ſchöner Fleißzettel für das zweite Volkshaus, das nicht einmal für die Wehrhaftigkeit und damit für die Sicherheit des Staates vorzuſorgen verſteht ... W. A. Feuilleton. Neueſte Pariſer Moden. Der Luxus iſt der Liebling der Mode, ihr Ver- trauter und Helfer bei den tollſten Einfällen. Nur wenn der Luxus ſich mit der Mode verbindet, wird es ihr möglich, ihren raſch wechſelnden Ideen Ausführung zu ſichern. Es wird für Damen, denen die Verbindung mit dem Luxus nicht möglich iſt, immer ſchwieriger, ſich an die Mode zu halten. Aber die Mode feſſelt nicht nur den Luxus an ſich, auch der Frivolität und Koketterie bedarf ſie für ihre unternehmenden Taten; ein charmantes Trio, neben dem die Solidität, wie ſie Ende des vorigen Jahr- hunderts beim Anzug üblich war, als man ein Werk- tags- und ein Sonntagskleid unterſchied, als die Taillen hoch geſchloſſen, undurchſichtig und die Aermel lang waren, ſich ſtreng ablehnend verhalten hätte. Das Draufgängeriſche, das die Mode zu Beginn einer Saiſon zur Schau trägt, wenn ſie bald nach der, bald nach jener Seite laviert, und an ſeltſame frühere Trachten Anklänge weckt, verliert ſich bald und weicht ruhiger Ueberlegung. Unſer Geſchmack iſt zu fein ent- wickelt, um kritiklos die Tracht einer Pompadour oder Lamballe wieder aufzunehmen. Wenn wir uns auch An- lehnungen an längſt Vergangenes gefallen laſſen, ſobald die Mode zu Neuſchöpfungen nicht geneigt iſt, wir wollen doch das Alte mit neuem Geiſt, dem Geiſt des 20. Jahr- hunderts durchſetzen. Gewiß übt die Mode bei Beginn der Saiſon durch die Proklamation einer Revolution der Tracht ſtarken Reiz aus, der die Induſtrie gefangen nimmt und die Modedamen faſziniert. Die wahre Eleganz kennt jedoch keine Sucht nach Neuem, ſie nimmt ab- wartende Haltung ein, prüft ſelbſt, nimmt an und ver- wirft, oder auch ſie akzeptiert unter Bedingungen und Einſchränkungen — kurzum, ſie bekennt ſich nur zu Er- probtem und dadurch ward ſchon manche Modekriſe auf- gehalten. So war es auch dieſes Mal. Der allzu engen Röcke war man müde geworden, Voreilige griffen daher gern die neue Idee einer Schneiderkünſtlerin auf, freilich, be- vor ſie zur Reife gelangt war. Die Parole Panier und damit Rückkehr zur Rokoko-Tracht ward verfrüht verbreitet und in der Haſt des Ueberbietens auch aus- geführt. Doch die Mode, die ſich inzwiſchen in aller Ruhe innerhalb der Schneiderſalons entwickelte, hat mit den Paniers, die einſt korbartig die Hüften verbreiterten, kaum etwas gemein. Vielmehr befinden ſich die neuen Dlraperien viel tiefer, etwa in Kniehöhe und durch ſolch ange weiche Faltenraffungen wird die Figur eher ſchmäler als breiter erſcheinen, freilich weniger akzentuiert. Die Tunique hat an Stoffülle gewonnen, indeſſen hat der untere Rock an Weite kaum zugenommen; nur gerade ſo tief als nötig war, um die Trägerin beim Gehen und beim Einſteigen in einen Wagen nicht zu behindern. Man kann ſagen, daß jeder Anzug der eleganten Pariſerin, der nicht zur Klaſſe der Schneiderkoſtüme gehört, eine Raffung beſitzt, die freilich manchmal nur durch wenige Falten vorſichtig angedeutet iſt. Es hängt von der Figur ab, ob eine der neuen Raffungen beiderſeitig, vorn oder gar rückwärts anzuordnen iſt, oder ob ein aufge- ſtülpter Doppelrock ſich vorteilhafter ausnimmt. Doeuillet hat neuerdings viel Erfolg mit ſeinen vorn gekreuzten Tuniqueteilen und ſeitlich in tiefen Bogen hinabreichenden Falten. Bei Paquin wird die Front ganz einem Unter- kleid überlaſſen, die Tunique deckt die Seiten und rafft ſie nach rückwärts. Einen Beweis, daß die Made von der Rokoko-Tracht entfernt iſt, bietet die Taillenlinie, die weder knapp anliegend, noch lang ausgeprägt iſt und ſelbſt zuſammen mit geteilten Raffungen gekürzt und faltig bleiben darf. Der dritte, für den Stil einer Robe bezeichnende Teil, der Aermel, bleibt unbeſtimmt, ent- weder halblang und loſe, oder lang und eng und endigt dann am Handgelenk mit Tüllpliſſée von der Farbe der Robe oder von Spitze, für den Fall, daß feine Spitzen als Garnitur des Ganzen in Anwendung kommen. Den Hals frei zu tragen, bleibt ein Vorrecht der Jugend, an dem Damen reiferen Alters bei der Straßentoilette nicht teilnehmen, vielmehr dann den Halsausſchnitt der Toilette durch feinen Tülleinſatz verdecken. Das Lingerie- kleid hat von ſeiner früheren anſpruchsloſen Art durch den Einfluß der Tunique viel verloren. Paniers und Raffungen ſollten dabei vermieden werden, aber ein Doppelrock in gleichmäßiger Rundung oder an der Front, in der Linie durch Ausbuchtung oder zugeſpitzte Form unterbrochen, ſteht auch einem weißen Kleidchen wohl an. Denn dadurch wird den feinen Arbeiten in reliefartiger Blumenſtickerei auf Tüll oder Linon, den Inkruſtationen und zarten Spitzenvolants Gelegenheit zu ſchönem Effekt gegeben, der durch farbig ſeidene oder ſchwarze Samt- bandſchärpen Unterſtützung ſindet. Kenner der Pariſer Gebräuche hätten es kaum für möglich gehalten, daß die Mode der zweifarbigen Garderobe ſich einbürgern werde, da bisher in der Stadt die dunkle Uni-Kleidung die einzig vornehme war. Nunmehr hat ſich die etwas auffällige Aenderung ſoweit verbreitet, daß ſie durch die Gewohnheit von ſolcher Wirkung viel einbüßte. Am meiſten werden Jackenkoſtüme und Phantaſie-„Tailleurs“ in dieſer Weiſe zuſammen- geſtellt. Sehr gut führen ſich als „Trotteur“ einfarbige Jacketts zu klein karierten Röcken ein, dazu Revers und Manſchetten am Jackett aus dem Stoff des Rockes. Das Schneiderkoſtüm für den Nachmittag beſteht oftmals aus Satin merveilleux, dabei das Jackett farbig zu ſchwarzem oder auch zu weißem Rock, und als beſonders apart ein Jackett in farbiger Panne mit weiß-ſeidenem Kragen und doppelſeitigem Spitzenjabot auf weißem Charmeuſe- Rock. Die einfach feine Dame bevorzugt dennoch ein ſchwarzes Taffetkoſtüm, umſomehr, als farbiger Samt- Paſſepoil den Anzug beleben darf und die Modiſtinnen die zierlichſten Sächelchen aus Tüll und Spitzen zum Putz dunkler Koſtüme bereit halten. Die meiſten Jacketts werden rückwärts länger geſchnitten als vorn und die Aermel mit pliſſiertem Abſchluß, entſprechend den weißen doppelten Spitzenjabots. Alle Welt erfreut ſich jetzt des bunten Blütenflors an Baum und Strauch, im Modeviertel prankt üppiger Blumenſchmuck an Fenſtern und Balkonen und in den Modeſalons ſtehen rieſenhafte Blumenſträuße auf den

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2508, Czernowitz, 04.06.1912, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer2508_1912/1>, abgerufen am 19.03.2024.