Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Das Meerwunder. In: ‚Dresdner Heldenbuch‘ (Heldenbuch des Kaspar von der Rhön). [s. l.], 1472, Bl. 193r–199v. Hrsg. und übersetzt von Anja Braun et al. Stuttgart, 2017.

Bild:
<< vorherige Seite

Vers 142 want pei mir, Vers 143Hab ich euch so trawrig nie gesehen."

Vers 144Die fraw die sprach: "trawt fraw here mein,
Vers 145Ir sult eins guten mutes sein, Vers 146Und mir gewir-
et nichte."
Vers 147Sie tet, als sie der here lert, Vers 148Der sie
vom teuffel het dernert
Vers 149Aus iemerlicher pfl-
ichte.
Vers 150Gar dick sie do erseuffen gund Vers 151Und wo
sie was alleine.
Vers 152Das merckt ir her zu ma-
nger stund
Vers 153Von seiner frawen reine. Vers 154Wie
vil der her sie darumb fragt,
Vers 155So wolt sie
in betruben nicht,
Vers 156Das sie ym do von nich-
cz nit sagt.
Vers 157Doch wart wachssen der frawen leib, Vers 158Als
noch hie tun die zarten weib,
Vers 159Wen sie sein
schwanger worden.
Vers 160Darnach sie do ein
kint gepar.
Vers 161Sein haut die was mit sch-
warczem har
Vers 162Geleich der peren orden. Vers 163Der
her und auch die fraw erschrack,
Vers 164Do sie
das kint an sahen.
Vers 165Der her sprach: "was das
deuten magk -
Vers 166Ob mich got wil verschm-
ahen?
Vers 167Desgleich ich nie gesehen han, Vers 168Wan
das kint ist rauch als ein per,
Vers 169Sein augen
rot und schwarcze gran."

Vers 142 want pei mir, Vers 143Hab ich euch so trawrig nie gesehen.“

Vers 144Die fraw die sprach: „trawt fraw here mein,
Vers 145Ir sult eins guten mutes sein, Vers 146Und mir gewir-
et nichte.“
Vers 147Sie tet, als sie der here lert, Vers 148Der sie
vom teuffel het dernert
Vers 149Aus iemerlicher pfl-
ichte.
Vers 150Gar dick sie do erseuffen gund Vers 151Und wo
sie was alleine.
Vers 152Das merckt ir her zu ma-
nger stund
Vers 153Von seiner frawen reine. Vers 154Wie
vil der her sie darumb fragt,
Vers 155So wolt sie
in betruben nicht,
Vers 156Das sie ym do von nich-
cz nit sagt.
Vers 157Doch wart wachssen der frawen leib, Vers 158Als
noch hie tun die zarten weib,
Vers 159Wen sie sein
schwanger worden.
Vers 160Darnach sie do ein
kint gepar.
Vers 161Sein haut die was mit sch-
warczem har
Vers 162Geleich der peren orden. Vers 163Der
her und auch die fraw erschrack,
Vers 164Do sie
das kint an sahen.
Vers 165Der her sprach: „was das
deuten magk -
Vers 166Ob mich got wil verschm-
ahen?
Vers 167Desgleich ich nie gesehen han, Vers 168Wan
das kint ist rauch als ein per,
Vers 169Sein augen
rot und schwarcze gran.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <lg n="11">
            <l n="142"><pb facs="#f0009" n="195v" corresp="https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/9933/405/"/>
want pei mir,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Solange Ihr bei mir gewohnt habt,&#x201C;</note></l>
            <l n="143">Hab ich euch so <choice><sic>trawig</sic><corr resp="#textsource-1">trawrig</corr></choice> <choice><sic/><corr resp="#textsource-1">nie</corr></choice> gesehen.&#x201C;<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Habe ich Euch noch niemals so traurig gesehen.&#x201C; &#x201C;</note></l>
          </lg>
          <lg n="12">
            <l n="144">Die fraw die sprach: &#x201E;trawt <del rendition="#s">fraw</del> here mein,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Die Dame sprach: &#x201E;Mein lieber Herr, &#x201C;</note></l><lb/>
            <l n="145">Ir sult eins guten mutes sein,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Ihr mögt guten Mutes sein, &#x201C;</note></l>
            <l n="146">Und mir gewir<choice><orig/><reg>-</reg></choice><lb/>
et nichte.&#x201C;<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Mir fehlt nichts.&#x201C;</note></l>
            <l n="147">Sie tet, als sie der here lert,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Sie tat, wie ihr der Herr geraten hatte, &#x201C;</note></l>
            <l n="148">Der sie<lb/><choice><sic>von</sic><corr resp="#textsource-1">vom</corr></choice> teuffel het dernert<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Der sie vor dem Teufel &#x201C;</note></l>
            <l n="149">Aus <choice><sic>iemerliche</sic><corr resp="#textsource-1">iemerlicher</corr></choice> pfl<choice><orig/><reg>-</reg></choice><lb/>
ichte.<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Aus furchtbarer Bedrängnis gerettet hatte.&#x201C;</note></l>
            <l n="150">Gar dick sie do erseuffen<note resp="#textsource-1" type="editorial"><bibl><ref target="http://d-nb.info/979763177">Kofler [2006]</ref></bibl> konjiziert: erseufzen</note> gund<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Sehr oft seufzte sie nun, &#x201C;</note></l>
            <l n="151">Und wo<lb/>
sie was alleine.<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Wenn sie allein war. &#x201C;</note></l>
            <l n="152">Das <choice><sic>merck</sic><corr resp="#textsource-1">merckt</corr></choice> ir her zu ma<choice><orig/><reg>-</reg></choice><lb/>
nger stund<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Das bemerkte ihr Gatte zu mehreren Malen &#x201C;</note></l>
            <l n="153">Von seiner frawen reine.<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;An seiner reinen Ehefrau. &#x201C;</note></l>
            <l n="154">Wie<lb/>
vil der her sie darumb fragt,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;(Doch) wie oft sie der Herr deswegen auch fragte, &#x201C;</note></l>
            <l n="155">So wolt sie<lb/>
in betruben nicht,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Wollte sie ihn nicht betrüben, &#x201C;</note></l>
            <l n="156">Das sie ym do von nich<choice><orig/><reg>-</reg></choice><lb/>
cz nit sagt.<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;So dass sie ihm darüber gar nichts erzählte.&#x201C;</note></l>
          </lg>
          <lg n="13">
            <l n="157">Doch wart wachssen der frawen leib,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Jedoch schwoll der Körper der Frau an,&#x201C;</note></l>
            <l n="158">Als<lb/>
noch hie tun die zarten weib,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Wie es auch bei uns den jungen Frauen geschieht, &#x201C;</note></l>
            <l n="159">Wen sie sein<lb/>
schwanger worden.<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Wenn sie schwanger geworden sind. &#x201C;</note></l>
            <l n="160">Darnach sie do ein<lb/>
kint gepar.<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Anschließend gebar sie ein Kind. &#x201C;</note></l>
            <l n="161">Sein haut die was mit sch<choice><orig/><reg>-</reg></choice><lb/>
warczem har<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Seine Haut war voller schwarzer Haare, &#x201C;</note></l>
            <l n="162">Geleich der peren o<add place="superlinear">r</add>den.<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Wie es bei Bären der Fall ist. &#x201C;</note></l>
            <l n="163">Der<lb/>
her und auch die fraw erschrack,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Der Herr und auch die Dame erschraken, &#x201C;</note></l>
            <l n="164">Do sie<lb/>
das kint an sahen.<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Als sie das Kind ansahen. &#x201C;</note></l>
            <l n="165">Der her sprach: &#x201E;was das<lb/>
deuten magk -<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Der Herr sprach: &#x201E;Was kann das bedeuten &#x2013; &#x201C;</note></l>
            <l n="166">Ob mich got wil verschm<choice><orig/><reg>-</reg></choice><lb/>
ahen?<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Will Gott mich verachten? &#x201C;</note></l>
            <l n="167">Desgleich ich nie gesehen han,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;So etwas habe ich noch nie gesehen, &#x201C;</note></l>
            <l n="168">Wan<lb/>
das kint ist rauch als ein per,<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Denn das Kind ist ja behaart wie ein Bär, &#x201C;</note></l>
            <l n="169">Sein augen<lb/>
rot und schwarcze gran.&#x201C;<note resp="#textsource-1" type="editorial">Übertragung: &#x201E;Seine Augen sind rot, und es hat schwarze Barthaare.&#x201C;</note></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195v/0009] want pei mir, Hab ich euch so trawrig nie gesehen.“ Die fraw die sprach: „trawt fraw here mein, Ir sult eins guten mutes sein, Und mir gewir et nichte.“ Sie tet, als sie der here lert, Der sie vom teuffel het dernert Aus iemerlicher pfl ichte. Gar dick sie do erseuffen gund Und wo sie was alleine. Das merckt ir her zu ma nger stund Von seiner frawen reine. Wie vil der her sie darumb fragt, So wolt sie in betruben nicht, Das sie ym do von nich cz nit sagt. Doch wart wachssen der frawen leib, Als noch hie tun die zarten weib, Wen sie sein schwanger worden. Darnach sie do ein kint gepar. Sein haut die was mit sch warczem har Geleich der peren orden. Der her und auch die fraw erschrack, Do sie das kint an sahen. Der her sprach: „was das deuten magk - Ob mich got wil verschm ahen? Desgleich ich nie gesehen han, Wan das kint ist rauch als ein per, Sein augen rot und schwarcze gran.“

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Anja Braun, Nora Ketschik, Matthias Kirchhoff, Anne Kirchhoff, Stephanie Seidl: Edition und Übersetzung dreier Fassungen des „Meerwunders“ (2018-02-22T15:10:46Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Nora Ketschik, Christian Thomas: Konvertierung der Ausgangsdaten (HTML) nach DTABf und Nachbearbeitung des XML-Dokuments.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: keine Angabe;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: nur expandiert;
  • i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: normalisiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: ja.

Zeilenanfänge werden immer, ggf. auch entgegen der Vorlage, groß geschrieben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_meerwunder_1472
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_meerwunder_1472/9
Zitationshilfe: [N. N.]: Das Meerwunder. In: ‚Dresdner Heldenbuch‘ (Heldenbuch des Kaspar von der Rhön). [s. l.], 1472, Bl. 193r–199v. Hrsg. und übersetzt von Anja Braun et al. Stuttgart, 2017, S. 195v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_meerwunder_1472/9>, abgerufen am 28.03.2024.