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Mährisches Tagblatt. Nr. 41, Olmütz, 21.02.1898.

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[Spaltenumbruch]

Die Verhendlung wird um 12 Uhr 20 Mi-
nuten eröffnet. Der Saal ist übersüllt. Das
Publicum verhält sich ruhiger als gestern. Oberst
Picquart wird vorgerufen. Vertheidiger La-
bori
frägt den Zeugen, ob das Bordereau
aus dem März oder April 1894 stamme.

Picquart antwortet, daß er sich hieran
nicht erinnere. Er beklagt sich gleichzeitig über
die Angriffe der Zeitungen, die ihm vorwerfen,
daß er seine Kinder in Deutschland erziehen lasse,
und erklärt, er sei gar nicht verheiratet. Uebrigens
würde er, wenn er Familie hätte, seine Kinder
gewiß nicht in Deutschland erziehen lassen. Oberst
Picquart verlangt, General Gallifet solle kammen,
um seine, Picquart's Ehrenhaftigkeit und Loyalität
zu bezeugen.

Der Präsident erwidert, daß dies un-
nütz sei.

Vertheidiger Labori protestirt gegen diese
Bemerkung.

General Pellieux, der vorgerufen wird,
erklärt, er lehne in Uebereinstimmung mit den
gestrigen Worten des Generaladvocaten
es von jetzt an ab, auf Fragen zu antworten,
die nicht die Affaire Zola betreffen. General Pel-
lieux fügt hinzu: Ich habe indeß bereits gesagt,
daß alles in dieser Affaire seltsam ist; was es
aber noch mehr ist, das ist (sich gegen Picquart
wendend) und ich sage ihm dies ins Gesicht, die
Haltung eines Herrn, der noch die Uniform der
französischen Armee trägt und der hier erschienen
ist, um drei Generale anzuklagen, daß sie eine
Fölschung begangen und sich ihrer bedient haben.
(Stürmischer Beifall im Hintergrunde des Saales.)

Oberst Picquart erwidert erregt: Ich
habe meinem verehrten Vorgesetzten gesagt, daß
ich hier vor dem Gerichte nur sprechen werde,
um die Wahrheit zu sagen. Ich wiederhole es
noch einmal in Gegenwart meiner Vorgesetzten.
Ich habe weder ihre Absichten, noch ihren guten
Glauben jemals zu verdächtigen versucht, ich sage
nur, daß sich in der Affaire Norton hervor-
ragende Persönlichkeiten durch falsche Papiere haben
täuschen lassen.

Vertheidiger Labori: Auch ich habe ge-
sagt, daß die Officiere in gutem Glauben han-
deln, und das ist gerade, was mich bewegt und
erschreckt.

Präsident (den Vertheidiger unterbre-
chend): Sie plaidiren!

Libori: Nein, Herr Präsident, aber ich
habe hier etwas zu präcisiren, was für mich von
größter Wichtigkeit ist. Man sucht mich zu terro-
risiren, man richtet nicht an mich, sondern an meine
Frau Drohbriefe, um mich einzuschüchtern.

Präsident: Ich sage Ihnen, daß Sie
plaidiren. Ich werde Ihnen das Wort entziehen.

Labori: Es geschehe, entziehen Sie es mir!

Präsident: Ich entziehe es Ihnen.

Labori: Ich danke Ihnen. Jedesmal, so
[Spaltenumbruch] ost Sie mir das Wort entziehen, gereicht mir
das zur neuerlichen Ehre.

Pellieux verlangt, einige Worte über
die Rolle zu sagen, die er in dieser Affaire, und
zwar gegen seinen freien Willen, gespielt habe.

Labori will gleichfalls sprechen. Der
Präsident droht ihm eine Disciplinarstrafe an.
(Anhaltender Lärm; Beifall.) Gleichwohl richtet
Labori an Pellienx und Gonse eine Frage über
die "hydraulische Bremse von 120".

Pellieux und Gonse antworten, daß
sie über diese Frage nicht auf dem Laufenden seien.

Labori will andere Fragen stellen. (Protest-
rufe im Hintergrunde des Saales.) Labori legt
gegen die Lärmmacher und gegen diese Vergewal-
tigung des Rechtes der Vertheidigung Verwah-
rung ein und wendet sich an Zola mit der
Frage, ob es nicht besser wäre, den Saal zu
verlassen, als sich in dieser Weise knebeln zu
lassen.

Präsident (zu Labori:) So sprechen Sie
doch ernsthaft!

Labori ruft dem Präsidenten zu, daß er
ihn insultirt.

Labori richtet an Picquart Fragen; der
Befragte erklärt jedoch, diese nicht beantworten
zu können.

Es werden sodann mehrere Zeugen ver-
nommen, die Zola's guten Glauben bezeugen,
darunter der ehemalige elsässische Deputirte
Lalance, der das Vorgehen Zola's billigt, ferner
Duclaux, der es für nützlich erachtet, daß man
über die Dunkelheit des ersten Processes Licht
verbreite, und Anatole France, der für den
guten Glauben Zola's eintritt. -- Labori ver-
liest einen für Zola günstigen Brief des Pro-
fessors an der Sorbonne, Segilles.

Nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung
theilt der Gerichtshof den Beschluß mit, den
Minister Billot nicht zu vernehmen, da er
vom Ministerrath die Autorisation nicht erhalten
habe, ferner die Einbeziehung des Esterhazy'schen
"Uhlanenbriefes" in die Debatte nicht zuzulassen.
-- Die Vertheidigung verzichtet auf die Ver-
nehmung der noch nicht vernommenen Zeugen.

Der Präsident schließt die Sitzung mit
der Mittheilung, daß sie am Montag wieder
aufgenommen werden wird. Dienstag wird des
Faschingsfestes wegen eine kurze Verhandlung
stattfinden. Die Verhandlungen werden Mittwoch
beendigt sein. Die Zugänge zum Justizpalast
waren fast menschenleer. Es fand keine Kund-
gebung statt.




Mährischer Landtag.


(36. Sitzung.)

Nach dem Referate des Abg. Julius Ritter
von Gomperz wird der Schlußbericht über
[Spaltenumbruch] das Landesbudget für 1898 und die Landes-
umlage
ohne Debatte angenommen.

Landeshauptmann Graf Vetter von der
Lilie hebt in seiner Schlußrede die Noth-
standsaction hervor und sagt u. A.: Aber alle
unsere Actionen überragt jene Friedensaction,
deren Fundamente in dieser Session gelegt worden
sind. Mögen diese Fundamente zu einem stolzen
Bau emporwachsen, der für alle Zeiten Zeugniß
geben soll von dem friedlichen Sinne, der Ver-
söhnlichkeit und Gerechtigkeit beider dieses Land
bewohnenden Volksstämme. (Lebhafter Beifall.)
Der Landeshauptmann dankt hierauf dem Statt-
halter Freiherrn v. Spens-Booden (Stürmischer
Beifall), der allseitige Verehrung sich zu er-
ringen wußte, für seine lebhafte Theilnahme an
den Landtagsverhandlungen in dieser Session.
(Beifall.) Redner schließt mit dreifachen Hoch-
und Slava-Rufen auf Se. Majestät den Kaiser,
in welche die Versammlung begeistert einstimmt.

Abg. Freihe[r]r von Chlumecky dankt dem
Landeshauptmanne Namens des ganzen Hauses.
Der Ruf des mährischen Landtages als Arbeits-
landtages sei zum großen Theile dem Landes-
hauptmanne Grafen Vetter von der Lilie zuzu-
schreiben, ebenso der Umstand, daß es gelungen
ist, heuer die ersten Schritte zur Verständigung
der Nationalitäten zu machen. Wir wissen,
daß, wenn dieser Schritt gelingt und glücklich fort-
gesetzt wird, dies gewiß dem Landeshauptmanne
die größte Freude bereiten wird. Nicht minder
dankt Abg. Freiherr v. Chlum[eck]y dem Statt-
halter (lebhafter Beifall) für das überaus that-
k[r]äftige Wohlwollen und die Unterstützung, welche
er dem Lande jederzeit habe zutheil werden lassen,
insbesondere für dessen warme Unterstützung der
nicht ganz leichten einleitenden Schritte zum an-
gestrebten Friedenswerke. (Lebhafte Zustimmung.)
Ich weiß nicht minder, sagt Redner, daß niemand
so sehr einen glücklichen Erfolg herbeiwünschen
würde als der Statthalter, welcher jederzeit das
gleiche Interesse für beide Nationalitäten dieses
Landes bekundet hat und durch seine herzge-
winnende Liebenswürdigkeit (Lebhafte Zustimmung)
sowohl im persönlichen als amtlichen Verkehre
uns alle im Sturme zu seinen Verehrern und
aufrichtigen Freunden gemacht hat. (Lebhafter
Beifall.)

Statthalter Freiherr v. Spens-Booden:
Vor Allem erlauben Sie mir, daß ich aus vollem
Herzen mich den warmen Worten der Verehrung
und Huldigung, welche Sr. Excellenz unserem
Landeshauptmanne dargebracht wurden, anschließe,
ebenso danke ich auch vielmals dem hochverehrten
Landeshauptmann-Stellvertreter und allen Herren
für das Wohlwollen, mit welchen Sie den Re-
gierungs-Vertretern jederzeit entgegengekommen
sind. (Slavisch fortfahrend:) Die heurige
Session ragt über die anderen durch er-
sprießliche und opferwillige Arbeit hervor, und




[Spaltenumbruch]

schon belesen, ja gewaschen; die rothen Rüben
sogar schon gekocht! Und dazwischen überall
Blumen, Blumen und wieder Blumen, und da
sie billig genug sind, geht kaum jemand ohne seinen
frischen Strauß nach Hause. Ueberraschen muß
es den Fremden, wie galant die Direction der
Trambahn für die Bequemlichkeit der Lausanner
Hausfrauen besorgt ist. An allen Markttagen
werden Personenwagen, die nach den entfernteren
Stadttheilen gehen, flache Wagen angehängt, auf
denen sich dann die gefüllten Körbe und Netze
der mitfahrenden Weiblichkeit friedlich vereinen.
Und noch eine andere Anordnung hat dieselbe
Verwaltung getroffen, die nicht minder viel für
sich hat. Alljährlich nämlich werden während der
Weihnachtstage in den Wagen Blechbüchsen aus-
gehängt, in die das Publicum sein Scherflein
wirft. Nach Schluß der Sammlung wird die
eingebrachte Summe unter alle an der Bahn
Bediensteten getheilt. In der Festtagsstimmung
der Adveniszeit ist ja jeder leichter zum Geben
bereit, und was sonst nur den Schaffnern zu-
fließen würde, kommt auf diese Weise auch dem
Geringsten zugute.

Weihnachten ist übrigens in der ganzen
französischen Schweiz fast nur ein Fest für die
Kleinen. Wohl mehr aus dem practischen Grunde,
weil die Kinder, wenn man sie erst an Neujahr,
also nur ein paar Tage vor Wiederbeginn der
Schulzeit beschenken würde, zu wenig Genuß von
ihren Geschenken hätten, acceptirte man zuerst die
deutsche Sitte. Mittlerweile hat sie sich ziemlich
[Spaltenumbruch] eingebürgert, und mit ihr zugleich auch unser
Weihnachtsbaum, die duftende Tanne. Den
Kleinen macht denn auch ihr "sapin de Noel"
viele Freude, aber die Großen blicken ihn mit
ziemlich gleichgiltigen Augen an. Von der Poesie
und dem Zauber, den ein deutscher Weihnachts-
baum um sich verbre tet, ist hier nichts zu spüren.
Desto lauter und lebhafter im weitesten Sinne
des Wortes feiert man die Sylvesternacht. Nicht
wie bei uns im gemüthlichen Heim bei der
dampfenden Punschbowle. Hier eilt alles hinaus
auf die Straßen; die übermüthige Jugend steckt
sich in Maskencostüme; musikalische Gemüther
machen ihrem Herzen in mehr oder minder wohl-
gemeinten Gesängen Luft, andere malträtiren
die unglaublichsten Instrumente. Alles scherzt und
lacht und neckt sich; auf freien Plätzen sind
Carussels und Schießbuden aufgeschlagen und von
Alt und Jung belagert; aber nirgends ist etwas
von roher Ausgelassenheit zu finden. Und dieser
Trubel, diese Lustigkeit setzt sich dann am Neu-
jahrtage fort, an dem sich die großen Kinder
erst beschenken: Ebenso vielleicht auch etwas über-
müthiger springt man in Genf in das neue
Jahr, beträchtlich ruhiger dagegen fällt diese Feier
am andern Ende des Sees aus, in dem schönen
vornehmen Montreux.

Ist einem Menschenkinde, das Lust und
Laune, das Bedürfnis nach Erholung, oder auch
der Wunsch nach einem nicht allzustrengen Winter
an die Ufer der Leman geführt haben, Genf zu
geräuschvoll und lebhaft, zu verführerisch für ein
[Spaltenumbruch] rein beschauliches Dasein, Lausanne trotz seiner
größeren Ruhe doch noch zu städt sch, dann winkt
ihm Montreux verlockind genug. Es ist auch fast
undenkbar, daß dieses gnadenreiche Stückchen
Erde jemand nicht gefallen, ihn nicht fesseln sollte.
Für Kranke ist Montreux in den letzten Jahren
etwas aus der Mode gekommen, aber für solche,
die den gesellschaftlichen Anstrengungen eines Win-
ters entgehen oder ihre angegriffenen Nerven er-
holen wollen, ist es vielleicht gerade deswegen ein
um so beliebterer Aufenthaltsort geworden. Die
diesjährige Fremdenliste weist zumeist deutsche
Namen, darunter viele aus Adels- and Officiers-
kreisen, auf. Hotels und Pensionen bieten allen
nur möglichen Comfort. Musikalische Unterhal-
tungen finden hier auch sehr häufig statt, hin
und wieder auch Theatervorstellungen, und um
auch den Spiellustigen Gelegenheit zu geben, ein
Bischen ihrer Schwäche fröhnen zu können, ist
im Kursaal das unschuldige Pferdespiel gestattet,
-- wirklich unschuldig, weil höhere Einsätze als
ein Francs streng verboten sind.

Und wie viel des Interessanten ist da auch
sonst gleich in nächster Nähe zu finden! Da ist
vor allem das alte, auf einem gewaltigen Felsen
in den See hinein gebaute Schloß Chillon,
das Lord Byron in seiner unverwelklichen Dich-
tung "Der Gefangene von Chillon" verewigt hat,
Ein Stückchen weiter liegt das Hotel Byron, in
dem sich Victor Hugo noch im Jahre 1883 auf-
hielt. Da ist Clarens mit dem "bosquet de
Julie",
das an die hier spielende "Neue Heloise"


[Spaltenumbruch]

Die Verhendlung wird um 12 Uhr 20 Mi-
nuten eröffnet. Der Saal iſt überſüllt. Das
Publicum verhält ſich ruhiger als geſtern. Oberſt
Picquart wird vorgerufen. Vertheidiger La-
bori
frägt den Zeugen, ob das Bordereau
aus dem März oder April 1894 ſtamme.

Picquart antwortet, daß er ſich hieran
nicht erinnere. Er beklagt ſich gleichzeitig über
die Angriffe der Zeitungen, die ihm vorwerfen,
daß er ſeine Kinder in Deutſchland erziehen laſſe,
und erklärt, er ſei gar nicht verheiratet. Uebrigens
würde er, wenn er Familie hätte, ſeine Kinder
gewiß nicht in Deutſchland erziehen laſſen. Oberſt
Picquart verlangt, General Gallifet ſolle kammen,
um ſeine, Picquart’s Ehrenhaftigkeit und Loyalität
zu bezeugen.

Der Präſident erwidert, daß dies un-
nütz ſei.

Vertheidiger Labori proteſtirt gegen dieſe
Bemerkung.

General Pellieux, der vorgerufen wird,
erklärt, er lehne in Uebereinſtimmung mit den
geſtrigen Worten des Generaladvocaten
es von jetzt an ab, auf Fragen zu antworten,
die nicht die Affaire Zola betreffen. General Pel-
lieux fügt hinzu: Ich habe indeß bereits geſagt,
daß alles in dieſer Affaire ſeltſam iſt; was es
aber noch mehr iſt, das iſt (ſich gegen Picquart
wendend) und ich ſage ihm dies ins Geſicht, die
Haltung eines Herrn, der noch die Uniform der
franzöſiſchen Armee trägt und der hier erſchienen
iſt, um drei Generale anzuklagen, daß ſie eine
Fölſchung begangen und ſich ihrer bedient haben.
(Stürmiſcher Beifall im Hintergrunde des Saales.)

Oberſt Picquart erwidert erregt: Ich
habe meinem verehrten Vorgeſetzten geſagt, daß
ich hier vor dem Gerichte nur ſprechen werde,
um die Wahrheit zu ſagen. Ich wiederhole es
noch einmal in Gegenwart meiner Vorgeſetzten.
Ich habe weder ihre Abſichten, noch ihren guten
Glauben jemals zu verdächtigen verſucht, ich ſage
nur, daß ſich in der Affaire Norton hervor-
ragende Perſönlichkeiten durch falſche Papiere haben
täuſchen laſſen.

Vertheidiger Labori: Auch ich habe ge-
ſagt, daß die Officiere in gutem Glauben han-
deln, und das iſt gerade, was mich bewegt und
erſchreckt.

Präſident (den Vertheidiger unterbre-
chend): Sie plaidiren!

Libori: Nein, Herr Präſident, aber ich
habe hier etwas zu präciſiren, was für mich von
größter Wichtigkeit iſt. Man ſucht mich zu terro-
riſiren, man richtet nicht an mich, ſondern an meine
Frau Drohbriefe, um mich einzuſchüchtern.

Präſident: Ich ſage Ihnen, daß Sie
plaidiren. Ich werde Ihnen das Wort entziehen.

Labori: Es geſchehe, entziehen Sie es mir!

Präſident: Ich entziehe es Ihnen.

Labori: Ich danke Ihnen. Jedesmal, ſo
[Spaltenumbruch] oſt Sie mir das Wort entziehen, gereicht mir
das zur neuerlichen Ehre.

Pellieux verlangt, einige Worte über
die Rolle zu ſagen, die er in dieſer Affaire, und
zwar gegen ſeinen freien Willen, geſpielt habe.

Labori will gleichfalls ſprechen. Der
Präſident droht ihm eine Disciplinarſtrafe an.
(Anhaltender Lärm; Beifall.) Gleichwohl richtet
Labori an Pellienx und Gonſe eine Frage über
die „hydrauliſche Bremſe von 120“.

Pellieux und Gonſe antworten, daß
ſie über dieſe Frage nicht auf dem Laufenden ſeien.

Labori will andere Fragen ſtellen. (Proteſt-
rufe im Hintergrunde des Saales.) Labori legt
gegen die Lärmmacher und gegen dieſe Vergewal-
tigung des Rechtes der Vertheidigung Verwah-
rung ein und wendet ſich an Zola mit der
Frage, ob es nicht beſſer wäre, den Saal zu
verlaſſen, als ſich in dieſer Weiſe knebeln zu
laſſen.

Präſident (zu Labori:) So ſprechen Sie
doch ernſthaft!

Labori ruft dem Präſidenten zu, daß er
ihn inſultirt.

Labori richtet an Picquart Fragen; der
Befragte erklärt jedoch, dieſe nicht beantworten
zu können.

Es werden ſodann mehrere Zeugen ver-
nommen, die Zola’s guten Glauben bezeugen,
darunter der ehemalige elſäſſiſche Deputirte
Lalance, der das Vorgehen Zola’s billigt, ferner
Duclaux, der es für nützlich erachtet, daß man
über die Dunkelheit des erſten Proceſſes Licht
verbreite, und Anatole France, der für den
guten Glauben Zola’s eintritt. — Labori ver-
lieſt einen für Zola günſtigen Brief des Pro-
feſſors an der Sorbonne, Segilles.

Nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung
theilt der Gerichtshof den Beſchluß mit, den
Miniſter Billot nicht zu vernehmen, da er
vom Miniſterrath die Autoriſation nicht erhalten
habe, ferner die Einbeziehung des Eſterhazy’ſchen
„Uhlanenbriefes“ in die Debatte nicht zuzulaſſen.
— Die Vertheidigung verzichtet auf die Ver-
nehmung der noch nicht vernommenen Zeugen.

Der Präſident ſchließt die Sitzung mit
der Mittheilung, daß ſie am Montag wieder
aufgenommen werden wird. Dienſtag wird des
Faſchingsfeſtes wegen eine kurze Verhandlung
ſtattfinden. Die Verhandlungen werden Mittwoch
beendigt ſein. Die Zugänge zum Juſtizpalaſt
waren faſt menſchenleer. Es fand keine Kund-
gebung ſtatt.




Mähriſcher Landtag.


(36. Sitzung.)

Nach dem Referate des Abg. Julius Ritter
von Gomperz wird der Schlußbericht über
[Spaltenumbruch] das Landesbudget für 1898 und die Landes-
umlage
ohne Debatte angenommen.

Landeshauptmann Graf Vetter von der
Lilie hebt in ſeiner Schlußrede die Noth-
ſtandsaction hervor und ſagt u. A.: Aber alle
unſere Actionen überragt jene Friedensaction,
deren Fundamente in dieſer Seſſion gelegt worden
ſind. Mögen dieſe Fundamente zu einem ſtolzen
Bau emporwachſen, der für alle Zeiten Zeugniß
geben ſoll von dem friedlichen Sinne, der Ver-
ſöhnlichkeit und Gerechtigkeit beider dieſes Land
bewohnenden Volksſtämme. (Lebhafter Beifall.)
Der Landeshauptmann dankt hierauf dem Statt-
halter Freiherrn v. Spens-Booden (Stürmiſcher
Beifall), der allſeitige Verehrung ſich zu er-
ringen wußte, für ſeine lebhafte Theilnahme an
den Landtagsverhandlungen in dieſer Seſſion.
(Beifall.) Redner ſchließt mit dreifachen Hoch-
und Slava-Rufen auf Se. Majeſtät den Kaiſer,
in welche die Verſammlung begeiſtert einſtimmt.

Abg. Freihe[r]r von Chlumecky dankt dem
Landeshauptmanne Namens des ganzen Hauſes.
Der Ruf des mähriſchen Landtages als Arbeits-
landtages ſei zum großen Theile dem Landes-
hauptmanne Grafen Vetter von der Lilie zuzu-
ſchreiben, ebenſo der Umſtand, daß es gelungen
iſt, heuer die erſten Schritte zur Verſtändigung
der Nationalitäten zu machen. Wir wiſſen,
daß, wenn dieſer Schritt gelingt und glücklich fort-
geſetzt wird, dies gewiß dem Landeshauptmanne
die größte Freude bereiten wird. Nicht minder
dankt Abg. Freiherr v. Chlum[eck]y dem Statt-
halter (lebhafter Beifall) für das überaus that-
k[r]äftige Wohlwollen und die Unterſtützung, welche
er dem Lande jederzeit habe zutheil werden laſſen,
insbeſondere für deſſen warme Unterſtützung der
nicht ganz leichten einleitenden Schritte zum an-
geſtrebten Friedenswerke. (Lebhafte Zuſtimmung.)
Ich weiß nicht minder, ſagt Redner, daß niemand
ſo ſehr einen glücklichen Erfolg herbeiwünſchen
würde als der Statthalter, welcher jederzeit das
gleiche Intereſſe für beide Nationalitäten dieſes
Landes bekundet hat und durch ſeine herzge-
winnende Liebenswürdigkeit (Lebhafte Zuſtimmung)
ſowohl im perſönlichen als amtlichen Verkehre
uns alle im Sturme zu ſeinen Verehrern und
aufrichtigen Freunden gemacht hat. (Lebhafter
Beifall.)

Statthalter Freiherr v. Spens-Booden:
Vor Allem erlauben Sie mir, daß ich aus vollem
Herzen mich den warmen Worten der Verehrung
und Huldigung, welche Sr. Excellenz unſerem
Landeshauptmanne dargebracht wurden, anſchließe,
ebenſo danke ich auch vielmals dem hochverehrten
Landeshauptmann-Stellvertreter und allen Herren
für das Wohlwollen, mit welchen Sie den Re-
gierungs-Vertretern jederzeit entgegengekommen
ſind. (Slaviſch fortfahrend:) Die heurige
Seſſion ragt über die anderen durch er-
ſprießliche und opferwillige Arbeit hervor, und




[Spaltenumbruch]

ſchon beleſen, ja gewaſchen; die rothen Rüben
ſogar ſchon gekocht! Und dazwiſchen überall
Blumen, Blumen und wieder Blumen, und da
ſie billig genug ſind, geht kaum jemand ohne ſeinen
friſchen Strauß nach Hauſe. Ueberraſchen muß
es den Fremden, wie galant die Direction der
Trambahn für die Bequemlichkeit der Lauſanner
Hausfrauen beſorgt iſt. An allen Markttagen
werden Perſonenwagen, die nach den entfernteren
Stadttheilen gehen, flache Wagen angehängt, auf
denen ſich dann die gefüllten Körbe und Netze
der mitfahrenden Weiblichkeit friedlich vereinen.
Und noch eine andere Anordnung hat dieſelbe
Verwaltung getroffen, die nicht minder viel für
ſich hat. Alljährlich nämlich werden während der
Weihnachtstage in den Wagen Blechbüchſen aus-
gehängt, in die das Publicum ſein Scherflein
wirft. Nach Schluß der Sammlung wird die
eingebrachte Summe unter alle an der Bahn
Bedienſteten getheilt. In der Feſttagsſtimmung
der Adveniszeit iſt ja jeder leichter zum Geben
bereit, und was ſonſt nur den Schaffnern zu-
fließen würde, kommt auf dieſe Weiſe auch dem
Geringſten zugute.

Weihnachten iſt übrigens in der ganzen
franzöſiſchen Schweiz faſt nur ein Feſt für die
Kleinen. Wohl mehr aus dem practiſchen Grunde,
weil die Kinder, wenn man ſie erſt an Neujahr,
alſo nur ein paar Tage vor Wiederbeginn der
Schulzeit beſchenken würde, zu wenig Genuß von
ihren Geſchenken hätten, acceptirte man zuerſt die
deutſche Sitte. Mittlerweile hat ſie ſich ziemlich
[Spaltenumbruch] eingebürgert, und mit ihr zugleich auch unſer
Weihnachtsbaum, die duftende Tanne. Den
Kleinen macht denn auch ihr „sapin de Noël“
viele Freude, aber die Großen blicken ihn mit
ziemlich gleichgiltigen Augen an. Von der Poeſie
und dem Zauber, den ein deutſcher Weihnachts-
baum um ſich verbre tet, iſt hier nichts zu ſpüren.
Deſto lauter und lebhafter im weiteſten Sinne
des Wortes feiert man die Sylveſternacht. Nicht
wie bei uns im gemüthlichen Heim bei der
dampfenden Punſchbowle. Hier eilt alles hinaus
auf die Straßen; die übermüthige Jugend ſteckt
ſich in Maskencoſtüme; muſikaliſche Gemüther
machen ihrem Herzen in mehr oder minder wohl-
gemeinten Geſängen Luft, andere malträtiren
die unglaublichſten Inſtrumente. Alles ſcherzt und
lacht und neckt ſich; auf freien Plätzen ſind
Caruſſels und Schießbuden aufgeſchlagen und von
Alt und Jung belagert; aber nirgends iſt etwas
von roher Ausgelaſſenheit zu finden. Und dieſer
Trubel, dieſe Luſtigkeit ſetzt ſich dann am Neu-
jahrtage fort, an dem ſich die großen Kinder
erſt beſchenken: Ebenſo vielleicht auch etwas über-
müthiger ſpringt man in Genf in das neue
Jahr, beträchtlich ruhiger dagegen fällt dieſe Feier
am andern Ende des Sees aus, in dem ſchönen
vornehmen Montreux.

Iſt einem Menſchenkinde, das Luſt und
Laune, das Bedürfnis nach Erholung, oder auch
der Wunſch nach einem nicht allzuſtrengen Winter
an die Ufer der Léman geführt haben, Genf zu
geräuſchvoll und lebhaft, zu verführeriſch für ein
[Spaltenumbruch] rein beſchauliches Daſein, Lauſanne trotz ſeiner
größeren Ruhe doch noch zu ſtädt ſch, dann winkt
ihm Montreux verlockind genug. Es iſt auch faſt
undenkbar, daß dieſes gnadenreiche Stückchen
Erde jemand nicht gefallen, ihn nicht feſſeln ſollte.
Für Kranke iſt Montreux in den letzten Jahren
etwas aus der Mode gekommen, aber für ſolche,
die den geſellſchaftlichen Anſtrengungen eines Win-
ters entgehen oder ihre angegriffenen Nerven er-
holen wollen, iſt es vielleicht gerade deswegen ein
um ſo beliebterer Aufenthaltsort geworden. Die
diesjährige Fremdenliſte weiſt zumeiſt deutſche
Namen, darunter viele aus Adels- and Officiers-
kreiſen, auf. Hotels und Penſionen bieten allen
nur möglichen Comfort. Muſikaliſche Unterhal-
tungen finden hier auch ſehr häufig ſtatt, hin
und wieder auch Theatervorſtellungen, und um
auch den Spielluſtigen Gelegenheit zu geben, ein
Bischen ihrer Schwäche fröhnen zu können, iſt
im Kurſaal das unſchuldige Pferdeſpiel geſtattet,
— wirklich unſchuldig, weil höhere Einſätze als
ein Francs ſtreng verboten ſind.

Und wie viel des Intereſſanten iſt da auch
ſonſt gleich in nächſter Nähe zu finden! Da iſt
vor allem das alte, auf einem gewaltigen Felſen
in den See hinein gebaute Schloß Chillon,
das Lord Byron in ſeiner unverwelklichen Dich-
tung „Der Gefangene von Chillon“ verewigt hat,
Ein Stückchen weiter liegt das Hotel Byron, in
dem ſich Victor Hugo noch im Jahre 1883 auf-
hielt. Da iſt Clarens mit dem „bosquet de
Julie“,
das an die hier ſpielende „Neue Heloiſe“


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[[3]/0003] Die Verhendlung wird um 12 Uhr 20 Mi- nuten eröffnet. Der Saal iſt überſüllt. Das Publicum verhält ſich ruhiger als geſtern. Oberſt Picquart wird vorgerufen. Vertheidiger La- bori frägt den Zeugen, ob das Bordereau aus dem März oder April 1894 ſtamme. Picquart antwortet, daß er ſich hieran nicht erinnere. Er beklagt ſich gleichzeitig über die Angriffe der Zeitungen, die ihm vorwerfen, daß er ſeine Kinder in Deutſchland erziehen laſſe, und erklärt, er ſei gar nicht verheiratet. Uebrigens würde er, wenn er Familie hätte, ſeine Kinder gewiß nicht in Deutſchland erziehen laſſen. Oberſt Picquart verlangt, General Gallifet ſolle kammen, um ſeine, Picquart’s Ehrenhaftigkeit und Loyalität zu bezeugen. Der Präſident erwidert, daß dies un- nütz ſei. Vertheidiger Labori proteſtirt gegen dieſe Bemerkung. General Pellieux, der vorgerufen wird, erklärt, er lehne in Uebereinſtimmung mit den geſtrigen Worten des Generaladvocaten es von jetzt an ab, auf Fragen zu antworten, die nicht die Affaire Zola betreffen. General Pel- lieux fügt hinzu: Ich habe indeß bereits geſagt, daß alles in dieſer Affaire ſeltſam iſt; was es aber noch mehr iſt, das iſt (ſich gegen Picquart wendend) und ich ſage ihm dies ins Geſicht, die Haltung eines Herrn, der noch die Uniform der franzöſiſchen Armee trägt und der hier erſchienen iſt, um drei Generale anzuklagen, daß ſie eine Fölſchung begangen und ſich ihrer bedient haben. (Stürmiſcher Beifall im Hintergrunde des Saales.) Oberſt Picquart erwidert erregt: Ich habe meinem verehrten Vorgeſetzten geſagt, daß ich hier vor dem Gerichte nur ſprechen werde, um die Wahrheit zu ſagen. Ich wiederhole es noch einmal in Gegenwart meiner Vorgeſetzten. Ich habe weder ihre Abſichten, noch ihren guten Glauben jemals zu verdächtigen verſucht, ich ſage nur, daß ſich in der Affaire Norton hervor- ragende Perſönlichkeiten durch falſche Papiere haben täuſchen laſſen. Vertheidiger Labori: Auch ich habe ge- ſagt, daß die Officiere in gutem Glauben han- deln, und das iſt gerade, was mich bewegt und erſchreckt. Präſident (den Vertheidiger unterbre- chend): Sie plaidiren! Libori: Nein, Herr Präſident, aber ich habe hier etwas zu präciſiren, was für mich von größter Wichtigkeit iſt. Man ſucht mich zu terro- riſiren, man richtet nicht an mich, ſondern an meine Frau Drohbriefe, um mich einzuſchüchtern. Präſident: Ich ſage Ihnen, daß Sie plaidiren. Ich werde Ihnen das Wort entziehen. Labori: Es geſchehe, entziehen Sie es mir! Präſident: Ich entziehe es Ihnen. Labori: Ich danke Ihnen. Jedesmal, ſo oſt Sie mir das Wort entziehen, gereicht mir das zur neuerlichen Ehre. Pellieux verlangt, einige Worte über die Rolle zu ſagen, die er in dieſer Affaire, und zwar gegen ſeinen freien Willen, geſpielt habe. Labori will gleichfalls ſprechen. Der Präſident droht ihm eine Disciplinarſtrafe an. (Anhaltender Lärm; Beifall.) Gleichwohl richtet Labori an Pellienx und Gonſe eine Frage über die „hydrauliſche Bremſe von 120“. Pellieux und Gonſe antworten, daß ſie über dieſe Frage nicht auf dem Laufenden ſeien. Labori will andere Fragen ſtellen. (Proteſt- rufe im Hintergrunde des Saales.) Labori legt gegen die Lärmmacher und gegen dieſe Vergewal- tigung des Rechtes der Vertheidigung Verwah- rung ein und wendet ſich an Zola mit der Frage, ob es nicht beſſer wäre, den Saal zu verlaſſen, als ſich in dieſer Weiſe knebeln zu laſſen. Präſident (zu Labori:) So ſprechen Sie doch ernſthaft! Labori ruft dem Präſidenten zu, daß er ihn inſultirt. Labori richtet an Picquart Fragen; der Befragte erklärt jedoch, dieſe nicht beantworten zu können. Es werden ſodann mehrere Zeugen ver- nommen, die Zola’s guten Glauben bezeugen, darunter der ehemalige elſäſſiſche Deputirte Lalance, der das Vorgehen Zola’s billigt, ferner Duclaux, der es für nützlich erachtet, daß man über die Dunkelheit des erſten Proceſſes Licht verbreite, und Anatole France, der für den guten Glauben Zola’s eintritt. — Labori ver- lieſt einen für Zola günſtigen Brief des Pro- feſſors an der Sorbonne, Segilles. Nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung theilt der Gerichtshof den Beſchluß mit, den Miniſter Billot nicht zu vernehmen, da er vom Miniſterrath die Autoriſation nicht erhalten habe, ferner die Einbeziehung des Eſterhazy’ſchen „Uhlanenbriefes“ in die Debatte nicht zuzulaſſen. — Die Vertheidigung verzichtet auf die Ver- nehmung der noch nicht vernommenen Zeugen. Der Präſident ſchließt die Sitzung mit der Mittheilung, daß ſie am Montag wieder aufgenommen werden wird. Dienſtag wird des Faſchingsfeſtes wegen eine kurze Verhandlung ſtattfinden. Die Verhandlungen werden Mittwoch beendigt ſein. Die Zugänge zum Juſtizpalaſt waren faſt menſchenleer. Es fand keine Kund- gebung ſtatt. Mähriſcher Landtag. Brünn 19. Februar. (36. Sitzung.) Nach dem Referate des Abg. Julius Ritter von Gomperz wird der Schlußbericht über das Landesbudget für 1898 und die Landes- umlage ohne Debatte angenommen. Landeshauptmann Graf Vetter von der Lilie hebt in ſeiner Schlußrede die Noth- ſtandsaction hervor und ſagt u. A.: Aber alle unſere Actionen überragt jene Friedensaction, deren Fundamente in dieſer Seſſion gelegt worden ſind. Mögen dieſe Fundamente zu einem ſtolzen Bau emporwachſen, der für alle Zeiten Zeugniß geben ſoll von dem friedlichen Sinne, der Ver- ſöhnlichkeit und Gerechtigkeit beider dieſes Land bewohnenden Volksſtämme. (Lebhafter Beifall.) Der Landeshauptmann dankt hierauf dem Statt- halter Freiherrn v. Spens-Booden (Stürmiſcher Beifall), der allſeitige Verehrung ſich zu er- ringen wußte, für ſeine lebhafte Theilnahme an den Landtagsverhandlungen in dieſer Seſſion. (Beifall.) Redner ſchließt mit dreifachen Hoch- und Slava-Rufen auf Se. Majeſtät den Kaiſer, in welche die Verſammlung begeiſtert einſtimmt. Abg. Freiherr von Chlumecky dankt dem Landeshauptmanne Namens des ganzen Hauſes. Der Ruf des mähriſchen Landtages als Arbeits- landtages ſei zum großen Theile dem Landes- hauptmanne Grafen Vetter von der Lilie zuzu- ſchreiben, ebenſo der Umſtand, daß es gelungen iſt, heuer die erſten Schritte zur Verſtändigung der Nationalitäten zu machen. Wir wiſſen, daß, wenn dieſer Schritt gelingt und glücklich fort- geſetzt wird, dies gewiß dem Landeshauptmanne die größte Freude bereiten wird. Nicht minder dankt Abg. Freiherr v. Chlumecky dem Statt- halter (lebhafter Beifall) für das überaus that- kräftige Wohlwollen und die Unterſtützung, welche er dem Lande jederzeit habe zutheil werden laſſen, insbeſondere für deſſen warme Unterſtützung der nicht ganz leichten einleitenden Schritte zum an- geſtrebten Friedenswerke. (Lebhafte Zuſtimmung.) Ich weiß nicht minder, ſagt Redner, daß niemand ſo ſehr einen glücklichen Erfolg herbeiwünſchen würde als der Statthalter, welcher jederzeit das gleiche Intereſſe für beide Nationalitäten dieſes Landes bekundet hat und durch ſeine herzge- winnende Liebenswürdigkeit (Lebhafte Zuſtimmung) ſowohl im perſönlichen als amtlichen Verkehre uns alle im Sturme zu ſeinen Verehrern und aufrichtigen Freunden gemacht hat. (Lebhafter Beifall.) Statthalter Freiherr v. Spens-Booden: Vor Allem erlauben Sie mir, daß ich aus vollem Herzen mich den warmen Worten der Verehrung und Huldigung, welche Sr. Excellenz unſerem Landeshauptmanne dargebracht wurden, anſchließe, ebenſo danke ich auch vielmals dem hochverehrten Landeshauptmann-Stellvertreter und allen Herren für das Wohlwollen, mit welchen Sie den Re- gierungs-Vertretern jederzeit entgegengekommen ſind. (Slaviſch fortfahrend:) Die heurige Seſſion ragt über die anderen durch er- ſprießliche und opferwillige Arbeit hervor, und ſchon beleſen, ja gewaſchen; die rothen Rüben ſogar ſchon gekocht! Und dazwiſchen überall Blumen, Blumen und wieder Blumen, und da ſie billig genug ſind, geht kaum jemand ohne ſeinen friſchen Strauß nach Hauſe. Ueberraſchen muß es den Fremden, wie galant die Direction der Trambahn für die Bequemlichkeit der Lauſanner Hausfrauen beſorgt iſt. An allen Markttagen werden Perſonenwagen, die nach den entfernteren Stadttheilen gehen, flache Wagen angehängt, auf denen ſich dann die gefüllten Körbe und Netze der mitfahrenden Weiblichkeit friedlich vereinen. Und noch eine andere Anordnung hat dieſelbe Verwaltung getroffen, die nicht minder viel für ſich hat. Alljährlich nämlich werden während der Weihnachtstage in den Wagen Blechbüchſen aus- gehängt, in die das Publicum ſein Scherflein wirft. Nach Schluß der Sammlung wird die eingebrachte Summe unter alle an der Bahn Bedienſteten getheilt. In der Feſttagsſtimmung der Adveniszeit iſt ja jeder leichter zum Geben bereit, und was ſonſt nur den Schaffnern zu- fließen würde, kommt auf dieſe Weiſe auch dem Geringſten zugute. Weihnachten iſt übrigens in der ganzen franzöſiſchen Schweiz faſt nur ein Feſt für die Kleinen. Wohl mehr aus dem practiſchen Grunde, weil die Kinder, wenn man ſie erſt an Neujahr, alſo nur ein paar Tage vor Wiederbeginn der Schulzeit beſchenken würde, zu wenig Genuß von ihren Geſchenken hätten, acceptirte man zuerſt die deutſche Sitte. Mittlerweile hat ſie ſich ziemlich eingebürgert, und mit ihr zugleich auch unſer Weihnachtsbaum, die duftende Tanne. Den Kleinen macht denn auch ihr „sapin de Noël“ viele Freude, aber die Großen blicken ihn mit ziemlich gleichgiltigen Augen an. Von der Poeſie und dem Zauber, den ein deutſcher Weihnachts- baum um ſich verbre tet, iſt hier nichts zu ſpüren. Deſto lauter und lebhafter im weiteſten Sinne des Wortes feiert man die Sylveſternacht. Nicht wie bei uns im gemüthlichen Heim bei der dampfenden Punſchbowle. Hier eilt alles hinaus auf die Straßen; die übermüthige Jugend ſteckt ſich in Maskencoſtüme; muſikaliſche Gemüther machen ihrem Herzen in mehr oder minder wohl- gemeinten Geſängen Luft, andere malträtiren die unglaublichſten Inſtrumente. Alles ſcherzt und lacht und neckt ſich; auf freien Plätzen ſind Caruſſels und Schießbuden aufgeſchlagen und von Alt und Jung belagert; aber nirgends iſt etwas von roher Ausgelaſſenheit zu finden. Und dieſer Trubel, dieſe Luſtigkeit ſetzt ſich dann am Neu- jahrtage fort, an dem ſich die großen Kinder erſt beſchenken: Ebenſo vielleicht auch etwas über- müthiger ſpringt man in Genf in das neue Jahr, beträchtlich ruhiger dagegen fällt dieſe Feier am andern Ende des Sees aus, in dem ſchönen vornehmen Montreux. Iſt einem Menſchenkinde, das Luſt und Laune, das Bedürfnis nach Erholung, oder auch der Wunſch nach einem nicht allzuſtrengen Winter an die Ufer der Léman geführt haben, Genf zu geräuſchvoll und lebhaft, zu verführeriſch für ein rein beſchauliches Daſein, Lauſanne trotz ſeiner größeren Ruhe doch noch zu ſtädt ſch, dann winkt ihm Montreux verlockind genug. Es iſt auch faſt undenkbar, daß dieſes gnadenreiche Stückchen Erde jemand nicht gefallen, ihn nicht feſſeln ſollte. Für Kranke iſt Montreux in den letzten Jahren etwas aus der Mode gekommen, aber für ſolche, die den geſellſchaftlichen Anſtrengungen eines Win- ters entgehen oder ihre angegriffenen Nerven er- holen wollen, iſt es vielleicht gerade deswegen ein um ſo beliebterer Aufenthaltsort geworden. Die diesjährige Fremdenliſte weiſt zumeiſt deutſche Namen, darunter viele aus Adels- and Officiers- kreiſen, auf. Hotels und Penſionen bieten allen nur möglichen Comfort. Muſikaliſche Unterhal- tungen finden hier auch ſehr häufig ſtatt, hin und wieder auch Theatervorſtellungen, und um auch den Spielluſtigen Gelegenheit zu geben, ein Bischen ihrer Schwäche fröhnen zu können, iſt im Kurſaal das unſchuldige Pferdeſpiel geſtattet, — wirklich unſchuldig, weil höhere Einſätze als ein Francs ſtreng verboten ſind. Und wie viel des Intereſſanten iſt da auch ſonſt gleich in nächſter Nähe zu finden! Da iſt vor allem das alte, auf einem gewaltigen Felſen in den See hinein gebaute Schloß Chillon, das Lord Byron in ſeiner unverwelklichen Dich- tung „Der Gefangene von Chillon“ verewigt hat, Ein Stückchen weiter liegt das Hotel Byron, in dem ſich Victor Hugo noch im Jahre 1883 auf- hielt. Da iſt Clarens mit dem „bosquet de Julie“, das an die hier ſpielende „Neue Heloiſe“

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 41, Olmütz, 21.02.1898, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches41_1898/3>, abgerufen am 28.03.2024.